Schwarzes Hamburg

Schwarzes Hamburg => Archiv => Politik & Gesellschaft -Archiv- => Thema gestartet von: Der Uhu am 15 August 2006, 11:40:25

Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Der Uhu am 15 August 2006, 11:40:25
Lech Walesa fordert, Günther Grass solle seine Ehrenbürgerschaft von Danzig zurückgeben, deutsche Politiker fordern das selbe für den Nobelpreis. Nun ja, er war als siebzehnjähriger bei der Waffen-SS, aber reagieren die da nicht über? Es ist schliesslich Günther Grass von dem wir reden! Der sollte doch mittlerweile unter Beweis getellt haben, dass er kein Nazi ist. Auf der anderen Seite ist es ein sensibles Thema und die Waffen-SS nicht gerade der Zentralverband der Quäker. Verjährt die Mitgliedschaft in der Mördertruppe oder denkt ihr, Grass hat damit eine bis heute nachwirkende Schuld auf sich geladen?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: ~noise~druide~ am 15 August 2006, 11:44:10
der typ wird viel zu hoch bewertet.
das was er schreibt und so wie er auftritt. pfui!

ich habe ihn mal persönlich getroffen und kann nur eins sagen, der typ glaubt er habe den heiligen gral gefunden.
wat für ein arsch.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Nevyn am 15 August 2006, 11:46:32
Er hat keine "Schuld auf sich geladen"...
Was hat er denn bei der Truppe gemacht, dass wäre doch die Frage.
Hat er Leute vermöbelt oder nur im Büro gesessen?

Es gab nahezu niemanden, der nicht bei der HJ, beim BdM oder sonst in irgendeiner Vereinigung war, besonders zu Anfang nicht.
Da waren ja selbst die meisten jüdischen Kinder mit drin, bevor es zum Holocaust kam!
Man bekam ohne Parteimitgliedschaft ja nichteinmal einen Job.
Und wo sind sie heute, die Massen, die "Heil!"-schreiend am Strassenrand gestanden haben, die Männer, Frauen, Kinder, von denen heute noch eine ganze Menge leben dürften ?
Ich finde so etwas einfach nur albern, der nächste Schritt wäre, jeden als Nazi zu bezeichnen, der damals in D geblieben und nicht ausgewandert ist...
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Mentallo am 15 August 2006, 11:53:44
wenn jemand auf die idee käme, ich solle mich dafür rechtfertigen, was ich mit 17 getan hätte...
also, solange es bloss um die mitgliedschaft geht, sollen die ihn bloss in ruhe lassen. skandalmacher, sommerloch-stopfer...
wenn man ihm keine verbrechen nachweisen kann (schon peinlich genug, dass ein promi wie er sich erst outen muss und noch niemand zuvor selber über diese story gestolpert ist), hat er offensichtlich keine schuld auf sich geladen, fertig.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Kenaz am 15 August 2006, 12:09:10
Das Problem bei Grass ist, dass er jahrzehntelang das integre "Gewissen der Nation" gegeben hat und unbarmherzig jeden an den Pranger gestellt hat, der zwischen '33 und '45 ein NSDAP-Parteibuch hatte oder sonstwie in die Institutionen des Regimes verstrickt war. Da kannte der gute Günther kein Pardon, und insofern finde ich's nur recht und billig, wenn er nun an seinen eigenen übersteigerten moralischen Maßstäben gemessen wird. - Ginge es nämlich nicht um ihn selbst, er wäre der erste, der die Hatz mit großem Halali anpfeifen würde.

Was ich im übrigen besonders bezeichnend finde: Dies Geständnis kommt just vor Veröffentlichung seiner Autobiographie "Beim Häuten der Zwiebel" und dürfte deren Verkaufszahlen merklich in die Höhe treiben ... - Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ... :mrgreen:

Ach, es ist schon herzerfrischend, wie selbsternannte Moralapostel am Ende selber in dem Pfuhl landen, über den sie lauthals wettern ... - irgendwie weckt das Ganze wohlige Erinnerungen an die Affäre "Michel Friedmann/Paolo Pinkel" bei mir, wenngleich Meister Pinkel sich auch nicht selbst geoutet hat ... aber er hatte damals ja auch kein neues Buch in der Schublade liegen, das es zu vermarkten galt.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Mietze am 15 August 2006, 12:14:55
Zitat von: "Nevyn"
Es gab nahezu niemanden, der nicht bei der HJ, beim BdM oder sonst in irgendeiner Vereinigung war

Richtig, da stimme ich dir vollkommen zu, es wäre hochgradig blödsinnig jemanden dafür zu verurteilen.

Aber -bitte klärt mich auf, wenn ich mich irre!- war die Waffen-SS nicht etwas vollkommen anderes?

Was mich stutzen lässt ist, dass er siebzehn war.  (dass man in dem Alter noch kein denkender Mensch ist haben wirja schon häufig genug festgestellt... :P /Ironie)
Außerdem: Was hat er da gesucht? War es menschlich gesehen möglich ohne entsprechendes Gedankengut beizutreten?

Für mich persönlich ist wichtiger, was er jetzt ist und was in der Zwischenzeit in ihm abgelaufen ist.
Außerdem stimme ich DeLaGuerre zu, das Verschweigen des ganzen ist ein Problem!
Wer er ist, ist nur soweit interessant, dass wohl kaum Jedermann einen Nobelpreis bekommt.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Mentallo am 15 August 2006, 12:27:46
http://de.wikipedia.org/wiki/Waffen-SS
;)

edit:

unter den "prominenten" mitgliedern ist auch günther grass erwähnt.
"Diese Seite wurde zuletzt geändert um 01:15, 15. Aug 2006."
seit heute nacht.

oh; und hanns-martin schleyer, welcher ja seinerzeit per vorbildlichem kollektivem linkem gewissen einer finalen läuterung unterzogen wurde.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Mietze am 15 August 2006, 12:42:08
Sag ich doch! ;)
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 15 August 2006, 13:06:11
Ich sehe die Schuld auch eher in seinem sehr späten "Coming-Out"  :wink:

Wenn er allerdings tatsächlich so sehr den moralischen Zeigefinder gegen jene erhoben hat, zu denen er jetzt auch zählt, kann ich ein wenig die Hatz auf Grass verstehen.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: colourize am 15 August 2006, 14:47:50
Mit 18 Jahren bei Kriegsende kann Grass wohl kaum mehr als ein "einfacher" SS-Mann ohne jegliche Befehlsgewalt gewesen sein. Ich würde da schon unterscheiden ob ein Jugendlicher im nationalsozialistischen Gehirnwäsche-Siegrausch Teil einer faschistischen Bewegung sein wollte oder ob eine wirkliche Befehlsgewalt oder sogar Entscheidungskompetenz hatte. Nicht jeder SS-Mann war Obersturmbannführer.

Forderungen á la "Nobelpreis zurückgeben" finde ich albern und unpassend. Grass hat den Nobelpreis für sein literarisches Werk erhalten - nicht für moralische Integrität.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: ~noise~druide~ am 15 August 2006, 15:07:12
Zitat von: "DeLaGuerre"
Ich empfehle einfach mal pauschal, sich über die "Gruppe 47" zu informieren, notfalls über Wikipedia. Wenn ihr mal nachschaut, wer dazugehört hat bzw. seine politische Breitenwirkung über diese Gruppe geltend gemacht hat, fällt euch evtl. euer Deutschunterricht ein (zumindest wenn ihr ein Gymnasium besucht habt).
Was ihr in dem Zusammenhang über die politisch korrekte Haltung zum Dritten Reich erfahren habt und über die (angebliche) Haltung der Nachkriegsgesellschaft, dürfte nämlich stark durch die Äußerungen dieser Szene bestimmt worden sein. Noch heute greift der Deutschunterricht ziemlich unkritisch auf diese deutschen Selbstdarstellungen zurück.

