Schwarzes Hamburg

  • 27 Dezember 2024, 08:51:01
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Autor Thema: Therapierungswahn Pathologisierungswut - Ritalin ... - nicht nur bei Kindern  (Gelesen 48931 mal)

Eisbär

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Ritalin wirkt ja üblicherweise aufputschend, aufdrehend, etc.
bei Patienten mit AD(H)S hingegen wirkt es beruhigend, herunterfahrend. AD(H)S lässt sich von daher relativ einfach diagnostizieren, sagte mir kürzlich ein Psychiater.

Ständiges Abstreiten der Existenz gewisser Krankheiten halte ich persönlich für gefährlicher als die paar Fälle, in denen sie fehldiagnostiziert wurden.
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Kallisti

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Und ich halte es für gefährlich, zumindest aber für peinlich, wenn Leute ihr Halbwissen als Wissen tarnend verbreiten und sich dabei noch ganz groß vorkommen. Ja Eisbär-Puschelchen, dich mein ich.  :-* :-*
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rotkehlchen

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Ich wünsche einen guten Morgen,

zu Beginn meiner Grundschulzeit musste ich feststellen, dass auffallend viele meiner eher störenden Klassenkameraden relativ schnell auf Ritalin gesetzt wurden. Ebenso war es wohl auch der Fall, dass Lehrer/Erzieher im Hort "Vermutungen" geäußert und zur Überprüfung geraten haben.

Heute habe ich allerdings den Eindruck, dass vermehrt reflektiert an solche Fälle herangegangen wird. Das meine ich z.B. an neuen, ganzheitlichen Therapieansätzen zu erkennen (die beispielsweise durch Übungen die Impulskontrolle beim Kind, sowie den kompetenten Umgang mit dem Kind bei Eltern/Erziehern/Lehrern schulen). Kürzlich las ich einen Bericht in einer älteren Ausgabe der Zeitschrift "Nido". Darin meldete sich ein Psychologe zu Wort, der die plötzliche Welle von ADHS-Erkrankungen auf unsere veränderten Lebensbedingungen zurückführte. Er meinte, Kinder mit dieser Erkrankungen galten früher allenfalls als lebhaft und konnten ihre Qualitäten in anderen Umfeldern ausleben (Spiel im Freien...). Außerdem sei die Diagnose nicht eindeutig - wenn ich es richtig im Kopf habe, sagte er, die Diagnosekriterien seien ständiger Streitpunkt in Fachkreisen.

Ich persönlich habe den Eindruck, dass bereits in den Ausbildungen für pädagogische Fachkräfte mehr Wert auf den angemessenen Umgang mit ADHS-Betroffenen gelegt wird. Ebenso hat offenbar die "Diagnosewut" unter Laien abgenommen. Als ich noch in der Förderschule tätig war (in der Klasse 2-3, maximal 8 Kinder) gab es lediglich ein Kind, bei dem Ritalin eingesetzt wurde - und die Verabreichung hatte augenscheinlich für ihn - insbesondere, was Sozialkontakte anging - positive Auswirkungen. Bei zwei anderen wurde gänzlich auf Medikation verzichtet, wir arbeiteten "lediglich" auf andere Weise mit ihnen (günstige, ablenkungsärmere Sitzplätze direkt vorne, zeitintensivere Ansprache mit Körperkontakt, Rückführungen, Entspannungsphasen...). Ich bin kein Experte für ADHS, allerdings glaube ich, dass das ZI (ein Zentrum, u.a. für Kinder- und Jugendpsychiatrie) in dieser Hinsicht schon gute Arbeit geleistet hat, da vor allem der Austausch unter den Institutionen gegeben war.


Liebe Grüße

rotkehlchen

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Kallisti

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Zitat
Darin meldete sich ein Psychologe zu Wort, der die plötzliche Welle von ADHS-Erkrankungen auf unsere veränderten Lebensbedingungen zurückführte. Er meinte, Kinder mit dieser Erkrankungen galten früher allenfalls als lebhaft und konnten ihre Qualitäten in anderen Umfeldern ausleben (Spiel im Freien...). Außerdem sei die Diagnose nicht eindeutig - wenn ich es richtig im Kopf habe, sagte er, die Diagnosekriterien seien ständiger Streitpunkt in Fachkreisen.
rotkehlchen

Ja eben. ;)  Das ist ja mittlerweile bekannt. In der Radiosendung wurde viel Bekanntes angesprochen, aber auch gerade die Ursachen - wo tritt aus welchen Gründen AD(H)S verstärkt auf.

Und da fand man es ja z.B. vermehrt bei Jungen (mehr als bei Mädchen) und in Familien mit geringem Einkommen wie auch in "bildungsfernen" wie man das heute so nennt.  :-\

Die Gründe dafür wiederum sind, dass es also in solchen Familien oft hohe Belastungen schon auf Seiten der Eltern gibt. Is ja keine Neuigkeit, dass sich sowas auch negativ auf die Kinder (deren Verhalten, "seelische Gesundheit" ...) auswirken kann und oft auch auswirkt.
Grade solche Sachen wie Existenznöte/ständige Geldsorgen ..., auch andere Sorgen und Belastungen solcher Eltern - nicht nur "persönliche psychische" (die ja auch eigentlich immer Resultat von etwas sind und nicht aus dem Nichts kommen ...), sondern auch bspw. viel Stress am Arbeitsplatz/durch den Job etc.

