Schwarzes Hamburg
Schwarzes Hamburg => Archiv => Kunst & Kultur -Archiv- => Thema gestartet von: Pegasus am 11 September 2004, 12:23:37
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Hey Leute,
weiss irgendjemand von Euch den geschichtlichen Hintergrund dafür warum es in der "Norddeutschen Tiefebene" so wenig Burgen / Burgruinen gibt? Im Süddeutschen Raum, fällt man förmlich von einer Burg(ruine) in die nächste und hier oben ist alles platt, woher kommt das? wurden die alle geschliffen? Gebt mal laut, wenn ihr die hintergründe kennt.
Gruß, Pegasus
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Gut, es wird berufenere Leute als mich geben die diese Frage kompetent beantworten können (Geschichtsstudierte, etc.), aber wenn ich mich recht entsinne, dann bestand das heutige Deutschland aus einem Flickenteppich von Staaten. Preußen im Norden war schon immer ein großes zusammenhängendes Stück, während es im Süden unzählige Grafschaften gab. Tja, und da jeder Statthalter seines Landes auch seine eigene Burg besitzen wollte, gibt es dort so viele davon... zumindest ist das meine Vermutung dafür...
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Moin Pegasus,
Messie hat Recht. Hinzu kommt noch, dass die Adelsstrukturen im Süden ausgeprägter waren. Im NOrden dominierten Hanse, Stadtkultur und Bauerngesellschaften. Adel gab es auch - siehe Ostholstein, aber er spielte nicht die Rolle. dafür erstarkte das Bürgertum schneller. Burgen gab es durchaus mal - z. b. Deutschordensburgen, aber bedingt durch die landschaftlichen Besonderheiten (norddeutsche Tiefebene) waren die halt auch eher kaputt *g* als im Süden, wo die Lage auf Hügeln und Bergen den ERhalt eher begünstigte. Kleine Burgen einzelner Ritter o.ä. wären einfach überrannt worden.
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Kleine Burgen einzelner Ritter o.ä. wären einfach überrannt worden.
Oder wurden einfach überrannt, so wie einige 'Burgruinen' in meiner Nähe beweisen ('Ruinen' ist eigentlich noch untertrieben - mehr als erahnbare Überreste von Ummäuerungen gibs da nicht)
Während (zumindest in Mecklenburg) noch komplett erhaltene Schlösser (was man so nennt) wie diese in Schwerin, Klütz, Dassow und so weiter dem Tourismus zum Opfer fielen - sie wurden in Museen oder Hotels gewandelt.
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@Lucas de Vil: Vorsicht, die von Dir genannten Schlösser sind viel jünger und entstanden zu einer Zeit, als Burgen durch die Weiterentwickung von Waffen generell obsolet geworden waren.
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Schon wieder :roll:
Egal.
Ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die vereinzelt aufzufindenden Burgruinen nicht wirklich als Ruinen betrachtet werden können, da sich ihr ehemaliger Standpunkt nur noch erahnen läßt.
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Tjaaa... da kommen viele Gründe zusammen.
Zum ersten die schon erwähnte Kleinstaaterei im Süden Deutschlands, die befestigte Wehranlagen dort um einiges bedeutsamer machte als im Norden - schließlich saß der "Feind" direkt nebenan. Der "flächigere" Norden hingegen war - wie Jinx schon erwähnte - in der Hand des Deutschen Ordens.
Hier der nächste Punkt: Die Landnahme im Norden erfolgte um einige Jahrhunderte später als im Süden - es gibt im Norden also weniger Burgen und befestigte Wehranlagen, weil eine gewisse "Entwicklungsverzögerung" gegenüber dem Süden festzustellen ist. Der Deutsche Orden tritt erst seit dem 12. Jahrhundert in Erscheinung. Seine Funktion war der militärische Schutz der Kreuzfahrer, und so wurden die Burgen des Deutschen Ordens regelmäßig im Abstand von ca. 40 km angelegt (Tagesmarsch) - immer in der Nähe eines Flusses (Wasserversorgung). Allerdings waren die Burgen des Ordens aufgrund schlechterer Exposition (es gibt einfach kaum Sporne in Norddeutschland) prinzipiell leichter zu zerstören.