Man macht es sich also etwas leicht, wenn man meint, es beträfe einen nur ganz peripher, was ein Herr Grass gesagt und getan hat. Wir sind damit erzogen worden, und auf der Grundlage dieser Erziehung bilden wir uns heute unsere Meinung... das zeigen sehr schön einige Äußerungen hier.


nun gut     http://www.welt.de/data/2006/08/11/994986.html

als guter und vor allem überzeugter ehemaliger pionier und fdj-ler, kann ich seine beweggründe verstehen und auch das problem wie es sich ihm stellt nachvollziehen.

trotzdem wird dieser, mensch viel zu hoch gelobt und seine meinung als allgemeingültig stehengelassen. wird er dann mal kritisiert, erregt das die gemüter der meist derjeniger, die ihn noch nichtmal gelesen haben, sondern nur den namen kennen.

er ist ein arroganter eingebildeter schnösel. dazu stehe ich und bleibe bei der meinung.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: colourize am 15 August 2006, 15:33:21
Zitat von: "~noise~druide~"
er ist ein arroganter eingebildeter schnösel. dazu stehe ich und bleibe bei der meinung.

Kann ja sein.
Aber schmälert das sein literarisches Werk?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: ~noise~druide~ am 15 August 2006, 15:40:31
Zitat von: "colourize"
Zitat von: "~noise~druide~"
er ist ein arroganter eingebildeter schnösel. dazu stehe ich und bleibe bei der meinung.

Kann ja sein.
Aber schmälert das sein literarisches Werk?


nein er hat eine gute erzählweise, aber nur weil britney spears, oO(wie schreibt man das), eine gute bewegung zur musik macht, heißt es noch lange nicht das ich sie mag.

aber den nobelpreis hat er nicht verdient. jedoch ist es auch egal, denn er ist alt und ich bin jung, er ist bald tot und ich dann stumm.

juhu es lebe die freie meinung.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: colourize am 15 August 2006, 15:55:09
Zitat von: "~noise~druide~"
nein er hat eine gute erzählweise, aber nur weil britney spears, oO(wie schreibt man das), eine gute bewegung zur musik macht, heißt es noch lange nicht das ich sie mag.

Deswegen gibt es ja auch einen Unterschied zwischen "literarischem Werk" und "Literatur, die mir gefällt".
Oder, bezogen auf Britney Spears: Einen Unterschied zwischen "mag ich" und "würd ich ficken".
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: AntiKuschelFanatikerin am 15 August 2006, 15:57:26
http://www.titanic-magazin.de/startpics/startcartoon.jpg
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Mentallo am 17 August 2006, 19:40:33
tv-tipp für heute, 21h:
http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_std/0,3147,OID2974278_REF850,00.html
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: SoylentHolger am 17 August 2006, 20:40:10
Mein Großvater war vor Bildung der Waffen-SS Polizist.
Als dann seine Einheit der Waffen-SS zugeschrieben wurde, hatte er die Wahl zwischen Mitmachen oder sich freiwillig an die Wand stellen und von seinen Kameraden erschießen lassen. Da er eine Familie zu ernähren hatte, war die Wahl nicht schwer.
Er war zur falschen Zeit im falschen Beruf.

Und weil er eben nur irgendwie da durch wollte und sich dementsprechend nicht profilierte, musste er die letzte Drecksarbeit unter Einsatz seines Lebens an der Front verrichten - als billiges Kanonenfutter.

Als Zugführer in der Waffen-SS Division "Hitlerjugend" hatte er ab 44 nur solche 17 jährigen Pimpfe wie den Grass. Und die sind reihenweise verreckt.

Ich schließe mich ansonsten Kenaz an.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Inverted am 17 August 2006, 20:42:01
Zitat von: "Kenaz"
Das Problem bei Grass ist, dass er jahrzehntelang das integre "Gewissen der Nation" gegeben hat und unbarmherzig jeden an den Pranger gestellt hat, der zwischen '33 und '45 ein NSDAP-Parteibuch hatte oder sonstwie in die Institutionen des Regimes verstrickt war.

Ach ja? Kannst Du das irgendwie belegen?

Zitat von: "Thomas"
Ich sehe die Schuld auch eher in seinem sehr späten "Coming-Out"  :wink:

Wenn er allerdings tatsächlich so sehr den moralischen Zeigefinder gegen jene erhoben hat, zu denen er jetzt auch zählt, kann ich ein wenig die Hatz auf Grass verstehen.

Falls ich mich wider besseren Wissens irren sollte: Asche auf mein Haupt - aber ich glaube Kenaz' Behauptung ist frei erfunden und pure Fiktion.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Kenaz am 17 August 2006, 22:09:13
Zitat von: "Volt Controller"
Ach ja? Kannst Du das irgendwie belegen?

- Dass Grass sich überaus selbstverliebt als "Gewissen der Nation" inszeniert hat, ist eine Binsenweisheit und sollte an und für sich jedem, der sich ein kleines bisschen mit der Entwicklung der bundesdeutschen Nachkriegsliteraturszene beschäftigt hat, bekannt sein. Gib bei google mal "Grass" und "Gewissen der Nation" ein und du wirst möglicherweise verstehen, was ich meine.

Zitat von: "Volt Controller"
[...] ich glaube Kenaz' Behauptung ist frei erfunden und pure Fiktion.

- Es ist nicht mein Problem, wenn du die Feuilleton-Seiten deiner Tages- oder Wochenzeitung (wenn sie überhaupt welche hat) geflissentlich zu überblättern pflegst, durch "besseres Wissen" glänzt Du jedenfalls nicht, dessen darf ich dich ebenso höflich wie bestimmt versichern.

Im übrigen wird dieses späte Geständnis in meinen Augen vollumfänglich durch den schlichten Tatbestand diskreditiert, dass demnächst Grass' Autobiographie erscheint (wer's nicht glaubt -> google: "Grass" / "Beim Häuten der Zwiebel"); - wer 60 (sechzig!) Jahre lang geflissentlich den Mund hält, ja: halten kann, und erst zu einem Zeitpunkt mit der Sprache herausrückt, in dem er im Begriff steht, seine Memoiren zu veröffentlichen, der kann nur hoffnungslosen Idealisten oder merkbefreiten Naivlingen glaubhaft machen, es triebe ihn einzig sein Gewissen zu diesem Schritt.
...
... - Günther Grass sagt: "Das musste mal raus!" - Und ich ergänze: ... denn es steigert die Verkaufszahlen und das ist alles, worum's diesem alten Schmierlappen geht. Ekelhaft.

...

- Nein, ich mochte Grass noch nie und das hat sich bis heute nicht geändert. Ich sehe mich durch die aktuellen Vorgänge in meiner Meinung vielmehr voll und ganz bestätigt.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: ~noise~druide~ am 17 August 2006, 22:13:36
Zitat von: "Kenaz"
Zitat von: "Volt Controller"
Ach ja? Kannst Du das irgendwie belegen?

- Dass Grass sich überaus selbstverliebt als "Gewissen der Nation" inszeniert hat, ist eine Binsenweisheit und sollte an und für sich jedem, der sich ein kleines bisschen mit der Entwicklung der bundesdeutschen Nachkriegsliteraturszene beschäftigt hat, bekannt sein. Gib bei google mal "Grass" und "Gewissen der Nation" ein und du wirst möglicherweise verstehen, was ich meine.

Zitat von: "Volt Controller"
[...] ich glaube Kenaz' Behauptung ist frei erfunden und pure Fiktion.

- Es ist nicht mein Problem, wenn du die Feuilleton-Seiten deiner Tages- oder Wochenzeitung (wenn sie überhaupt welche hat) geflissentlich zu überblättern pflegst, durch "besseres Wissen" glänzt Du jedenfalls nicht, dessen darf ich dich ebenso höflich wie bestimmt versichern.

Im übrigen wird dieses späte Geständnis in meinen Augen vollumfänglich durch den schlichten Tatbestand diskreditiert, dass demnächst Grass' Autobiographie erscheint (wer's nicht glaubt -> google: "Grass" / "Beim Häuten der Zwiebel"); - wer 60 (sechzig!) Jahre lang geflissentlich den Mund hält, ja: halten kann, und erst zu einem Zeitpunkt mit der Sprache herausrückt, in dem er im Begriff steht, seine Memoiren zu veröffentlichen, der kann nur hoffnungslosen Idealisten oder merkbefreiten Naivlingen glaubhaft machen, es triebe ihn einzig sein Gewissen zu diesem Schritt.
...
... - Günther Grass sagt: "Das musste mal raus!" - Und ich ergänze: ... denn es steigert die Verkaufszahlen und das ist alles, worum's diesem alten Schmierlappen geht. Ekelhaft.

...

- Nein, ich mochte Grass noch nie und das hat sich bis heute nicht geändert. Ich sehe mich durch die aktuellen Vorgänge in meiner Meinung vielmehr voll und ganz bestätigt.


die worte, die ich nicht formen konnte. bravo!
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Akira am 17 August 2006, 22:27:14
Grass wurde mit 14 eingezogen

Toll Kind bei der Waffen SS


zu der zeit 1945 wurden die leute eingesammelt waffe in die hand und ab an die front da war nichts mehr mit arischer elite das die leute sich so darüber aufregen ist echt lächerlich...
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Kortirion am 18 August 2006, 00:22:55
Zitat
... - Günther Grass sagt: "Das musste mal raus!" - Und ich ergänze: ... denn es
steigert die Verkaufszahlen und das ist alles, worum's diesem alten
Schmierlappen geht. Ekelhaft.


 :twisted:
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: messie am 18 August 2006, 02:00:44
Zitat von: "Kortirion"
Zitat
... - Günther Grass sagt: "Das musste mal raus!" - Und ich ergänze: ... denn es
steigert die Verkaufszahlen und das ist alles, worum's diesem alten
Schmierlappen geht. Ekelhaft.


 :twisted:

 :twisted:  :!:

Mir schwirrte sofort die Frage "Warum jetzt?" die Frage im Kopf rum. Jetzt weiß ich warum, und dieses "warum" ist unter aller Kanone.
Hätte er mal besser weiter geschwiegen.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Kenaz am 18 August 2006, 07:09:58
Kleiner morgendlicher Nachtrag:

Erste Schlagzeile, die mir gerade eben nach Hochfahren des Rechners bei web.de ins Auge fiel:

"Wirbel um Günter Grass kurbelt Buchverkauf kräftig an" (http://magazine.web.de/de/themen/nachrichten/panorama/vermischtes/2777814,cc=000005480300027778141d9Mdl.html)

Was soll man da noch sagen außer: "q. e. d."!?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Kenaz am 18 August 2006, 07:13:20
Zitat von: "Akira"
[...] zu der zeit 1945 wurden die leute eingesammelt waffe in die hand und ab an die front da war nichts mehr mit arischer elite das die leute sich so darüber aufregen ist echt lächerlich...

- Hat keiner bestritten und ich bin der letzte, der sich darüber aufregt. Um diesen Umstand an sich geht's hier jedoch schon des längeren nicht mehr, aber das ist dir wohl entgangen ...  :roll:
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Akira am 18 August 2006, 08:22:29
Zitat von: "Kenaz"
Zitat von: "Akira"
[...] zu der zeit 1945 wurden die leute eingesammelt waffe in die hand und ab an die front da war nichts mehr mit arischer elite das die leute sich so darüber aufregen ist echt lächerlich...

- Hat keiner bestritten und ich bin der letzte, der sich darüber aufregt. Um diesen Umstand an sich geht's hier jedoch schon des längeren nicht mehr, aber das ist dir wohl entgangen ...  :roll:


Ich rede von den Politikern...

Da hat doch auch wer gefordert er soll seinen Literaturnobelpreis zurückgeben`?

Und der Zentralrat der Juden tönt auch wieder rum (als wenn die zu irgendwas ihren senf nicht sdazugeben)

Der ganze medienrummel darum ist mir unverständlich...
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: SoylentHolger am 18 August 2006, 08:46:00
Zitat von: "Volt Controller"

Ach ja? Kannst Du das irgendwie belegen?


Hat er gestern selbst auf ARD gesagt.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: colourize am 18 August 2006, 09:17:52
Wenn man die Implikationen des Kapitalismus mit neoliberaler Prägung logisch zu Ende denkt, ist jede konsumfördernde Maßnahme legitim.

In so fern wirkt das "Grass'sche Geständnis" zugegebener Maßen reichlich opportunistisch, und lässt eigentlich nicht darauf schließen, dass er in seinem Leben eine übermäßige Entwicklung durchgemacht hat: In den 60er/70ern war Nazis anprangern en vogue, in den 50ern die Umerziehung der Menschen zur Demokratie durch die Gruppe 47, in den frühen 40ern eine aktive Teilnahme in so rühmlichen Verbänden wie der Waffen-SS. Und heute ist der herrschende Diskurs eben durch den Konsumismus geprägt.

"Erfolgreich sein" bedeutet, dem herrschenden Diskurs nicht nur Folge zu leisten, sondern seine Prinzipien so zu verinnerlichen, dass man sie verkörpert. Genau das tut Grass, und er scheint ein Meister darin zu sein. 8)
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: ~noise~druide~ am 18 August 2006, 10:07:05
das wäre doch eine maßnahme, nur leider hat es einen bitteren beigeschmack, weil gerade jene das vorschlug!

http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,432288,00.html
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 18 August 2006, 10:27:59
Zitat von: "Kenaz"
... - Günther Grass sagt: "Das musste mal raus!" - Und ich ergänze: ... denn es steigert die Verkaufszahlen und das ist alles, worum's diesem alten Schmierlappen geht. Ekelhaft.

Die Vermutung ist allerdings nicht ganz von der Hand zu weisen.In einem Interview, das er letztens irgendwo im Fernsehen gab, hat er selber sinngemäß soetwas gesagt wie :
"Ja, ich war dann und dann Mitglied der Waffen-SS, und den Rest können sie in meinem jetzt erscheinenden neuen Buch nachlesen"

Ich weiß nicht, ob er das in dem gesagten Satz absichtlich so stark mit seinem neuen Buch verknüpfte, um damit quasi genau diese Kritik an ihm zu überzeichnen oder ob er tatsächlich so eiskalt und berechnend an den Verkaufszahlen arbeitet.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Kenaz am 18 August 2006, 12:48:29
Zitat von: "colourize"
Wenn man die Implikationen des Kapitalismus mit neoliberaler Prägung logisch zu Ende denkt, ist jede konsumfördernde Maßnahme legitim.
[...]
"Erfolgreich sein" bedeutet, dem herrschenden Diskurs nicht nur Folge zu leisten, sondern seine Prinzipien so zu verinnerlichen, dass man sie verkörpert. Genau das tut Grass, und er scheint ein Meister darin zu sein. 8)


- Da hast Du zweifelsohne recht, wir wollen dabei allerdings eins nicht vergessen: Die Gesetze des Erfolges sind nicht die der Moral - die orientiert sich ausschließlich am Sollen und nicht am Sein, m. a. W.: denkt man die "Implikationen des Kapitalismus mit neoliberaler Prägung logisch zu Ende", so hat das mit den moralischen Prinzipien, die Grass stets beschworen hat, rein gar nichts zu tun. Dass der Mann ein überaus erfolgreich-schlawinerhafter Ökonom und in eigener Sache ein wahrer PR-Hecht ist, bestreite ich mit keiner Silbe. - Das ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass ein "Geständnis" zu PR-Zwecken in moralischer Hinsicht an Schäbigkeit schwerlich zu überbieten ist.