Auch wurde gesagt, dass sich nicht bestätigen ließ, dass es spezifische "Gehirnveränderungen" gibt (durch/bei ADHS). Dass solche also verursachend seien ...

Dass Ritalin wirkt, ist auch unstrittig - nur: sind das Problem also die Nebenwirkungen, die noch immer fehlenden/unbekannten Langzeitfolgen und ggf. also Spätschäden, auch die Stigmatisierung (nicht nur durch "die Störung" selbst, sondern gerade auch durch die Medikation) und was es also für die Kinder bedeutet, auf sie wirkt, täglich Pillen nehmen zu müssen, um (wie andere/"normal"/"richtig"/"gut") funktionieren zu können und zu sollen etc. Also das hatte ich ja vorne auch alles schon genannt. ;)

Es war auch die Rede natürlich von widersprüchlichen Studien - man kennt das ... ;) Solange Studien halt überwiegend durch Pharmakonzerne finanziert werden, muss man sich über bestimmte Ergebnisse natürlich nicht wirklich wundern.  ;D     >:(    :-\


Angesprochen wurde in der Radiosendung (Deutschlandradio Kultur gestern, siehe Link oben) allerdings auch das Elternhaus, die Erziehung.

Da wurde gesagt, dass alle Eltern Fehler machen, etwas falsch machen, in der Erziehung ihrer Kinder. Natürlich ohne es zu wollen, manchmal auch, ohne es selbst zu bemerken.
Daher lässt sich auch nicht alles ausschließlich auf die Erziehung der Eltern zurückführen.
Es hieß, dass aber "ADHS-Kinder" solche Fehler weniger verzeihen, weniger durchgehen lassen, weniger gut kompensieren können - als "andere Kinder".

Allerdings eben: gibt es keine eindeutige Diagnose für sogen. "AD(H)S"! Und folglich (genau wie bei "Alzheimer") auch keine wirkliche adäquate Therapie. Es gibt halt nur verschiedene Therapie-Versuche ("Elterntraining" - Familie "als Ganzes" sehen und einbeziehen) und Symptom"behandlung" durch eben Methylphenidat ("Ritalin").

Auch genannt wurde aber eben wieder, dass "lebhafte, temperamentvolle Kinder" heute weniger als eben solche gesehen werden, sondern als Störenfriede, die nicht "leisten" und "funktionieren" wie sie sollen - und wie es anderen (vermeintlich) gelingt (die haben dann vlt. nicht ADHS, sondern anderen Probleme, die aber weniger offen zu Tage treten ... !).

Also Leistungsdruck und Reizüberflutung als Ursachen. Is ja alles wie gesagt nix Neues.

Es wurde daher auch gesagt (Radiosendung), dass in Familien, in denen nicht Methylphenidat gegeben wurde (weil die Eltern und/oder Kinder es nicht wollten oder mit doch erheblichen Nebenwirkungen zu kämpfen hatten ...), drei Dinge vor allem hilfreich waren:

Strukturierung (des Alltags) - BEWEGUNG/SPORT und ENTSPANNUNG.

Genau - das sind "Sachen", die so ziemlich allen Menschen "zuträglich" sind - und daher auch "Gesunden" empfohlen werden. Und es sind vor allem genau die "Dinge", die der Mensch einfach nun mal braucht: damit schon alleine sein Körper "funktionieren" kann!  :)

Und von Leuten, die es als Kinder bekamen (Ritalin) und später als Jugendliche absetzten und als Adoleszente auch nicht mehr nahmen, sondern ablehnten, weiß man ja nun auch, dass sie sich "mit Sport" selbst helfen oder mit "Musizieren" - also durch Tätigkeiten, Beschäftigungen, in denen sie sich spüren, erleben, auspowern und entspannen/zu sich selbst finden, Ruhe finden können. Wenn es sich dabei also um Tätigkeiten handelt, die sie selbst gerne machen (möchten, können)!


Ich sehe es nach wie vor auch so: Es ist einfach eine "Variante" menschlichen Verhaltens - eine "Wesensart", eine Sache des Temperamentes und eben KEINE: "Störung" oder "Krankheit", die behandlungsbedürftig ist. Behandlungsbedürftig sind viel mehr die gesellschaftlichen Verhältnisse (siehe auch und gerade Leistungsdruck in der Schule ...), die das Verhalten dieser Kinder, dieser Menschen erst zum Problem, zur "Störung" machen/werden lassen!


Verglichen wurde die Medikation (Ritalin) auch mit Doping. Genau. Und daher nehmen/missbrauchen es ja auch "Gesunde": zur Konzentrationssteigerung ... .... ... (vor allem in usa).

Und nett fand ich auch, wie der eine Gast (der Psychologe) sagte, Spontaneität und Impulsivität seien eigentlich dasselbe - nur einmal positiv und einmal negativ konnotiert, interpretiert.

Und darum also geht es: Warum wird welches Verhalten von wem als "unangenehm", als störend empfunden. Und vor allem:

Ist es deshalb aber gleich eine "Krankheit" oder "Störung"?!? - Ich meine: nein. Es ist eine Eigenart.

Anstrengend (also so empfunden, erlebt): wird sie erst durch die Umstände, durch die Lebensverhältnisse, durch die Ansprüche, die an das Verhalten gestellt werden - durch die "Konformisierung"!
« Letzte Änderung: 22 April 2012, 11:25:34 von Kallisti »
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schwarze Katze

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Ist es deshalb aber gleich eine "Krankheit" oder "Störung"?!? - Ich meine: nein. Es ist eine Eigenart.


Wenn das "Eigenart" dafür sorgt, dass ein intelligenter Kind nur Hauptschule mit Ach und Krach schafft, dann ist diese "Eigenart" vielleicht doch eine Störung.

Viele Menschen mit spät diagnostizierten ADS sind stinkewütend auf ihre Eltern, da sie sich um ihr Leben bestohlen fühlen
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Kallisti

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... Das ist traurig - vor allem, weil die Eltern nicht dafür verantwortlich (zu machen) sind. Man kann daher nur endlos wiederholen, dass es kein Privatproblem einiger Familien ist/bleiben sollte/dürfte, sondern ein gesamtgesellschaftliches - nochmal: Reizüberflutung, Leistungsdruck, zu wenig Raum/Möglichkeiten für Kinder (sich auszuprobieren, "Luft zu holen", sich auszutoben, runterzukommen, zu sich zu finden, akzeptiert zu werden ... ... ...) - jedenfalls für "einige" Kinder besonders -  letztlich aber: gilt das für sehr viele! (Nur dass es nicht bei all jenen so offensichtlich wird.)

Und ganz vor allem: ist reine Symptomunterdrückung via Pillen niemals eine LÖSUNG.
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schwarze Katze

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... Das ist traurig - vor allem, weil die Eltern nicht dafür verantwortlich (zu machen) sind.

Doch,
Du jammerst hier, weil du einen Studium nicht abschliessen könntest.
Wie sollen sich die Menschen fühlen, die aufgrund von Nichtbahndlung nur einen schlechten Hauptschulabschluss haben?
Viele von denen haben einen IQ, mit dem sie bei Behandlung das ABI locker geschafft hätten

Und gerade wenn die Eltern einem Kind die medikamentöse Hilfe aus ihre Überzeugung vorenthalten haben. Der Junge eckte überall an, landete auf Hauptschule, wurde massiv gequält und gemobbt. Nach der Schule klappte es mit Ausbildung nicht, darauf folgte eine Reihe von unqulifizierten Jobs und massiver Drogenkonsum (Selbstbehandlung).
Natürlich auch unzählige Therapien, alle scheiterten, bis die ADHS eben nicht festgestellt und behandelt wurde. Aber durch die Jahrzehnte von Nichtbehndlung entstanden auch andere Störungen (Soziale Phobie, Depression, Angststörung), die dem jungen Mann es fast unmöglich machen, normale Leben zu führen. Ist offiziell arbeitsunfähig
Der Fall ist aus meinen Bekanntenkreis übrigens, der versucht gerade in Abendschule mit 31 sein Realschulabschluss nachzuholen (mit Tabletten)

Und ganz vor allem: ist reine Symptomunterdrückung via Pillen niemals eine LÖSUNG.

Das ist eine Abhilfe, die einem ermöglichen kann, an sich zu arbeiten
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Eisbär

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Und ganz vor allem: ist reine Symptomunterdrückung via Pillen niemals eine LÖSUNG.
Nein, aber bei den meisten schweren psychischen Erkrankungen ist es der einzige sinnvolle erste Schritt, damit überhaupt andere Therapien machbar werden.

Man richtet ja auch nicht eine ausgerenkte Schulter, ohne daß das Symptom "Schmerz" vorher medikamentös ausgeschaltet wird.
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Kallisti

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Nur dass die Schulter halt nicht das Gehirn ist ... ;)


Black Russian

Mit Ritalin ist es ja so, dass es nicht zum Dauergebrauch benutzt werden soll, auch nicht empfohlen wird (von seriösen Ärzten, Therapeuten). Es soll also im jährlichen Abstand Absetzungsversuche geben. Das trägt dann also schon mal nicht durch die gesamte Schulzeit - zumeist wird es ja im Alter von ca. 6 bis 10 Jahren "diagnostiziert" (WENN: wenn es nicht einfach nur unterstellt wird, also: fehl"diagnostiziert, -interpretiert ...).

Sonst kann ich mich nur wiederholen: Es wäre fahrlässig und verantwortungslos, wenn Eltern ihrem Kind bloß Ritalin geben. - Sicher, es wird dann in vielen (allerdings auch nicht allen!) Fällen besser FUNKTIONIEREN, sich anpassen können ... aber genau das kann es wohl doch nicht sein!? - Es muss sich gesellschaftlich etwas verändern - vor allem in Schulen, vor allem, was Lehrer und Lehrerausbildung und Lehrpläne und Strukturen anbelangt!!

DAS ist, was den Kindern langfristig, dauerhaft und erfolgreich hilft: OHNE ätzende Nebenwirkung, Stigmatisierungen etc.

Es ist also eher umgekehrt - wenn du Schmerzen hast, hilft es nicht, nur Aspirin oder Diclofenac oder what ever zu schlucken - du musst möglichst die Ursache für (vor allem akuten) Schmerz finden und diese beheben. Und dafür sind nicht immer, nicht nur und vor allem nicht langfristig Tabletten geeignet.

Es hilft den Kindern auch nicht, "Therapie zu machen" - auch das ist nicht der Königsweg. Es müssen sich schlicht und ergreifend die auslösenden, verstärkenden, problemverursachenden Verhältnisse, Umstände ändern: langfristig. Dann brauchen solche Kinder in den meisten Fällen weder Pillen noch "Extra-/Spezial-Therapie".

