Schwarzes Hamburg > Politik und Gesellschaft

G20

<< < (12/13) > >>

Inverted:

--- Zitat von: nightnurse am 12 August 2017, 22:12:25 ---Da reden wir, wenn wir "politische Religion" sagen, vielleicht von unterschiedlichen Dingen.
Ich denke dabei weniger an Fahnen schwenken, Parolen skandieren, Uniformen und eine LiberaleArmeeFraktion (obwohl, nette Idee für einen dystopischen Roman).

Ich gucke mir an, ob eine Ideologie von ihren Anhängern als eine Art Heilslehre gehandelt wird. Will sagen, wenn man der Ansicht ist, bei gründlicher Anwendung der eigenen Ideologie würde die Lage der Allgemeinheit, der Nation oder gleich der Welt gebessert und/oder große Probleme gelöst, gerne auch (aber nicht unbedingt) einhergehend mit einem unrealistischen Menschenbild (Anarchie oder Sozialismus sind m.E. Dinge, die mit Menschen einfach nicht so zu verwirklichen sind, wie sie gedacht werden) - dann beginne ich, das als pseudoreligiöse Angelegenheit zu betrachten.
Dabei muss es sich nicht unbedingt um eine Massenbewegung handeln oder einen militanten Flügel geben, es gibt immer auch "vernünftige" Vertreter - aber am Ende geht es bei allen darum, daß sie eine Wahrheit erkannt haben, die sie möglichst umfassend angewendet sehen wollen.
Findet man auch bei den Wirtschaftslehren.

--- Ende Zitat ---
Die "politischen Religionen" sind in sich geschlossene Glaubenssysteme (den Islam habe ich einbezogen, weil er im Gegensatz zum Christentum nicht nur einen geistigen, sondern auch explizit einen weltlichen Herrschaftsanspruch hat).

Das Verhältnis von Linken, Rechten und Co zu den Wirtschaftswissenschaften entspricht in etwa dem Verhältnis religiöser Fanatiker zu den Naturwissenschaften:

Sozialisten stellen der aufgeklärten Wissenschaft ihren eigenen ökonomischen Kreationismus entgegen und bei linken Hardlinern dreht sich ökonomisch noch heute die Sonne um die Erde. Die Linke propagiert politisch-ökonomischen Alchemismus statt sachlicher Wissenschaft: Man findet dies, man glaubt das, hat aber von so profanen Dingen wie Opportunitätskosten, Preiselastizität, komparativen Kostenvorteil, Skalenerträgen, Grenzkosten usw. eigentlich keine Ahnung (wenn man sie denn überhaupt kennt).

Es ist eben kein Zufall, dass man unter Wirtschaftswissenschaftlern in etwa genau so viele Sozialisten findet wie Kreationisten unter Naturwissenschaftlern. Ein derartiges Wirtschafts"system" (der Begriff Chaos wäre angemessener, siehe aktuell Venezuela) kann man nur als ökonomischer Analphabet gutheißen.

Auch sonst ist es kein Zufall, dass Symbole, Prozessionen, Hymnen, Vergötterung bestimmter Personen etc. - also alles was man von klassischen Religionen her kennt - sich auch im Lager links des von colourize so geschätzten Seeheimer Kreises wiederfinden (btw: Colourize jüngster Beitrag klingt nach Chemtrails für Linke ;) ). Ganz wichtig sind dabei natürlich auch Gefühle und Emotionen, nicht umsonst erinnert das Gebaren Linker + Rechter auch regelmäßig dem fanatisierter Hooligans. Diese religiösen Elemente findest Du bei Konservativen oder gar Liberalen praktisch nicht, im Gegenteil, es ist diesen eher zutiefst unangenehm.

Ich war ja selber auch mal stramm links und sympathisiere emotional auch heute noch mit einem Großteil autonomer und kommunistischer Ästhetik, die soziale Prägung lässt man nicht so leicht hinter sich. Dennoch gibt es nach der ökonomischen Alphabetisierung keinen Weg zurück mehr: Sozialismus ist eine pseudowissenschaftliche Irrlehre. Der Versuch, diese in der Realität umzusetzen, ist zum Scheitern verurteilt und endet, wenn die Gesellschaft ihn nicht rechtzeitig beendet, zwangsläufig in einer Diktatur.

Nun ist Ökonomie keine exakte Wissenschaft, von daher gibt es verschiedene ökonomische Schulen, aber letztlich sind alle Ökonomen wirtschaftspolitisch liberal (aka "kapitalistisch") und der Diskurs unter Ökonomen ist in der Regel sachlich-wissenschaftlich geprägt.

