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Autor Thema: Dialektik  (Gelesen 14110 mal)

Lakastazar

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Dialektik
« Antwort #15 am: 19 Juni 2006, 18:28:00 »

Zitat von: "Trakl"
Und was sagt das jetzt aus? Das ist ja nun ein Kernsatz, der im Grunde nicht mehr aussagt als "ich weiß, dass ich nichts weiß".


Und damit wären wir wieder am "Anfang aller westlichen Philosophie"* :)

*rein metaphorisch gesprochen, da gute Philosophie stets immer das Erkennen von "nicht-wissen" im gewissem Maße vorraussetzt...
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DarkAmbient

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Dialektik
« Antwort #16 am: 19 Juni 2006, 18:30:06 »

Zitat von: "Trakl"
Und was sagt das jetzt aus? Das ist ja nun ein Kernsatz, der im Grunde nicht mehr aussagt als "ich weiß, dass ich nichts weiß".


Im Kontext geht es um den Vorrang des Objekts, eine Abgrenzung zur spekulativen Philosophie, Ideologie, Wissenschaft und schließt mit der Gleichsetzung von Negativität und Denken als "Auflehnung gegen die Zumutung jedes Unmittelbaren, ihm sich zu beugen"... nur um ein paar Stichwörter zu geben, deren Unmittelbarkeit Du Dich hoffentlich nicht beugst, sondern bei Interesse das Buch einmal selbst in die Hand nimmst. Es lohnt sich! :)
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Dialektik
« Antwort #17 am: 19 Juni 2006, 18:36:09 »

Zitat von: "Lakastazar"
*rein metaphorisch gesprochen, da gute Philosophie stets immer das Erkennen von "nicht-wissen" im gewissem Maße vorraussetzt...


Ja. Woran erkennt man aber Nicht-Wissen?
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Lakastazar

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Dialektik
« Antwort #18 am: 19 Juni 2006, 18:48:20 »

Zitat von: "DarkAmbient"
Zitat von: "Lakastazar"
*rein metaphorisch gesprochen, da gute Philosophie stets immer das Erkennen von "nicht-wissen" im gewissem Maße vorraussetzt...


Ja. Woran erkennt man aber Nicht-Wissen?

Zum Beispiel an den recht post-strukturalistischen Ansatz, dass alles, was man weiß, in Konzepten und Kategorien eingeordnet wird, und diese Einteilungen von jedem unterschiedlich vorgenommen wird...

Das Individuum eine Ontogenese durchmacht, bei der sich die Ansichten ändern können, und somit variabel sind...

Außerdem anhand der Tatsache, dass wir nich all unserer Gedanken bewusst sind, wir physisch bedingt nich alles wahrnehmen können und das bisschen Wissen, welches wir teilen von den Neigungen, Interessen und Konventionen eines jeden einzelnen und einer jeden Gruppierung abhängig sind...

Das sind alles Perspektiven...
der poststrukturalistische Ansatz driftet dagegen im aperspektivischen Raum...
und integraler Holismus is ein Versuch dem ganzen etwas System zu geben... stets mit dem Bewusstsein, dass dies nur ein Modell is und auch nur sein kann, weswegen die Wissenschaft herhält, diesen theoretischen Ansätze mit empirischen Belegen eine evidente Basis zu ermöglichen oder eben diese gleich zu widerlegen :)
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« Antwort #19 am: 19 Juni 2006, 19:16:44 »

Da stellen sich mit gleich ganz viele Fragen.

Zitat von: "Lakastazar"
Zum Beispiel an den recht post-strukturalistischen Ansatz, dass alles, was man weiß, in Konzepten und Kategorien eingeordnet wird, und diese Einteilungen von jedem unterschiedlich vorgenommen wird...


Daran erkennt man Subjektivität.
Du würdest Wissen also am Wahrheitsgehalt festmachen?

Zitat
Das Individuum eine Ontogenese durchmacht, bei der sich die Ansichten ändern können, und somit variabel sind...


Dann hat beispielsweise die Ontogenese Galileis bzg. seiner Kosmologie lediglich Nicht-Wissen mitgeführt?

Zitat
Außerdem anhand der Tatsache, dass wir nich all unserer Gedanken bewusst sind, wir physisch bedingt nich alles wahrnehmen können und das bisschen Wissen, welches wir teilen von den Neigungen, Interessen und Konventionen eines jeden einzelnen und einer jeden Gruppierung abhängig sind...


Wissen ist also dann Wissen, wenn es alle teilen?

Zitat
Das sind alles Perspektiven...
der poststrukturalistische Ansatz driftet dagegen im aperspektivischen Raum...


