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Autor Thema: Kirchhof will Steuerreform  (Gelesen 3994 mal)

Multivac

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Kirchhof will Steuerreform
« am: 26 August 2011, 11:52:27 »

Kirchhof hat eine Steuerreform ausgearbeitet, die auf nur 35 Seiten paßt, und die Umverteilung von arm auf reich, wie es gerade stattfindet (seine Worte !), verhindert. Ihn nerven die ganzen Rettungspakete für Griechenland und andere Länder, da es eigentlich Rettungspakete für Banken und die zig Mittelsfirmen/Spekulanten/Anleger sind.

http://www.faz.net/artikel/C30923/paul-kirchhof-im-interview-25-prozent-steuern-fuer-alle-das-ist-die-obergrenze-30025730.html

http://www.faz.net/artikel/S30923/interview-in-der-f-a-s-kirchhof-beklagt-feudalismus-im-deutschen-steuerrecht-30488450.html

Was sagt Ihr dazu ?
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Eisbär

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #1 am: 26 August 2011, 12:47:37 »

Ein deutlich einfacheres Steuersystem wäre endlich mal sinnvoll. Ob es dann wirklich auch gerechter wäre, müßte man prüfen.

Was die Hilfe für Griechenland angeht: er liegt imho richtig, was seine Analyse der Situation angeht. Ich sehe aber keine großen Möglichkeiten, die Situation zu ändern. Jedenfalls nicht, ohne eine weitere große Finanzmarktkrise auszulösen, gegen die die letzte wie ein kleiner Witz aussieht...
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Multivac

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #2 am: 26 August 2011, 12:52:58 »

ich finde seine argumentation über den kreislauf interessant, daß die staaten sich immer mehr abhängig von den banken machen, indem sie schulden bei diesen aufnehmen. dann versucht der staat, anderen staaten wie griechenland zu helfen und hilft eigentlich dessen banken, um wiederum diese nutzen zu können, um eigene schulden aufzunehmen.
oder andersherum, würde der staat nicht anderen staaten bzw. deren bankensystem aus krisen helfen, könnte der staat selbst keine schulden mehr machen und würd pleite gehen.

klingt nach heftiger abhängigkeit, finde ich. (aber ich hab von sowas keine ahnung.)
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colourize

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #3 am: 26 August 2011, 13:00:51 »

Wenn der Spitzensteuersatz bei 25% liegt zahlen die Besserverdienenden noch weniger Steuern zahlen als heute.
Das fehlende Geld muss irgendwo herkommen. Wenn die reicheren Menschen die Zeche nicht zahlen, werden es die Ärmeren ausbaden.

Sehe nicht, wo das gerecht sein soll.
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Multivac

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #4 am: 26 August 2011, 13:23:55 »

zitat:

"In Deutschland gilt die Progression als Ausdruck der sozialen Gerechtigkeit. Sie schaffen sie ab. Ist das zu vermitteln?

Wer abstrakt fragt, ob Chefarzt und Sekretärin beide 25 Prozent zahlen sollen, wird zur Antwort erhalten, dies sei sozial ungerecht. Aber wenn ich anders frage: Wer 30.000 Euro im Jahr verdient, der trägt vielleicht 2000 Euro zur Finanzierung der Gemeinschaftsanliegen bei. Wer eine Million verdient, muß fast 250.000 Euro Steuern zahlen. Das müssen wir den Menschen bewußtmachen."
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Shadow Preacher

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #5 am: 26 August 2011, 13:24:29 »

Wenn der Spitzensteuersatz bei 25% liegt zahlen die Besserverdienenden noch weniger Steuern zahlen als heute.
Das fehlende Geld muss irgendwo herkommen. Wenn die reicheren Menschen die Zeche nicht zahlen, werden es die Ärmeren ausbaden.

Sehe nicht, wo das gerecht sein soll.

Als "Besserverdiener" hast weit aus mehr Möglichkeiten, Deine Steuerzahlung über Abschreibungen und dergl. zu senken. Der Großteil der Besserverdiener wird kaum mehr Steuern zahlen müssen.

Jedoch die Normalverdiener, die nicht die Möglichkeiten nicht haben, z. B. vermietete Wohnungen zu kaufen, zahlen i. d. Regel den vollen Steuersatz.

Dazu kommt das die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. Ein wesentliche Verursachung sind dabei für mich die Dumpinglöhne, Zeitverträge und Zeitarbeitsfirmen. Und die Spirale läßt sich mühelos fortsetzen:

Die Reichen haben eine Lobby, sei es über Interesseverbände oder Parteien. Und diese sorgen schon dafür, das bestimmte Möglichkeiten zur Geldvermehrung geschaffen oder bestehen bleiben., siehe Steuervergünstigung für Hotels.

Der Arme hat all diese Möglichkeiten nicht. Er vertraut auf seine Lebensversicherung oder Riester-Rente und wird dann Wohngeld beantragen.

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Shadow Preacher

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #6 am: 26 August 2011, 13:28:30 »

zitat:

"In Deutschland gilt die Progression als Ausdruck der sozialen Gerechtigkeit. Sie schaffen sie ab. Ist das zu vermitteln?

Wer abstrakt fragt, ob Chefarzt und Sekretärin beide 25 Prozent zahlen sollen, wird zur Antwort erhalten, dies sei sozial ungerecht. Aber wenn ich anders frage: Wer 30.000 Euro im Jahr verdient, der trägt vielleicht 2000 Euro zur Finanzierung der Gemeinschaftsanliegen bei. Wer eine Million verdient, muß fast 250.000 Euro Steuern zahlen. Das müssen wir den Menschen bewußtmachen."

Das Interview und das Zitat ist von 2005, als Kirchhof Mitglied im "Kompetenzteam" gewesen ist und Finanzminister werden wollte.
Zitat
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 21.08.2005, Nr. 33 / Seite 31

Insofern wäre mal interessant, welche Vorschläge das Kompetenzteam gemacht hat und welche davon von der Regierung umgesetzt wurden.
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colourize

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #7 am: 26 August 2011, 13:36:46 »

zitat:

"In Deutschland gilt die Progression als Ausdruck der sozialen Gerechtigkeit. Sie schaffen sie ab. Ist das zu vermitteln?

Wer abstrakt fragt, ob Chefarzt und Sekretärin beide 25 Prozent zahlen sollen, wird zur Antwort erhalten, dies sei sozial ungerecht. Aber wenn ich anders frage: Wer 30.000 Euro im Jahr verdient, der trägt vielleicht 2000 Euro zur Finanzierung der Gemeinschaftsanliegen bei. Wer eine Million verdient, muß fast 250.000 Euro Steuern zahlen. Das müssen wir den Menschen bewußtmachen."
Es kann doch wohl keine Frage sein, dass heute ein regulär versteuertes Bruttoeinkommen von einer Million Euro mehr Steuern einbringt als dies gemäß dem Kirchhof-Vorschlag der Fall wäre. Da kann man die Sache schönreden und die Menschen verdummbeuteln, wie auch immer man in seiner blasierten Kapitalistenart meint dies tun zu müssen (vgl. zum Beispiel das obige Zitat).

Wer zahlt dann zukünftig das fehlende Geld? Dreimal darf geraten werden, und ich gebe zudem noch einen Hinweis: es sind nicht die Leute, die die Million brutto verdienen.
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Eisbär

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #8 am: 26 August 2011, 13:39:49 »

Wenn der Spitzensteuersatz bei 25% liegt zahlen die Besserverdienenden noch weniger Steuern zahlen als heute.
Das fehlende Geld muss irgendwo herkommen. Wenn die reicheren Menschen die Zeche nicht zahlen, werden es die Ärmeren ausbaden.

Sehe nicht, wo das gerecht sein soll.

Es wird in dem Moment gerecht, wo die reicheren Menschen nicht mehr jeden Scheiß absetzen können, wodurch sie sich künstlich arm rechnen.

Ein geringerer Steuersatz mit weniger Absetzungsmöglichkeiten wäre also durchaus gerechter...
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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #9 am: 26 August 2011, 13:43:01 »

Zitat
Das Interview und das Zitat ist von 2005
oh, sorry. sowas ähnliches hab ich heute in der faz-sonntagszeitung vom 21.08.2011 gelesen und dachte, das ist es. *schäm* er vertritt aber scheinbar heute noch die gleiche meinung wie damals.
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colourize

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #10 am: 26 August 2011, 13:45:31 »

Wenn der Spitzensteuersatz bei 25% liegt zahlen die Besserverdienenden noch weniger Steuern zahlen als heute.
Das fehlende Geld muss irgendwo herkommen. Wenn die reicheren Menschen die Zeche nicht zahlen, werden es die Ärmeren ausbaden.

Sehe nicht, wo das gerecht sein soll.

Es wird in dem Moment gerecht, wo die reicheren Menschen nicht mehr jeden Scheiß absetzen können, wodurch sie sich künstlich arm rechnen.

Ein geringerer Steuersatz mit weniger Absetzungsmöglichkeiten wäre also durchaus gerechter...
Was genau hat das eine mit dem anderen zu tun?

Man könnte doch auch so die Möglichkeiten der steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten reduzieren. Dafür braucht man keinen einheitlichen Steuersatz.
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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #11 am: 26 August 2011, 14:01:35 »

Ein einheitlicher Steuersatz für alle ohne Abschreibungsmöglichkeiten soll nur die Lobby derjenigen beruhigen und besänftigen, die heute genau diese Möglichkeiten nutzen.
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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #12 am: 02 September 2011, 17:33:46 »

Das Kirchhoffsche Steuermodell find ich gut.
Die 25% sind übrigens nur ein Leitwert. Der Satz kann natürlich auch höher ausfallen, was aber in gewissen Grenzen unproblematisch ist.
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Im Falle eines Missverständnisses:
Ich bin zutiefst bösartig und hinterhältig (kein Wunder bei dem Sternzeichen) und habe grundsätzlich niedere Beweggründe für fast alles.

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Re: Kirchhof will Steuerreform
« Antwort #13 am: 04 September 2011, 14:09:18 »

Das Modell von Kirchhof ist totaler Müll. Sein Modell war das schon 2005 und ist es jetzt immer noch.

Es setzt an der falschen Stelle an.

Im Übrigen gibt es genug Analysen im Web, die die Fehler in dem Modell klar und deutlich aufzeigen.

Eine der brauchbareren Aktuellen findet sich hier:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/erhard-eppler-ueber-kirchhofs-steuerkonzept-einfach-ist-nicht-gleich-gerecht-1.1116132
Zitat
Die flat tax ist erfunden worden als Teil eines marktradikalen Konzepts, das die Chicago Boys vor zwanzig Jahren gewendeten Kommunisten in Osteuropa aufschwatzten, übrigens mit dem Versprechen, damit könnten sie Franzosen und Deutschen Investitionen abluchsen. Diese Marktradikalen hassten die progressive Steuer, weil der Staat damit etwas tat, was sie ihm verbieten wollten: zum sozialen Ausgleich beitragen. Für sie galt: Was der heilige Markt entscheidet, soll der ganz und gar unheilige Staat nicht korrigieren.

Als der rechtsliberale preußische Finanzminister Johannes von Miquel kurz nach Bismarcks Entlassung die progressive Einkommensteuer einführte, wollte er genau dies tun: Die Reichen sollten auch prozentual mehr für das Gemeinwesen abgeben als die, deren Einkommen gerade für das Notwendigste ausreichte.

