Schwarzes Hamburg > Politik & Gesellschaft -Archiv-
Resistente Keime
CubistVowel:
Endlich nennt es mal jemand beim Namen: Resistente Keime "sind ein Zeugnis medizinischer und politischer Verantwortungslosigkeit".
Ein Artikel von Kathrin Zinkant zum Thema Entstehung und Verbreitung resistenter Bakterien.
Zitat aus dem oben verlinkten Artikel:
"Sie heißen MRSA, VRSA, VRE, ESBL-Bildner, MDR-TB, EHEC oder einfach nur MDR für multi-drug resistant. Was den meisten dieser kryptisch benannten Keime gemein ist: Sie befallen längst nicht mehr nur Patienten in Krankenhäusern. Viele haben sich ungestört in alltäglichen Umfeldern des Menschen etablieren können, in Gemeinschaftseinrichtungen, auf Lebensmitteln, vor allem auf Fleisch.[...]
Bakterien müssen nicht darauf warten, dass sich ihr Erbgut von selbst verändert, sie tauschen nützliches Genmaterial direkt aus, von Einzeller zu Einzeller, als kleine Erbgutstückchen. Dafür müssen sie nicht einmal verwandt sein. Und was bisweilen als glückliche Fügung missinterpretiert wird: Bakterien, die Resistenzen erworben haben, machen nicht zwangsläufig krank. Gerade dieser Umstand erlaubt ihnen, sich unbemerkt auszubreiten und ihre Resistenzen weiter zu verteilen. [...]
Und wie die American Society of Microbiology konstatiert, ist es ja nicht erst der Missbrauch, sondern schon der medizinisch sinnvolle Einsatz von Antibiotika, der Resistenzen hervorbringt. Das erste penicillin-resistente Bakterium tauchte auf, bevor Penicillin selbst auf den Markt kam. Umso sorgfältiger müsse man daher mit den kostbaren Medikamenten umgehen, umso größeren Wert auch auf Hygiene und Entsorgung legen, deren Mängel einen ganz erheblichen Beitrag zur Verbreitung der unsichtbaren Gefahr leisten."
Es gab zu diesem Thema bereits mehrere Fernsehsendungen (meistens zu sehr später Stunde), aber da diese fast immer nur von "Krankenhauskeimen" sprachen, entging vielen Leuten wahrscheinlich die Brisanz des Themas. Obwohl man auch und gerade zur mangelnden Hygiene ausgerechnet in deutschen Krankenhäusern sicher einiges sagen könnte. Vielleicht sind auch die Titel der Berichte zu sehr oder noch zu wenig reißerisch gewesen...^^
Killerbrut - Die verschwiegene Katastrophe (sehr sehenswert)
Tod im Krankenhaus
Wie gesagt, es geht längst nicht mehr nur um Krankenhäuser - gerade Gesunde verbreiten einen Großteil der Keime.
schwarze Katze:
Tja, die Natur tut sein Bestes, um die Bazille Mensch abzuschütteln
Kallisti:
CubistVowel
... ja ok, aber was soll man selbst da vorbeugend/verantwortungsvoll tun (als man es nicht sowieso wohl schon macht)?
Dass es auch um Antibiotika dabei geht, gegen die Keime (Bakterien!) resistent werden, weil die Antibiotika noch immer (!) viel zu häufig verschrieben werden (übrigens vor allem in anderen Ländern - auch europäischen, gerade Frankreich z.B. ...) und oft auch von Ärzten sogar wider deren besseren Wissens (weil ja nur hilfreich bei bakteriellen Infektionen, nicht bei viralen - auch lange bekannt eigentlich) eingesetzt werden und dann auch leider nicht mal spezifisches Antibiotikum für eben diesen Keim, sondern fast ausschließlich Breitbandantibiotika - mit fatalen Folgen. Was wiederum daran liegt, dass auf die Keime oft gar nicht untersucht wird (weder in Krankenhäusern, noch bei niedergelassenen Ärzten) - somit weiß der Arzt also gar nicht, welcher Keim da gerade vorhanden ist (kann er ohne entsprechende Untersuchung nicht wissen) und deshalb pauschal Breitbandantibiotikum einsetzt.
>:(
nightnurse:
Leider kann man als Verbraucher nicht viel tun.
Wenn einem ein Arzt ein Antibiotikum verschreibt, nur, weil man erkältet ist, ohne Abstrich - sollte man es nicht nehmen. Finde ich. Wenn man eine Diagnose auf ein bestimmtes Bakterium hat und ein Antibiotikum verschrieben bekommt - dann sollte man es auch nach Vorschrift und bis zu Ende nehmen.
Es gibt ein paar Fälle, wo man Antibiotika vorsorglich schonmal einnimmt, bevor die Diagnose fertig ist (bei Borrelioseverdacht z.B., das hab ich selbst schon gemacht; nach OPs am Darm war das "damals" auch üblich, um Peritonitis vorzubeugen).
(Außerdem gehört der unqualifizierte Umgang mit Desinfektionsmitteln im Privathaushalt eigentlich verboten, aber wie soll das gehen...)
Aber insgesamt ist die Lage katastrophal und das bisschen, was ich tun kann, ist ein Fliegenschiss im Sturm.
Das wird noch ganz spannend. Wie den von Cubist Vowel verlinkten Sendungen zu entnehmen ist
CubistVowel:
--- Zitat von: Kallisti am 06 März 2012, 10:46:12 ---CubistVowel
... ja ok, aber was soll man selbst da vorbeugend/verantwortungsvoll tun (als man es nicht sowieso wohl schon macht)?
--- Ende Zitat ---
Mir fallen da auch nur die üblichen Dinge ein: die Massentierhaltung nicht durch Kauf unterstützen, nicht unnötig Antibiotika nehmen, keine überflüssigen Desinfektionsmittel benutzen und vor allem: Hände waschen, um nicht noch mehr Keime zu verbreiten! Mir graust es regelmäßig, wenn ich sehe, wie Leute z. B. vom Einkaufen wiederkommen, Einkaufswagen, Geld, Türklinken, Treppengeländer und was auch immer angefasst haben, und dann ohne Händewaschen anfangen, das Brot fürs Abendessen aufzuschneiden. ::)
Mein Augenarzt gibt übrigens niemandem mehr die Hand - finde ich sehr sinnig; Ich vermeide das Händeschütteln auch, wo es halbwegs sozialverträglich irgend geht. Je mehr ich darüber nachdenke, desto ekeliger finde ich diese Angewohnheit.
Vor allem aber sollte man die Hygienemaßnahmen in den Krankenhäusern verstärken bzw. die Hygienevorschriften verschärfen - und dann auch einhalten und nicht "wegsparen". Laut den Reportagen sterben in Deutschland jährlich mehrere Zigtausend Menschen an nicht mehr behandelbaren Bakterieninfektionen. Darunter auch das eine oder andere Frühchen, das es dann auch endlich mal schafft, kurz die Medien dafür zu interessieren...
--- Zitat von: nightnurse am 06 März 2012, 10:57:52 ---Aber insgesamt ist die Lage katastrophal und das bisschen, was ich tun kann, ist ein Fliegenschiss im Sturm.
--- Ende Zitat ---
Aber das ist doch immer so. Und überhaupt kein Grund zur Resignation. Im Gegenteil. :)
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln