Irgendwie ist die Frage in einer Hinsicht ziemlich bigott. Auf der einen Seite werden wir dabei wie ein normales Tier betrachtet, auf der anderen Seite steht die Forderung nach Einklang mit der Natur.
Wenn man uns als ein Tier betrachtet, muß man auch sehen, daß wir Teil der Natur sind. Und somit ist die Autobahn die wir bauen nichts anderes, als eine Ameisenstraße und ein Wolkenkratzer in Neuwiedenthal ist nichts anderes als ein Damm von Bibern.Oder man geht eben doch den "Krönung der Schöpfung"-Gedanken bis zum Ende, formuliert es weniger breligiös und sagt eben, wir haben uns von vielen normalen biologischen Bereichen emanzipiert und damit sind wir eben kein normaler Bestandteil der Natur mehr und damit gelten für uns auch nicht die gleichen Voraussetzungen wie für andere Tiere.
Wie ich schon sagte: Artgerechte Lebensweise in Bezug auf Mensch (heute!) geht meiner Ansicht nach mit Lebensqualität einher bzw. könnte meiner Ansicht nach Lebensqualität ein Definitionsmerkmal (?) für menschliche artgerechte Lebensweise sein.
die frage die sich mir vor allem stellt, wie könnte man bei aller überzeugung, dass das system (global) scheisse läuft, eine bessere, gerechtere, artgerechte, naturschützendere (...) gesellschaft neu erfinden bzw. organisieren ?
Mit dem Menschen ist es ungefähr so, wie Douglas Adams es schon beschrieben hat: "Viele kamen allmählich zu der Überzeugung, einen großen Fehler gemacht zu haben, als sie von den Bäumen heruntergekommen waren.Und einige sagten, schon die Bäume seien ein Holzweg gewesen,die Ozeane hätte man niemals verlassen dürfen!"
Zitat von: CubistVowel am 06 November 2010, 11:42:53Zitat von: colourize am 05 November 2010, 11:52:41Zitat von: CubistVowel am 05 November 2010, 08:35:22Ich frage mich manchmal, ist unser Leben noch artgerecht? Evolutionsbedingt? Degeneriert?Ich frage mich hingegen, ob der Mensch überhaupt ein natürliches Habitat hat.Diese Frage würde ich differenzieren zwischen dem heutigen Menschen und unseren Vorfahren. Jedes Lebewesen hat - ursprünglich - einen natürlichen Lebensraum. Die Frage nach dem Habitat des heutigen Menschen hat ja auch etwas von der Frage nach der Henne und dem Ei - was schafft wen. Wie weit müsste man also in die Vergangenheit zurück um zu sehen, wann sich der frühere Lebensraum des Menschen so weit entwickelt hat, dass man von einem neuen Lebensraum sprechen kann? Deinen obigen Ausführungen folgend lebte der Mensch vor wenigstens 5000 Jahren - also unsere Vorfahren - ja noch im Einklang mit der Natur. Die Tages- und Jahreszeiten bestimmten den Rhythmus, die Arbeit war nicht entfremdet, Konsum diente nur zum Überleben und Kapitalismus gabs nicht.Defnitiv war aber vor 5000 Jahren schon die gesamte Welt von Menschen bevölkert, von einigen ziemlich unwirtlichen Anökumenen, die wir heute gleichfalls zu meiden versuchen, einmal abgesehen. Natürlich war die Bevölkerungsdichte geringer, aber nahezu überall wo es irgend möglich war, lebten auch Menschen. Sie lebten allerdings kulturell angepasst an ihre jeweilige Umwelt, es gab verschiedene Bekleidungen, Jadgtechniken, soziale Vergesellschaftungsformen. Spricht das nicht dafür, dass es kein "natürliches Habitat" des noch-nicht-entfremdeten Menschen gibt, sondern der Mensch in Abhängigkeit seiner Kulturtechnik quasi überall leben kann?
Zitat von: colourize am 05 November 2010, 11:52:41Zitat von: CubistVowel am 05 November 2010, 08:35:22Ich frage mich manchmal, ist unser Leben noch artgerecht? Evolutionsbedingt? Degeneriert?Ich frage mich hingegen, ob der Mensch überhaupt ein natürliches Habitat hat.Diese Frage würde ich differenzieren zwischen dem heutigen Menschen und unseren Vorfahren. Jedes Lebewesen hat - ursprünglich - einen natürlichen Lebensraum. Die Frage nach dem Habitat des heutigen Menschen hat ja auch etwas von der Frage nach der Henne und dem Ei - was schafft wen. Wie weit müsste man also in die Vergangenheit zurück um zu sehen, wann sich der frühere Lebensraum des Menschen so weit entwickelt hat, dass man von einem neuen Lebensraum sprechen kann?
Zitat von: CubistVowel am 05 November 2010, 08:35:22Ich frage mich manchmal, ist unser Leben noch artgerecht? Evolutionsbedingt? Degeneriert?Ich frage mich hingegen, ob der Mensch überhaupt ein natürliches Habitat hat.
Ich frage mich manchmal, ist unser Leben noch artgerecht? Evolutionsbedingt? Degeneriert?
Wie definiert man was artgerecht ist, was nicht. Wenn man von der Norm ausgeht: Dann würden Menschen die im Einklang mit der Natur leben NICHT artgerecht leben. Denn es ist mittlerweile doch völlig normaler standard, dass wir eben nicht im Einklang mit ihr leben.
Die Natur macht nicht etwas aus einem bewußten Antrieb oder mit einer Zielsetzung, das macht Natur "macht", ist eine Aneinanderreihung von Zufällen.Wenn der Mensch ausstirbt, ist das ein Zufall.
