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Schwarzes Hamburg => Archiv => Politik & Gesellschaft -Archiv- => Thema gestartet von: Der Uhu am 13 September 2004, 17:30:03

Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 17:30:03
Aus gegebenem Anlaß dieser Thread:

Wo macht Pazifismus  (Definition hier) (http://de.wikipedia.org/wiki/Pazifismus) Sinn und wo nicht? Welche Taten, welche Zustände rechtfertigen den Einsatz von Gewalt und wann werden unsere eigenen Prinzipien ad absurdum geführt?

Es gibt ja gerade in den letzten Jahren einige Beispiele, wo Kriege aus (offiziell) humanitären Gründen geführt wurden z.B. Kosovo, Afghanistan, Irak... Das Ergebnis dieser Kriege war ja wohl, das diese Länder von ihrem Regimen befreit wurden. Auf der anderen Seite sind einige dieser Länder heute nicht unbedingt stabiler als zuvor. Davon abgesehen, haben die Soldaten eine ziemliche Blutspur hinterlassen auch unter der Zivilbevölkerung. War es das wert? Momentan gibt es ja auch Regionen, wo man ebenso verfahren könnte wie den Sudan. Wie seht ihr das?

Man kann natürlich den Sudan sich selbst überlassen oder irgendwelche Sanktionen beschliessen, die dann eh nur diejeniegen treffen, die jetzt schon Hungern, aber wäre dann Pazifismus nichts weiter als die Drei-Affen-Taktik? Was meint ihr?

(http://www.aspencountry.com/aspen/assets/product_images/product_lib/33000-33999/33616.jpg)

MfG
Der Uhu
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Jinx am 13 September 2004, 17:39:23
Moin Uhu,

Du hast sicher Recht, dass es Kriege gibt, die aus humanitären Gründen geführt werden und die auch durchaus zu einer Stabilisierung führen können (was sie selten genug tun, aber es gibt diese Fälle). Allerdings liegt das Problem Krieg meines erachtens tiefer.

Es ist eine Tatsache, dass es Kriege im großen Stil seit vielen tausend Jahren gibt. Auch dass sich die Kriegsmaschinerie vergrößert hat, mehr Menschen, bessere Waffen, größere betroffene Territorien. Und es heißt oft genug "nur noch dieser Krieg, dann ist das Problem gelöst, alles in Butter, oder auch - nach WK II - dann wird es nie wieder einen Krieg geben". Und? Es hat nicht funktioniert. Genauer gesagt, es gibt wenig, was so schlecht funktioniert wie Kriege. Daher denke ich, dass das Konzept Krieg verfehlt ist. Sicher, ich bin auch froh, dass Hitler abgeschafft wurde, dass Restjugoslawien nebst den Neustaaten einigermaßen befriedet wurden. Aber für wie lange?
Jüngstes Beispiel: die USA marschieren in den Irak ein und setzen Saddam Hussein fest. Letzteres ist löblich, auch wenn es der ganze REst nicht ist. Und? Ist da Frieden? Hahaha!

Daher sage ich mit Mahatma Ghandi: es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg.

Und ich ergänze: der Weg zum Frieden kann niemals über den Krieg führen.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: colourize am 13 September 2004, 17:43:48
Zitat von: "Jinx"

Du hast sicher Recht, dass es Kriege gibt, die aus humanitären Gründen geführt werden und die auch durchaus zu einer Stabilisierung führen können (was sie selten genug tun, aber es gibt diese Fälle).

Ein einziges Beispiel wäre nicht schlecht.
Bitte bedenken, dass der WWII in keinster Weise zu einer Stabilisierung der politischen Lage in Europa geführt hat, sondern zum Großmachtkonflikt mit all den bekannten Folgen.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Jinx am 13 September 2004, 17:58:13
Zitat

Ein einziges Beispiel wäre nicht schlecht.


Also, wenn Du da jetzt so ganz direkt fragst ... *stotter* ... naja, Restjugoslawien und Kosovo... zumindest bis jetzt ... irgendwie *LOOOOOOL*
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 18:01:17
@ Jinx: Nun schön und gut. Aber wo bleibt die konkrete Maßnahme? Was machen im Sudan? Was können wir tun, was nicht mit militärischer Gewalt zu tun hat und was die Herrscher in der Hauptstadt und die arabischen Milizen dazu bringt, die Zivilbevölkerung zu schonen?
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 18:12:54
@ Colourize: Was waren denn die Folgen von WK II? Wer sind denn heute unsere besten Freunde? Sind das nicht die Franzosen? Wer hätte das gedacht?  Und der kalte Krieg ist doch nur deshalb entstanden, weil man Stalin am Leben gelassen hat. Wenn man Hitler entfernt, aber Hitler 2 an der Macht läßt, muß man sich nicht wundern.

Stabilität kann man sicher nicht mit Krieg herstellen, aber zueerst muß man doch wohl das Regime entfernen, daß für Instabilität sorgt? Oder? Stabilität schafft man durch die POLITIK DANACH!!!

Beispiel für die Schaffung von Stabilität nach einem Krieg: Einbindung Deutschlands in die EG, Nato, UNO etc. nach WK II

Beispiel für die Schaffung von Instabilität nach einem Krieg: Opposition zur Sowjetunion, Kommunistenjagd in den USA, Koreakrieg, Drohungen von Sowjetischer Seite etc.. Hätte man damals miteinander geredet, wäre alles ganz anders gekommen. Haben nicht sowjetische und amerikanische Soldaten an der Elbe zusammen Wodka getrunken? Wäre man nur dabei geblieben...

(http://www.dhm.de/lemo/objekte/pict/Nachkriegsjahre_photoGrosseDrei/200.jpg)
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: colourize am 13 September 2004, 18:14:22
Zitat von: "Der Uhu"
Was machen im Sudan? Was können wir tun, was nicht mit militärischer Gewalt zu tun hat und was die Herrscher in der Hauptstadt und die arabischen Milizen dazu bringt, die Zivilbevölkerung zu schonen?

Müsste die erste und wichtigste Frage nicht lauten, ob denn (die implizit von Dir als Lösung präsentierte) militärische Gewalt dazu geeignet wäre, die Zivilbevölkerung zu schonen?

Klar, wenn ich ein scheinbar unlösbares Problem mit meinem PC habe, kann ich auch mit ner Axt auf das Teil einschlagen. Und natürlich, das führt auch dazu, dass ich das Problem mit meinem PC dann nicht mehr habe... - die Frage ist nur, was ich mit dieser Aktion wirklich gewonnen habe...
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 18:17:42
Nein, die wichtigste Frage lautet: Was tun? Da warten schließlich einige auf Hilfe. Also mach' mal einen Vorschlag!
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Jinx am 13 September 2004, 18:19:11
Moin Uhu,

nach der von Dir geposteten Pazifismus-Definition ist NOthilfe erlaubt, wie sie z.B. in Somalia praktiziert wurde und auch - nach meinem Wissensstand - funktionierte.

Es ist mir klar, dass zum Frieden zwei Parteien gehören, aber ich bleibe dabei: das Kriegsprinzip (Bellizismus) ist scheiße und funktioniert mittel- bis langfristig nicht. Beispiele: zu viele, um sie aufzuzählen... nimm einfach irgendeinen Krieg, der wird es tun. ;)
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 18:20:39
@Jinx: Ich verweise nur auf mein obiges Posting über Stalin, WK II usw.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: colourize am 13 September 2004, 18:27:24
Uhu, natürlich werden die Karten nach einem Krieg neu gemischt. Die Frage ist jedoch, wieviel an wirklicher Verbesserung zu gewinnen ist und wie hoch der Preis dafür ist, der gezahlt werden muss.

Ob die ach so tolle Eintracht von Frankreich und Deutschland die Zerstörung sämtlicher europäischer Großstädte wert war ist sicher nicht so leicht zu beantworten, mal davon abgesehen dass ich Deine Einschätzung, die Europäische Einigung als logische Folge aus dem Zweiten Weltkrieg zu interpretieren, nicht teile.

Ich will die Handlungen der Alliierten nicht insgesamt verurteilen, zumal da uns ja allen klar ist, wer den Zweiten Weltkrieg begonnen hat. Dass sich die angegriffenen Staaten verteidigen, ist mehr oder weniger logisch. Der Eintritt der Alliierten in den Zweiten Weltkrieg erfolgte nicht aus "humanitären Gründen".

Die Frage muss also lauten, ob ein Angriffskrieg (denn ein "militärisches Eingreifen" im Sudan wäre ein solcher) zur Deeskalation sowie zur Stabilisierung beitragen kann oder nicht. Wie gesagt, mir ist kein Fall bekannt, wo ein Krieg zur Verbesserung der Lebensbedingungen geführt hätte. Ich halte um ehrlich zu sein schon die Idee, dass ein Krieg eine Verbesserung für die Menschen im Kriegsgebiet darstellen könnte, für ziemlich absurd.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: colourize am 13 September 2004, 18:31:47
Zitat von: "Der Uhu"
Nein, die wichtigste Frage lautet: Was tun? Da warten schließlich einige auf Hilfe. Also mach' mal einen Vorschlag!

Dein Vorschlag ist scheinbar draufschlagen...(?)
Halte ich für keinen so guten Vorschlag.

Allerdings bedeutet das nicht, dass ich einen besseren Vorschlag hätte. Um bei meinem Beispiel zu bleiben: Den kaputten PC aus dem Fenster zu schmeissen, bloß weil man nicht weiss wie man das verfickte Gerät wieder zum Laufen bringt, ist komplett kontraproduktiv.
Klar, das ist natürlich eine tabula-rasa-taktik... diese Maßnahme schafft natürlich Platz für einen neuen Computer auf dem Schreibtisch. Aber mal ehrlich... kann das ein gangbarer Weg sein?
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: phaylon am 13 September 2004, 18:43:59
Jetzt mal ein ganz unernster und fiktiver Lösungsansatz: Erst die zu Bebombenden fragen, ob sie denn »befreit« werden wollen?


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Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 18:49:35
Ich habe gar keinen Vorschlag gemacht. Ich habe nur gefragt "was tun?" Wüßte nur gerne in diesem Fall eine Lösung. Ich würde auch gerne eine friedliche Lösung wissen. Und es muß eine her und zwar schnell, denn die Leute sterben da unten und brauchen Hilfe. Also nochmal die Frage: Welche friedliche Lösung des Konflikts schlagt ihr vor, um den Leuten zu helfen?


Und ich wiederhole nochmal, daß die Politik danach das wichtige ist. Die Beseitigung der Regimes, ob friedlich oder militärisch, ist nur die Vorraussetzung, wenn man das selbige nicht umstimmen kann. Mehr nicht. Vorher läuft eben nichts an humanitärer Hilfe, wenn das Regime das nicht will (Und das ist im Sudan so). Eine Realität der man nun einmal nicht entkommen kann und der man sich stellen muss, wenn man sich mit sowas beschäftigt. Ghandi hat es nun mal geschafft, das Regime ohne Gewalt zu beseitigen, aber das ist von aussen nicht so einfach und wird nicht immer so hinhauen, die Umstände in Indien damals sind einfach andere als jetzt im Sudan.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: phaylon am 13 September 2004, 18:53:44
Noch eine Frage der Intention: /Warum/ muss man sich eigentlich einmischen?[1]


p

[1] Gegenangriffe natürlich ausgeschlossen.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 19:12:42
Berechtigte Frage: Nun ich würde sagen, aus dem selben Grund aus dem ich dir zur Hilfe käme, wenn dich jemand auf der Straße verprügeln würde. Und weil ich wollte, daß jemand mir zur Hilfe käme, wenn ich in der Situation wäre.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: phaylon am 13 September 2004, 19:17:34
Der Vergleich hinkt meiner Meinung nach ein wenig...


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Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Laetitia am 13 September 2004, 19:37:23
Och, passt aber, um vorherige Frage zu beantworten, warum sich einmischen...

Denn.... [arschlochmodus on]
....ich würde dir nur zu Hilfe kommen, wenn du mir zufällig sympathisch bist [/arschlochmodus aus]

Man mischt sich zumeist ein, wenn man ein eigenes Interesse an der Sache hat. Imho ist _das_ der Hauptpunkt.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: phaylon am 13 September 2004, 19:45:59
/Das/ ist natürlich klar. :)

Allerdings sind die Iraker nicht verprügelt worden, und Amerika ist nicht schlichtend dazwischengegangen.


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Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 19:50:32
Nein, die Iraker sind nicht verprügelt worden. Sie sind erschossen, zu Tode gequält, verbrannt, verstümmelt und erhängt und dann in Massengräbern verscharrt worden. Und zwar gleich mehere Millionen in den letzten Jahrzehnten. Verprügelt zu werden war wohl nicht das Problem der Iraker. Das stimmt wohl.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: colourize am 13 September 2004, 19:52:27
Zitat von: "Der Uhu"
Nein, die Iraker sind nicht verprügelt worden. Sie sind erschossen, zu Tode gequält, verbrannt, verstümmelt und erhängt und dann in Massengräbern verscharrt worden. Und zwar gleich mehere Millionen in den letzten Jahrzehnten. Verprügelt zu werden war wohl nicht das Problem der Iraker. Das stimmt wohl.

Joh, und genau das machen nun die Amis so weiter mit den Kriegsgefangenen. :)
Das wird bestimmt dazu führen, dass nach dem Abzug der US-Truppen der Irak zu einem Musterland in Sachen Menschenrechte im Nahen Osten wird.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: phaylon am 13 September 2004, 19:54:29
Man meditiere über das Wort 'Verhältnismässigkeit', oder 'Relation'.

Findest du dass:

A wird zusammengeschlagen, B schreitet ein.
A wird erschossen, zu Tode gequält, ..., B bombardiert grossflächig, egal wens trifft.

vergleichbar sind?


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Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Der Uhu am 13 September 2004, 20:50:30
@Phaylon: Du redest von Relationen. OK, alsooooo...laut National Geographic Magazin Juni 2004 Seite 114 hat die Gesellschaft zur Befreiung Gefangener geschätzt, daß in den letzten 20 Jahren im Irak fünf bis sieben Millionen Menschen verschwunden und somit wahrscheinlich getötet worden sind. Bei einer Gesamtbevölkerung von bloß 22 Millionen ist das ein ganz hübscher Prozentsatz, oder nicht? Um genau zu sein sind das 22 bis 31 Prozent der Bevölkerung, die hier abgeschlachtet worden sind. Im Falle von Deutschland hieße das, dass so ungefähr 25 Millionen Menschen tot wären. Ja, hier besteht Handlungsbedarf. Das hat dir UNO mit Sanktionen versucht, denen im Jahre 1994 weitere 400000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Ganz tolle Lösung. Und so schön friedlich.
Mit meinem Beispiel oben wollte ich nichts anderes sagen, als das jemand in Not ist und ich ihm helfe, weil ich wollte, daß er mir auch zur Hilfe käme, wenn ich in Not wäre. Das du mir dann mit dieser merkwürdigen Relationsrechnerei kommst konnte ich nicht ahnen.
Natürlich könnte man warten und die Sache auf sich beruhen lassen.  Sicher. Man wartet einfach, bis es zehn Millionen Opfer sind oder 15 Mill. oder 20 Mill.  Da ja Militärschläge was ganz schlimmes sind und ihr Denker ja offenbar keine andere Lösung wißt, muss man diese Leute wohl ihrer Regierung überlassen. Tja so sieht es aus.

@Colourize: Wenn man es falsch macht, ist das doch wohl etwas völlig anderes. Und die Gründe der Amis sind natürlich auch fragwürdig, aber wären sie es nicht und würden die Amis den Einsatz richtig durchführen und nicht alles versauen, läge der Fall wohl anders. Ich kann auch nichts dafür, dass Rumsfeld so ein Idiot ist.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: colourize am 13 September 2004, 21:08:27
Zitat von: "Der Uhu"
Da ja Militärschläge was ganz schlimmes sind und ihr Denker ja offenbar keine andere Lösung wißt, muss man diese Leute wohl ihrer Regierung überlassen. Tja so sieht es aus.

Mal abgesehen davon, dass hier wohl von uns niemand in der Position ist,  eine Entscheidung zu treffen auf die Irgendjemand mit politischer Verantwortung etwas geben würde: Warum so moralinsauer? Wenn ich davon überzeugt wäre, dass militärische Mittel zu einer Stabilisierung führen können, dann würde ich sie befürworten. Allein: mir fehlt in dieser Sache der Glaube. Und ein positives Beispiel fällt mir auch nicht ein.
Nur mit militärischen Mitteln draufhauen zu wollen, weil man keine Ahnung hat was man sonst tun soll halte ich für ziemlich bescheuert. Genau wie ich den Afghanistan- sowie den Irak-Einsatz für ziemlich bescheuert halte.
Mit Waffengewalt "Frieden" zu erzwingen - das klappt halt einfach nicht.

Zitat von: "Der Uhu"

@Colourize: Wenn man es falsch macht, ist das doch wohl etwas völlig anderes. Und die Gründe der Amis sind natürlich auch fragwürdig, aber wären sie es nicht und würden die Amis den Einsatz richtig durchführen und nicht alles versauen, läge der Fall wohl anders.

Du meinst also, dass man nur "richtig" Krieg führen müsste und die USA einfach keine Ahnung davon haben wie das "richtig" geht.. interessant.

Nee nee... Krieg hat seine eigene Logik. Und dazu kommen dann noch die unvorhersehbaren Folgen rationalen Handelns. Will sagen: Niemand im Pentagon konnte mit Sicherheit vorhersagen, was genau passieren würde nachdem man den Irak angreift. Und das liegt nicht an der Dummheit der Menschen im Pentagon, sondern daran, dass Kriege so genau nicht planbar sind. Was der Feind tut (d.h. wie die Angegriffenen reagieren) wird nämlich nicht im Pentagon entschieden.

Wenn man immer wüsste, was der Feind als nächstes tut, dann wären Kriege schneller zu Ende. Und Schachspiele wäre bedeutend langweiliger.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: phaylon am 13 September 2004, 21:46:44
Jetzt mal ganz provokant und als Arschloch (Unterstützen Sie Ihre lokale Kategorie!): 22 Millionen Menschen. 5 weniger pro Jahr. Dann ist das Problem in spätestens neunzig Jahren gelöst[1].


p

[1] Sofern sie vorher nicht selbst draufkommen, dass da wohl ein Haken dran sein könnte.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Speed Queen am 13 September 2004, 21:59:29
Hm, nur ein paar kurze Gedanken:

Zitat von: "colourize"
Mit Waffengewalt "Frieden" zu erzwingen - das klappt halt einfach nicht.


Sehe ich genauso. Gewalt mit Gewalt aus der Welt schaffen funktioniert nicht.

Außerdem: Krieg ERZEUGT auch eine Menge Leid. Das sollte man niemals vergessen... Der Preis für die "Befreiung" einer Nation scheint mir manchmal extrem hoch...

Natürlich muß vielen Menschen geholfen werden, aber ich glaube immer noch daran, dass Gewalt keine Lösung sein kann. Ich geb ja offen zu, dass ich auch keine Lösung weiß. Wenn das so einfach wäre, gäbe es sicher auch schon andere Mittel und Wege, solche Konflikte zu beenden. Aber nur, weil ich bisher noch keinen Lösungsansatz habe, muß das nicht heißen, dass ich automatisch für Krieg bin bzw. sein muß.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: DarkAmbient am 14 September 2004, 03:34:42
Zitat von: "Der Uhu"
Mit meinem Beispiel oben wollte ich nichts anderes sagen, als das jemand in Not ist und ich ihm helfe, weil ich wollte, daß er mir auch zur Hilfe käme, wenn ich in Not wäre.


das treffendere beispiel wäre, dass du schwer bewaffnet in ein unübersichtliches handgemenge rollst, in dem sich viele unbeteiligten aufhalten (die du eigentlich beschützen willst). die im kampf aktiven werden das vielleicht nicht wirklich zu schätzen wissen. der somalia effekt.

