In der Griechenland-Krise hat Angela Merkel wieder mal Stimmungsmache mit Politik verwechselt. Sie hätte besser den Gefühlen einige Wahrheiten über die Finanzprobleme entgegengestellt.Von Stephan Hebel
Peter Bofinger: Ich habe den Eindruck, dass die Strategie des Durchwurstelns einfach weitergeht. Das ist eine Strategie, die für alle unbefriedigend ist. In Griechenland steigt die Unzufriedenheit, weil es keine konkreten Perspektiven für einen Erfolg der Sparpolitik gibt, in Deutschland steigt die Unzufriedenheit, weil die Menschen nicht verstehen, warum sie immer mehr für Griechenland haften müssen. Und zusätzlich steigt auch noch die Unsicherheit an den Finanzmärkten.sueddeutsche.de: Ihr Groll auf die Politik scheint ja wirklich groß zu sein. Zusammen mit anderen führenden Ökonomen haben Sie am Wochenende massiv die Entscheidungsträger attackiert. Sie haben sogar vom "Versagen der Politik" gesprochen.Bofinger: Das ist auch ein Versagen der Politik. Die Entscheidung vom Sonntagabend passt in die Linie, die seit Monaten verfolgt wird. Die Politik agiert immer nach dem Prinzip Hoffnung und hat nicht den Mut, eine große Lösung zu konzipieren.
Ein Schuldenschnitt für Griechenland hätte gräuliche Folgen, ist aber nicht zu vermeiden. Die Rettungsaktionen schieben den Krach nur auf. Es gibt aber eine Chance für die Zeit danach. von Lucas Zeise
Kurios, aber wahr: Wohl keiner verdient durch die Krise so viel Geld wie die Bundesregierung. Es ist Zeit, mit diesem Gewinn von rund 10 Mrd. Euro endlich die Zweifler zu beruhigen. von Thomas Fricke[...]Nimmt man das alles zusammen, ergibt das locker 10 Mrd. Euro Griechenbonus für uns. Selbst wenn Schäuble davon nur die Hälfte rausrücken würde, bekäme jeder "Bild"-Leser mal eben 1700 Euro - direkt vom Griechen sozusagen.
„Es geht auch darum, dass man in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland, sondern dass alle sich auch ein wenig gleich anstrengen – das ist wichtig [...] Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig. Das geht auf Dauer auch nicht zusammen. [...] Deutschland hilft nur dann, wenn sich die anderen anstrengen.“
Laut OECD [1] beträgt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit deutscher Arbeitnehmer 1.390 Stunden. Ohne Urlaub entspricht dies rund 5,5 Arbeitsstunden pro Tag, bei 30 Tagen Jahresurlaub wären dies 6,26 Arbeitsstunden. Dieser Wert steht natürlich in Konflikt mit der „gefühlten Arbeitszeit“, lässt sich aber dadurch erklären, dass viele Deutsche nicht in Vollzeit, sondern in Teilzeit oder in Minijobs tätig sind, bei denen die Wochenarbeitszeit deutlich geringer ist. Es gibt kein südeuropäisches Land, in dem die Arbeitnehmer eine geringere Jahresarbeitszeit haben als die Deutschen. In Spanien beträgt die durchschnittliche Jahresarbeitszeit pro Arbeitnehmer 1.654 Stunden, in Portugal 1.710 Stunden, in Italien 1.773 Stunden und Griechenland ist mit 2.119 Stunden sogar unangefochtener Spitzenreiter in dieser Liste.
Eine Entgegnung auf Jens Bergers Beitrag „Die Kanzlerin der Stammtische“ von Heiner Flassbeck.Nun ist es endlich raus, was schief läuft in Euroland. Frau Merkel sagt (lt. WELT online vom 18.5.): „Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig. Das geht auf Dauer auch nicht zusammen.“ Jetzt kann man endlich verstehen, warum für die schwere Krise in Euroland offenbar keine Lösung gefunden werden kann. Die europäische Tragödie ist laut der deutschen Bundeskanzlerin die Folge der Weigerung der Südeuropäer, auf Urlaub zu verzichten. Diese Äußerung zeigt aber besser als alles bisher Gesagte, was wirklich die europäische Tragödie ausmacht: Die Unfähigkeit unserer Spitzenpolitiker und ihre ökonomischen Berater auch nur im Ansatz zu begreifen, was eine Währungsunion bedeutet und wie sie funktioniert.[...]Weil das so ist, einigt man sich in einer Währungsunion nicht auf ein Wachstumsziel oder gar auf ein gemeinsam anzustrebendes Einkommen, sondern auf eine gemeinsam anzustrebende Inflationsrate. Die erreicht man, wenn alle monetären Ansprüche in einer Volkswirtschaft, vor allem aber die Löhne, um nicht mehr als das Inflationsziel über der eigenen Produktivitätszuwachsrate liegen. Wird das eingehalten, lebt niemand über aber auch niemand unter seinen Verhältnissen und jeder kann sich auf seine spezifischen Stärker konzentrieren.Gegen diese einfache Regel hat in den vergangenen zehn Jahren aber Deutschland mehr als jedes andere Land verstoßen. Deutschland hat hemmungslos unter seinen Verhältnissen gelebt, während die Südeuropäer in der Tat etwas über ihren Verhältnissen gelebt haben. Das korrigiert man aber nicht dadurch, dass man den Südeuropäern alle paar Tage um die Ohren haut, sie müssten nun unter ihren Verhältnissen leben, sondern nur dadurch, dass man zugibt, selbst etwas falsch gemacht zu haben, und verspricht, dass man nun selbst für einige Jahre über den eigenen Verhältnissen leben muss, um den anderen eine Chance zur Erholung zu geben.
stellvertretend verlinke ich hier mal die Ausführung von Frank Schirrmacher (FAZ): "Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat"
Zitat von: CubistVowel am 19 August 2011, 13:16:13 stellvertretend verlinke ich hier mal die Ausführung von Frank Schirrmacher (FAZ): "Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat"Ja, ein sehr guter Artikel. Ich muss gestehen, ich war etwas überrascht, sowas aktuell in der FAZ zu finden. ^^
Mittlerweile haben sich die Finanzmarktnachrichten schon so fest in die Nachrichtenlandschaft eingenistet, dass fast der Eindruck entstehen könnte, es handle sich dabei tatsächlich um für "uns" wichtige Informationen. Aber für wen sind diese Nachrichten denn wirklich wichtig oder interessant ? Wer kann mit der Information, wie die Kurse einzelner "NASDAQ" notierter Unternehmen gerade stehen irgend etwas praktisches anfangen ? Fakt ist doch, daß nur ein sehr geringer Teil der normalen deutschen Bevölkerung tatsächlich direkt an Börsengeschäften beteiligt ist. Und diese Menschen könnten sich prima übers Internet mit den neuesten Kursentwicklungen versorgen. Trotzdem wird die breite Masse -wir- tagtäglich mit, für das normale Leben völlig irrelevanten und verwirrenden Informationen, bombardiert und belästigt. Schlimmer noch, dadurch entsteht nach und nach der Eindruck, der Börsenhandel sei ein wichtiges wenn nicht lebensnotwendiges Instrument der Banken und könnte dem Normalmenschen sogar noch nutzen. Das ist aber falsch.