Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: David Bowies Gruft-Potential.  (Gelesen 11345 mal)

Trakl

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David Bowies Gruft-Potential.
« Antwort #60 am: 19 August 2005, 17:28:35 »

Zitat von: "die rote Zora"
@Trakl: Stimm dir zu. Wünsch mir auch, dass in Clubs öfter mal was Überraschendes kommt, mit dem man vielleicht nicht so rechnet.


Dazu müssten man auch erst mal was Überraschendes komponieren. Ich bin ja schon froh, wenn mal "Neverending Story" gespielt wird. Der Song beansprucht einen Gutteil des Quintenzirkels, was man von 90% der anderen Songs nicht mal ansatzweise behaupten kann. Seltsamerweise hört man diesen Klassiker doch immer wieder gerne. Das liegt schlicht daran, dass er so gut komponiert ist.
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Killerqueen

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David Bowies Gruft-Potential.
« Antwort #61 am: 19 August 2005, 17:34:21 »

@trakl:
Die Kommunikation ist völlig in Ordnung. Ich stimme dem was du über musikalischen Anspruch sagst völlig zu. Auch, dass man kompositorisch gute EBM/ Industrial-Songs, die in Clubs gespielt werden, an einer Hand abzählen kann.

Es ist aber auch eine Frage des Geschmacks. Auch wenn P. J. Harvey zugegebenermaßen kompositorisch gute Musik macht, die ich als solche auch anerkenne, muss ich die Musik dennoch nicht mögen. Muss man immer alles mögen, was hochwertig ist? Ich hasse auch echten, teueren Kaviar - davon bekomme ich Brechreiz.

Ja, ich mag hochwertige Musik, zuhause, auf der Couch, wenn ich mich damit befassen kann, denn ich kann, wenn ich guter Musik zuhöre, nichts anderes tun als hören. Ich sehe trotz geöffneter Augen nichts mehr, weil ich völlig in der Akustik versinke.

Wenn ich jedoch in einem Club bin, möchte ich tanzen. Und "Tanzen" bedeutet bei mir "Bewegung"; je mehr, desto besser. Ich bin kein schleichender Ausdruckstänzer, ich bin eine Tanzmaschine! Es beflügelt mich und macht mich total high. Und das hat nichts mit Techno zu tun, sondern damit, dass mir diese Art der Bewegung mehr liegt. Dafür nehme ich auch gerne in Kauf, dass die Musik nicht sehr vielschichtig ist.

Zudem ist weniger manchmal auch mehr. Manche Menschen verwechseln gerne "kompositorisch wertvoll" mit "überladenem Art-Crap". Ich bin Purist! Lieber eine gute, simple Idee, als tausend nervige Schichten übereinander.
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David Bowies Gruft-Potential.
« Antwort #62 am: 19 August 2005, 17:37:07 »

Wenn ihr überraschenden und kompositorisch hervorragenden EBM hören wollt:

Mind.in.a.box!!! :\o/:
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Mirascael

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David Bowies Gruft-Potential.
« Antwort #63 am: 19 August 2005, 19:32:56 »

Zitat von: "Killerqueen"
Zitat von: "Trakl"
Aber den Mut, zu sagen: ich will etwas Ehrliches, Wahres!, den bringen die wenigsten auf.

Ich schon. Und ich bringe auch den Mut auf zu sagen, dass P.J. keine Tanzmucke macht und ich sowas nicht im Club hören möchte, weil ich dort zum Tanzen hingehe.

Ich bringe auch den Mut auf zu sagen, dass auch guter EBM/ Industrial verdammt ehrlich und straight ist und mich dagegen P. J. - obgleich ich ein extrem sonniges Gemüt habe - völlig runterzieht. Das höre ich mir lieber an, wenn ich in der Stimmung dazu bin(<- und die ist dabei verdammt wichtig!). Okay, ich mag P.J. nicht, aber jeder der sie schätzt, sollte sich auch bewußt machen, dass man beispielsweise einen guten Wein auch nicht gegen den Durst in sich reinschüttet, sondern sich dafür extra Zeit und Ruhe nimmt.

Im Übrigen liegt das von dir oben angesprochene "Problem" daran, dass für die meisten Menschen Musik nicht besonders wichtig ist, deshalb möchten sie keine schwer zu verdauende, ehrliche Kost, sondern lieber McDonald's für Ohren.

Absolut zustimm:

Ich liebe Bach, Händel, Haydn und einiges von Mozart. In der Oper bzw. im Konzert, nicht in Clubs.