Wenn der Druck und Stress rausgenommen wird: auch aus den Familien (!)/der "gesamten Familie", dann löst sich das Problem nicht selten in Wohlgefallen auf. Mit Zeit, keine Frage. Und mit eben entsprechenden Möglichkeiten.

Solange es diese nicht gibt, ist der bessere Weg aber immer noch der, seinem Kind auf andere Art Entlastung zu verschaffen (Strukturierung, Bewegung, Entspannung) als durch Medikamente, die wie gesagt nur die Symptome "regulieren", d.h.: unterdrücken. DAMIT tut man seinem Kind ganz gewiss keinen Gefallen.
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Kenaz

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Und ganz vor allem: ist reine Symptomunterdrückung via Pillen niemals eine LÖSUNG.
Nein, aber bei den meisten schweren psychischen Erkrankungen ist es der einzige sinnvolle erste Schritt, damit überhaupt andere Therapien machbar werden.

- Da ich im Hinblick auf dieses Thema mal anders gedacht habe, möchte ich mich doch noch mal eben zu Wort melden, denn mittlerweile unterstütze ich Eisbärs Statement hier in vollem Umfang. Anlass meines Umdenkens ist die Bekanntschaft mit einem manisch-depressiven Menschen, dessen Erkrankung ich dummerweise viel zu lange nicht so ernst genommen habe, wie es eigentlich angemessen gewesen wäre. Das hing freilich nicht zu knapp damit zusammen, dass mir von seiner Seite entsprechend "am Rande" und so ganz nebenbei ("Ach, da meinte mal einer, ich sei wohl manisch-depressiv ...") davon erzählt wurde - eben so, als handele es sich nur um einen kleinen Schnupfen, der nicht weiter von Bedeutung ist und sich ganz von alleine regelt.

Dass davon allerdings nicht die Rede sein kann, wurde mir leider erst viel zu spät klar. Ebenso, dass auch das Heruntergespiele in der Darstellung Teil des (pathologischen) Gesamtprogramms ist - Stichwort mangelnde Krankheitseinsicht. Seit dieser Erfahrung steht für mich jedenfalls vollkommen außer Zweifel, dass der erste Schritt in die richtige Richtung - nämlich der einer umfangreichen psychotherapeutischen Behandlung - durch eine medikamentöse Einstellung erfolgen muss, da ein Mensch mit dieser oder vergleichbarer Symptomatik je nach Schweregrad kaum noch in der Lage ist, einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Wer derart chronisch hochgepitcht unterwegs ist, kann sich nicht auf eine Therapie einlassen - und will es auch nicht, da er während seiner manischen Phase die Dringlichkeit einer solchen Behandlung gar nicht einsieht.

Und vor diesem Hintergrund gebe ich Eisbär völlig recht: Um überhaupt die Voraussetzungen für eine psychotherapeutische Behandlung zu schaffen, kommt man bei vielen schweren psychischen Störungen gar nicht umhin, erst einmal auf Medikamente zurückzugreifen. Und das sieht nach meinem Dafürhalten bei ADHS nicht anders aus als bei dem von mir herangezogenen Beispiel - egal, ob es um Kinder oder Erwachsene geht.
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schwarze Katze

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 Sicher, es wird dann in vielen (allerdings auch nicht allen!) Fällen besser FUNKTIONIEREN, sich anpassen können ... aber genau das kann es wohl doch nicht sein!?

Was ist daran schlecht, zu funktionieren?
Ist es besser, nicht zu funktionieren, funktions-unfähig, also gelähmt zu sein?

Wenn man nicht funktionieren kann, wird alles so anstrengend, die einfachste Sachen, für die andere keiner Kraftanstrengung brauchen (die funktionieren ja) bedarf enorme Kraftaufwand. Fürs Leben bleibt keine Zeit, man muss irgendwie überleben.

Ich habe jahreland Tabletten - Antidepresseva genommen, um zu funktionieren und habe dadurch enorm viel Lebensqualität bekommen. Eventuell verdanke ich dem Zeug nicht nur mein berufliche Laufbahn, sondern auch mein Leben, da als emotional instabile Mensch zu einem hochriskanten Lebenwandel neigt auch ohne konkreten Suizidabsichten.

Es muss sich gesellschaftlich etwas verändern - vor allem in Schulen, vor allem, was Lehrer und Lehrerausbildung und Lehrpläne und Strukturen anbelangt!!

Jap, wir machen uns die Welt wie es uns gefällt.

Ist aber leider nicht so, die Kinder werden weiterhin in einer Leistungsystem leben müssen, vorausgesetzt du ziehst nicht in die Taka-Tuka-Land
Die Lehrer werden kein Rücksicht auf einen Kind nehmen, der sich nicht konzentrieren kann und zig Fehler macht - sie schreiben ihn ab, er landet auf eine Rest-Schule
Die Mitschüler werden kein Rücksicht auf einen nehmen, der ständig "ausflippt", sie werden ihn mobben.
Die Arbeitgeber werden keine Rücksicht auf besondere "Eigenart" den Bewerber nehmen - die sortieren einen Lehrstellenanwärter mit einem Hauptschulabschluss und lauter 4 in die Zeugnis einfach aus.

@Kenaz

Das ist leider oft so: je gravierender die Störung umso weniger die Krankheitsansicht.
Ein Zwangsneurotiker sucht sich oft selbst Hilfe, ein wahnhafter Patient so gut wie nie
« Letzte Änderung: 22 April 2012, 15:44:12 von Black Russian »
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Menschen haben als Spezies nicht mehr Wert als Nacktschnecken

messie

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Zitat
Und ich halte es für gefährlich, zumindest aber für peinlich, wenn Leute ihr Halbwissen als Wissen tarnend verbreiten und sich dabei noch ganz groß vorkommen.

Hmm, nix für ungut, aber ist dein Wissen nicht eigentlich auch nur Halbwissen?
Du beziehst dein Wissen primär auf Sekundärquellen. Das ist ja gut und schön. Aber es macht, finde ich, noch einen ganz gehörigen Unterschied aus, wenn man mit jenen, die diese Diagnose erhalten haben oder bei ihnen geprüft wird ob sie zutreffen könnte, täglich (therapeutisch / beschäftigungsmäßig) arbeitet.

Der Einwand "wenn man Kindern Ritalin gibt, hat das möglicherweise Langzeit-Folgeschäden" mag vielleicht berechtigt sein (ich maße mir nicht an das beurteilen zu können, Studien dazu gibt's ja noch nicht), aber was bringt der, wenn man genau jetzt, heute mit diesen Menschen arbeitet und feststellt, dass man sie ohne Ritalin erst gar nicht erreicht? Kenaz' Beispiel finde ich da sehr instruktiv.

Selbst habe ich mal eine Dame kennen gelernt, der die Diagnose ADHS gegeben wurde. Sie sagte mir, dass der Einstieg in ihre Therapie mit begleitendem Ritalin sehr viel gebracht hätte, weil sie im Nachhinein gesehen zuvor einfach unerträglich gewesen wäre (eigene Einschätzung).
Sie ist auch heute noch schwierig ;) aber hat mit ihrer Krankheit (ja, ich nenne es so und sie selbst auch) umzugehen gelernt. Sie weiß dass Reizüberflutung bei ihr ganz schnell zu emotionalem Stress und entsprechenden Ausbrüchen führen kann, also sorgt sie inzwischen selbst dafür, dass sie ihr nicht passiert.
Dies und vieles Weitere hat sie in einer Therapie gelernt, die ohne Ritalin so niemals möglich gewesen wäre.

Ich kann natürlich nicht sagen ob das nun repräsentativ ist, oder ob das wirklich vielen so geht. Darum sind auch meine Erfahrungen diesbezüglich und auch das Angelesene ebenfalls nur Halbwissen.
Ich denke aber, dass jene die täglich mit Menschen, die ADHS haben, arbeiten, noch am ehesten beurteilen können, inwieweit die Forschungsergebnisse plausibel sind. Sie erleben ja die Auswirkungen von Ritalin versus Nicht-Ritalin jeden Tag.
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Kallisti

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Zitat
Und vor diesem Hintergrund gebe ich Eisbär völlig recht: Um überhaupt die Voraussetzungen für eine psychotherapeutische Behandlung zu schaffen, kommt man bei vielen schweren psychischen Störungen gar nicht umhin, erst einmal auf Medikamente zurückzugreifen. Und das sieht nach meinem Dafürhalten bei ADHS nicht anders aus als bei dem von mir herangezogenen Beispiel - egal, ob es um Kinder oder Erwachsene geht.
Kenaz


Und wie kommst du zu diesem "Dafürhalten": ADHS betreffend? Wenn also nicht mal klar ist, ob es sich dabei überhaupt um eine "Krankheit" handelt (sagt man ja in Fachkreisen schon nicht - mehr, man nennt es jetzt "Störung", was natürlich nichts besser macht, aber immerhin gilt es nicht als "Krankheit" - aus Gründen ... ;) )!?

Und dann: Haben diese Kinder zumeist nicht die Chance, selbst diese Entscheidung treffen zu können (ob sie Ritalin schlucken wollen, wie oft, lange ...), wie es auch in der Radiosendung richtig hieß: Sie sind der Urteilskraft, Weit-, Um- und Vorsicht ihrer Eltern ausgeliefert. Nur dass es sich also nicht wie in anderen Fällen um eine richtig, zweifelsfrei diagnostizierbare Krankheit handelt, die dann entsprechend therapiert werden kann (wofür Eltern ja auch also in anderen Fällen dann so die Verantwortung zu tragen haben), sondern das eine total trübe Suppe ist - ADHS-"Diagnose" wie "Therapie"!

Und ich meine: AD(H)S lässt sich nicht verlgeichen mit bipolarer Störung. "Störungen" gibt´s zwar also verschiedene, sie haben auch einige Gemeinsamkeiten, dennoch werden sie ja unterschiedlich behandelt, weil sie sich auch unterschiedlich "äußern" ...

Doch, ich denke, Differenzierung ist auch hier in jedem Falle angebracht und angeraten. ;)


Zitat
Ist es besser, nicht zu funktionieren, funktions-unfähig, also gelähmt zu sein?
Black Russian

Nein - es ist aber besser, nicht wie eine Maschine funktionieren zu sollen, zu müssen (auf Leistung(serbringung) ... getrimmt und reduziert zu werden), sondern wie ein Mensch leben, sich verhalten zu dürfen und behandelt zu werden.

Auch wenn es nicht wenigen "Leuten" sicher gelegen käme, Menschen nur noch zu funktionierenden Marionetten und Arbeitsmaschinen umzupolen ... noch sind wir Menschen. (Ritalin-) Doping hin oder her.


Zitat
Jap, wir machen uns die Welt wie es uns gefällt.

Ist aber leider nicht so, die Kinder werden weiterhin in einer Leistungsystem leben müssen, vorausgesetzt du ziehst nicht in die Taka-Tuka-Land
Die Lehrer werden kein Rücksicht auf einen Kind nehmen, der sich nicht konzentrieren kann und zig Fehler macht - sie schreiben ihn ab, er landet auf eine Rest-Schule
Die Mitschüler werden kein Rücksicht auf einen nehmen, der ständig "ausflippt", sie werden ihn mobben.
Die Arbeitgeber werden keine Rücksicht auf besondere "Eigenart" den Bewerber nehmen - die sortieren einen Lehrstellenanwärter mit einem Hauptschulabschluss und lauter 4 in die Zeugnis einfach aus.
BR

Und dächten alle Menschen wie du, hätte sich niemals auch nur irgendetwas gesellschaftlich/sozial zum Besseren verändert, verändern können. Denn das passiert garantiert nicht durch solches Verhalten: sich Missständen anzupassen, unterzuordnen, sie einfach hinzunehmen, auszuhalten und sich einzelkämpfermäßig über Wasser zu halten. Das zieht übrigens auch in den seltensten Fällen Lebenszufriedenheit nach sich.

Aber wie schon gesagt: genau solche Denke, solche Haltung, solches Sich-Verhalten kommt so einigen "Leuten" durchaus gerade recht: genau so will man es haben! - Sehr schön.


Zitat
Ich denke aber, dass jene die täglich mit Menschen, die ADHS haben, arbeiten, noch am ehesten beurteilen können, inwieweit die Forschungsergebnisse plausibel sind. Sie erleben ja die Auswirkungen von Ritalin versus Nicht-Ritalin jeden Tag.
messie


Leider lässt sich das so pauschal ja oft nicht sagen. Man sollte meinen (und erwarten dürfen - und würde sich wünschen), es verhielte sich so, aber es gibt ja doch etliche schwarze Schafe, die mal eben Ritalin halt geben, damit das Kind wenigstens in der Schule doch bitte mithalten kann ... .... ... Angeblich sind die Zahlen rückläufig (Ritalin-Verordnung), aber dennoch: Wie sollen die Leute da was am ehesten "beurteilen" können, wenn es an eindeutigen Diagnosekriterien/-möglichkeiten fehlt und in Folge auch die Therapie/n nicht wirklich klar sind.

Es hilft nix: Solange nicht wirklich klar ist, wie genau es sich diagnostizieren lässt, ob das überhaupt möglich und richtig ist (weil: wenn es halt doch nur eine menschliche Verhaltens-/Wesensvariante ist und KEINE "Störung", dann also auch kein Bedarf für Therapierung!), solange kann da auch niemand was wirklich richtig (!) beurteilen. Sie schwimmen - und immerhin geben sie es wenigstens zuweilen auch zu - manche zumindest.



Und nochmal: Dass Betroffene (vor allem übrigens: Erwachsene!!!) meinen, es "helfe" ihnen, liegt ganz einfach daran, dass es natürlich ja wirkt - also auch bei "Gesunden"/"Nicht-Gestörten" lol ! Dass sich die Konzentration damit verbessern lässt ... ist klar. Aber eben weil dies auch bei "Gesunden" so wirkt, ist damit nicht bewiesen, dass "die Anderen" eine Störung haben - nur weil es ihnen also auch "hilft" (sich besser konzentrieren zu können).

Ihnen würden andere Dinge sehr wahrscheinlich bzw. ja auch schon nachgewiesenermaßen auch und besser helfen - vor allem: langfristig/dauerhaft (siehe oben).

Nur genau das ist natürlich aufwändiger als einfach mal ne Pille zu schlucken. Das ist die bequemste Nummer für erwachsene Betroffene und vor allem auch für die Eltern von "AD(H)S"-Kindern.

Natürlich erfordert es mehr Zeit, Geduld, Verständnis, Nerven, Aufwand, Umstände: das Kind anders "zu regulieren": durch also anderen Alltag, durch weniger Reize, durch regelmäßige Bewegung/Sport und Entspannung ... - und das alles ist vor allem nicht selten auch mit Geldausgaben verbunden, vor allem aber wie gesagt: mit weit höherem Zeitaufwand - und genau da beißt sich die Katze in den Schwanz: diese ZEIT, Ruhe, Muße, Geduld ... ist weder in den Schulen noch auch in vielen Familien heute noch vorhanden/verfügbar/frei! ! That´s the problem.  :(

Und so lange alles also überwiegend auf Leistung, Flexibilität, Druck, Konformität (statt Individualität) ausgerichtet ist, kann und wird sich daran nichts ändern - die Leidtragenden sind die Kinder, die sich solche Verhältnisse auch nicht aussuchen können, die einfach sich im Hamsterrad mitdrehen müssen - dem ihrer jeweiligen Familie und sowieso dem der gesellschaftlichen "Gegebenheiten" (diesen sind eben auch die Eltern unterworfen). Genau.
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Kenaz

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Und wie kommst du zu diesem "Dafürhalten": ADHS betreffend?

- Mir ging es um gewisse Parallelen in der Symptomatik von ADHS und BpAS, die einen psychotherapeutischen Zugang schwierig bis unmöglich machen - und denen kann man nur auf pharmakologischem Wege Herr werden. Zumindestens in der akuten Phase.

Wenn also nicht mal klar ist, ob es sich dabei überhaupt um eine "Krankheit" handelt (sagt man ja in Fachkreisen schon nicht - mehr, man nennt es jetzt "Störung", was natürlich nichts besser macht, aber immerhin gilt es nicht als "Krankheit" - aus Gründen ... ;) )!?

- Ich sehe nicht, inwieweit dieses Hineintheatern in terminologische Spitzfindigkeiten hilfreich sein soll. Ob nun "Krankheit", "Störung" oder "Eigentümlichkeit" - wir sprechen von einem Symptomszenario, das das Leben von Betroffenen und Angehörigen gleichermaßen in einen mittelschweren Alptraum verwandeln kann. Wenn man das mit medikamentöser Intervention erst einmal so weit einzudämmen vermag, dass am Ende ein Gemütszustand steht, der psychotherapeutische Einflussnahme erlaubt, dann finde ich das nicht nur legitim, sondern wünschenswert.

Und dann: Haben diese Kinder zumeist nicht die Chance, selbst diese Entscheidung treffen zu können (ob sie Ritalin schlucken wollen, wie oft, lange ...), wie es auch in der Radiosendung richtig hieß: Sie sind der Urteilskraft, Weit-, Um- und Vorsicht ihrer Eltern ausgeliefert.

- Nun, das kann man finden, wie man will, aber es liegt nun mal in der Natur der Kindheit, dem Gutdünken der Erwachsenen im allgemeinen sowie seiner Eltern im besonderen "ausgeliefert" zu sein. Könnte freilich auch etwas mit dem schlichten Tatbestand zu tun haben, dass Kinder bis zu einem gewissen Alter eigener "Urteilskraft, Weit-, Um- und Vorsicht" weitestgehend ermangeln - was ebenfalls in ihrem Wesen liegt. Und? Soll das jetzt irgendwie schlimm oder ungerecht sein? Dann könntest Du auch gleich mit dem alten "Skandal!"-Lamento um die Ecke kommen, man sei nicht gefragt worden, ob man geboren werden wolle.  ::)

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- Mir ging es, wie mehrfach bekräftigt, ausschließlich um eben jene Gemeinsamkeiten und die Frage, ob und in welchem Ausmaß man medikamentös dagegen vorgehen sollte. Ich sage: ja, sollte man, da beiden Störungen eigen ist, ab einem gewissen Schweregrad eine andere Einflussnahme nicht mehr zuzulassen; verantwortungsvolle Medikamentengabe kann die Voraussetzungen dafür wieder herstellen.
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Eisbär

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Und wie kommst du zu diesem "Dafürhalten": ADHS betreffend? Wenn also nicht mal klar ist, ob es sich dabei überhaupt um eine "Krankheit" handelt (sagt man ja in Fachkreisen schon nicht - mehr, man nennt es jetzt "Störung", was natürlich nichts besser macht, aber immerhin gilt es nicht als "Krankheit" - aus Gründen ... ;) )!?
"Störung" nennt man in der Psychologie Krankheiten, um eine Stigmatisierung des Kranken zu verhindern, die durch den gesellschaftlichen Umgang mit diesem Stigma vermehrt Streß beim Erkrankten verursacht und dadurch i.A. den Krankheitsverlauf negativ beeinflußt.
Hängt damit zusammen, daß manche Leute eben doch einen großen Unterschied zwischen einer psychischen Erkrankung oder einer ausgerenkten Schulter machen.

Zitat
Und dann: Haben diese Kinder zumeist nicht die Chance, selbst diese Entscheidung treffen zu können (ob sie Ritalin schlucken wollen, wie oft, lange ...), wie es auch in der Radiosendung richtig hieß: Sie sind der Urteilskraft, Weit-, Um- und Vorsicht ihrer Eltern ausgeliefert. Nur dass es sich also nicht wie in anderen Fällen um eine richtig, zweifelsfrei diagnostizierbare Krankheit handelt, die dann entsprechend therapiert werden kann (wofür Eltern ja auch also in anderen Fällen dann so die Verantwortung zu tragen haben), sondern das eine total trübe Suppe ist - ADHS-"Diagnose" wie "Therapie"!
Sie sind nicht den Eltern ausgeliefert, sondern den Ärzten. Die entscheiden nämlich letzhtlich, ob das Kind Ritalin verschrieben bekommt.
Wenn ich da mal bei Wikipedia bei den Ursachen gucke, ließe sich mittels Hirnscans sehr wohl eine genauere Diagnose feststellen. Dort steht übrigens auch, dass in Deutschland vermutlich nur 10% der Betroffenen erkannt und behandelt werden, also das genaue Gegenteil von dem, was Du uns hier weiß machen willst.

Und ich meine: AD(H)S lässt sich nicht verlgeichen mit bipolarer Störung. "Störungen" gibt´s zwar also verschiedene, sie haben auch einige Gemeinsamkeiten, dennoch werden sie ja unterschiedlich behandelt, weil sie sich auch unterschiedlich "äußern" ...

Doch, ich denke, Differenzierung ist auch hier in jedem Falle angebracht und angeraten. ;)


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Ist es besser, nicht zu funktionieren, funktions-unfähig, also gelähmt zu sein?
Black Russian

Nein - es ist aber besser, nicht wie eine Maschine funktionieren zu sollen, zu müssen (auf Leistung(serbringung) ... getrimmt und reduziert zu werden), sondern wie ein Mensch leben, sich verhalten zu dürfen und behandelt zu werden.