Und als Jäger und Sammler, die wir waren, ist es natürliches Verhalten, Nahrung zu besorgen und danach zu faulenzen, bis die Vorräte verbraucht sind. Wie man das auf artgerechtes Verhalten heute ummünzen will... keine Ahnung.
Indem er z. B. seine eigene Art dermaßen dezimiert oder so verseucht, dass eine normale Fortpflanzung nicht mehr stattfinden kann. Auch bei anderen Tierarten gibt es natürliche Mechanismen, die eine Überpopulation regeln, z. B. dass die Weibchen ab einer bestimmten Individuenzahl einfach nicht mehr fruchtbar werden oder Ähnliches.
Auch das Beute-Jäger-Verhältnis ist so eine Regulierung, man könnte auch Krankheiten dazu zählen, die nur in Überpopulationen aufkommen.
Der heutige Mensch aber ist diesen natürlichen Mechanismen scheinbar nicht mehr unterworfen, er ist insgesamt gesehen fruchtbarer denn je, trotzt mehr oder weniger (bisher zumindest) jeder Massenkrankheit, hält sich Vieh, ernährt kranke Artgenossen etc. Ich zumindest könnte mir vorstellen, dass eine Spezies, die sich derart den natürlichen Mechanismen entzieht (man könnte auch sagen, sich über die Natur erhebt), biologisch langfristig aus genau diesem Grund zum Scheitern verurteilt ist.
Im Moment läuft es scheinbar gut, der Mensch kann sich glücklich als evolutionären Sieger betrachten, da es ihm gelingt, viele andere Spezies zu verdrängen, auszurotten oder für seine eigenen Zwecke zu benutzen.
Aber wie lange noch, bis die Natur einen wie auch immer gearteten Mechanismus gegen diesen zerstörerischen Parasiten entwickelt? Als Segen für die anderen Millionen Arten auf dieser Welt...
Wenn man davon ausgeht, dass der Mensch sich selbst die Umgebung schafft, in der er leben möchte, also sich sein artgerechtes Habitat selbst erschafft, muss man sich aber fragen, warum gerade in unserer hochzivilisierten, der Natur stark entfremdeten Gesellschaft so viele Leute "eigentlich" lieber naturnäher, mehr im Einklang mit der Natur leben möchten.
Ist unsere heutige Lebensweise eventuell nicht nur eine Frage der evolutionären Anpassung, sondern schlicht Gewöhnung, eine Art Goldener Käfig, aus dem es keinen Ausweg gibt? In dem man aus Bequemlichkeit, Mangel an Alternative oder fehlender Vorstellungskraft hocken bleibt?
Evolution ist nicht umkehrbar - aber sollte/muss der Mensch sich ausgerechnet in diesem einzigen Punkt der Natur unterwerfen und einfach so weiter machen wie bisher?
ZitatAber wie lange noch, bis die Natur einen wie auch immer gearteten Mechanismus gegen diesen zerstörerischen Parasiten entwickelt? Als Segen für die anderen Millionen Arten auf dieser Welt...Boah, das ist ja bio-misantropische Polemik pur.
Das überleben von tausenden Arten hängt zur Zeit vom Menschen ab
Im Einklang wollen wir komischerweise nur leben, seit es eine ökologische Bewegung gibt, die sich darüber mokiert, wie sehr wir die Natur verändern und dort Lebensräume für andere Arten zerstören
Wie gesagt: unser Verhalten ist vermutlich völlig natürlich.Die Tatsache, daß wir nicht so weitermachen, ist tatsächlich die zivilisatorische, also unnatürliche. Und sie ist bei unsere Zahl bitternötig.
Zitat von: Eisbär am 09 November 2010, 10:20:14Im Einklang wollen wir komischerweise nur leben, seit es eine ökologische Bewegung gibt, die sich darüber mokiert, wie sehr wir die Natur verändern und dort Lebensräume für andere Arten zerstörenDa muss ich dir widersprechen, es gibt genügend alte Kulturen, z. B. unter den ursprünglichen Völkern Nordamerikas, die ein solches Ziel anstrebten und eine für sich praktikable Lösung fanden und lebten. […] eine andere weit verbreitete Praktik war z. B. die, der Natur nie mehr zu entnehmen als unbedingt lebensnotwendig
Es spielt hierbei also mitnichten – wie impliziert – ein Bestreben nach ökologischem Gleichgewicht eine Rolle, das ganze ist eine sehr einfache Kosten-Nutzen-Rechnung und damit extrem egoistisch. Man könnte es auch „Natur“ nennen, denn dieses Muster findet man einfach überall.
Biologisch gesehen ist natürlich letztlich fast alles eine Kosten-Nutzen-Frage, aber widerspricht doch nicht unbedingt dem bewussten Bestreben nach ökologischem Gleichgewicht aus welchem Antrieb auch immer.
Im Einklang mit der Natur heißt doch eigentlich "im Einklang mit der eigenen Natur" [...] Unbestreitbar allerdings ist, dass der Mensch sich tatsächlich von der Natur im direkten Sinne, der Flora und Fauna, entfernt hat.
[...]das ganze ist eine sehr einfache Kosten-Nutzen-Rechnung und damit extrem egoistisch. Man könnte es auch „Natur“ nennen, denn dieses Muster findet man einfach überall.
Und so blöd das auch klingt: es ist völlig natürlich, daß eine Art andere Arten verdrängt und diese anderen dann aussterben. Das nennt man Evolution.