Ähnlich verhält es sich mit künstlerisch (möchtegern-)intellektueller Ausdrucksmusik:

Mag ja daheim im Sofa oder im Konzertsaal ganz nett sein, in der Disco ist sie vollkommen deplatziert. Da braucht's primär tanzbaren tekknoiden Industrial, EBM und Futurepop, das meiste davon bitte frisch. :D
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Trakl

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David Bowies Gruft-Potential.
« Antwort #64 am: 20 August 2005, 05:09:48 »

Ob die Kommunikation stimmt, das wäre wohl noch zu klären. Komme grade von der "Cats on Crack"-Party in der Schilleroper. Da war doch einiges dabei, was dem Kir ganz gut tun würde, elektronisch gesehen.
Die Menge tobte. War nicht durchweg gut, aber auch die komplexen Sachen wurden getanzt.
Viele verwechseln allerings künstlerisch wertvoll, kompliziert und komplex. Das sind doch gravierende Unterschiede.
Bachs C-Dur-Präludium ist komplex, aber nicht kompliziert. Eigentlich ist es sehr schlicht.
Und guter, tanzbarer Elektro kann schlicht aber komplex sein. Nur wenns schlecht gemacht ist, "simpel" - und das ist das meiste leider - nützt es nichts.

Frickel-Elektro ist was für den ruhigen Abend auf dem Club-Sessel, bzw. Zuhause, d'accord.
Wenn es gut komponiert ist, geht es in die Füße, egal wie komplex die Struktur auch sein mag. Achtet mal drauf.
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David Bowies Gruft-Potential.
« Antwort #65 am: 22 August 2005, 13:32:26 »

Zitat von: "Trakl"
Und guter, tanzbarer Elektro kann schlicht aber komplex sein. Nur wenns schlecht gemacht ist, "simpel" - und das ist das meiste leider - nützt es nichts.

Dazu fällt mir grade spontan S.I.T.D ein  :zzz: !

Zitat
Wenn es gut komponiert ist, geht es in die Füße, egal wie komplex die Struktur auch sein mag. Achtet mal drauf.

Ich habe gewiss nichts gegen komplexe Musik einzuwenden; aber "komplex" heißt für mich noch lange nicht automatisch "tanzbar"! Es gibt eben nicht so viele wirklich gute Komponisten, die tanzbare Musik machen, um einen ganzen Abend mit hoch- bis höchstwertiger Tanzmusik zu füllen, die auch noch vielen Menschen gleichzeitig gefällt. Musik ist eben auch sehr stark Geschmackssache, genau wie Klamotten... Achte mal drauf wie viele Menschen in billig wirkenden Klamotten herumlaufen... Das wirst du aus denen jedoch auch nicht herausbekommen; so sehr du dich auch bemühst. Es gefällt ihnen einfach!

Du kannst nun versuchen, die Welt bezüglich des Musikgeschmackes zu missionieren; hab ich früher auch immer versucht. Aber ich kann dir versichern, es ist zwecklos und frustrierend.
Bei mir bist du damit ohnehin an der falschen Adresse. Ich bin mit Musik aufgewachsen, habe mir schon immer Gedanken darüber gemacht und kenne die Unterschiede. Ist ja auch gar nicht nötig: Ich widerspreche dir in keiner Weise, sondern möchte dir nur aufzeigen, dass Musikqualität - z. T. leider - noch lange nicht alles ist, was in der Realität zählt.
Es hat auch bei mir lange gedauert, bis ich endlich aufgehört habe, die Welt nur aus der Sicht des "Musikers" zu sehen. Die breite Masse denkt eben anders. Es muss eben auch in einer "independent" Szene ein gewisser "Independent-Mainsteam" gewahrt werden, um eine Tanzveranstaltung erfolgreich zu machen, auch wenn das nicht allen passt.

Und: Selbst ich, die ich mir der jeweiligen Unterschiede immer sehr bewußt bin, bin keineswegs immer auf höchste Qualität aus. So bin ich z. B. auch mit hervorragenden Kochkünsten aufgezogen worden, kann selbst sehr gut kochen und mache trotzdem gerne mal eine Dose Ravioli auf... :wink:
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« Antwort #66 am: 22 August 2005, 13:38:35 »

Zitat von: "Trakl"
Viele verwechseln allerings künstlerisch wertvoll, kompliziert und komplex. Das sind doch gravierende Unterschiede.

Das ist ja im Grunde genau das, was ich vorher schon schrieb. Guckst du da:
Zitat
Manche Menschen verwechseln gerne "kompositorisch wertvoll" mit "überladenem Art-Crap". Ich bin Purist! Lieber eine gute, simple Idee, als tausend nervige Schichten übereinander.

Vermutlich habe ich mich nur ein wenig zu unpräzise ausgedrückt. :wink: [/color]
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« Antwort #67 am: 22 August 2005, 13:39:52 »

Ravioli! \o/
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Manchmal fragt man sich, ob sich die Rettungsversuche überhaupt lohnen. Lohnt es sich, die Menschheit zu retten? So wie ich die Sache sehe, ist die Intelligenz bereits ausgerottet, und es leben nur noch die Idioten.