Auch wenn es nicht wenigen "Leuten" sicher gelegen käme, Menschen nur noch zu funktionierenden Marionetten und Arbeitsmaschinen umzupolen ... noch sind wir Menschen. (Ritalin-) Doping hin oder her.


Zitat
Jap, wir machen uns die Welt wie es uns gefällt.

Ist aber leider nicht so, die Kinder werden weiterhin in einer Leistungsystem leben müssen, vorausgesetzt du ziehst nicht in die Taka-Tuka-Land
Die Lehrer werden kein Rücksicht auf einen Kind nehmen, der sich nicht konzentrieren kann und zig Fehler macht - sie schreiben ihn ab, er landet auf eine Rest-Schule
Die Mitschüler werden kein Rücksicht auf einen nehmen, der ständig "ausflippt", sie werden ihn mobben.
Die Arbeitgeber werden keine Rücksicht auf besondere "Eigenart" den Bewerber nehmen - die sortieren einen Lehrstellenanwärter mit einem Hauptschulabschluss und lauter 4 in die Zeugnis einfach aus.
BR

Und dächten alle Menschen wie du, hätte sich niemals auch nur irgendetwas gesellschaftlich/sozial zum Besseren verändert, verändern können. Denn das passiert garantiert nicht durch solches Verhalten: sich Missständen anzupassen, unterzuordnen, sie einfach hinzunehmen, auszuhalten und sich einzelkämpfermäßig über Wasser zu halten. Das zieht übrigens auch in den seltensten Fällen Lebenszufriedenheit nach sich.

Aber wie schon gesagt: genau solche Denke, solche Haltung, solches Sich-Verhalten kommt so einigen "Leuten" durchaus gerade recht: genau so will man es haben! - Sehr schön.


Zitat
Ich denke aber, dass jene die täglich mit Menschen, die ADHS haben, arbeiten, noch am ehesten beurteilen können, inwieweit die Forschungsergebnisse plausibel sind. Sie erleben ja die Auswirkungen von Ritalin versus Nicht-Ritalin jeden Tag.
messie


Leider lässt sich das so pauschal ja oft nicht sagen. Man sollte meinen (und erwarten dürfen - und würde sich wünschen), es verhielte sich so, aber es gibt ja doch etliche schwarze Schafe, die mal eben Ritalin halt geben, damit das Kind wenigstens in der Schule doch bitte mithalten kann ... .... ... Angeblich sind die Zahlen rückläufig (Ritalin-Verordnung), aber dennoch: Wie sollen die Leute da was am ehesten "beurteilen" können, wenn es an eindeutigen Diagnosekriterien/-möglichkeiten fehlt und in Folge auch die Therapie/n nicht wirklich klar sind.

Es hilft nix: Solange nicht wirklich klar ist, wie genau es sich diagnostizieren lässt, ob das überhaupt möglich und richtig ist (weil: wenn es halt doch nur eine menschliche Verhaltens-/Wesensvariante ist und KEINE "Störung", dann also auch kein Bedarf für Therapierung!), solange kann da auch niemand was wirklich richtig (!) beurteilen. Sie schwimmen - und immerhin geben sie es wenigstens zuweilen auch zu - manche zumindest.



Und nochmal: Dass Betroffene (vor allem übrigens: Erwachsene!!!) meinen, es "helfe" ihnen, liegt ganz einfach daran, dass es natürlich ja wirkt - also auch bei "Gesunden"/"Nicht-Gestörten" lol ! Dass sich die Konzentration damit verbessern lässt ... ist klar. Aber eben weil dies auch bei "Gesunden" so wirkt, ist damit nicht bewiesen, dass "die Anderen" eine Störung haben - nur weil es ihnen also auch "hilft" (sich besser konzentrieren zu können).

Ihnen würden andere Dinge sehr wahrscheinlich bzw. ja auch schon nachgewiesenermaßen auch und besser helfen - vor allem: langfristig/dauerhaft (siehe oben).

Nur genau das ist natürlich aufwändiger als einfach mal ne Pille zu schlucken. Das ist die bequemste Nummer für erwachsene Betroffene und vor allem auch für die Eltern von "AD(H)S"-Kindern.

Natürlich erfordert es mehr Zeit, Geduld, Verständnis, Nerven, Aufwand, Umstände: das Kind anders "zu regulieren": durch also anderen Alltag, durch weniger Reize, durch regelmäßige Bewegung/Sport und Entspannung ... - und das alles ist vor allem nicht selten auch mit Geldausgaben verbunden, vor allem aber wie gesagt: mit weit höherem Zeitaufwand - und genau da beißt sich die Katze in den Schwanz: diese ZEIT, Ruhe, Muße, Geduld ... ist weder in den Schulen noch auch in vielen Familien heute noch vorhanden/verfügbar/frei! ! That´s the problem.  :(

Und so lange alles also überwiegend auf Leistung, Flexibilität, Druck, Konformität (statt Individualität) ausgerichtet ist, kann und wird sich daran nichts ändern - die Leidtragenden sind die Kinder, die sich solche Verhältnisse auch nicht aussuchen können, die einfach sich im Hamsterrad mitdrehen müssen - dem ihrer jeweiligen Familie und sowieso dem der gesellschaftlichen "Gegebenheiten" (diesen sind eben auch die Eltern unterworfen). Genau.
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