Was bedeutet das?

Zitat
und integraler Holismus is ein Versuch dem ganzen etwas System zu geben... stets mit dem Bewusstsein, dass dies nur ein Modell is und auch nur sein kann, weswegen die Wissenschaft herhält, diesen theoretischen Ansätze mit empirischen Belegen eine evidente Basis zu ermöglichen oder eben diese gleich zu widerlegen :)


So, wie Du das hier relativierst, scheint der 'integrale Holismus' ja ähnlich relativistisch zu sein wie der Poststrukturalismus...

Woher kommt der Begriff 'integrale Holismus'? Scheint mir nach Deiner Erklärung einfach nur der alte kritische Rationalismus mit neuem Label zu sein...
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« Antwort #20 am: 19 Juni 2006, 19:55:16 »

Habe mir übrigens am Wochenende den Tractatus von Wittgenstein intensiv durchgelesen.

Da sind ja einige interessante Sätze drin. Sowohl für die negtative Dialektik als auch den Poststrukturalismus.

Schön ist auch der Satz im Vorwort: "Ich bin also der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben. Und wenn ich mich hierin nicht irre, so besteht nun der Wert dieser Arbeit zweitens darin, dass sie zeigt, wie wenig damit getan ist, dass diese Probleme gelöst sind."
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« Antwort #21 am: 19 Juni 2006, 19:58:09 »

Zitat von: "DarkAmbient"
... nur um ein paar Stichwörter zu geben, deren Unmittelbarkeit Du Dich hoffentlich nicht beugst, sondern bei Interesse das Buch einmal selbst in die Hand nimmst. Es lohnt sich! :)


Aj um welsches Buch geht's dann übbähaubd?
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Lakastazar

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« Antwort #22 am: 19 Juni 2006, 20:05:26 »

Zitat von: "DarkAmbient"
Zitat von: "Lakastazar"
Zum Beispiel an den recht post-strukturalistischen Ansatz, dass alles, was man weiß, in Konzepten und Kategorien eingeordnet wird, und diese Einteilungen von jedem unterschiedlich vorgenommen wird...


Daran erkennt man Subjektivität.
Du würdest Wissen also am Wahrheitsgehalt festmachen?


Ers einmal is es vielleicht hilfreich, wenn ich mein Persönliches Verständnis zum Thema "Wahrheitsgehalt", hier anführe:

Es gibt da so schöne Begriffe in unserem deutschen Wortschatz, die ich gerne mit konkret differenzierter Definition verwende...

Wahrheit - Wirklichkeit - Realität

Das is manchmal hilfreich, da ihre synonyme Verwendung zu keinem Nenner führen, wenn man über Wahrheitsgehalt zu sprechen versucht...

Wahrheit is ein abstrakter Wert X, über den man spekulieren kann und den ich mal einfach als "Das Absolute" "Gott" "Kontinuum" oder was auch immer  in Ermangelung des Wissens, was es eigentlich is, bezeichne...
ein "Wahrheitgehalt" einer Aussage is leider immer von spezifischen Kontexten abhängig... weswegen eine "Wahrheit enthalten" und "eine Wahrheit-Sein" für mich hier klar unterschieden gehören...
letzteres lässt sich net wirklich bestimmen...

Wirklichkeit, is das Gefüge, mit welchem wir in unterschiedlichsten Ebenen in Wechselbeziehung stehen...
Raum-Zeit, "Äther", biologischer & "psychischer" Nexus, Biosphären, neurolinguale Netzwerke, soziosphären... Ökonomische Netze usw. usf.,
... welches wir schon mal zum einen physisch bedingt und zum anderen selektiv begrenzt wahrnehmen...

Realität
Ableitend daraus entsteht dann in jedem von uns ein Abbild von der Welt, wie wir es wahrnehmen... dieses is dann unmittelbarer Teil der Wirklichkeit, gibt diese aber in interpretativen Sätzen wieder, die internalisiert sind...
Wenn jemand im Ghetto lebt, is Bandenrivalität nicht nur Teil seines wirklichen Lebens sondern Teil seiner wahrgenommenen Realität... sie is seine Realität...

für jemand wohlbehütet Lebenden is das fremd... er kann darüber lesen, er kann viel emphatie empfinden... aber seine Realität is eine andere, weil er noch in anderen "Mileus" unterwegs is... selbst, wenn er Erfahrungen mit dem Gangster teilt, is er nich zwangsläufig in der selben Realität "gefangen" wie er...

man kann jetzt diese drei Ebenen holistisch betrachtet ineinander übergehend sehen

Zitat
Zitat
Das Individuum eine Ontogenese durchmacht, bei der sich die Ansichten ändern können, und somit variabel sind...


Dann hat beispielsweise die Ontogenese Galileis bzg. seiner Kosmologie lediglich Nicht-Wissen mitgeführt?


Sie, nämlich die "Disposition zur Wahrheit" (also Nicht-Wissen), war zumind. ausschlaggebender Punkt in der Motivation nach der "Wahrheit" zu suchen und hat infolgedessen zu anderen neuen Bildern geführt (Realität), die Evidenz mit der realisierbaren "Wirklichkeit" aufweisen...

Zitat
Zitat
Außerdem anhand der Tatsache, dass wir nich all unserer Gedanken bewusst sind, wir physisch bedingt nich alles wahrnehmen können und das bisschen Wissen, welches wir teilen von den Neigungen, Interessen und Konventionen eines jeden einzelnen und einer jeden Gruppierung abhängig sind...


Wissen ist also dann Wissen, wenn es alle teilen?


Nein bzw. Jain...
Jeder hat ers einmal seine eigene Realität..., die schon ziemlich von der Umwelt geprägt is...
bei uns Menschen kommt das inter-subjektive Element der Sprache dazu...
wir können also unsere "weltlichen" Erfahrungen (Das aus der Wirklichkeit Realisiertem) miteinander über eine Wirklichkeitsebene (soziale neurolinguale Netze) teilen und uns gegenseitig bekräftigen... auf einander eineichen, wenn du so willst...
Wissen is ersma Wissen, muss aber eben nich wirklich viel "Wahrheit" enthalten... es reicht, wenn sie über geteilter "Wirklichkeit" gemeinsame "Realität" schafft...

Zitat
Zitat
Das sind alles Perspektiven...
der poststrukturalistische Ansatz driftet dagegen im aperspektivischen Raum...


Was bedeutet das?


hmm... nun ja... post-strukturalisten machen quasi eine Aussage an keine universelle Wahrheit fest... jede Wahrheit is relativ... also perspektivabhängig... deswegen neigen sie ja, alles nur in einer Art relativistischen Pluralismus ausarten zu lassen... in der letztlich keiner Recht hat...
das hat unter anderem zur folge, dass nur noch Narzismus und Nihilismus sich quasi über jede Aussage erhebt und ihren "Wahrheitsgehalt" negiert...

somit driften sie (bitte nich verallgemeinern wie ich das jetzt tue) positionslos durch einen Raum voller "vermeindlicher Wahrheiten", Meinungen, Lügen und Illusionen...
(sehr flach von mir gehalten gerade...)

Zitat
Zitat
und integraler Holismus is ein Versuch dem ganzen etwas System zu geben... stets mit dem Bewusstsein, dass dies nur ein Modell is und auch nur sein kann, weswegen die Wissenschaft herhält, diesen theoretischen Ansätze mit empirischen Belegen eine evidente Basis zu ermöglichen oder eben diese gleich zu widerlegen :)


So, wie Du das hier relativierst, scheint der 'integrale Holismus' ja ähnlich relativistisch zu sein wie der Poststrukturalismus...

Woher kommt der Begriff 'integrale Holismus'? Scheint mir nach Deiner Erklärung einfach nur der alte kritische Rationalismus mit neuem Label zu sein...
[/quote]

uhm... nun ja... hier wirds schwierig... es is ein "schau-logisches"/abstraktes Modell-Konzept... dass sich fast beliebig in spezifischen Themenfeldern konkretisieren lässt...

genauer: Es erfasst Aussagen und kann gewisse qualitative Merkmale hervorheben, womit das ganze etwas systematischer zueinander in Position gebracht, Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken lässt...

Ein integral holistischer Ansatz versucht im gewissem Sinne auf dialektische Weise, aus den Widersprüchen und Übereinstimmungen der vielen Aussagen eine gemeinsame Linie, einen roten Faden zu bestimmen, mit deren Hilfe man wieder arbeiten kann...

Es is auf alle Fälle sehr interessant und meine persönlich favorisierte Lösung, da es philosophische Systeme gleichzeitig kritisch auseinander dekonstruiert, so wie es post-strukturalisten tun, aber auf dialektische Weise noch immer versucht zueinander zu führen...

einfach herrlich... :D
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Trakl

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« Antwort #23 am: 19 Juni 2006, 20:56:32 »

1. Die Welt ist alles was der Fall ist.

[...]

7. Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.

