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Therapierungswahn Pathologisierungswut - Ritalin ... - nicht nur bei Kindern
colourize:
--- Zitat von: Kallisti am 25 April 2012, 00:31:09 ---
--- Zitat von: colourize am 25 April 2012, 00:16:46 ---
Anstatt anzuerkennen, dass es eben verschiedene Sichten auf die Dinge geben kann, legitimierst Du Deine Sicht der Dinge durch weitere Aussagen Dritter immer wieder aufs Neue. Dadurch wird Deine Sicht der Dinge aber nicht richtiger als die Sicht Deines Opponenten.
--- Ende Zitat ---
Warum nicht - wenn die eine Sicht belegbar ist, die andere nicht (sein sollte)?
--- Ende Zitat ---
Warum sollte eine Meinung wahrer werden, nur weil Dritte sie teilen?
Wir diskutieren hier ja nie über Faktenwissen oder mathematische Gleichungen, die eindeutig richtige Lösungen (sprich: Wahrheiten) aufweisen, sondern immer über Positionen, die auf moralischen Werturteilen beruhen.
Kallisti:
Em nein? Genau das ist, worum es mir geht und was ich doch in Links zur Verfügung stelle: Faktenwissen/Hintergrundinfo. ?
Natürlich wird etwas nicht "wahrer", nur weil mehrere der gleichen Ansicht sind - eben: genau das reicht ja nicht aus als "Beweisführung"! ;)
Aber wenn ich doch Info einstelle, in der sich auf Forschung bezogen wird und dort auch wiederum entsprechende Quellen zu finden sind - dann sind das doch die Belege, um die es mir geht, die also eine Ansicht "erhärten" oder eben nicht. ?
Wir sind eine "Rechtfertigungsgesellschaft", wie ich bereits ein anderes Mal schrieb. ;) Wissenschaft funktionert nach diesem Prinzip, basiert auf dieser Methode.
Behauptungen alleine sind da nicht von Interesse. Eben. Sie müssen überprüfbar, verifizierbar oder falsifizierbar sein.
Wie gesagt: Auf welcher Ebene sonst, sollte/könnte ich hier anderen, mir völlig unbekannten Menschen glauben (sollen), was sie äußern und umgekehrt sie mir? - Ich kann wohl kaum solchen wildfremden Menschen, die ich nur als Schrift auf meinem Bildschirm wahrnehmen kann (!) derartiges Vertrauen (!) entgegenbringen, dass ich ihnen einfach erst mal grundsätzlich glaube, was sie sagen (und sie mir) - wie naiv wäre das denn!?!
Wenn ich Leute persönlich kenne, wenn ich mir auch durch Mimik, Gestik, Augen - also: Körpersprache, also: physische "Merkmale", beobachtbares Verhalten bzw. durch das unmittelbare Erleben der Menschen einen (besseren!) Eindruck immerhin verschaffen kann, dann mag das noch etwas anders aussehen. Je besser ich sie kenne um so eher, is ja klar: denn umso eher kann ich wissen oder annhemen, dass/ob sie vertrauenswürdig, wahrhaftig, sorgfältig etc. sind (oder nicht).
Aber doch nicht bei sowas wie Internetforen - also der absoluten Anonymität, in der ja nicht selten tatsächlich Leute allen möglichen Schwachsinn behaupten, in die Welt posaunen, vormachen, täuschen etc.
?! ?
Eisbär:
Kallisti: Lern bitte endlich quoten!
colourize:
--- Zitat von: Kallisti am 25 April 2012, 10:00:12 ---Behauptungen alleine sind da nicht von Interesse. Eben. Sie müssen überprüfbar, verifizierbar oder falsifizierbar sein.
--- Ende Zitat ---
Genau das meine ich mit "absolute Wahrheiten", von denen Du offenkundig annimmst, dass diese zu der einen, richtigen Überzeugung führen, wenn man sich nur lange genug mit den zitierten Forschungsergebnissen beschäftigt. Denn wenn Behauptungen verifizierbar oder falsifizierbar sein müssen, um hier Gehör zu finden, suchen wir genau danach: nach der Wahrheit (vgl. veritas = Wahrheit).
Mal davon abgesehen, dass unterschiedliche wissenschaftliche Studien oftmals zu sehr gegenteiligen Ergebnissen kommen: Es geht hier in unseren Diskussionen im Regelfall um Einstellungen zu den diskutierten Fragestellungen. Wir erstellen hier keine wissenschaftlichen Gutachten und Gegengutachten, sondern stellen unsere Meinungen dar - und gegebenenfalls mehr oder weniger ausschweifend wie wir zu diesen Meinungen gekommen sind. Die Grundlage von Meinungen können eigene Erfahrungen sein, oder Argumente auf Basis wissenschaftlicher Studien, oder Überzeugungen die sich aus der Werthaltung des Diskutanten herleiten (moralische Urteile). Meinungen können nicht richtig oder falsch sein. Für jedes Individuum hat seine eigene Meinung den Charakter von Wahrheit, weil das Individuum nach seinen Überzeugungen handelt. Es gibt aber keine absoulten Wahrheiten, die für alle gelten würden. Besonders deutlich wird das beispielsweise, wenn etwa das Thema "Glauben an Gott" diskutiert wird, dem man nun mal nicht mit Falsifikation (oder gar: Verifikation!) beikommen kann.