Herr Grass mag ein guter Schriftsteller (ich persönlich halte ihn auch in dieser Hinsicht für maßlos überbewertet, aber das ist eine andere Baustelle), ein grandioser Geschäftsmann und ein Schlitzohr vor dem Herrn sein: als die "moralische Instanz", als die er sich so überaus gerne geriert hat, ist er in meinen Augen restlos diskreditiert und ausrangiert - und zwar rückwirkend.

P.S.: Nein, mir ist die zarte Ironie in Deinen Zeilen nicht entgangen, ich wollte das hier trotzdem noch mal ausgesprochen haben.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Eisbär am 18 August 2006, 16:34:09
Es gibt ja zwei Dinge an der vorherrschenden Meinung und Argumentation, das ganze wäre nur eine PR-Sache, die mich stören:

1. ist diese Annahme und die Begründung zu einfach. Es liegt zu nahe. Und die Dinge sind selten einfach.
2. Wofür sollte es Grass wirklich ums Geld gehen? Der hat a) eh ausgesorgt und ist b) 78 Jahre alt, lebt also eh nicht mehr lang genug um das auszugeben.

Vor diesem Hintergrund denke ich, daß es für ihn eher so eine Art Vermächtnis ist, er will der Nachwelt sein Leben in Form dieser Biographie hinterlassen und will eben, daß eben jene möglichst viele Menschen lesen.
Also mehr so eine Art Kombination aus Wunsch nach Ruhm und tatsächlicher Gewissenserleichterung. Wobei ich nicht verstehe, wofür er sein Gewissen erleichtern muß, wenn er als 17jähriger eingezogen wurde und in der Zeit nicht mal einen Schuß abgab.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: colourize am 18 August 2006, 16:58:57
Zitat von: "Eisbär"
Wofür sollte es Grass wirklich ums Geld gehen? Der hat a) eh ausgesorgt und ist b) 78 Jahre alt, lebt also eh nicht mehr lang genug um das auszugeben.

Das würde aber eher für eine sehr tiefe Verinnerlichung der Logik des Kapitalismus (und damit des herrschenden Diskurses) sprechen, als dagegen.
2006: Geld scheffeln - egal zu welchem Zweck.
1975: Altnazis outen - egal zu welchem Zweck.
1955: Den Dummen die Demokratie beibringen - egal zu welchem Zweck.
1942: Juden ermorden - egal zu welchem Zweck.

Zitat von: "Eisbär"
obei ich nicht verstehe, wofür er sein Gewissen erleichtern muß, wenn er als 17jähriger eingezogen wurde und in der Zeit nicht mal einen Schuß abgab.

Zur Waffen-SS wird man nicht "eingezogen". Da muss man das schon ernst nehmen, so die Sache mit dem Endsieg, der Treue zum Führer und der Endlösung..
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 18 August 2006, 17:12:46
Zitat von: "Eisbär"

2. Wofür sollte es Grass wirklich ums Geld gehen? Der hat a) eh ausgesorgt und ist b) 78 Jahre alt, lebt also eh nicht mehr lang genug um das auszugeben.

Vor diesem Hintergrund denke ich, daß es für ihn eher so eine Art Vermächtnis ist, er will der Nachwelt sein Leben in Form dieser Biographie hinterlassen und will eben, daß eben jene möglichst viele Menschen lesen.

Der Stern stellte in einem Vorwort die These auf, das er das noch zu Lebzeiten gerne loswerden wollte, damit es nicht erst nach seinem Ableben publik wird und dann nicht mehr kontrollierbar ist.

Zitat von: "Eisbär"
Wobei ich nicht verstehe, wofür er sein Gewissen erleichtern muß, wenn er als 17jähriger eingezogen wurde und in der Zeit nicht mal einen Schuß abgab.

Erleichtern nicht, aber von einem wie Grass erwarte ich einfach, das er so eine Mitgliedschaft bei Zeiten zugibt.Auch wenn Grass sicherlich bei der Waffen-SS keine überzeugter Sturmtruppler war (und das wird ihm auch wohl kaum jemand unterstellen wollen), ist eine dortige Mitlgiedschaft immer noch etwas anderes als die in einem Kaninchenzüchterverein.

Zitat von: "colourize"
Zur Waffen-SS wird man nicht "eingezogen". Da muss man das schon ernst nehmen, so die Sache mit dem Endsieg, der Treue zum Führer und der Endlösung..

Naja, gegen  Kriegsende dürften die da aber auch alles eingesetzt haben, was noch einigermaßen gesund  Husten konnte.So ähnlich wie mit den eisernen Kreuzen, die gegen 45 jeder Wachposten zugeschmissen bekam.

Wikipedia sagt dazu (wiederum aus dem Spiegel stammend) :

"...vermutlich am 10. November 1944 – nach Ableistung des Arbeitsdienstes zur 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“ der Waffen-SS einberufen..."

Einberufen klingt nicht nach freiwillig gemeldet.Außerdem bleibt die Frage, wie Treu man Ende 1944 noch zu Volk, Führer und Vaterland stehen mußte, um zur SS zu kommen.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Mentallo am 18 August 2006, 17:13:25
Zitat von: "colourize"
Zur Waffen-SS wird man nicht "eingezogen". Da muss man das schon ernst nehmen, so die Sache mit dem Endsieg, der Treue zum Führer und der Endlösung..


in der doku, die gestern im dritten lief (zum aktuellen thema; die waffen-ss), welche einer der erschütterndensten tv-dokus war, an die ich mich erinnern kann, schilderte ein ehemaliger ss-ler:
"meine güte, nach BERLIN kam man, und es gab sogar eine schicke uniform!"
mit 17 ist man noch sowas von grün, also wirklich.
hat denn irgendwer schon in erfahrung gebracht, was grass in seinen memoiren schreibt, was er da so alles erlebte oder eben nicht?
ggf ist die behauptung der aktiven beteiligung am holocaust ja doch ein wenig unsachlich.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: colourize am 18 August 2006, 17:16:37
Eine "aktive Beteiligung" von Grass am Holocaust hat ja auch niemand unterstellt; wohl aber eine ideelle.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 18 August 2006, 17:18:41
Zitat von: "colourize"
Eine "aktive Beteiligung" von Grass am Holocaust hat ja auch niemand unterstellt; wohl aber eine ideelle.

Auch die kann ich mir nicht vorstellen.