Zitat
Da ja Militärschläge was ganz schlimmes sind und ihr Denker ja offenbar keine andere Lösung wißt, muss man diese Leute wohl ihrer Regierung überlassen. Tja so sieht es aus.


hm, uhu, soll ich daraus schließen, dass du nicht nachdenkst, bevor du das mittel gewalt in erwägung ziehst?

die alternative zum nachdenken ist eine verheerende außenpolitik a la usa, möglichst zu wahlkampfzwecken. davor schütze uns der un-sicherheitsrat!

ich gehe davon aus, dass eine nicht unbeträchtliche zahl an diplomaten, sicherheitsexperten, friedensforschern etc. seit langem an dem problem sitzen. aber das problem ist eben überkomplex. die situation nach dem ende der kolonialzeit hat widersprüche hinterlassen, die sich nicht über nacht lösen lassen:
- religion (christliche vs. islamische)
- kultur (sesshafte vs. nomadische)
- unübersichtlichkeit der kampfparteien (inländische und ausländische milizen/rebellen und 'reguläre' armee)
- ökonomische interessen (rohstoffe)
- ...

unter diesen umständen eine einfache laien-antwort auf die frage 'was tun?' geben zu wollen, wäre anmaßend.

höchstens solche indirekt helfenden aktionen bzw. ersatzhandlungen wie spenden an hilfsorganisationen oder briefe an regierungen, die ihre un-Beiträge nicht oder nicht rechtzeitig bezahlen, fielen mir ein. aber das sind dinge, auf die jede/r selbst kommen kann ohne groß die frage in den raum zu stellen.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: Pegasus am 26 Oktober 2004, 21:00:08
Wenn sich die so genannten "zivilisierten Staaten" nicht ständig eine goldene Nase damit verdienen wollten, das irgendwo in der Welt ein Konflikt dringend mit Waffen versorgt werden muss, hätten wir diese Probleme gar nicht.
Aber das so etwas aus "humanitären Erwägungen" abgeschafft wird, ist wohl nicht realistisch.

Noch abgebrühter ist es allerdings, seine Soldaten in ein Land einmarschieren zu lassen,, das man zuvor mit Waffen versorgt hat.
Nicht nur das man vorher gar kein Problem damit hatte das Geld für diese Waffen anzunehmen (wohlwissend das sie niemand zu Pflugscharen umrüstet) nein, jetzt werden auch noch junge Menschen des eigenen Landes, mit Waffen aus eigener Herstellung ermordet. So was können sich auch nur Menschen ausdenken.

Was auch ein interessanter Punkt ist. Sollte man überhaupt eingreifen? Man nehme z.B. den Nordirland Konflikt. Wenn die Engländer damals nicht als "Schutzmacht für die Kronentreuen Protestanten" aufgetreten wären, hätte es wahrscheinlich mächtig gescheppert und viele tote gegeben, aber anschließend, hätte eine Seite gewonnen (vermutl. die katholische (auch wenn ich die Religion nicht mag...)) und dann wäre da unten Ruhe gewesen.

Und was haben die Engländer durch ihr eingreifen dort erreicht? Einen Konflikt zu schaffen, der bis in unsere Zeit anhält und wohl zwischenzeitlich mind. genau so viele Opfer gefordert hat, wie eine damalige "Entscheidungsschlacht", plus hunderte von jungen englischen Wehrdienstleistenden.

Und das ehem. Jugoslawien befriedet? Wohl kaum ich würde meinen Ar... darauf verwetten, sobald die Blauhelme aus der Region abgezogen sind, sich die unterschiedlichen Volksgruppen wieder die Schädel einschlagen, zumindest dort wo keine klaren ethnischen Grenzen gezogen wurden (z.B. Bosnien).

Es ist traurig aber wahr (aus meiner Sicht), offensichtlich muss die Menschheit erstmal die Grauen eines Krieges in vollem Umfang "auskosten" bevor sie sich darauf besinnt, wie schön das Leben doch sein kann. Und auch wenn es sich hart anhört, vielleicht muss man manche Völker ihre Auseinandersetzungen einfach führen lassen, damit sie sich richtig blutige Nasen holen und vorerst mal genug davon haben.

Eins vorweg, ich war gegen einen 2. Golfkrieg, aaaber wenn ich mich schon entscheide, als Großmacht (was die USA wohl nach wie vor sind...) eine Region zu befrieden, dann tut man das mit eiserner Faust und nicht mit diesem pille palle Manöver, das die Amis da unten abziehen.

Was haben die Amis von ihren "Präzisionsschlägen" (die ja in wirklichkeit eh nicht sooo präzise waren) gehabt? Was hat es ihnen genützt, hunderte (meistens unbemannter) irakischer Panzer in der Wüste abzuschießen, eine Luftabwehrstellung nach der anderen "präzise" auszuschalten?