 :D
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« Antwort #24 am: 19 Juni 2006, 20:57:52 »

Zitat von: "Trakl"
Habe mir übrigens am Wochenende den Tractatus von Wittgenstein intensiv durchgelesen.

Da sind ja einige interessante Sätze drin. Sowohl für die negtative Dialektik als auch den Poststrukturalismus.


Hmm. Z.B.?

Aber vorsicht... ich verweise nur auf meine Polemik zu Wittgenstein:
http://www.schwarzes-hamburg.com/viewtopic.php?t=91&postdays=0&postorder=asc&highlight=wittgenstein&start=30
:)

Zitat
Schön ist auch der Satz im Vorwort: "Ich bin also der Meinung, die Probleme im Wesentlichen endgültig gelöst zu haben. Und wenn ich mich hierin nicht irre, so besteht nun der Wert dieser Arbeit zweitens darin, dass sie zeigt, wie wenig damit getan ist, dass diese Probleme gelöst sind."


Oder mit anderen Worten: "Ich bin gescheitert!" :)

Zitat
Aj um welsches Buch geht's dann übbähaubd?


Na, die "Negative Dialektik", erschienen im Suhrkampverlag -- oder auch im Band 6 der gesammelten Schriften.
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« Antwort #25 am: 19 Juni 2006, 21:11:59 »

So, hab mal die Wittgenstein-Polemik gelesen.

Allein die Reihenfolge der Zitate aus dem Tractatus ist ja wohl der Hohn.

Da muss ich Kallisti mal rechtgeben. Die logische Entwicklung aus dem einfachsten zum speziellen Gedanken ist an Dir wohl vorübergegangen.

"4.003 Die meisten Sätze und Fragen, welche über philosophische Dinge geschrieben worden sind, sind nicht falsch, sondern unsinnig. Wir können daher Fragen dieser Art überhaupt nicht beantworten, sondern nur ihre Unsinnigkeit feststellen. Die meisten Fragen und Sätze der Philosophen beruhen darauf, dass wir unsere Sprachlogik nicht verstehen.
(Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.)
Und es ist nicht verwunderlich, dass die tiefsten Probleme eigentlich keine Probleme sind."
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Dialektik
« Antwort #26 am: 19 Juni 2006, 21:17:04 »

Wittgenstein ist nicht gescheitert in dem Sinne, dass er falsch lag. Er liefert aber eben reine Struktur.
Die ist allerdings auf das Leben nicht anwendbar. Darin liegt die Tragik. Das heißt aber nicht, dass wir fleißig unsinnige Theorien aufstellen müssen, wie den Poststrukturalismus.
Der konstruiert ja quasi eine Pluralität der Solipsisten. Allein, aus dem Standpunkt des einzelnen schwachsinnig.
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« Antwort #27 am: 19 Juni 2006, 21:39:56 »

"Bildern ... (Realität), die Evidenz mit der realisierbaren "Wirklichkeit" aufweisen" ist eine interessante Umschreibung. Übrigens hat Adorno eine Säkulare Form des Bildnisverbots propagiert, die mir sehr einleuchtet.



Zitat von: "Lakastazar"
Jeder hat ers einmal seine eigene Realität..., die schon ziemlich von der Umwelt geprägt is...
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Was Poststrukturalisten den Mainstream-Diskurs nenne würden und Marxisten herrschendes Bewusstsein... wo liegt die Spezifik bei Deinem holistischen Ansatz?

Zitat
das hat unter anderem zur folge, dass nur noch Narzismus und Nihilismus sich quasi über jede Aussage erhebt und ihren "Wahrheitsgehalt" negiert...


Die Negation Erkenntnis, sie ist eine Flussgröße und verhält sich zur Bestandsgröße des Wissens als Gegensatz. Darin sind sich Poststrukturalisten und Marxisten einig. Uneinig sind sie sich darüber, wie sich das nun mit den daraus gewonnenen (synthetisierenden) Wissen verhält.

Zitat
somit driften sie (bitte nich verallgemeinern wie ich das jetzt tue) positionslos durch einen Raum voller "vermeindlicher Wahrheiten", Meinungen, Lügen und Illusionen...


Position ergreifen ist doch geradezu ein Schlachtruf des Poststrukturalismus...

Im integrativen Holismus gibt es also keine "vermeindlichen Wahrheiten", Meinungen, Lügen und Illusionen? Wie macht er das denn?

Zitat
Es erfasst Aussagen und kann gewisse qualitative Merkmale hervorheben, womit das ganze etwas systematischer zueinander in Position gebracht, Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken lässt...


Ich habe noch nie davon gehört. Wie bis Du darauf gekommen? Wo kommt das Her? Leibnitz? Hegel? Ein bisschen Genealogie bitte...