Für mich ist das Interessante an einer Diskussion hier, die Sichtweisen der Anderen auf die Dinge kennenzulernen. Und nicht Andere zu missionieren oder zu überzeugen. Dazu gehört für mich auch, dass man anderen eben ihre Meinung lässt.
messie:
--- Zitat ---Meinungen können nicht richtig oder falsch sein. Für jedes Individuum hat seine eigene Meinung den Charakter von Wahrheit, weil das Individuum nach seinen Überzeugungen handelt. Es gibt aber keine absoulten Wahrheiten, die für alle gelten würden.
--- Ende Zitat ---
Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte, dass es auch in der Forschung gar keine absoluten Wahrheiten geben kann, sobald es um Menschen geht.
Denn gerade Studien sind so eine Sache: Sie bilden lediglich einen Ist-Zustand ab, eine Momentaufnahme, und haben ja auch nur eine bestimmte Anzahl an untersuchten Menschen.
Manche Studien dauern mehrere Jahre. Da kann es passieren dass das Forschungsergebnis bereits zu dem Zeitpunkt veraltet ist, zu dem es veröffentlicht wird!
Kleines Beispiel: Man stelle sich vor, man hätte eine 2jährige Studie zur Ängstlichkeit von Amerikanern mit niedrigem Blutdruck von Mitte 1999 bis Mitte 2001 gemacht.
Tja, und dann kam 9/11. Ab diesem Tag könnte man die komplette Studie sofort in die Tonne werfen! Weil sich ein Umstand geändert hat, den es vorher so nicht gab.
Ähnlich sehe ich es bezüglich der Themen ADHS, Alzheimer und Therapierungswürdigkeit, die hier so heiß diskutiert werden: Die Forschung ist zwar fleißig dabei Erkenntnisse zu sammeln, aber alleine die Widersprüchlichkeit vieler Ergebnisse zeigt schon, wie unglaublich komplex es ist und wie schwierig es ist, überhaupt ein Ergebnis zu erzielen - ganz zu schweigen von einem eindeutigen.
Menschen sind nun einmal unterschiedlich. Und da kann Forscher A noch so tolle Ergebnisse erzielen bei seinen 100 Leuten die er untersucht hat, wie toll dieses und jenes geholfen hätte - es kann genauso gut sein, dass die Ergebnisse das genaue Gegenteil ergeben hätten, wenn er 100 andere Personen ausgewählt hätte.
Aus diesem Grund gehe ich da mit Colourize konform: Es kann hier nicht die Wahrheit geben. Es kann lediglich ein paar Erkenntnisse geben, was auf jeden Fall falsch ist (und selbst das nicht unbedingt sicher).
Genau darin sind wir uns aber ja kurioserweise einig (kurios, weil damit der Diskussionsbedarf ja eigentlich wegfallen müsste): Jeder schrieb, ausnahmslos, dass eine Gabe von Ritalin ohne begleitende/nachfolgende Therapie überhaupt keinen Sinn macht.
Darüber hinaus ist es aber, glaube ich inzwischen, schlicht unmöglich, eine eindeutige Antwort oder Wahrheit zu erhalten. Denn wenn eine Studie jetzt behauptet, oder gar zehn, dass Ritalin gar nicht hilft, was tut man denn dann eigentlich wenn jemand es einem irrtümlich trotzdem gibt und es bei genau dieser Person dann anschlägt wie sonstwas? Nicht alles lässt sich mit "Placebo-Effekt" erklären.
--- Zitat ---Für mich ist das Interessante an einer Diskussion hier, die Sichtweisen der Anderen auf die Dinge kennenzulernen.
--- Ende Zitat ---
Das geht mir genauso. :)
Auch und gerade auch mal von Leuten aus der Praxis etwas zu erfahren, die beruflich oder privat mit Menschen zu tun haben, die es betrifft. Denn gerade die Erlebnisse anderer zeigen mir, das ist meine Meinung, viel besser als jede Studie es jemals könnte, worum es hier dann geht.
Ich habe mich mit dem Thema selbst ja auch erst beschäftigt als ich der benannten Person mit der Diagnose ADHS begegnet bin. Ich wollte einfach wissen wo die Krankheit anfängt und wo die Eigenart aufhört.
Meine Erkenntnis diesbezüglich ist übrigens, dass sich das ganz schlecht trennen lässt. Hätte sie diese Symptomatik nicht, wäre sie schlicht ein anderer Mensch. Auf der anderen Seite passt ihr Verhalten so gut zu den Kriterien die allenthalben genannt werden nach denen man diese "Krankheit" identifizieren kann, dass ich doch sehr staunte. Sie ist ja nicht so weil man sagt dass das zu dieser "Krankheit" dazugehört, sondern weil sie halt einfach so ist.
Weswegen es mir "dank" diesen Falls beispielsweise schwer fällt zu behaupten, ADHS gäbe es nicht. Bei dieser Person passt es einfach viel zu gut zusammen zu jenen Erkenntnissen, die da zum Thema zusammengetragen wurden.
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