Hinzu kam ein weiterer Punkt, das dafür verantwortlich ist, dass es heute im Norden weniger Burgen gibt als im Süden Deutschlands: Norddeutschland ist recht arm an Naturstein, und wie wir vom Spielen am Strand wissen, halten Sandburgen nicht so wirklich lange. Zumeist wurde nur das Fundament der Burg aus Stein errichtet, währen darauf gebrannte Ziegel, oder im schlechteren Fall Holzaufbauten zu finden waren. Im letzteren Fall ist mehr oder weniger logisch, dass wir von den Wehranlagen heute nichts mehr finden.
Trotzdem gibts auch im Norden Burgen - wenngleich weniger als in Baden-Württemberg oder Bayern. Übersicht hier (http://www.burgenwelt.de/deutschland.htm).
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...und wenn es hier mal Burgen gab, so konnte man deren Reste einfacher abtransportieren, als im Süden.
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...und wenn es hier mal Burgen gab, so konnte man deren Reste einfacher abtransportieren, als im Süden.
Ja, stimmt. Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert dienten verlassene und/oder zerstörte Burgen als billiger Steinbruch. Vor allem natürlich im Flachland.
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1) Burgen wurden an strategisch wichtigen Stellen in Bergregionen platziert (u.a. zwecks der Kontrolle des Warenverkehrs ---> Zollabgaben)
Im nördlichen Flachland konnte man solchen Burgen viel einfacher ausweichen.
2) Die Größe einer Provinz hing von der Erreichbarkeit ihrer Peripherie ab (Norbert Elias: Prozess der Zivilisation I + II). Im Flachland liessen sich größere Flächen deutlich einfacher beherrschen als in bergigen Regionen.
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Hallo Ihr,
übrigens vielen Dank für Eure Antworten, den einen oder anderen Gedanken hatte ich mir dazu auch schon gemacht. Nun habe ich die eine oder andere Bestätigung und auch ein Paar neue Denkansöße. Danke dafür :wink:
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Neulich habe ich auf einer meiner Moped-Touren durch`s Hamburger Umland einen coolen Turm gesehen, und zwar kurz vor Aumühle. Habe also den Bock gewendet und das Türmchen inspiziert:
Hohes Gras, aber keine Inschrift, keine Tafel, nichts.
Nach`m googlen fand ich dann diesen Link:
http://www.bismarcktuerme.de/website/ebene4/schlh/friedri.html
Keine Burg, aber auf jeden Fall cool. 8)
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Vom Rohstoffmangel (Stein) mal abgesehen, kostet so eine Burg den Herren Adligen, der sie errichten läßt ja auch eine gute Stange Kleingeld.
Dazu müßte man ja jede Menge Steuern einnehmen.
Das ist nur leider nicht so einfach, wenn die Bauern in der Umgebung fast alle keine Leibeigenen sind, sondern eben freie Bauern.
Die Friesen z.B. sollten diverse Male von Rittern unterworfen werden, so daß sie eben keine freien Bauern mehr sind.
Die Teilnehmer dieser Versuche haben es im allgemeinen nicht überlebt.
Grüße
Lars
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Außerdem gab's da in einer der wichtigsten Epochen des Burgbau's in Norddeutschland die Hanse.
Welche zumeist aus freien Städten bestand, mit einer Abneigung gegen noch mehr Adelige befestigte Zollstationen und ähnliche Einmischungen.
Hamburg und Lüneburg haben z.B. in Ahrensburg die Burganlage mal Flach gemacht wenn ich mich recht entsinne. :)
Thema Bauern:
Die Dithmarscher Bauern z.B. haben mal ein größeres Landsknecht Aufgebot besiegt.