[...]

Zugegeben: Kirchhof hat sein Konzept nicht aus denselben Gründen erfunden wie die Marktradikalen. Er hält es sogar für höchst "sozial", was immer dies heißen soll. Aber er kann nicht verbergen, dass mit seinem Konzept die Grundsatzfrage gestellt ist: Darf der Staat die Steuer als Instrument des sozialen Ausgleichs nutzen oder nicht? Die Marktradikalen, die lange vor Kirchhof für die - ach so einfache - Einheitssteuer eingetreten sind, geben darauf eine klare Antwort: Er darf nicht.

Seit in Europa die progressive Einkommensteuer üblich ist, seit mehr als einem Jahrhundert, lautet die Antwort, die bislang von allen Parteien gegeben wurde: Er darf, ja er muss. Er muss heute noch mehr als vor hundert oder vor vierzig Jahren. Denn die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern ist tiefer geworden, die Spaltung der Gesellschaften mit all ihren Folgen schreitet voran.

Wer dies verhindern will, muss auch im Steuersystem einiges reformieren. Er darf auch einiges vereinfachen. Aber er darf nicht ein wirksames Instrument eliminieren, das in den letzten hundert Jahren das Auseinanderfallen der Gesellschaften gebremst hat.

Wer noch ein paar Zahlen jongliert haben möchte:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=9946

Colourize hat es ja schon angesprochen; die Steuermindereinnahmen wollen auch irgendwie ausgeglichen werden. Unter Garantie würde das wieder auf Senkung von Ausgaben u.a. im sozialen und kulturellen Bereich hinauslaufen. Dicht gefolgt von anderen öffentlichen Aufgaben (Polizei; Krankenhäuser; Infrastrukturen; Feuerwehr...).

Im Übrigen:
Die Progressionskurve gibt es nicht ohne Grund. Genauso wenig wie die Möglichkeit Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend zu machen. Abschreibungen wurden auch nicht ohne Grund im Gesetz aufgenommen. Da streicht man nicht mal einfach so hier und da was weg.

Mit der Abgeltungssteuer hat man auch den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Einkommensarten aufgegeben. Weiterhin gibt es ja nun auch das tolle DBA mit der Schweiz, was im Grunde selbst die tolle Abgeltungssteuer untergräbt. An dem Punkt ansetzen ist wesentlich sinniger als dieses schwachsinnige Stufenprinzip...

Was Kirchhof eigentlich wissen müsste; das Bundesverfassungsgericht hatte sich mit dem Thema auch beschäftigt und dabei kam folgendes raus:

Zitat
Auch das Bundesverfassungsgericht sieht das Gleichheitsprinzip durch das Leistungsfähigkeitsprinzip materialisiert. Es hat bereits in E 8, 51 ff., S. 68 f. im Sinne der vertikalen Steuergleichheit ausgesprochen: „Im Gegensatz hierzu würde im Bereich des Steuerrechts eine formale Gleichbehandlung von Arm und Reich durch Anwendung desselben Steuersatzes dem Gleichheitssatz widersprechen. Hier verlangt die Gerechtigkeit, daß im Sinne der verhältnismäßigen Gleichheit der wirtschaftlich Leistungsfähigere einen höheren Prozentsatz seines Einkommens als Steuer zu zahlen hat als der wirtschaftlich Schwächere (vgl. schon Art. 134 WRV)".
Quelle: http://www.hans-raab-stiftung.de/detail.php?ID=9

Wer unbedingt  will, dass sich an der Situation etwas ändert, der möge bitte mit der Forderung beginnen, dass diese unsäglichen Nichtanwendungserlasse seitens des BMF endlich abgeschafft werden.

Es gibt so viele sinnvolle Ansatzmöglichkeiten. Es ist echt traurig, das man sich mit dem Gebrabbel dieses alten Mannes stattdessen konfrontiert sehen muss...
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