Trakl

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« Antwort #68 am: 22 August 2005, 15:31:54 »

Zitat

 Musik ist eben auch sehr stark Geschmackssache, genau wie Klamotten... Achte mal drauf wie viele Menschen in billig wirkenden Klamotten herumlaufen... Das wirst du aus denen jedoch auch nicht herausbekommen; so sehr du dich auch bemühst. Es gefällt ihnen einfach!


Wie erklärst Du Dir dann den Erfolg solcher "Vorher-Nachher-Shows", in denen Proleten in schicke, teure Qualitätsklamotten gesteckt werden. So egal scheint es ja nicht zu sein.

Zum Geschmacksbegriff ein Zitat, das es besser ausdrückt als ich es je könnte.
"Was der musikalische Dirigismus dem subjektiven musikalischen Bewusstsein antut, kommt einer Liquidation des Geschmacks gleich. Geschmacklosigkeit brüstet sich als Zeitgeist. Für die überwiegende Zahl der Musikkonsumierenden dürfte der Begriff Geschmack gar keinen Sinn mehr haben. Sie lassen nur gelten, wovon sie behaupten, dass es ihnen Spaß bereite. Jeden Hinweis auf die Qualitätsfrage weisen sie von sich als unbilligen Eingriff in die Freiheit ihres Vergnügens."[...][Es folgt eine kurze dialektische Episode: Im Begriff des Geschmacks war solche Reaktion bereits angelegt, Hegel versucht den Begriff aufzulösen, etc.]
"Die subjektive Reaktionsfähigkeit, die der Geschmack voraussetzt, ist bei denen, die auf ihn sich zurückziehen, meist unterentwickelt. Subjektive Reaktionsfähigkeit und Objektivität einer Sache sind nicht voneinander abgespalten. Beides produziert sich wechselfältig. Was sich als Geschmack fühlt und wer den Geschmack sich selbst als Privileg zuschreibt, repetiert im allgemeinen den geronnenen Normen- und Konventionsschatz seiner Epoche, zumal der Gesellschaftsschicht, mit der er sich identifiziert; wer im Geschmack seine Subjektivität zu hüten meint, hat sie selten überhaupt erlangt." (Th. W. Adorno, Anmerkungen zum deutschen Musikleben, 1967)

Ich will Dir ja nicht unterstellen, liebe Killerqueen, dass Du so seist und keine Vorstellung von der Objektivität einer Sache hättest.
Das nützt aber nichts, solange sich die simplen Sachen vervielfältigen, und die einfachen guten in der Minderheit sind. Mangels solchen Materials hat der arme DJ ja auch nicht die unbegrenzte Auswahl an Qualität. Oder doch? Dann hat er das Problem, die ganze Zeit unbekanntere Sachen zu spielen und eine wenig bevölkerte Tanzfläche vor sich zu haben.

Ach, wir könnten noch stundenlang darüber reden, aber außer Dir vielleicht liegt den meisten an der Klärung solcher Zustände recht wenig, siehe oben...





[/quote]
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« Antwort #69 am: 22 August 2005, 16:08:41 »

Zitat
Wie erklärst Du Dir dann den Erfolg solcher "Vorher-Nachher-Shows", in denen Proleten in schicke, teure Qualitätsklamotten gesteckt werden.

Sehen die danach wirklich "besser" aus? Oder vielleicht nur "genormter"!?
In jedem Fall wird ihnen vorher schon suggeriert, dass sie danach auf jeden Fall "besser" aussehen müssen und sie glauben daran. Denn, "wenn ein Stylist für's Fernsehen arbeitet, muss er gut sein"!
Ob das mit Musik auch so einfach machbar ist?

Schöne Zitate übrigens!

Ich hab da auch noch ein schönes Zitat, zwar "minderer" Quelle,  das jedoch nichts an Wahrheit missen läßt:
"People don't dance if they don't know who's singing." (Propellerheads; "History repeating")

Wir können ja eine weltweite Initiative gegen die Verflüchtigung des Geschmacks gründen. :mrgreen: [/color]
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« Antwort #70 am: 22 August 2005, 16:29:52 »

Zitat von: "Killerqueen"
Zitat

Ich hab da auch noch ein schönes Zitat, zwar "minderer" Quelle,  das jedoch nichts an Wahrheit missen läßt:
"People don't dance if they don't know who's singing." (Propellerheads; "History repeating")

Wir können ja eine weltweite Initiative gegen die Verflüchtigung des Geschmacks gründen. :mrgreen: [/color]


D'accord. Wann hast Du Zeit?
Schönes Zitat auch. Von Adorno gibt's auch eins in der Richtung, kanns aber nicht auswendig. *schäm*
 :oops:
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