Aber dazu müßte man wohl tatsächlich mal die Biographie gelesen haben, was wiederum die Unterstützung seiner kapitalistischen Interessen bedeuten würde, und das wollen wir ja nun alle nicht  8)
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Inverted am 18 August 2006, 18:15:40
Zitat von: "Kenaz"
Das Problem bei Grass ist, dass er jahrzehntelang das integre "Gewissen der Nation" gegeben hat und unbarmherzig jeden an den Pranger gestellt hat, der zwischen '33 und '45 ein NSDAP-Parteibuch hatte oder sonstwie in die Institutionen des Regimes verstrickt war.

 
Zitat von: "Volt Controller"
Ach ja? Kannst Du das irgendwie belegen?

Zitat von: "Kenaz"
- Dass Grass sich überaus selbstverliebt als "Gewissen der Nation" inszeniert hat, ist eine Binsenweisheit und sollte an und für sich jedem, der sich ein kleines bisschen mit der Entwicklung der bundesdeutschen Nachkriegsliteraturszene beschäftigt hat, bekannt sein. Gib bei google mal "Grass" und "Gewissen der Nation" ein und du wirst möglicherweise verstehen, was ich meine..

Hat doch damit nichts zu tun. Du hast in keiner Weise belegt, dass Grass "unbarmherzig jeden an den Pranger gestellt hat, der zwischen '33 und '45 ein NSDAP-Parteibuch hatte oder sonstwie in die Institutionen des Regimes verstrickt war". Was für eine einfältige, undifferenzierte Behauptung.
Zitat
- Es ist nicht mein Problem, wenn du die Feuilleton-Seiten deiner Tages- oder Wochenzeitung (wenn sie überhaupt welche hat) geflissentlich zu überblättern pflegst, durch "besseres Wissen" glänzt Du jedenfalls nicht, dessen darf ich dich ebenso höflich wie bestimmt versichern.

Und dann selber in vermeintlich bester Grass-Manier seine eigene moralisch-intellektuelle Überlegenheit postulieren. Geht's noch?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 18 August 2006, 19:17:19
BTW:
Zitat von: "Volt Controller"

Und dann selber in vermeintlich bester Grass-Manier seine eigene moralisch-intellektuelle Überlegenheit postulieren. Geht's noch?

Das macht der Kenaz gerne mal.Aber man kann's ihm eigentlich nicht verübeln, er hat ja sonst nichts  :P
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: colourize am 18 August 2006, 20:21:44
Moral kann ich da aber nicht so direkt erkennen.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Lakastazar am 19 August 2006, 00:43:21
Wolln wir mal festhalten:

Dass Grass als das "Gewissen der Nation" sich äußerst spät outete, deswegen den Beigeschmack der Doppelmoral nun mit sich trägt und somit die Medienlandschaft, wie auch die Gemüter in Wallungen bringt, kann ich verstehen.

Mehr noch verstehe ich auch, dass nun einige wegen Günther Grass's Spielart, womöglich jetzt Kapital schlagen zu wollen, indem er durch stetige Verweise auf seine "Memoiren" die Verkaufszahlen ins Extremste steigern will, verärgert sind, wobei ich doch anmerken möchte, dass seine Intention wohl keinem hier endgültig bekannt sein dürfte.
Zu mal man ja auch dazu wahrscheinlich erst ein mal sein Werk gelesen haben oder zumind. auf objektive Reszensionen zurückgreifen sollte, um dies hinreichend beurteilen zu können.

Ich akzeptiere auch, dass Grass wohl zu denüberbewerteten Autroen gehört...
aber wenn ich mir den Stuss an Literatur so anschaue, der vor allem JETZT so auf dem Markt ist, möcht ich doch wissen, wer ist es nicht?

Einen Vergleich mit Britney Spears find ich allerdings extremst peinlich, um nicht zu sagen polemisch! (@Druide)

Jetzt aber zu all den Neuzeit-Moral-Aposteln hier:

Ich bin mir des Dilemmas um Grass's Biografie durchaus bewusst und möchte an dieser Stelle anmerken, dass auch ich die Umstände, womit sein Coming-Out geschieht, für bedenklich halte, aber ich maße mir nicht an, jetzt den selben Fehler zu machen und eben jenen Mann an den Pranger zu stellen!

Es dürfte wohl einen ziemlichen Unterschied gegeben haben, zwischen den Bonzen, die Mitglied bei der NSDAP waren und somit wirkliche dem politisch ideellen und opportunistisch pragmatischen Machtstrukturen angehörten, welche letztlich noch nach dem Krieg höhere Positionen bekleideten und womöglich noch immer dubiose Ansichten vertraten und deswegen wohl "zurecht" an den Pranger gestellt gehörten, und einem Jugendlichen, der quasi keine andere Wahl hatte und in die Waffen-SS eingezogen worden ist oder auch nur dem "Kulturtrieb" folgend dem damaligen Zeitgeist zum Opfer fiel.
Da geht es nicht um ideelle Verbundenheit, sondern um den pragmatischen Einsatz von Kanonenfutter auf der einen Seite und der soziale Zugzwang, der auf einen 17jährigen lastet, der nach 5 Jahren Krieg vermutlich keinen Draht zur Menschenkenntnis gehabt haben dürfte, wie unsereiner heute!!

Heute ist es einfacher, gegen etwas zu sein, da man die dafür nötige Informationslage und vorallem die Meinungsfreiheit hat, äußern zu dürfen, wonach einem ist, ohne Angst haben zu müssen, dafür erschossen zu werden.

Überhaupt!
Ich weiß nicht, wie es euch geht... aber es ist immer leichter und um längen bequemer aus einer Position mit guter Bildung und gutem Lebensstandard heraus jemanden anzuprangern, dessen Lebenshintergrund man nicht teilt bzw. kennt und deswegen nur schwerlichst nachzuvollziehen vermag.

Ich empfinde es nun als unausgesprochen unappetitlich, dass jetzt die sonst in letzter Zeit so schweigsame Elite dieses Forums - Denn die Qualität eurer Beiträge möcht ich sonst nich in Frage gestellt wissen - sich geschlossen einer Meinung aufhängt, um einen Autoren, zu dessen Werken man wahrscheinlich zur Schulzeit von den Lehrern zu lesen und verinnerlichen gezwungen wurde, jetzt eins auswischt!

Ich möchte wissen, wie ihr gehandelt hättet, wenn ihr einige Jahre eures Daseins unter ideologisch fehlgleiteter, logistisch ausgebauter kultureller Selektion aufgewachsen worden wärd!

Wie ich zu Anfangs sagte... Eure Positionen sind verständlich und weitestgehend nachvollziehbar, aber die gehässigen Rückschlüsse weit unter eurem Kaliber!

Ich habe wesentlich mehr Diskurs von euch erwartet und bin ein wenig enttäuscht, dass ihr lediglich unreflektiert eure Meinung hier quasi einstimmig gibt... dazu hättet ihr nicht mal so schön formulierte Posts benötigt, sondern hättet euch genauso gut den Reigen polemischer Hetze anschließen können...


Ich persönlich habe keine absolute Meinung dazu und empfinde es meinerseits unangenehm den "Mut" aufbringen zu müssen etwas dagegenhalten zu "müssen", um eure Aussagen nicht einfach so unkommentiert stehen zu lassen:

Ich finde lediglich eine Person glaubwürdiger, die selbst mal Täter gewesen ist, als jedes Opfer und jeder Unbeteiligte, der nun keinerlei Schwierigkeiten haben dürfte, die Täter von damals mit dem nackten Fingerzeig der "Gerechtigkeit" aburteilen zu können!

Das einzige, was mich an Grass Coming Out stört und wo ich mich auch der Kritik anderer anschließen möchte, ist lediglich sein langes Schweigen...
Allerdings denke ich auch, dass das hier jeder nachvollziehen kann!
Was würdet ihr mit den Schatten eurer Vergangenheit machen?
Viele, auch ich, würden jetzt SAGEN, natürlich dazu stehen!
Aber schon mal darüber nachgedacht, dass es in der Praxis dann doch anders aussieht, besonders bei solch prekärer Lage und Brisanz?

Wäre er so berühmt wirkungsreich geworden, wenn er denn schon damals dazu gestanden hätte?
Aus unserer heutigen Sicht mag man meinen, JA!
Aber der Zeitgeist war damals ein anderer! Und die Massen sind stets polemisierend!

Ich denke, dass jetzt hier wieder mehr Hype gemacht wird, als wirklich relevant ist.
Wer nämlich der Meinung ist, dass Grass überbewertet ist, dient hier lediglich dem Tokyo-Hotel-Prinzip, wenn er sich nun darüber negativ auslässt. ;)

Den Vorwurf, er würde seine Verkaufszahlen nun steigern wollen, lasse ich eher umkommentiert stehen...
Wenn ich etwas zu einem Thema geschrieben hätte, in dem dann alles drin steht, was es zu diesem Thema zu wissen gilt, weil eben da in weitreichendem Zusammenhang alles in einem Zug nachvollziehbar ist, würd ich ebenfalls drauf hinweisen, egal, ob man es nun kauft, leiht, oder sich ausm Inet zieht!

P.S: NEIN, ich bin kein Grass-Fan, aber ich halte seine Werke für nicht schlecht!
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 19 August 2006, 10:20:37
@Lakastazar : Da müßtest du das "ihr" (die Forumselite) schon mal ein wenig ausdifferenzieren, denn es gab in diesem Tread bisher ja doch recht vielfältige Meinungen zu dem Thema.

Ich z.B. maße mir mal an, mich in diesem Fall auch mit "Forumselite" angesprochen zu fühlen, und meine Beiträge sind in etwa deckungsgleich mit deinen Ansichten.

Und zum Thema Verkaufszahlen steigern hier nochmal einer meiner Beiträge :

Zitat von: "Thomas"
Die Vermutung ist allerdings nicht ganz von der Hand zu weisen.In einem Interview, das er letztens irgendwo im Fernsehen gab, hat er selber sinngemäß soetwas gesagt wie :
"Ja, ich war dann und dann Mitglied der Waffen-SS, und den Rest können sie in meinem jetzt erscheinenden neuen Buch nachlesen"


Klingt schon ein bischen komisch, oder ?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Kenaz am 19 August 2006, 15:36:25
Zitat von: "Colt Vontroller"
Und dann selber in vermeintlich bester Grass-Manier seine eigene moralisch-intellektuelle Überlegenheit postulieren. Geht's noch?

- Bestens geht's! Im übrigen bleibt mir ziemlich unersichtlich, wie du auf den abstrusen Gedanken kommst, ich habe im Vorangegangenen meine "moralisch intellektuelle Überlegenheit postuliert"; - vor allem: wem gegenüber überhaupt? Dir? Grass? - Aber soll ich dir was sagen? Im Grunde ist mir das eigentlich völlig schnuppe.

Ach ja: Solltest Du den offensiven Berufs-Antifaschismus inklusive chronisch erhobenem Moralzeigefinger des Günther Grass - speziell in den 70er und 80er Jahren - gerne weiter in Frage stellen, so wünsch' ich dir viel Spaß dabei. Jeder legt sich die Welt eben so zurecht, wie sie ihm am besten in den Kram passt. - Ich habe leider, oder besser: gottseidank wichtigeres zu tun, als für dich in einer Angelegenheit Quellenforschung zu betreiben, die der common sense längst im von mir dargestellten Sinne ad acta gelegt hat.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: KainVampir am 19 August 2006, 16:29:42
ich hab zwar nicht alles durchgelesen aber zum thema, dass er es gerade jetzt bekannt macht, dass er in der waffen-ss war.

wahrscheinlich hat grass während der arbeit an seiner (auto?-)biographie über sein leben reflektiert, wodurch lange verdrängte/verschwiegene sachen wieder in sein bewusstsein geraten sein könnten  :?:

wie lakastazar schon sagte, früher wäre das geständnis wahrscheinlich sein gesellschaftlicher tod gewesen und man hätte ihn weniger nach seinem werk beurteilt als nach dieser tatsache. heutzutage ist er genug etabliert und die gesellschaftliche stimmung ist eine andere.

wenn wir nun davon ausgehen, dass er es eh gestehen wollte, was ist so schlimm daran es zum günstigsten zeitpunkt zu tun? sollte er es vielleicht nach dem erscheinen seiner biographie sagen? hätten nicht dann alle aufgeschrien, das er es heimlich in seiner biographie nur für insider kenntlich machen wollte? oder den fakt einfach weglassen, obwohl man sein leben ohne dessen kenntnis eigentlich nicht verstehen kann? oder sollte er die biographie deswegen ein jahr später veröffentlichen? sorry ich drifte ab in polemiken  :roll:

seien wir doch froh, dass...
-er uns mal wieder zum denken angeregt hat
-jeder die geschichte nachlesen kann, nicht nur eine "bild" seite
-gemeinschaftssinn gestärkt wurde, da wir nun auf ihm rumhacken können
-das thema nazizeit mal wieder in ein paar köpfen bewusst wurde
-wir, oh wunder, trotzdem noch am leben sind...

eigentlich wollte ich doch nur schreiben: "wayne..."
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 19 August 2006, 18:53:59
Zitat von: "KainVampir"

wie lakastazar schon sagte, früher wäre das geständnis wahrscheinlich sein gesellschaftlicher tod gewesen und man hätte ihn weniger nach seinem werk beurteilt als nach dieser tatsache. heutzutage ist er genug etabliert und die gesellschaftliche stimmung ist eine andere.

Selbst wenn es so gewesen sein sollte, halte ich das für moralisch äußerst fragwürdig.Einer wie Günter Grass, dem eigentlich wie selbstverständlich unterstellt wird, das es ihm immer nur um die Sache geht, unabhängig von den Konsequenzen, stellt sich die Frage :"Das kannst du jetzt nicht schreiben/zugeben, sonst beachtet dich keiner mehr" ? Kann ich mir nicht vorstellen.

Zitat von: "KainVampir"
wenn wir nun davon ausgehen, dass er es eh gestehen wollte, was ist so schlimm daran es zum günstigsten zeitpunkt zu tun?

Weil so eine Berechnung für einen derartigen Moralisten unmoralisch wäre ?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Lakastazar am 20 August 2006, 17:34:47
@Thomas: Ok, obwohl ich den Begriff "Forums-Elite" eher im "sarkastischen" Kontext betrachtet stehen lassen möchte,
zähl ich eben dich, den Snob Eisbär sowie meine "bescheidene" Wenigkeit dazu und wir bilden dann ein Trio-Infernale gegenüber die Anti-Grass'sche Hoch-Kultur-Polemik-Dresche der mehrheitlichen Meinung und kassieren dafür Extra-Boni in Sachen Trueness und Individualität!

Zufrieden? :)

Wie auch immer, das Dilemma, in dem sich Grass reinmanövriert hat, stellt sicherlich keiner in Frage... Die Reaktionen sind verständlich, aber vllt. bietet eben für viele das zu späte Outing ein Anlass, jemanden, dessen Werke man für überbewertet hält und den man sowieso aus persönlichen Gründen auf den Kicker hat, einen idealen Vorwand, wieder einmal in eloquenter Manier auf die Kacke zu hauen ;)
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Thomas am 21 August 2006, 09:22:34
Zitat von: "Lakastazar"

Wie auch immer, das Dilemma, in dem sich Grass reinmanövriert hat, stellt sicherlich keiner in Frage... Die Reaktionen sind verständlich, aber vllt. bietet eben für viele das zu späte Outing ein Anlass, jemanden, dessen Werke man für überbewertet hält und den man sowieso aus persönlichen Gründen auf den Kicker hat, einen idealen Vorwand, wieder einmal in eloquenter Manier auf die Kacke zu hauen ;)

Diese Möglicnkeit möchte ich nicht gänzlich ausschließen  :wink:
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Transmission am 21 August 2006, 21:21:05
Zuerst mal Grundsätzliches zur Waffen-SS: Es ist richtig, dass die Truppe eine politische Armee war und zunächst aus Freiwilligen bestand. Es ist auch richtig, dass es lange Zeit keine klassische Einberufung zur Waffen-SS gab. Mein ehem. Geschichtslehrer berichtete, dass man seine HJ-Einheit 1944 in einen Versammlungsraum bestellte. Dann wurden die Ausgänge blockiert und die Anwesenden aufgefordert, sich freiwillig für die Waffen-SS zu melden. Mein Lehrer war so clever, mit einem Kumpel durch's Klo-Fenster abzuhauen. Die "Freiwilligen" landeten in der Division "Hitlerjugend", die an der Westfront verheizt wurde. Neben dieser Form der Freiwilligkeit gab es im Verlauf des Krieges auch offene Zwangsrekrutierungen - sowohl in den besetzten Gebieten als auch in Deutschland.

Unabhängig davon: Grass hat sich freiwillig gemeldet. Bereits als Hitler-Junge wollte er eigentlich zur U-Boot-Truppe, wurde aber nicht genommen. Im Interview mit der FAZ sagte er auf die Frage: "Warum haben Sie sich freiwillig zur Wehrmacht gemeldet?"

Grass: "Mir ging es zunächst vor allem darum raus zu kommen. Aus der Enge, aus der Familie. Das wollte ich beenden, und deshalb habe ich mich freiwillig gemeldet. Auch das ist ja eine merkwürdige Sache: Ich habe mich gemeldet, mit fünfzehn wohl, und danach den Vorgang als Tatsache vergessen. So ging es vielen meines Jahrgangs: Wir waren im Arbeitsdienst, und auf einmal, ein Jahr später, lag der Einberufungsbefehl auf dem Tisch. Und dann stellte ich vielleicht erst in Dresden fest, es ist die Waffen-SS. "

FAZ: Hatten Sie ein Schuldgefühl deswegen?

Grass: "Währenddessen? Nein. Später hat mich dieses Schuldgefühl als Schande belastet. Es war für mich immer mit der Frage verbunden: Hättest du zu dem Zeitpunkt erkennen können, was da mit dir vor sich geht? ..."

Grass hatte in der Waffen-SS keine Führungsfunktion. Er war Panzerschütze (genauer: Ladeschütze) in der Division "Frundsberg" und diente 1944 an der Ostfront, wo er verwundet wurde. Die Verletzung rettete ihm wahrscheinlich das Leben, da er - wenn die Daten stimmen - kurz vor der Einkesselung der Division durch die Russen ins Lazarett kam. Was genau Grass während seiner Zeit an der Front erlebt hat, ist nach wie vor unklar. Er berichtet zwar von furchtbaren Angriffen durch russische Artillerie, aber nichts über direkte Kämpfe, an denen er möglicherweise beteiligt war. Im Interview mit Ulrich Wickert sagt er lediglich, dass er an "keinen Verbrechen beteiligt" war. Fakt ist aber, dass beide Seiten mit äußerster Grausamkeit agiert haben: gegen den jeweiligen militärischen Feind, aber auch gegen die eigenen Truppen und gegen die Zivilbevölkerung. Auch Grass' Division war an Kriegsverbrechen beteiligt.

Grass hat in Sachen Moral reichlich ausgeteilt und hat dabei auch Aussagen getätigt, die man durchaus als polemisch bezeichnen kann. Seine Gegner hätten ihm (nicht nur) auf diesem Niveau ohne jeden Zweifel seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS vorgehalten. Der Spiegel schreibt dazu: „Es tut einer Moralpredigt nicht gut, wenn einer hinterher höhnisch ruft: Und das sagt einer, der mal in der Waffen-SS war. So hatte sich Grass mit seinem Schweigen einen Vorteil im Streit der Polemiker verschafft.“ Dass Grass „unbarmherzig jeden an den Pranger gestellt hat, der zwischen '33 und '45 ein NSDAP-Parteibuch hatte“ (wie Kenaz schrieb) ist allerdings falsch. Siehe Grass’ Verteidigung seines Kollegen Walter Jens.

Joachim Fest schreibt über die Grass-Debatte:
„Ich würde sagen, er hat keine Schuld auf sich geladen, aber er ist ziemlich leichtfertig mit seiner Vergangenheit umgegangen. Für jemanden, der alle moralisch in Acht und Bann tut, die sich nicht zu seiner Auffassung bekannt haben, ist das ein reichlich erbärmliches Verhalten.“

Meine persönliche Meinung dazu ist: ich glaube, dass ein gewichtiger Grund warum Grass so lange geschwiegen hat der ist, dass er sich geschämt hat. Man kann ihm zweifellos auch zugute halten, dass er aus seinen Erfahrungen im Dritten Reich gelernt hat und vor allem auch für sich persönlich seine Konsequenzen daraus gezogen hat. Deutschland stünde wesentlich besser da, wenn mehr Menschen zu analogen Erkenntnissen gekommen wären – auch wenn das den Millionen  Opfer der Nazi-Herrschaft nicht mehr geholfen hätte.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Lazarus_at_night am 21 August 2006, 21:49:25
jeder mensch tut das, was er zu seiner zeit für das richtige hält, auch wenn ihn dafür folgende generationen hasen..

meine meinung !

dg

Laz
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Transmission am 21 August 2006, 22:06:32
Zitat von: "Lazarus_at_night"
jeder mensch tut das, was er zu seiner zeit für das richtige hält, auch wenn ihn dafür folgende generationen hasen..


Was schlussfolgerst Du daraus? Dass die im Augenblick subjektiv empfunde "Richtigkeit" immer auch das moralisch Richtige ist?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Lazarus_at_night am 21 August 2006, 22:14:36
nein, aber das man nicht dafür gerichtet werden sollte, für das, was man zu "seiner" zeit als ehre empfand.

frag dich nur mal, wie du zu dieser zeit gehandelt hättest..
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: EngelinSchwarz am 21 August 2006, 22:24:50
Ich glaube nicht das es um die Tatsache als solches geht.
Es geht schlechthin um den "Saubermann" der dtsch. Literatur, der anderes denkende Menschen verurteilt hat. Und dies lautstark!
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: SoylentHolger am 22 August 2006, 18:17:41
Zitat von: "colourize"

Zur Waffen-SS wird man nicht "eingezogen". Da muss man das schon ernst nehmen, so die Sache mit dem Endsieg, der Treue zum Führer und der Endlösung..


Sorry, aber das ist schlichtweg einfach falsch. So viel Du über linken Kram Bescheid weißt so wenig scheinst Du über die Zeit 33 - 45 zu wissen.
Zitat von: "Transmission
"

Es ist richtig, dass die Truppe eine politische Armee war und zunächst aus Freiwilligen bestand. Es


Nein ist es nicht. - siehe z.B. Wiki http://de.wikipedia.org/wiki/4._SS-Polizei-Panzergrenadier-Division
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Transmission am 22 August 2006, 20:09:07
Vielleicht habe ich etwas übersehen, aber an welcher Stelle widerspricht der von Dir gepostete Link der Aussage, dass die Waffen-SS zunächst aus Freiwilligen bestand?
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: SoylentHolger am 22 August 2006, 22:37:04
Das ist schwer zu belegen, da es anscheinend keine richtige "Gründung" des Verbandes gab. Die Polizei Division wurde aber der Waffen SS untegestellt und bestand aus Polizisten, die zu Soldaten gemacht wurden. Ein wenig weitere Lektüre deinerseits führt Dich da schon hin.

Edit: Ich empfehle Dir einen Gang in die Unibibliothek. Da schau Dir mal die Bände "Die guten Glaubens waren" sowie "Der Orden unter dem Totenkopf" an.
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Transmission am 22 August 2006, 23:19:08
Mag sein, dass die Division aus Polizisten bestand, die zu Soldaten gemacht wurden. Was mir allerdings nicht ganz klar ist: wie wurde diese Polizei-Truppe aufgebaut bzw. wie wurden die Polizisten ausgewählt? Die Quellen im Internet die ich gefunden habe setzen erst 1939 an.
Siehe z.B.
http://www.bundesarchiv.de/foxpublic/39D0E6100A062212000000007D516A82/findmittelinfo.html
Wikipedia schreibt z.B.
>> Zusammen mit der SA kamen sie [die SS-Sonderkommandos] in den „Polizeidienst” und waren offiziell als „Hilfspolizei” im Straßendienst eingesetzt. Sie nahmen u. a. „wilde Verhaftungen” politischer und interner Gegner vor und betrieben zum Teil eigene Kellergefängnisse. <<

Das ist für die Diskussion hier aber insofern unrelevant als Grass erst sehr viel später zur Waffen-SS kam.

Zu Deinen Buch-Empfehlungen: das Buch von Heinz Höhne scheint ganz gut zu sein, ist allerdings von 1967. Damit ist zweifelhaft, ob es auf der Höhe der Zeit ist. Viele Archive wurden ja z.B. erst in den 90er Jahren für die Forschung zugänglich (zumindest für die Gesamtdeutsche Forschung).

Das andere Buch beschäftigt sich zwar explizit mit der 4. SS-Polizei-Panzergrenadier-Division, als Quelle bedarf es allerdings eines noch kritischeren Blickes, als das Buch von Höhne. Der Titel ist im Nation Europa Verlag erschienen. Zu diesem Verlag empfehle ich die Lektüre diverser Verfassungsschutz-Berichte, Kategorie "Rechtsextremismus".
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: messie am 23 August 2006, 03:03:17
Transmission: Sehr gute Beiträge. Ich habe (inklusive eher rudimentärer Recherche ob das stimmt was du da sagst) nun ein bisschen mehr über die Zeit gelernt.  :wink:

Eine Anmerkung meinerseits aber dennoch:
Zitat von: "Transmission"
Meine persönliche Meinung dazu ist: ich glaube, dass ein gewichtiger Grund warum Grass so lange geschwiegen hat der ist, dass er sich geschämt hat.

Das traue ich Grass sogar zu. Es ist sicher kein Zufall dass er sich mit dem Thema erst bei der Erstellung seiner Autobiographie erst wieder auseinandersetzt. Wahrscheinlich hat er es jahrzehntelang selbst in seinem ganz eigenen privaten Verlies im Hirn verbannt gehabt.

Dennoch: Wenn er sich wirklich schämt, dann soll er es auch genáu so sagen. Das wäre konsequent, das wäre verständlich und auch nachvollziehbar.
Stattdessen versuchte er aber es erst zu erklären, statt sich dafür zu entschuldigen, und genau darin liegt der Hund begraben: Erst auf öffentlichen Druck hin legt er offen weswegen er es erst so spät sagt - bzw.: Weswegen er es so spät gesagt haben könnte. Denn: Nun wieder zurückzurudern hat einen doch eher faden Beigeschmack.

Einzig zugute halte ich dass er es nun dann aber doch endlich tut.
Nun redet er von Scham, nun gibt er auch zu, dass das lange Schweigen ein Fehler war. Zwar zu spät - aber immerhin.
Quelle zu letzterem: *klick* (http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/newsticker/657225.html)
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Lakastazar am 24 August 2006, 17:49:23
Messie, ich weiß zwar nicht, ob du seine Bücher gelesen hast, aber zumind. wird jetzt "Katz und Maus" unter diesem Licht äußerst verständlich... und umso interessanter...

Dieser "Mahlke" ist womöglich sein lyrisches verganges Selbst, dass nun von einem Ich-Erzähler, dem reflektierenden Grass beschrieben wird...

Verdammt! Hätte er sich nicht schon vor nem ganzen Jahr outen können?

Dann hätt ich Grass in der Abiprüfung gewählt und womöglich eine noch umfangreichere Arbeit hinterlegt!!! ARG! :x

JETZT gehör ich aufgrund persönlicher Interessenslage auch zu denjenigen, die ihn für sein spätes Coming Out rügen!!! :D ;)
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: Trakl am 24 August 2006, 19:13:43
Wieso guck ich hier eigentlich erst jetzt rein?

GODWIN! GODWIN!


So. Und nun noch die Info, letztens aus irgendnem Feuilleton-Artikel gezogen (vielleicht finde ich das noch)
Wer hätte wissen wollen, ob Grass bei der SS war, hätte es auch schon vorher erfahren können. Seit 1999 sind in Moskau die Akten der Waffen-SS zugänglich. Man hätte nur mal reinschauen müssen.
Dass er bei der Waffen-SS war hat Grass auch gegenüber den Amerikanern bereits kurz nach dem Krieg zugegeben.

Dass Grass überhaupt so eine Instanz werden konnte ist nicht nur sein Verdienst - es waren diejenigen, die jemanden mit moralischer Unantastbarkeit wollten.
Hätte jemand vor ein, zwei Jahren die Mitgliedschaft behauptet, ein Sturm der Entrüstung wäre durch Deutschland gegangen - aber nicht über Grass, sondern über den unglücklichen Überbringer der Botschaft...
Titel: Grass bei der Waffen-SS
Beitrag von: sepp am 03 September 2006, 09:13:21
Hab beim googlen was lustiges gelesen:
Nachdem er 1961 Willy Brandt persönlich kennen gelernt hatte, engagierte Günter Grass sich ab 1965 in mehreren Wahlkämpfen für die SPD – nicht als überzeugter Anhänger (Parteimitglied war er von 1982 bis 1993), sondern um "das kleinere Übel" zu fördern. Immer wieder äußerte er sich zu politischen Themen. Er wollte nicht zulassen, dass seine Generation sich als Opfer der Nationalsozialisten darstellte.
Dann noch was(original G.G):
Hitler als Dämon und das deutsche Volk verführt – diese These ist falsch, abgrundtief verlogen und falsch, und wirkt doch bis heute nach in Formulierungen wie, es seien im Namen der Deutschen Verbrechen begangen worden. Mir kam es darauf an zu zeigen, dass alles am helllichten Tag geschehen ist. (Günter Grass, zit. Heinrich Vormweg, a. a. O., Seite 48)
Wie jetzt?Was sagt die Elite?
Quelle:http://www.dieterwunderlich.de/Guenter_Grass.htm
Da wird aber jemand seinen eigenen Ansprüchen wohl doch nicht gerecht.