Das jetzt tausende junge Männer im "waffenfähigen Alter" gelangweilt zu Hause rumsitzen und sich denken, komm wir spielen mal ein bisschen Krieg gegen die Besatzer.

Prima! Und wieder beißen hunderte (wenn nicht bald tausende) junger Männer und Frauen ins Gras, weil man ihnen ins Gehirn gehämmert hat, sie verteidigen im Irak ihre Heimat (solche Äußerungen hatten wir in unserer Geschichte doch auch schon mal...). Den einen Tag sitzen sie nett beim Tee mit den Irakern zusammen und am nächsten Tag lauert man ihnen auf und schießt sie zusammen. Ich kann mir nicht vorstellen, das einer von den Amis das Gefühl hat, er hätte den Irakern was gutes getan.

Und nun mal ganz provokativ, ist irgend jemand der Meinung, das sich im Irak immer noch solch ein Widerstand regen würde, wenn es dort aussehen würde wie in Deutschland nach dem 2.WK? Wenn alle Großstädte in Schutt und Asche und Leichen in Massen auf den Straßen liegen würden. Ich denke nicht, dann wüssten die Leute dort, wie schön Leben sein kann.

Ich bin der festen Überzeugung (traurig genug, mir wäre es lieber wenn es nicht so wäre), das manche Menschen nur durch solche Maßnahmen "von ihrem Glück" zu überzeugen sind.

Und im Sudan ist die Situation auch nicht gerade übersichtlich, wer von "uns" möchte schon entscheiden wer die guten und wer die bösen sind. Natürlich sehen wir die Bilder im Fernsehen, wenn Flüchtlingsfamilien mit ihren wenigen Habseligkeiten auf den nackten Boden hocken, aber die Bilder haben wir auch in Somalia gesehen und dort waren die Familien die man sah, mal Tutsis und mal Hutus (sorry falls ich das nicht richtig geschrieben haben sollte) und wer will nun entscheiden, wer die böseren von beiden Volksgruppen waren? Zuerst haben die einen die anderen massakriert und anschließend umgekehrt, wie können "wir" uns da ein Urteil erlauben, wer mehr Strafe auf sich geladen hat?

Lange Rede kurzer Sinn. Entweder man hält sich raus und lässt die selbst ihre Erfahrungen machen (seien sie auch noch so schrecklich), oder aber man mischt sich ein und dann richtig. Aber dann auch keine gelaber mehr sondern drauf und die Ziele durchsetzen.
Titel: Pazifismus oder Drei-Affen-Taktik?
Beitrag von: DarkAmbient am 27 Oktober 2004, 20:18:15
Zitat von: "Pegasus"
Lange Rede kurzer Sinn. Entweder man hält sich raus und lässt die selbst ihre Erfahrungen machen (seien sie auch noch so schrecklich), oder aber man mischt sich ein und dann richtig. Aber dann auch keine gelaber mehr sondern drauf und die Ziele durchsetzen.


Aber man ist längst drin. Und wieder einmal geht es um Öl.

Mit der Faust auf den Tisch hauen ist wenig hilfreich, obwohl ich das aus dem Bauch her nachvollziehen kann.

Sogar von Clausewitz (Zit. "Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.") hatte eine differenzierte Sicht drauf. Der unterscheidet zwischen Mitteln, Ziel und Zweck. Bevor man also das Ziel festlegt sollte man sich darüber klar sein, was man damit bezweckt. Beispiel: Die UN marschieren (natürlich unter USA-Oberkommando) im Sudan ein, nachdem ein paar neue Waffen getestet werden konnten und fegen die offizielle Regierung wegen Unterstützung der völkermordenden islamischen Terroristen beiseite. Soweit kein Problem. Ziel vernichtet. Aber was war der Zweck von alledem? Kaum humanitäre, würd ich sagen, wenn man ein Land vollends ins Chaos stürzt, eher religiös/ökonomische.

Die Frage nach den Zwecken ist mit der Frage nach den Interessen verwandt. Wer die Macht hat, ein Land zu besetzen, fragt leider nicht dannach, wie dem Zweck des friedlichen Miteinanders und der linderung menschlicher Not begegnet werden kann, sondern wie man diese als Motiv verwenden kann, um seine Interessen zu legitimieren.