Zitat
Ein integral holistischer Ansatz versucht im gewissem Sinne auf dialektische Weise, aus den Widersprüchen und Übereinstimmungen der vielen Aussagen eine gemeinsame Linie, einen roten Faden zu bestimmen, mit deren Hilfe man wieder arbeiten kann...


Das versucht der Positivismus auch. Seine Spielart von Dialektik, wenn auch eine murxige: der Falsifikationismus, versucht ebenfalls ein komplett widerspruchsfreies Wissenssystem zu schaffen. Ich seh den Unterschied noch nicht so richtig. Vielleicht solltest Du genauer auf die Methodik eingehen.
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« Antwort #28 am: 19 Juni 2006, 21:57:41 »

Zitat von: "Trakl"
Allein die Reihenfolge der Zitate aus dem Tractatus ist ja wohl der Hohn.


Das war nur so eine Auflistung. Du hast aber die Intention der Verhöhnung gut erkannt. :)

Zitat
Da muss ich Kallisti mal rechtgeben. Die logische Entwicklung aus dem einfachsten zum speziellen Gedanken ist an Dir wohl vorübergegangen.


Wenn alle Logik Tautologie ist, dann schweige ich lieber dazu, worüber ich nichts sagen kann... :zitrone:

Wollen wir hier wirklich den ganzen Positivismusstreit nochmal durchkauen?

[Edit: Die logische Entwicklung vom 'Einfachen' zum 'Speziellen' ist mir schon geläufig, allerdings in viel besserer Form:

"Es scheint das Richtige zu sein mit dem Realen und Konkreten, der wirklichen Voraussetzung zu beginnen, also z.B. in der Ökonomie mit der Bevölkerung, die die Grundlage und das Subjekt des ganzen gesellschaftlichen Produktionsakts ist. Indes zeigt sich dies bei näherer Betrachtung [als] falsch. Die Bevölkerung ist eine Abstraktion, wenn ich z.B. die Klassen, aus denen sie besteht, weglasse. Die Klassen sind wieder ein leeres Wort, wenn ich die Elemente nicht kenne, auf denen sie beruhn. Z.B. Lohnarbeit, Kapital etc. Diese unterstellen Austausch, Teilung der Arbeit, Preise etc. Kapital z.B. ohne Lohnarbeit ist nichts, ohne Wert, Geld, Preis etc. Finge ich also mit der Bevölkerung an, so wäre das eine chaotische Vorstellung des Ganzen und durch nähere Bestimmung würde ich analytisch immer mehr auf einfachere Begriffe kommen; von dem vorgestellten Konkreten auf immer dünnere Abstrakta, bis ich bei den einfachsten Bestimmungen angelangt wäre. von da wäre nun die Reise wieder rückwärts anzutreten, bis ich endlich wieder bei der Bevölkerung anlangte, diesmal aber nicht als einer chaotischen Vorstellung eines Ganzen, sondern als einer reichen Totalität von vielen Bestimmungen und Beziehungen." Marx, Grundrisse, S. 21f, Einleitung]
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« Antwort #29 am: 19 Juni 2006, 22:07:53 »

Zitat von: "Trakl"
Wittgenstein ist nicht gescheitert in dem Sinne, dass er falsch lag.


Sicher ist der logische Positivismus (auch und insbesondere in Gestalt des kritischen Rationalismus!) eher grandios gescheitert -- keine Frage!

Zitat
Die ist allerdings auf das Leben nicht anwendbar. Darin liegt die Tragik.


Auf das Leben oder auf die Welt? Hat sich schon irgendwie selbst falsifiziert, findest Du nicht?

Zitat
Das heißt aber nicht, dass wir fleißig unsinnige Theorien aufstellen müssen, wie den Poststrukturalismus.


Also ich sehe den Positivismus geraderzu als Herausforderung, jede Menge 'unsinniger' Theorien aufzustellen, um sie dann gleich wieder zu Falsifizieren.

Btw.: 'Der Poststrukturalismus' ist keine Theorie.

Zitat
Der konstruiert ja quasi eine Pluralität der Solipsisten. Allein, aus dem Standpunkt des einzelnen schwachsinnig.


Wenn Du Pluralität als Schwäche siehst... Ich halte ihn für eine Stärke und im Unterschied zu einem Solipsisten gibt es eine gewisse Demut vor der Wahrheit des anderen. Der Poststrukturalismus hat aus dem Totalitarismus gelernt, was man von den wenigsten anderen Denkrichtungen wirklich sagen kann.
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