Von daher wäre die Behauptung, dass der "Liberalismus" (in welcher Form auch immer) auf einer Stufe mit beispielsweise dem Sozialismus stehen würde, in etwa das Gleiche, als würde man Kreationismus und Evolutionslehre oder Alchemie und Chemie als gleichwertig betrachten.

nightnurse:
^^ ja, wie gesagt, unterschiedliche Ansätze. Deine Vorstellung dessen, was eine politische Religion ausmacht, ist in meiner durchaus inbegriffen, aber nur als Teilbereich. Symbole, Prozessionen, Vergötterung von Personen - das gibt es natürlich, aber ich sehe (wie bei den religiösen Religionen) auch "stillere" Pseudoreligionen, die ohne all das auskommen (man muss ja nicht Personen vergöttern, man kann auch Den Markt oder Das Wachstum als götzengleiche Kraft oder, am anderen Ende, Den Zins als Dämon behandeln - alles, ohne sich dessen bewusst zu sein).
Es liegt mir auch fern, alles, was ich im Verdacht habe, eine Pseudoreligion zu sein, auf dieselbe Stufe zu stellen, da versuche ich schon, zu differenzieren. Es gibt Unterschiede in der Irrationalität, im Diskurs, im Menschenbild. Aber auch unter den Denkschulen der Wirtschaftslehren waren in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder solche zu beobachten, die sich verhielten, wie ich oben beschrieb: Man hatte die Wahrheit™ begriffen und war nun auf einer Mission, sie zum Wohle der Märk Menschheit durchzusetzen - ganz rational natürlich (btw, Rationalität nehmen sie ja alle für sich in Anspruch, die Anhänger egal welcher politischen Religion würden den Vorwurf, einer Heilslehre anzuhängen, üblicherweise von sich weisen)(wenn man, wie Du, den Islam einschließt, gibt es wohl 1 Ausnahme).
Letztlich erhebe ich da keinen wissenschaftlichen Anspruch, es handelt sich um Ergebnisse meiner persönlichen Polit-Triage und vielleicht bräuchte es knackigere, verständlichere Ausdrücke als "Heilslehre" und "Pseudoreligion".

BaerndME:
Mann-o-Mann, Inverted, es ist echt hart zu lesen, was du hier schreibst.
Du wirfst undifferenziert mit Dingen um dich und stellst Behauptungen auf, aber genau das ist es doch, was du "Der Linken" vorwirfst.

Wild herausgepicktes Beispiel, deine Ablehnung "des Sozialismus" als "pseudowissenschaftliche Irrlehre". Offensichtlich ist dir nicht klar, worum es sich bei "Sozialismus" überhaupt handelt. Ich vermute, du verwechselst da was. Nein, Sozialismus und Planwirtschaft ist nicht das gleiche. (Es ist geraten von mir, dass du genau das verwechselst. Vielleicht verwechselst du aber auch "Sozialismus" und "Diktatur". Das kann ich aus deinen Posts nicht heraus lesen)


--- Zitat ---Der Sozialismus (von lateinisch socialis ‚kameradschaftlich‘) ist eine der im 19. Jahrhundert entstandenen drei großen politischen Ideologien neben dem Liberalismus und Konservatismus. Es gibt keine eindeutige Definition des Begriffs. Er umfasst eine breite Palette von politischen Ausrichtungen. Diese reichen über sich als revolutionär verstehende (Kampf-) Bewegungen und Parteien, die den Kapitalismus schnell und gewaltsam überwinden wollen (Linksextremismus), bis zu reformatorischen Linien, die Parlamentarismus und Demokratie akzeptieren (demokratischer Sozialismus). Demzufolge wird auch grob zwischen den Ausrichtungen von Kommunismus, Sozialdemokratie oder Anarchismus differenziert. S
--- Ende Zitat ---
(Wikipedia)

Zudem schreibst du von "ökonomischen Analphabeten", "Alchemismus" und was auch immer noch aus deiner Beleidigungs-Trickkiste kommt - ohne einen einzigen Beleg, ja nicht mal ein Argument für irgendwas. Ich finde das mindestens grob unhöflich.


Interessant finde ich auch deine Besserstellung des Christentums gegenüber dem Islam und die Behauptung, Einmischung in weltliche Dinge sei ein Alleinstellungsmerkmal des Islam gegenüber dem Christentum, wobei du völlig unterschlägst, dass der Islam die gleiche Entwicklung durch macht bzw. die gleichen Auswüchse erlebt wie das Christentum, nur eben ein paar hundert Jahre später.
Und wo wir schon bei Geistlichem vs. Weltlichem sind:


--- Zitat ---Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an die Christen in Deutschland gewandt. In der Freitagsausgabe der Zeitung fordert sie, sich mehr mit dem Christentum auseinanderzusetzen.
--- Ende Zitat ---
- Zeit.de
Nur mal so "Random" in den Raum gestellt.

colourize:
passend zum Thema: Herumgetrumpe.

Oder, wie sich selbst die FAZ zueigen macht, ist die Beschönigung von rechtem Terror eine vollkommene Entgleisung. Also wenn man Präsident der USA ist. Sonst gilt natürlich Meinungsfreiheit.

Und auch die Freiheit aller Mitdiskutanten, sich selbst eine Meinung zu bilden. Und da habe ich schon den Eindruck, dass die Position von Inverted eher eine Außenseiterposition markiert.  8)

nightnurse:
Die FAZ hatte auch zum G20-Thema schon einen netten Rant.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln