Schwarzes Hamburg

Schwarzes Hamburg => Archiv => Politik & Gesellschaft -Archiv- => Thema gestartet von: Candide am 24 August 2004, 10:13:15

Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Candide am 24 August 2004, 10:13:15
Sagt mal, wie steht ihr eigentlich zu Heppner's "Wir sind wir"?

Ich muss vorweg gestehen, das ich das heppnersche Geheule nie mochte, Wolfsheim aber unabhängig von meinem Geschmack durchaus Respekt zolle. Diesen Titel, insbesondere das Video, finde ich aber doch arg merkwürdig.

Das Video kommt daher wie eine Persil-gewaschene Version einer Guido Knopp Doku - Deutschland als armes Opferland, das besiegt wurde, und sich jetzt Phoenix-artig wieder erhebt. Wirtschaftswundernostalgie als neuer Stolz auf's Vaterland, die armen Deutschen, die ganz unschuldig besiegt wurden, und es spätestens in Bern der bösen Welt gezeigt haben - kann so man machen...

Ich will hier Heppner und van Dyk auf keinen Fall mit der Nazi-Keule drohen, ich bin mir sicher, das die beiden es nicht so gemeint haben, aber ich bin doch der Ansicht, das man als Künstler auch Veranwortung für das trägt, was man absondert, und sich gerade bei solchen Themen gut überlegen sollte, ob man nicht vielleicht lieber einen Gang zurückschaltet...
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Jinx am 24 August 2004, 10:23:44
@Candide: ich denke, es ist für uns Konsumenten manchmal schwierig, zwischen Naivität, Provokation, Dreistigkeit oder Merkbefreiung zu unterscheiden. Ich stehe dieser Sichtweise generell eher distanziert gegenüber, da meine eine ganz andere ist, die sich eher auf einer Linie mit Deiner befinden dürfte.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Candide am 24 August 2004, 10:27:25
Zitat von: "Jinx"
@Candide: ich denke, es ist für uns Konsumenten manchmal schwierig, zwischen Naivität, Provokation, Dreistigkeit oder Merkbefreiung zu unterscheiden. Ich stehe dieser Sichtweise generell eher distanziert gegenüber, da meine eine ganz andere ist, die sich eher auf einer Linie mit Deiner befinden dürfte.


Frage ist... in wie weit darf ein Künstler "tun was er will", wenn er mit seiner Kunst an die Öffentlichkeit geht, und in wie weit muss sich zumindest ein Pop(ulärer)-Künstler wie Heppner darüber bewußt sein, das er mit seinem Einfluss auch Verantwortung übernimmt und sich daher besser zweimal überlegen sollte, ob und wie er sich zu politisch gefärbten Äußerungen hinreissen läßt.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Bombe am 24 August 2004, 10:28:04
Da ich die Neigung habe, gewisse Dinge einfach los gelöst von anderen zu betrachten, sag ich dazu einfach mal nur: Ich mag den Song. (Und das Video kenn ich überhaupt nicht.)
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Jinx am 24 August 2004, 11:05:42
Ich denke, im Rahmen der Freiheit, die Kunst berechtigterweise genießt (abgesehen von Gesetzesverstößen) ist das o.k. Nur sollte dann auch das märtyrerhafte Gebaren mancher Künstler unterbleiben, wenn Beschwerden eintrudeln und es zu Mißverständnissen kommt. Es sind erwachsene Menschen, die wissen müssen, was sie tun und auch mit den Konsequenzen zu leben haben. :)
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: kb am 24 August 2004, 11:14:50
Obligatorischer Link zu dem Thema:

http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,314452,00.html

(ich hab bei dem Wort "Teetassenhaftigkeit" aufgehört zu lesen... mannmann, wenn DAS die linken Intellektuellen sind, dann wundert mich es nicht, wenn unser Land demnext von rechts überrollt werden sollte. Alles, was dagegengesetzt wird, sind ja entweder abgestandene Parolen oder autistische Hirngespinste abgedrehter Schöngeyster. Kann denn links keiner sinnvolle Worte mehr?)

Anyway, zum Thema:
Ich seh den Song von der Aussage ein wenig anders - meiner Meinung nach ist die Quintessenz des Textes "Hört auf zu heulen und macht endlich mal was" ... wobei sich definitiv die Frage stellt, ob Heppner-Geheule für diese Aussage das richtige Transportmedium ist, aber egall ;)

Es geht nicht mal darum, dass Deutschland das arme unschuldige Opfer ist. Unschuldig auf gar keinen Fall (sorry, dass man über diese Zeit "berichtet", ohne hundertmal zu erwähnen, wie schlecht wir damals doch waren und wie verdient wir das haben, halte ich nicht für Geschchtsverdrehung), und Opfer höchstens von uns selbst und unserer eigenen Lethargie, nichts gegen die Nationalsozialisten unternommen zu haben.

Worum es in dem Stück IMHO geht, sind zwei einfache Fakten:
a) das deutsche Volk hat nach dem Krieg bis hin zur Einheit in unangenehm kurzer Zeit sehr großes vollbracht und ein völlig zerstörtes Land wieder zu einer blühenden Nation aufgebaut.
b) die Leute, die das damals waren, sind jetzt alt und fett und die Jugend sinn- und zuelentleert und letztendlich sind alle nur am jammern und keiner tut was dagegen, dass .de wirtschaftlich und sozial vor die Hunde geht.

Wobei mich dieses politische Klima inzwischen wirklich erschreckt. Das Naziregime ist jetzt 50 Jahre her, und noch immer wird einem nicht erlaubt, auch nur irgendetwas positives an diesem Land zu finden. Deutschland empfängt seit zig Jahren mit offenen Armen jegliche andere Kultur und gibt sich damit auch völlig ungeschützt dem Kulturimperialismus von Länder wie  den USA oder neuerdings Japan preis - aber sobald Musiker versuchen, ein  wenig nach einer nationalen Identität zu forschen (ich rede hier nicht einmal von Stolz, nur von irgendetwas, das diese Nation besser auszeichnet als Lederhosen), wird sofort draufgehauen und ja, mit der Nazi-Keule geschwungen. Björn, ob man mit dieser Keule vor sich rumfuchtelt oder sie in der Hand hinterm Rücken aber immer noch deutlich sichtbar hält, ist ganz schön egal, oder?

Ihr könnt mich gerne für naiv oder für rechts halten, aber ich finde an "Wir sind wir" wenig problematisches. Da draußen rennt eine ganze Jugend auf der Suche nach einem Sinn herum, und da ist es wesentlich besser, wenn sie auf einen heulenden Heppner treffen, als auf einen wirklichen rechten Demagogen. Die Linke scheint auf jeden Fall erst einmal weitgehend ausgedient zu haben, weil niemand mehr das ständige Dagegen-Genöle hören will - nicht ohne Alternativen vorzuschlagen.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Candide am 24 August 2004, 11:16:49
@kb: Interessante Interpretation des Songs, so habe ich das nie gesehen. Stellt sich aber in der Tat die Frage, ob ausgerechnet Heppner der richtige für so eine Message ist, aber ich glaube da bin ich "biased", weil ich ihn und Wolfsheim schon immer grottig fand (nicht ihn als Person, seine Musik).
Titel: Re: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Gleipnir am 24 August 2004, 14:22:00
also ich kennen das video leider nicht, aber denke auch nicht das heppner da irgendeine radikale msg. rüberbringen will.

ich muss auch sagen- selbst wenn das ganze bewusst rechte tendenzen haben sollte, würd ich es nicht schlimmer finden als die andere seite. das heisst mit irgendeiner form von berichterstattung mal wieder das schuldbewusstsein zu schüren. vielleicht will heppner darstellen das nicht alles was "made in germany" ist auch schlecht ist.

ich denke das die meisten europäischen lander mehr rechtes potenzial haben als deutschland und das hier keine größere gefahr besteht als in irgendeinem anderen land. almödi a.h. hätte wahrscheinlich in jedem land mit den gleichen problemen fuss gefasst und sein ding durchgezogen.
daher verstehe ich auch immer noch so ganz warum gleich alles entsetzt dreinblickt wenn sich irgendein künster mal das thema "deutschland" vornimmt.

deutschland hatten nun mal dieses sog. wirtschaftswunder, bern und konnte sich recht schnell, recht gut wieder in die sog. weltengemeinschaft integrieren.

vielleicht hat heppner auch den ehrgeiz dem deutschen irgendeine form von identität zu geben.

aber über kunst kann man spekulieren wie man will- da hat wohl jeder, besonders der künster ne eigene auffassung. daher find ich  es immer sehr gefährlich hier seine bewertete meinung zu propagandieren. ich hatte irgendwie nicht den ehrgeiz mit den spiegelbericht durchzulesen, aber ich könnte mir vorstellen das genau das in ihm geschehen ist, oder ?

gleipnir
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Oswald am 24 August 2004, 18:39:15
Also mir kam es gar nicht in dem Sinn dem Video/Lied irgendetwas rechtes zu entnehmen.

Ich hatte das ganzer eher so interpretiert das die Menschen angesprochen werden und nicht das Land. Ich hatte es so verstanden das das Volk eine schwere Zeit hinter sich hatte. Dem kann ich nachdem was ich in meinem Politikunterricht gelernt habe eigentlich nicht groß wiedersprechen. Ich finde den Menschen die in Deutschland leben wurde viel Unrecht getan, aber dieses Unrecht kam weniger von anderen Ländern eher aus ihrem eigenen Land.
Mit dem Lied soll vielleicht Mut gemacht werden, dafür das wir darauf hoffen können das uns in Zukunft bessere Zeiten erwarten können in denen wir nicht von unserer eigenen Regierung ausgenutzt, manipuliert und betrogen werden. Auch dafür das wir als Volk zusammen halten und uns gegen Ungerechtigkeit wehren und nicht mehr als Mitläufer die Lügen stützen. Heppner wirkt auf mich nachdenklich und melancholisch, so klingt das ganze für mich auch wie eine Träumerei: Ob jemals die Zeit kommen wird wo wir uns nicht mehr wehren brauchen weil keiner mehr versuchen will uns auszunutzen?

....kann aber auch sein das ich das ganze falsch aufgefasst habe.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 24 August 2004, 23:29:32
Sowohl Text als auch Video haben für mich nichts politisch Unkorrektes. Nur weil teilweise historisches Material verarbeitet worden ist, heißt das ja noch nichts. Von der Aussage wohl eher, dass man über die Identität als Deutscher nachdenken sollte. Das kann wohl kaum schaden.

Achja, für diejenigen, die das Video nicht kennen, aber den Realplayer installiert haben:

>> hier klicken ! nekcilk reih << (http://artists.universal-music.de/_real/paulvandyk/v/dykheppner_wirsindwir.ram)

ein Nachtmensch...

/edit: selbst als Wolfsheim-Fan finde ich die Tatsache, dass am Ende des Songs das ganze noch mal nen Ganzton höher widerholt wird allerübelstes Schlagerniveau... :-/
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: SuperTorus am 25 August 2004, 00:50:01
So. Jetzt hab ich's auch mal gesehen und kann mal meinen Senf zum Thema abgeben.


Nein, Mir ist schon klar in welche Richtung das Video/der Song gehen sollte.

Zum Einen währe das die Problematik der nicht existenten deutschen Identität. Durchaus ein Thema, was man mal aufgreifen kann. Das Wunder von Bern und die Wirtschaftswunderzeit als Stilmittel zu benutzen - warum nicht. Das ist durchaus redlich.

Zum Anderen wird auch die Aufbruchszeit der 50'er und 60'er Jahre herraufbeschworen. Politisch Inkorrekt? Nein. Kann man durchaus machen. Imho ist es eine Gute Idee einiges dieser Zeit mal wieder zu Thematisieren. Wir sind ja nicht nur Weltspitze beim Export, sondern auch Weltmeister im Sich-Selber-Schlechtreden und Meckern. Ein kleines bischen Aufbruchsstimmung würd diesem Land mal ganz gut tun.

Aber da kommen wir zu dem Problem des Songs: Den Heppner-Texten.

Die sind so wie Heppner-Texte immer sind: Schwammig und in Ihrer Aussage subtil. (Ja - ich weis... Heppner Texte sind ganz toll und tief und philosophisch und so weiter, und ich sollte besser mein Lästermaul halten). Punkt ist aber das ich in die Texte hinneininterpretieren kann was ich will. Mag sein das man als langjähriger Wolfsheim Fan das anders sieht - ich jedoch habe um diese Musik immer einen Bogen gemacht.


Die Form ist zu subtil für Themen, die auf der Grenze zwischen Identitäts-Problematik und National-Stolz stehen. Das die FAS das sehr kritisch sieht wird wohl daran liegen, das sie einfach keine Heppner-Fans sondern eben kritische Journalisten sind. Im übrigen find ich den Artikel gar nicht mal so schlecht. 'n bischen übereiffrig, aber sonst ok.

Heppner war schlecht beraten den Text und die Refrains nicht zu überarbeiten. Vermutlich hat er niemand außenstehenden gefragt sondern nur Menschen, die seine Musik und seine Art zu Texten bereits kennen.  Für diesen Song war das unklug.


Und btw, irre ich mich, oder ist das tatsächlich der Reichstag am Anfang des Videos - mir drängt sich da der Verdacht auf jemand legt es auf Teufel komm raus darauf an den Song in die Medien zu bekommen.

Gruß,
  ST
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 25 August 2004, 01:10:43
Schwammig trifft leider in der Tat auf die Texte zu. Dass man daraus immer philosophisch ableiten muss, nunja, ich würde es nicht tun. Bei Songtexten schon gar nicht, wirklich Gutes in der Hinsicht hab ich leider noch nicht gesehen, wobei ich mich zugegebenerweise meist nicht besonders mit den Texten beschäftige. Das allgemein vorherrschende Boy-meets-girl oder was-sind-wir-wieder-alle-traurig - Geseier muss ich nicht auch noch aktiv denkend übersetzen, Musiker sind in der Regel nun mal keine Philosophen. Solange es emotional oder halt irgendwie wild rüberkommt, reicht mir das für nen Sänger eigentlich.. ,)

ein Nachtmensch.

Achja, ja. Ist der Reichstag. Provokativ? naja... weiß nicht.. vielleicht schon ein wenig...
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: SuperTorus am 25 August 2004, 01:20:27
achja. Wen das Thema noch interessiert - ich hab hier einen interessanten Link gefunden, der sich kritisch mit dem Spiegel-Artikel auseinandersetzt.

Durchaus lesenwert.


http://www.shesaiddestroy.org/archives/2004/08/23/deutsche-momente-oder-wenn-popmusik-angst-macht
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: kb am 25 August 2004, 01:28:54
... und noch 'n Link, allerdings sehr, sehr ärmlich vom Spiegelartikel abgeschreiben und wie immer 10x schwammiger als Heppner es jemals hinbekommen könnte:

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/musik/18185/1.html
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: colourize am 25 August 2004, 01:40:15
Ich persönlich finde Song und Video in Sachen "Nationalstolz" oder "Patriotismus" wenig problematisch und interpretiere den Text ähnlich wie kb als Aufbruchsermunterung für eine lethargische, sich selbst bemitleidende Gesellschaft. Was die öffnetliche Reaktion auf den Song betrifft, schließe mich aber in der Bewertung SuperTorus an: Wer Wolfsheim nicht kennt, kriegt das mit schnell in den falschen Hals - zumindest wenn man eine etwas überdurchnittliche Political Correctness an den Tag legt.

Aber auch bei der Interpretation des Textes in meinem persönlichen Sinne ("Aufbruchsermunterung für eine lethargische, sich selbst bemitleidende Gesellschaft") ist mir persönlich etwas unwohl. Weniger wegen der Kiste mit der "Nationalen Identitätsfindung", sondern eher weil die Phase des Wiederaufbaus in den 50er und 60er Jahren als ersterbenswerte Zeit dargestellt wird. "So eine Stimmung wie in den 50ern brauchen wir wieder in diesem Land" sagt der Song aus - und kommt damit der "Ruck-Rede" des ehemaligen Bundespräsidenten Herzog ziemlich nahe.

Schon die Ruck-Rede fand ich reaktionär. Auf den Heppner/van Dyk Song trifft diese Diagnose ebenfalls zu. In wertkonservativer Manier wird die spießige Nachkriegsgesellschaft der brd glorifiziert... eine Epoche, die durch strikte  Rollenmuster, geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, Familienideal mit Röhrendem Hirsch und Sonntagsbraten, individuelle Unfreiheit und ein enges Korsett aus kleinbürgerlichen Normen gekennzeichnet ist.

Von diesem Zeitgeist will ich nichts "wiederhaben", in einer solche Gesellschaft will ich nicht leben. Ich finde an den 50ern und 60ern nichts erstrebenswertes... und ich finde es verdammt gut, dass ich heute lebe und nicht 40 Jahre früher geboren bin.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: kb am 25 August 2004, 01:47:54
... und wieder einmal zeigt sich dieser unangenehme Grund, warum "Leidenschaft" mit "Leiden" anfängt.
Titel: ...
Beitrag von: Dalai_Wese am 25 August 2004, 08:54:10
Zugegeben, ein Thema zu dem es sich was zu schreiben lohnt. Ich muss Tammo beipflichten, man darf wirklich nichts mehr richtig schönes über das Land sagen, in dem wir leben. Deutschland, das Land des Tätervolks. Juhuuuu! Wir sind alle schuldig und haben auf Knien rumzuheulen. Sowohl der Spiegelartikel als auch der bei Heise sind so jämmerlich, dass einem die Worte fehlen. Ich für meinen Teil bin UNSCHULDIG und genauso fühle ich mich auch. Ich schaue mir oft genug mal was im TV über die Nazis an, lese Bücher darüber und kann eigentlich nicht behaupten mich nicht eingehend damit beschäftigt zu haben. Zu der Jugend: Die sind wie Tammo schon sagte, völlig sinnentleert, sollen aber noch brav rumjammern, wie scheiße doch Deutschland ist und dass sie sich schämen Mitglied des Tätervolks zu sein. Mit dem gleichen Argument dürften wir kein Wort mehr mit den Irakis reden. Warum haben sie sich nicht gegen Saddam gewehrt und dem Völkermord an den Kurden tatenlos zugesehen? Tätervolk! Oder die Chinesen? Millionen Tibeter und andere Minderheiten auf dem Gewissen, Tätervolk! Die Russen sahen millionenfachem Völkermord an verschiedensten Volksgruppen tatenlos zu ohne sich gegen Stalin und Co. zu wehren, also Tätervolk. Die Türken (damals unter dem osmanischen Reich) haben im 1.WK einen schlimmen Völkermord an den Armeniern begangen. Davon weiß heute hier übrigens kaum einer! Egal, trotzdem Tätervolk (oh Gott nein und sowas will in die EU). Das kann man beliebig erweitern.
Im Internet würde man sowas als Spam bezeichnen und genauso betrachte ich es auch. Wir werden hier zugemüllt von irgendwelchen dummen Presseartikeln, von Politikerreden. Man kann doch hier jede Woche beliebig oft die Jammerleier hören oder sehen. Uns werden riesige Mahnmale hingeklotzt für was weiß ich wieviel Geld. Und dazu sage ich auch nur Doppelmoral! Denn ein Zentrum gegen Vertreibung in Europa darf ja nicht sein, weil auch Deutschen (man höre und Staune) Opfer wurden! Aber an das Tätervolk darf nicht erinnert werden, nein sie hatten es verdient, weil sie alle elende Nazis waren. Schade, dass man sie nicht an Ort und Stelle liquidiert hat, verdient hätten sie es. Dagegen das Holocaustmahnmal, das die Opfer der Nationalsozialismus in beispielloser Weise hierarchisiert. Nein, es waren nicht nur Juden unter den Opfern, sondern auch Sinti und Roma, Behinderte und viele andere. Der einzige Grund, warum Russen, Chinesen, Iraker und viele andere nicht jammern ist doch, dass sie nicht so viele Juden auf dem gewissen haben. Hätten wir Neger geplättet, wäre alles nicht so schlimm gewesen. Die Niederschlagung des Herero-Aufstandes in Namibia war ca. ne Woche in der Presse und das auch eher periphär. Keine europäische Kolonialmacht erinnert ernsthaft an ihre Völkermorde.
Wer als Deutscher was Positives über Deutschland sagt, der wird gleich an den rechten Rand gedrängt, wer als Deutscher etwas gegen die Politik Israels sagt ist sofort Antisemit. Das sind billige Keulen, die auf jede Argumentation verzichten und nur denunzieren. Aber das können linke wie rechte Menschen ja ganz wunderbar. Bloß nicht nachdenken, erstmal draufhauen!

Dalai_Wese
Leider Mitglied es elenden Tätervolks der Deutschen
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Kenaz am 25 August 2004, 09:50:18
Ich denke, der  folgende Satz aus der "Shesaiddestroy"-Replik auf den Diez-Artikel bringt es auf den Punkt:
Zitat
Was passiert, Herr Diez, ist das schrittweise Ankommen in einer „normalen“ nationalen Identität, einer selbstverständlichen Selbsteinbindung in die Umgebung, in die man gestellt wurde. Eine nationale Identität, die weiß Gott nicht geschichtsblind ist, aber Souveränität anstrebt. Und damit nähern wir uns letztlich nur den Prozessen an, die weltweit schon lange abgeschlossen sind.

Abgesehen davon, daß ich das fragliche Stück- um's mal höflich zu formulieren - künstlerisch nicht gerade wertvoll finde: was daran politisch problematisch sein soll, bleibt mir ein Mysterium.
Titel: Re: ...
Beitrag von: DarkAmbient am 25 August 2004, 19:06:53
@Dalei: Wozu die Aufgeregtheit? Da könnte man ja glatt denken, Du wärst schuldig, so wie Du Dein Deutschsein rechtfertigst. :)

Das ist sicher ein heißes Eisen. Wer die Vokabel 'besiegt' statt (wie es in der offiziellen korrekten Nomenklatur heißt) 'befreit' verwendet, der muss mit Beißreflexen wie denen von Diez rechnen.

Ich persönlich fühle mich vom Heppnerschen 'Wir' einfach nicht eingeschlossen, besonders wenn es sich um eine Zeit dreht, in der ich als handelndes Subjekt noch garnicht existierte. Und da ist das Problem. Texte wie "Wo ist der Führer, der mich führt?" sind bezogen auf ein Individuum und erzeugen dort ihre Effekte, z.B. Unbehagen und Verunsicherung, die zur Entschlüsselung der eigenen Persönlichkeit nützlich sein können.

Das Problem mit der Schuld-Diskussion ist, dass sie die volle Annahme der nationalen Identität voraussetzt. Und dort ist die Schuld-Diskussion auch sinnvoll und gerechtfertigt. National Gesinnte, die sich dieser Last bewusst sind, kann ich akzeptieren, weil ich auf Lernen, Verantwortung und Nicht-Wiederholung von Fehlern hoffen kann. Die anderen jedoch haben einfach nichts dazugelernt. Und genau das würde ich Peter Heppner in dem Text vorwerfen: nichts dazugelernt -- oder bewusst vergessen machend durch das Propagieren eines Bruchs. Und da schließe ich mich voll Colourize's Vergleich mit der Herzog-Rede an.

Provokation funktioniert auf der individuellen Ebene am Besten. Eine ganze Nation als Subjekt dieser Provokation zu nehmen zeugt entweder von Größenwahn oder Demagogie und muss folglich in die Hose gehen.
Titel: Re: ...
Beitrag von: Dalai_Wese am 25 August 2004, 22:41:07
Wer die Vokabel 'besiegt' statt (wie es in der offiziellen korrekten Nomenklatur heißt) 'befreit' verwendet, der muss mit Beißreflexen wie denen von Diez rechnen.

Ich kann dieses Rumgeheule einfach nicht mehr ab. Allein schon dieses Vokabelspiel ist an Dummheit nicht zu überbieten. Einerseits darf "besiegt" nicht sein, weil alle dumme Nazis waren und keine Opfer. Auf der anderen Seite darf es nur "Befreiung" sein, was die Opferrolle ja geradzu intendiert. Ja bitte, da beißt sich die Schlange doch in den Schwanz! Die Argumentation ist so blödsinnig, dass man sich nicht für dumm verkaufen lassen muss. Und theoretisch kann man das ja auch an den von mir vorher genannten Beispielen anwenden und so ganz andere Ergebnisse erzielen. Diese Argumentation ist so stupide, dass man eigentlich sprachlos sein müsste, würden nicht genügend Leute diesen Quatsch auch noch glauben.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Eisbär am 26 August 2004, 00:29:05
Ich sehe es ähnlich wie kb und Colourize.

Kurz zusammengefaßt sagt das Lied doch aus "Deutschland hat schon weitaus schlimmeres als die aktuelle Krise gemeistert, und diese hier meistern wir jetzt auch."

Er versucht also Mut zu machen.
Aber man kann ja zu allem eine rechte Interpretation finden. Ich bin in diesem Falle gar nicht auf die Idee gekommen und hätte dem Herrn Diez ein kurzes "Nuhr-Zitat" gegeben, wenn nicht,...
Ja, wenn nicht Candide hier durch die Threaderöffnung mir gezeigt hätte, daß es durchaus auch Leute gibt, die eben doch Ahnung von Musik (zu) haben (scheinen) und trotzdem eine ähnliche Interpretation liefern.

Ich bin kein Wolfsheim-Fan (Schlager waren in der Hitparade im ZDF eigentlich mal gut aufgehoben), weiß Gott weder besonders rechts noch links (so stufe ich mich jedenfalls selber ein) und irgendwie mag ich dieses Lied.
Nicht unbedingt musikalisch, aber einfach wegen der Botschaft, die es rüberbringt oder zumindest wegen der, die ich dahinein interpretiere.

Ich will auch nicht in der spießigen Welt der 50er und 60er leben, da stimme ich Colourize zu.
Aber ich frage mich ernsthaft, ob "wir" im Vergleich zu damals nicht zu verwöhnt und auch zu pessimistisch geworden sind?

Sagt das Lied etwas anderes aus, stellt eine andere Frage? - Ich denke nicht.

Und deutsch sein ist heutzutage doch etwas tolles. Nicht unbedingt im Inland, unter anderem, weil da ja gerne die Nazikeule geschwungen wird.
Aber nirgendwo im Ausland macht man heute noch diese Erfahrung in der Hinsicht. Nicht einmal in Israel.
Ok, vielleicht bei einem durchschnittlich gebildeten US-Bürger (der Holland für die Hauptstadt von London hält) oder einem volltrunkenem Briten (für den eh alle Deutschen schon immer Nazis waren und sie auch bleiben werden) . Aber wer bitte schön nimmt die ernst?
Im Moment ist das Feedback im Ausland auf den Hinweis "ich bin Deutscher" doch äußerst positiv (dank dem Nein zum Irakkrieg).

Ach ja... ich hörte neulich in der Straßenbahn die Nationalhymne als Handyklingelton, drehte mich um (wollte zugegebenermaßen nach dem Deppen gucken) und sah da jemanden in einem T-shirt, auf dem dick stand "Ich bin stolz darauf, Deutscher zu sein"
Und ich fand es plötzlich völlig ok.  -   Es war ein Schwarzafrikaner.
Und ich will nicht wissen, was er geleistet haben muß, um die Staatsangehörigkeit zu kriegen.

Deutschland ist schön, seine Landschaften einzigartig... etc heißt es in einem Werbespot.
In den USA gehen BMW, Benz, Porsche und VW weg wie warme Semmeln... weil sie deutsch sind. Selbiges gilt in Japan und Israel.

Die anderen schwingen uns gegenüber schon die Nazikeule nicht mehr. Die wird nur noch innerdeutsch geschwungen.
Schwingen wir doch mal die Völkermord-und Sklavereikeule in die USA (Indianer und Schwarze), nach Australien (Aboriginies) nach Spanien (man denke an Cortez und Pizarro) und nach Italien (früher Mussolini, heute Berlusconi)(Haben die da noch Wahlrecht bzw. Gegenkandidaten?)

Schauen wir mal auf den Mauerfall, den 17.Juni, den Wiederaufbau, den Aufbau Ost (der weit besser läuft als jeder Experte vor 15 Jahren gemutmaßt hätte...)

Dieses Volk (wie jedes andere auch) war und ist in der Lage großes zu leisten, wenn es ich anstrengt und zusammenhält.
Und genau das brauchen wir wieder.
Kein Hartz IV, keinen Sozialabbau, keine 2,5% Wirtschaftswachstum können Motivation, den Willen besser zu sein und etwas zu erreichen, Fleiß und Zusammenhalt ersetzen.

Soviel Polemik von meiner Seite dazu.

Lars *nicht stolz darauf aber doch froh darüber, Deutscher zu sein*


Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 26 August 2004, 01:31:00
Zitat von: "Eisbär"
Die anderen schwingen uns gegenüber schon die Nazikeule nicht mehr. Die wird nur noch innerdeutsch geschwungen.
Schwingen wir doch mal die Völkermord-und Sklavereikeule in die USA (Indianer und Schwarze), nach Australien (Aboriginies) nach Spanien (man denke an Cortez und Pizarro) und nach Italien (früher Mussolini, heute Berlusconi)(Haben die da noch Wahlrecht bzw. Gegenkandidaten?)

Ich gehe davon aus, das Berlusconi tatsächlich nicht wiedergewählt wird -- aber das nur am Rande.

Ich verstehe nicht, warum 'wir' mit Keulen schwingen sollten. Da fehlt mir noch die Begründung. Ist eigentlich kein wirklich zivilisiertes Auftreten.
Zitat
Schauen wir mal auf den Mauerfall, den 17.Juni, den Wiederaufbau, den Aufbau Ost (der weit besser läuft als jeder Experte vor 15 Jahren gemutmaßt hätte...)

Nanu? Meine Einschätzung wäre, dass der Beitritt der DDR zur BRD eher schlechter gelaufen ist, als viele Kritiker einer Instant-Wiedervereinigung befürchtet haben.
Zitat
Dieses Volk (wie jedes andere auch) war und ist in der Lage großes zu leisten, wenn es ich anstrengt und zusammenhält.

Naja, das ist eine sehr allgemeine Aussage. Man könnte auch sagen, dass die Menschheit als solche, alle Staatenbünde, Kommunen, Regionen, Religionen, Ethnien oder Fußballmannschaften Großes leisten können, wenn sie sich anstrengen. Warum muss es gerade die Nation sein? Wenn Menschen Großes leisten können, ist die Nation doch nebensächlich, oder? Was meinst Du überhaupt mit Nation? Woran denkst Du dabei, außer an Autoexport, Landschaften, Irakkriegsneinsager? auf welche Weise leistet 'die Nation' Großes und wie bin ich dabei beteiligt?

Um mich nicht falsch zu verstehen: Ich bin auch froh, dass es einige Regierungen gegeben hat, wo die Mentalität im Lande es ihnen ermöglicht hat, auch auf die Gefahr der Isolation hin, beim letzten Irak-Krieg nicht mit zu machen. Ich bin froh, eine deutsche Staatsangehörigkeit zu haben. Es gibt Menschen, die haben gar keine.

Die anderen beiden kann ich nicht so nachvollziehen. Z.B. liegt mir landschaftlich Dänemark näher als Bayern. Was kümmert es mich, dass ein Autokonzern ganz toll exportiert -- insbesondere wenn er seine Belegschaft so schamlos erpresst wie bei Daimler?

Ich brauche jedenfalls kein Ego-Appendix von der Sorte -- sei es nun eine Nation, ein Sportverein, einen Gott oder ein Luxusauto.

Warum kommen gleich all diese hektischen Reaktionen, wenn man sagt, dass Nationalismus Quatsch und außerdem gefährlich ist? Und darum geht es doch: Nationalismus = irrational überhöhte Gewichtung des Nationalen. Und das ist in ganz vielen Beiträgen hier enthalten. Und da denkt man, die Szene hätte sich gerade gegen diesen (auch nationalen) Mainstream gegründet... :shock:
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Eisbär am 26 August 2004, 02:21:29
Zitat von: "DarkAmbient"
Ich verstehe nicht, warum 'wir' mit Keulen schwingen sollten. Da fehlt mir noch die Begründung. Ist eigentlich kein wirklich zivilisiertes Auftreten.
Es tut aber verdammt gut, nachdem man sich jahr(zehnt)elang selbst geißelte, auch mal über den Tellerrand zu schauen.
Natürlich hat außer "uns" keiner einen derartig geplanten und durchorganisierten Völkermord begangen.
Aber es ist ewig her (ich bin schon die zweite Nachkiregsgeneration), es hat heute nur noch die Bedeutung, daß man darauf achten sollte, daß sich sowas nicht wiederholt.
Es tut der Psyche gut, auch mal zu sehen, daß man nicht als einzigster nicht perfekt ist.
Zitat
Nanu? Meine Einschätzung wäre, dass der Beitritt der DDR zur BRD eher schlechter gelaufen ist, als viele Kritiker einer Instant-Wiedervereinigung befürchtet haben.
Wenn man der CDU geglaubt hat, mag das zutreffen...
Zitat
Zitat
Dieses Volk (wie jedes andere auch) war und ist in der Lage großes zu leisten, wenn es ich anstrengt und zusammenhält.

Naja, das ist eine sehr allgemeine Aussage. Man könnte auch sagen, dass die Menschheit als solche, alle Staatenbünde, Kommunen, Regionen, Religionen, Ethnien oder Fußballmannschaften Großes leisten können, wenn sie sich anstrengen.
Richtig!
Zitat
Warum muss es gerade die Nation sein?
Gegenfrage: Warum sollte sie es nicht sein.
Und ich sprach bewußt von "Land" und "Volk", nicht von Nation. Und davon sprach ich, weil es eben eine gemeinsame Kultur, Sprache etc gibt, die eine solche Zusammenarbeit überhaupt erst möglich macht.
Zitat
Wenn Menschen Großes leisten können, ist die Nation doch nebensächlich, oder?
Ich hoffe doch...
Zitat
Was meinst Du überhaupt mit Nation?
Habe ich den Begriff verwendet?
Zitat
Woran denkst Du dabei, außer an Autoexport, Landschaften, Irakkriegsneinsager?
An Kultur, an Sprache, an Wissenschaft, Sport, Diplomatie, Toleranz, Freiheit und an all die Menschen, die dieses überhaupt erst möglich machen...
Zitat
auf welche Weise leistet 'die Nation' Großes und wie bin ich dabei beteiligt?
Du bist, wie ich auch, ein Zahnrädchen in der Uhr, deren Zifferblatt "die Nation" ist.
Du bist einer der Menschen, die als Wähler entschieden haben, daß wir eben nicht begeistert mit der Union in den Irakkrieg ziehen, sondern daß wir uns an das Völkerrecht halten...
Zitat
Um mich nicht falsch zu verstehen: Ich bin auch froh, dass es einige Regierungen gegeben hat, wo die Mentalität im Lande es ihnen ermöglicht hat, auch auf die Gefahr der Isolation hin, beim letzten Irak-Krieg nicht mit zu machen. Ich bin froh, eine deutsche Staatsangehörigkeit zu haben. Es gibt Menschen, die haben gar keine.
Hier wurde Wahlkampf damit gemacht, daß wir nicht in einen Kreig ziehen würden. Und der Wahlkampf wurde gewonnen.
Wenn ich das mit der Mentalität vergleiche, die vor 60 Jahren auf die Frage "Wollt ihr den totalen Krieg?" mit einem begeisterten "Ja" antwortete vergleiche, muß ich doch sagen "wir" haben etwas gelernt. Oder etwa nicht?
Ich bin froh darüber, in so einem Land leben zu können, wo ich frei sagen kann, was ich denke, in dem ich trotz Sozialabbau nicht verhungern werde, daß mir erlaubt, zu reisen, wie ich möchte und mir gestattet, mich politiosch zu bilden und zu informieren, wie es mir gefällt und ggfs sogar aktiv zu werden.
Und ich bin Stolz, ein Teil der oben angesprochenen Uhr "Deutschland" zu sein, die vielleicht gerade etwas aus dem Takt geraten ist, aber doch anscheinend besser funktioniert, als so manche andere, die sich zB selbst als die größte und beste Demokratie überhaupt versteht.
Zitat
Die anderen beiden kann ich nicht so nachvollziehen. Z.B. liegt mir landschaftlich Dänemark näher als Bayern.
Bei mir wären es die Niederlande *lach*
Aber was ich damit meinte, ist einmal, daß sogar die Werbung so ganz nebenbei mit dem Etikett "Deutschland wirbt. Und außerdem mußt Du zugeben, daß Deutschland doch eine deutlich vielseitigere Landschaft hat, als viele seine Nachbarn...
Zitat
Was kümmert es mich, dass ein Autokonzern ganz toll exportiert --
Das erhält (und schafft evt. sogar) Arbeitsplätze und erhöht so die Lebensqualität eines jeden Einzelnen.[{color]
Zitat
insbesondere wenn er seine Belegschaft so schamlos erpresst wie bei Daimler?
Ja, seit Chrysler da mit drin sitzt und Managergehälter nach US-Vorbild völlig überzogen sind, geht es mit den Angestellten echt bergab.
Aber es gtibt Gegenbeispiele.
Zitat
Ich brauche jedenfalls kein Ego-Appendix von der Sorte -- sei es nun eine Nation, ein Sportverein, einen Gott oder ein Luxusauto.
Und Du brauchst keine staatlichen Schulen, in den Dir das Freidenken beigebracht wurde, keine technische Innovation, die Arbeitsplätze sichert, kein Recht auf freie Meinungsäußerung usw.
Weißt Du eigentlich, wie gut es Dir, dank dieser "Nation" geht?
Zitat
Warum kommen gleich all diese hektischen Reaktionen, wenn man sagt, dass Nationalismus Quatsch und außerdem gefährlich ist?
Vielleicht weil ständig irgendwelche Leute Nationalismus da sehen, wo keiner ist?
Zitat
Und darum geht es doch: Nationalismus = irrational überhöhte Gewichtung des Nationalen. Und das ist in ganz vielen Beiträgen hier enthalten. Und da denkt man, die Szene hätte sich gerade gegen diesen (auch nationalen) Mainstream gegründet... :shock:
Über den Online-Duden:  
Na|ti|o|na|lis|mus,  der; - [frz. nationalisme]: a) (meist abwertend) übersteigertes Nationalbewusstsein

Wo bitte ist hier eine Äußerung (egal von wem) die ein übersteigertes Nationalbewußtsein zeigt?
Oder ist Nationalbewußtsein generell schlecht?
Kein Land der Welt hat weniger Nationalbewußtsein als "wir Deutschen". Und im Prinzip schadet das auch nicht.
Aber gar keins zu haben, ist nicht gesund für das Land und die Menschen darin. Weil das Zusammengehörigkeitsgefühl, was aus der gemeinsamen Kultur, Sprache, Arbeit etc (vereinfacht "Nationalität") erwächst und somit zu größeren Leistungen anspornt.

Und eine Nation, ist nunmal die größte Gruppe, die das Herdentier Mensch auf sich und seine Zugehörigkeit beziehen kann. Wegen der großen Gemeinsamkeiten eben.

Und wenn die Philippinos eine großartige Leistung erbringen, weil sie zusammenarbeiten und daß Zusammengehörigkeitsgefühl sie zu dieser Leistung ermutig, ist das völlig ok und ich bewundere diese Leistung.
Selbiges bei Japanern, Amerikanern, Brasilianern, Saudis, Namibianer tec.pp.
Warum sollte ich das bei Deutschen anders handhaben, wo ich doch ein Teil des Systems bin?
Weil in der Kindheit meiner Großeltern viel Mist gebaut wurde von der Nation?
Soll ich deswegen aktuelle Leistungen ignorieren?

Lars
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 26 August 2004, 07:40:22
Zitat von: "Eisbär"
Es tut der Psyche gut, auch mal zu sehen, daß man nicht als einzigster nicht perfekt ist.

Ein Grund mehr, die Keule nicht zu benutzen. Langfristig tut es der Psyche bestimmt nicht gut, die 'eigene' Schwäche auf andere zu projezieren.
Zitat
Warum muss es gerade die Nation sein?
Gegenfrage: Warum sollte sie es nicht sein.
Und ich sprach bewußt von "Land" und "Volk", nicht von Nation. Und davon sprach ich, weil es eben eine gemeinsame Kultur, Sprache etc gibt, die eine solche Zusammenarbeit überhaupt erst möglich macht.

Ist nicht wirklich ein zwingendes Kriterium. Auf regionaler Ebene gibt es die gemeinsame Sprache (Dialekt) und Kultur noch viel stärker. Aber ich komme in dem EU-Projekt, in dem ich arbeite, auch ganz gut mit anderen Kulturen und Sprachen zurecht.

Warum nicht die Nation? Vielleicht weil Nationalcheauvinismus zwei Weltkriege ermöglicht hat...

Es gibt sicher bestimmte Gründe, Sachen auf nationaler Ebene zu regeln. Aber warum sollte ich meine primäre Identitätsfindung oder Stolz gerade auf dieser Ebene anlagern?
Zitat
Zitat
Was meinst Du überhaupt mit Nation?
Habe ich den Begriff verwendet?

Och komm... wer Deutschland sagt, muss auch Nation sagen.
Zitat
Zitat
Woran denkst Du dabei, außer an Autoexport, Landschaften, Irakkriegsneinsager?

An Kultur, an Sprache, an Wissenschaft, Sport, Diplomatie, Toleranz, Freiheit und an all die Menschen, die dieses überhaupt erst möglich machen...

Wie gesagt: Für all dieses gibt es Ebenen, die genauso gut als Identitäts- oder Differenzkriterium funktionieren wie Nation.
Zitat
Du bist, wie ich auch, ein Zahnrädchen in der Uhr, deren Zifferblatt "die Nation" ist.

Ja, richtig. Aber benötigt ein Zahnrädchen Nationalstolz, um zu funktionieren?
Zitat
Du bist einer der Menschen, die als Wähler entschieden haben, daß wir eben nicht begeistert mit der Union in den Irakkrieg ziehen, sondern daß wir uns an das Völkerrecht halten...

Da müsste ich eher stolz sein, SPD-Mitglied zu sein.
Zitat
Wenn ich das mit der Mentalität vergleiche, die vor 60 Jahren auf die Frage "Wollt ihr den totalen Krieg?" mit einem begeisterten "Ja" antwortete vergleiche, muß ich doch sagen "wir" haben etwas gelernt. Oder etwa nicht?

Du hast recht. Die Sensibilität für die Vergangenheit ist in breiten Teilen der deutschen Gesellschaft zu finden. Genau diese Mentalität ist es, die ich auch bewahrt gesehen haben möchte. Nur die ständige Verwechselung der nationalen Ebene mit der individuellen im Sinne von "Ich konnte da doch nichts für, ich bin doch später erst geboren, also habe ich keine Schuld!" ist ein Trick, genau das hinter sich zu lassen. Also nochmal, worum es mir geht: Deutschland ist der Rechtsnachfolger des 3. Reiches und übernimmt auch die 'Altlasten' aus diesem, moralische aber auch materielle. Das ist die Schuld des nationalen Gebildes Deutschland. Für die insbesondere später geborenen Individuen bedeutet es vor allem Verantwortung.
Zitat
Aber was ich damit meinte, ist einmal, daß sogar die Werbung so ganz nebenbei mit dem Etikett "Deutschland wirbt. Und außerdem mußt Du zugeben, daß Deutschland doch eine deutlich vielseitigere Landschaft hat, als viele seine Nachbarn...

Dass Werbung Identitätspolitik in Reinform produziert, ist nicht neu. Aber willst Du mir jetzt wirklich erzählen, dass sich Dein Nationalbewusstsein aus so einer sehr ungenauen touristischen Werbestrategie speist? Nationale Grenzen verschandeln Landschaften doch eher, als dass sie diese konstituieren - also ehrlich!
Zitat
Und Du brauchst keine staatlichen Schulen, in den Dir das Freidenken beigebracht wurde, keine technische Innovation, die Arbeitsplätze sichert, kein Recht auf freie Meinungsäußerung usw.
Weißt Du eigentlich, wie gut es Dir, dank dieser "Nation" geht?

Dank des CDU-inspirierten Schulsystems in Schleswig-Holstein (was übrigens nicht auf nationaler Ebene geregelt wird, sondern auf Bundeslandebene) habe ich sicher einige Grundprinzipien kennen gelernt, nachdem die Gesellschaft funktioniert, z.B. Exklusion, Disziplinierung, Konsumiere, Geld ist Dein Gott, vermehre Dich, ... Sicher eine gute Schablone, um eine Gesellschaft am Laufen zu halten. Freidenken habe ich aber nicht wegen, sondern trotz dieses Schulsystems gelernt.
Zitat
Vielleicht weil ständig irgendwelche Leute Nationalismus da sehen, wo keiner ist?

Vielleicht auch, weil kein Nationalismus dort sein darf, wo der Kern der eigenen emotionalen unhinterfragbaren Anbindung an die Realität haust, die anscheinend allein die Illusion von Sicherheit und Geborgenheit gewährt? Das System hat einen ja ausgebrütet und alle Abnabelung fällt schwer, aber irgendwann muss sie sein, und man muss sich selbst anfangen zu definieren mit Hilfe von Kategorien, die man selbst aussucht und nicht welche, in die man hineingeboren wird. Man kann seine Ursprünge auch in Ehren halten ohne sie zu vergöttern oder zu ritualisieren und das dann mit sehr wackeligen Begründungen zu rationalisieren.
Zitat
Wo bitte ist hier eine Äußerung (egal von wem) die ein übersteigertes Nationalbewußtsein zeigt?

Überall dort, wo es mit Mustern gerechtfertigt wird wie "Dieses Ding hat zwei Flügel, also muss es ein Vogel sein" (und nicht etwa ein Fluginsekt, Fledermaus oder Flugzeug).
Zitat
Und eine Nation, ist nunmal die größte Gruppe, die das Herdentier Mensch auf sich und seine Zugehörigkeit beziehen kann. Wegen der großen Gemeinsamkeiten eben.

Wie gehabt: Gemeinsamkeiten kann ich mit Österreichern genauso haben wie mit Bayern. Dafür brauche ich die Kategorie Nation nicht. Das Beispiel Herdentier hinkt ja wohl ein bisschen, da mir keine Säugetiere bekannt sind, die Herden mit zig-Millionen Individuen bilden. Da wären doch kleinere Einheiten 'natürlicher' -- wenn denn ein archaischen Herdentrieb wirklich so zur Geltung kommen würde.
Zitat
Und wenn die Philippinos eine großartige Leistung erbringen, weil sie zusammenarbeiten und daß Zusammengehörigkeitsgefühl sie zu dieser Leistung ermutig, ist das völlig ok und ich bewundere diese Leistung.
Selbiges bei Japanern, Amerikanern, Brasilianern, Saudis, Namibianer tec.pp.
Warum sollte ich das bei Deutschen anders handhaben, wo ich doch ein Teil des Systems bin?
Weil in der Kindheit meiner Großeltern viel Mist gebaut wurde von der Nation?
Soll ich deswegen aktuelle Leistungen ignorieren?

Zu den Großeltern siehe oben.

Dieses 'zur Leistung ermutigen' tritt in seiner häufigsten Form als 'Wirtschaftsstandort Deutschland'-Diskurs auf und nutzt die nationale Ebene, um eine Konkurrenzsituation und entsprechende Sachzwänge zu beschreiben, die sich als alternativlos darstellen. Dem habe ich gelernt, gründlich zu misstrauen.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Eisbär am 26 August 2004, 09:01:37
Ich glaube, wir reden aneinander vorbei...
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Bombe am 26 August 2004, 12:08:52
Zitat von: "DarkAmbient"
Deutschland ist der Rechtsnachfolger des 3. Reiches […]

Meines Wissens nach ist eben das nicht der Fall.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 26 August 2004, 13:47:29
vor allem @ colourize:

Was mich echt ein wenig ärgert, ist, wenn man behauptet, die 50er Jahre waren spießig.

Das ist ein Begriff, der in dem damaligen Kontext überhaupt keinen Sinn ergibt. Mit den aktuellen Moral- und sonstigen Vorstellungen die Vergangenheit und die damalige Welt- und Lebenseinstellung zu verurteilen finde ich einfach nur daneben. Ein Sonntagsbraten mag für viele echt was Feines gewesen sein, wenn die jahrelang nur gehungert haben. Was gibt es daran auszusetzen?

Ist für mich ziemlich genau in einer Liga mit den ganzen Behauptungen wie "ich hätte da nicht mitgemacht" in der NS-Zeit. Wer nicht dabei gewesen ist, sollte das nicht be- und schon gar nicht verurteilen.

ein Nachtmensch.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Jinx am 26 August 2004, 13:52:44
Moin Nachtmensch,

ich denke, an der 50er-Jahre-Einstellung ist an sich wenig auszusetzen, wenn manche Leute, die sie selbst erlebt haben, sie nicht öfter mal zum Nonplusultra stilisieren würden. Ich habe nix gegen Sonntagsbraten, solange ich ihn nicht essen muss. Ob andere das tun, ist mir wurscht. ;)
Problematisch wird es nur, wenn man von seinen Vorfahren (Eltern, Großeltern, oder auch anderen Bezugspersonen) die damaligen Denkmodelle (oder eine leichte Modifizierung davon) aufs Auge gedrückt bekommt und für diese dann die Welt untergeht, wenn man selbst so nicht leben oder denken will, wenn man gemäß seiner eigenen Vorstellungen lebt, die eben meist lockerer sind.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 26 August 2004, 13:59:43
Zitat von: "Jinx"

Ich habe nix gegen Sonntagsbraten, solange ich ihn nicht essen muss. Ob andere das tun, ist mir wurscht. ;)

.. würde ich auch nie machen.. ;)

Zitat
Problematisch wird es nur, wenn man von seinen Vorfahren (Eltern, Großeltern, oder auch anderen Bezugspersonen) die damaligen Denkmodelle (oder eine leichte Modifizierung davon) aufs Auge gedrückt bekommt und für diese dann die Welt untergeht, wenn man selbst so nicht leben oder denken will, wenn man gemäß seiner eigenen Vorstellungen lebt, die eben meist lockerer sind.


Ich denke nicht, dass die Einstellung beim Heppner-Lied irgendwie rüberkommt. Das "Wirtschaftswunder" ist nun einmal ein deutscher Begriff, der bei vielen durchweg positiv besetzt ist. Insofern ist der Vergleich in Hinblick auf eine Identitätssuche der Deutschen doch absolut passend, weil ein wenig motivierend, mit dem ewigen Gejammer aufzuhören und mal zu sehen, wie man sich auch aus einer deutlich dramatischeren Situation heraus noch entwickeln konnte.

ein Nachtmensch.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Jinx am 26 August 2004, 14:08:56
Zitat
Ich denke nicht, dass die Einstellung beim Heppner-Lied irgendwie rüberkommt. Das "Wirtschaftswunder" ist nun einmal ein deutscher Begriff, der bei vielen durchweg positiv besetzt ist. Insofern ist der Vergleich in Hinblick auf eine Identitätssuche der Deutschen doch absolut passend, weil ein wenig motivierend, mit dem ewigen Gejammer aufzuhören und mal zu sehen, wie man sich auch aus einer deutlich dramatischeren Situation heraus noch entwickeln konnte.



Die Wirtschaftswunderzeit hatte leider für manche auch eine Kehrseite: meine jüdische Tante, als einzige ihrer Geschwister dem Vernichtungslager entkommen und auch einzige Überlebende ihrer Familie, war einem harten Antisemitismus ausgesetzt (man war ja jetzt wieder wer und bedauerte, dass man sie anscheinend vergessen hatte), ihr Sohn hatte es in der Schule auch nicht wirklich gut und auf Flüchtlinge wurde als Schmarotzer herabgesehen, die zwar arbeiten durften, aber von Alteingesessenen bei jedem Bißchen, das sie sich erarbeitet hatten, mit Neid betrachtet wurden, als hätten sie den Eingeborenen etwas weggenommen (die Erzählungen des Volksaufstands ,als mein Großvater den Führerschein machte und sich einen Käfer kaufte, kursieren noch heute in der Familie). Natürlich waren nicht alle so. Aber es war wohl eine ziemliche Ellenbogengesellschaft, schon damals. Und teilen wollte man auch nicht, nicht mit denen, die man als "nicht zugehörig" betrachtete.

Leute, die nicht gesellschaftskonform leben wollten (Homosexuelle, aber auch mildere Formen, ich sage nur "Negermusik") wurden gnadenlos ausgegrenzt. Nischen gab es viel weniger.

Insofern war da längst nicht alles gold... ;)
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 26 August 2004, 14:18:14
Zitat von: "Jinx"
Insofern war da längst nicht alles gold... ;)


Natürlich nicht, hätte ich auch nie behauptet. Aber in der Bevölkerung wird mit dem Begriff "Wirtschaftswunder" fast ausschließlich Positivies assoziiert. Natürlich kann man nicht erwarten, innerhalb kürzester Zeit ein ganzes Land politisch umzukrempeln...

Nachtmensch.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 26 August 2004, 16:28:35
Zitat von: "Bombe"
Zitat von: "DarkAmbient"
Deutschland ist der Rechtsnachfolger des 3. Reiches […]

Meines Wissens nach ist eben das nicht der Fall.


Z.B. Artikel 120 GG:

Besatzungskosten - Kriegsfolgelasten

(1) Der Bund trägt die Aufwendungen für Besatzungskosten und die sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten nach näherer Bestimmung von Bundesgesetzen. [...]

@Eisbär: Schade :?
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Bombe am 26 August 2004, 16:46:15
Zitat von: "DarkAmbient"
Z.B. Artikel 120 GG: […]

Und? Da stehts nichts von Rechtsnachfolge. Nur, dass der Bund da was zahlen muss. Es gibt - soweit ich weiß - auch keinen Aufhebungsvertrag für das 3. Reich, den es aber geben muss, da alleine durch eine Besatzung oder eine Niederlage in einem Krieg die Existenz eines Staates nicht beendet wird.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 26 August 2004, 16:53:17
Bombe, ich bin kein Jurist. Worum es mir nur mit dem Wort 'Rechtsnachfolge' ging, war, dass das heutige Deutschland als Schuldner auftritt, um für Ansprüche wie Wiedergutmachungszahlungen etc. aufzukommen, die aus der Zeit des 3. Reichs stammen.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 26 August 2004, 17:02:03
Zitat von: "Bombe"

Und? Da stehts nichts von Rechtsnachfolge. Nur, dass der Bund da was zahlen muss. Es gibt - soweit ich weiß - auch keinen Aufhebungsvertrag für das 3. Reich, den es aber geben muss, da alleine durch eine Besatzung oder eine Niederlage in einem Krieg die Existenz eines Staates nicht beendet wird.


Nicht auch durch Neugründung mit den gleichen Bürgern und überlappender Fläche? So ne Art Überschreiben? *ggg*
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Bombe am 26 August 2004, 17:04:40
Bezweifel ich stark.
Titel: Zu Art. 102 GG
Beitrag von: Dalai_Wese am 27 August 2004, 19:25:19
Zitat von: "Bombe"
Zitat von: "DarkAmbient"
Z.B. Artikel 120 GG: […]

Und? Da stehts nichts von Rechtsnachfolge. Nur, dass der Bund da was zahlen muss. Es gibt - soweit ich weiß - auch keinen Aufhebungsvertrag für das 3. Reich, den es aber geben muss, da alleine durch eine Besatzung oder eine Niederlage in einem Krieg die Existenz eines Staates nicht beendet wird.


Das stimmt nicht ganz. Beim Beitritt der DDR zur BRD war das der Fall. Aber mit der Kapitulation des Deutschen Reiches vom 8.5.1945 hat dieses im völkerrechtlichen Sinne nicht die Staatsgewalt verloren, da es keine Annektierung durch die Besatzungsmächte gab. Das Besatzungsrecht erlosch übrigens erst 1991 mit dem Regelungsvertrag mit Bezug auf den Beitritt der DDR zur BRD. Gegenbeispiel ist Österreich, das mit der Annektierung 1938 völkerrechtlich untergegangen ist. Heute wird es allerdings als identisch mit der 1938 untergegangenen Republik Österreich angesehen.
Die BRD hat sich aber auf der Grundlage des GG von Beginn an als identisch mit dem Deutschen Reich betrachtet. Dies bezeichnet man als Subjektsidentität. Dem kann auch eine gebietsbezogene Teilidentität nicht entgegenstehen. Im Völkerrecht ist diese Subjektsidentität durch die Identitätstheorie auch anerkannt. Es bedarf also keines Auflösungsvertrages! Laut BVerfG ist die BRD sogar mit dem 1867 gegründeten Norddeutschen Bund identisch (BVerfGE 36, 1 [15f.]).

Ich hoffe, ich konnte das ein wenig darstelllen
Dalai
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Kortirion am 27 August 2004, 19:33:06
Als kleine Ergänzung zu Daleiwese: Die finanzrechtlichen Aspekte der Rechtsnachfolge Deutsches Reich -> BRD regeln sich nach §1 AKG (Allgemeines Kriegsfolgelastengesetz).
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: sepp am 28 August 2004, 06:47:10
auffi!
mir geht hier mindestens eins auf den sack!die ach so spießigen 50`ger jahre!!es waren doch die jahre einer musikalischen revolte.bill,chuck,elvis!!
alles sog.negermusik.lederjacken und schmalzhaare!!!rocker.
wenn hier über diese zeit gasabbelt wird,geht es doch nur um die elterngeneration.aber die menschen,die noch zu jung waren,um an der flak zu stehen,haben doch ihre chance genutzt.damals war eine tolle doch genau so was wie ein iro oder teller.
den text von heppner finde ich eher als aufmunterung.wir leben halt hier,warum nicht das beste draus machen!
außerdem scheinen zum wiederholten male einige wenige menschen in diesem threat den faden verloren zu haben.in dem text heißt es ja auch superreich und abgebrannt.finde ich sehr treffend.
in london habe ich mich mal mit einem hool unterhalten,nachdem wir das kriegsbeil begraben hatten.er hatte eine viel höhere meinung von den deutschen als ich.the only problem of u young german is that your parents lost the war.da sah ich wohl schon älter aus als ich war.daß ein engländer mir erklähren mußte,mich ruhig als deutscher zu outen,fand ich recht beeindruckend..
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 15 Juni 2005, 02:02:08
"Wir sind Wir" wird jetzt sogar von der PDS ausgestrahlt:

http://www.pds-ohrekreis.de/Wir.mp3 :shock:

Strange world...
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Simia am 15 Juni 2005, 10:56:00
Das Lied war mir im ersten Moment auch suspekt, aber ich halte es nicht für gefährlich und fasse es auch eher als Arschtritt (positiv!) auf.

Zum Nationalbewußtsein - Ist einfach nicht mein Ding. Mir persönlich liegen andere "Herden" mehr am Herzen. Aber warum nicht? Es steht doch jedem frei, sich seinen Bezugspunkt selbst zu wählen. Wenn es Menschen wichtig ist, sollte man sie deswegen nicht schikanieren.

Vor allem erzeugt sowas einen Druck, und der sucht sich dann andere Wege. Ich weiß das Nationalbewußtsein lieber in der Gesellschaft, als in den Händen von Neonazis. Die machen damit nur Mist.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Thomas am 15 Juni 2005, 18:57:11
Zitat
"Wir sind Wir" wird jetzt sogar von der PDS ausgestrahlt:

 :shock:
Naja, aus dem Song hört wohl jeder seine eigene Deutung heraus.


Ich finde Song&Video sehr beeindruckend.
Für mich kann der Song übrigens kaum ohne das Video bestehen, sie sind für mich quasi als Einheit zu sehen.

Ich sehe den Song als denkanstoß, nicht immer gleich den Kopf hängen zu lassen, wenn mal was nicht klappt.
Das deutsche Volk hat schon so viel durchgemacht und aufgebaut, da wird es an den relativ kleinen Macken der heutigen Zeit doch nicht scheitern.Nicht jammern und resignieren, sondern anpacken und handeln, und nie den Optimismus aus den Augen verlieren.

Wenn einige dem Video/Song nationalismus unterstellen - bitte, dann aber im postitiven Sinne, nach dem Motto "Seid doch mal ein bischen Stolz auf euch, die halbe Welt kann sich an eurer Leistung über Jahrzehnte hinweg ein Beispiel nehmen", aber nicht als moralisch erhobenen Zeigefinger, sondern als Ansatz zum postiven denken.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: BetterOf2Evils am 15 Juni 2005, 19:16:21
Kann mich Thomas in der Hinsicht anschließen.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 16 Juni 2005, 03:33:32
Neiiin! Was habe ich getan?!
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Simia am 16 Juni 2005, 11:15:06
Bereust Du's? :P
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: olli am 16 Juni 2005, 12:01:29
thread-revival \o/

wenn leute bei dem gebrauch des wortes "vaterland" immer gleich an schlimme sachen denken, kann ich das nachvollziehen, denn wir deutschen sind (im großen & ganzen) so erzogen.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 16 Juni 2005, 17:09:35
Zitat von: "Simia"
Bereust Du's? :P


Ja, aber es ist nicht so, dass ich diese Diskussion in dieser Weise noch nicht geführt hätte.

Zitat von: "olli"
thread-revival \o/

wenn leute bei dem gebrauch des wortes "vaterland" immer gleich an schlimme sachen denken, kann ich das nachvollziehen, denn wir deutschen sind (im großen & ganzen) so erzogen.


Ergo: Wären die Deutschen besser erzogen, müsste man nicht beim Wort Vaterland gleich an so schlimme Sachen denken. Ein ungewohnt scharfsinniger Beitrag, Olli! :)
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: olli am 16 Juni 2005, 19:01:46
von _schlecht_ erzogen hatte ich nix geschrieben.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Thomas am 16 Juni 2005, 20:14:40
Zitat
Ergo: Wären die Deutschen besser erzogen, müsste man nicht beim Wort Vaterland gleich an so schlimme Sachen denken. Ein ungewohnt scharfsinniger Beitrag, Olli!

Ergo : Würden sich die Deutschen nicht immer noch Schuldgefühle für ihre Vergangenheit aufquatschen lassen, müssten sie vieleicht nicht mehr verstohlen zu Boden schauen, wenn das Wort "Vaterland" fällt.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 17 Juni 2005, 02:40:24
Zitat von: "Thomas"
Zitat
Ergo: Wären die Deutschen besser erzogen, müsste man nicht beim Wort Vaterland gleich an so schlimme Sachen denken. Ein ungewohnt scharfsinniger Beitrag, Olli!

Ergo : Würden sich die Deutschen nicht immer noch Schuldgefühle für ihre Vergangenheit aufquatschen lassen, müssten sie vieleicht nicht mehr verstohlen zu Boden schauen, wenn das Wort "Vaterland" fällt.

Ergo: Würden sich die PDS-Anhaenger nicht immer noch Schuldgefühle für ihre SED-Vergangenheit aufquatschen lassen, müssten sie vieleicht nicht mehr verstohlen zu Boden schauen, wenn das Wort "Stasi-Staat" fällt.

Alle mitmachen! \o/ \o/ \o/
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Thomas am 17 Juni 2005, 10:03:12
OT:
Zitat
Ergo: Würden sich die PDS-Anhaenger nicht immer noch Schuldgefühle für ihre SED-Vergangenheit aufquatschen lassen, müssten sie vieleicht nicht mehr verstohlen zu Boden schauen, wenn das Wort "Stasi-Staat" fällt.


Also die PDS ist ja bekannter Weise die Nachfolgepartei der SED, daher ist das Schuldverhältniss PDS->SED wesentlich greifbarer als das von Bundesbürgern zum 3.Reich.

Deutscher ist man nämlich von Geburt an, in die PDS muß man eintreten.

Wäre jeder Einwohner der BRD automatisch Mitglied in einer NSDAP-Nachfolgepartei, würde der Vergleich stimmen.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 17 Juni 2005, 13:15:36
Wieso OT?

Zitat von: "Thomas"
Also die PDS ist ja bekannter Weise die Nachfolgepartei der SED, daher ist das Schuldverhältniss PDS->SED wesentlich greifbarer als das von Bundesbürgern zum 3.Reich.


Also die BRD ist ja bekannter Weise der Rechtsnachfolger des 3. Reichs, daher ist das Schuldverhältniss BRD->3. Reich genau so greifbar wie das von PDS zu SED.

Zitat
Deutscher ist man nämlich von Geburt an, in die PDS muß man eintreten.


Deutscher ist man nämlich von Geburt an, und wenn es einem nicht passt kann man auswandern und die Staatsbürgerschaft irgendwann ablegen, auch aus der PDS kann man austreten, wenn es einem nicht mehr gefällt, die Verantwortung zu übernehmen.

Zitat
Wäre jeder Einwohner der BRD automatisch Mitglied in einer NSDAP-Nachfolgepartei, würde der Vergleich stimmen.


Wäre jeder Weltbürger automatisch Staatsbürger des 3. Reich Nachfolgestaats, würde der Vergleich stimmen.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Thomas am 17 Juni 2005, 14:08:31
Zitat
Wieso OT?

Weil es eigentlich um den Song von Heppner /van Dyk ging.

Zitat
Thomas hat folgendes geschrieben:
Also die PDS ist ja bekannter Weise die Nachfolgepartei der SED, daher ist das Schuldverhältniss PDS->SED wesentlich greifbarer als das von Bundesbürgern zum 3.Reich.


Also die BRD ist ja bekannter Weise der Rechtsnachfolger des 3. Reichs, daher ist das Schuldverhältniss BRD->3. Reich genau so greifbar wie das von PDS zu SED.

Nein, ist es nicht.Weil das deutsche Volk im 3.Reich genauso wenig die kollektivschuld hatte, wie sie jetzt das Bundesdeutsche Volk hat.Das Bundesdeutsche Volk ist nicht die Nachfolgeorganisation der NSDAP.Die PDS ist aber wohl die Nachfolgeorganisation der SED.

Zitat
auch aus der PDS kann man austreten, wenn es einem nicht mehr gefällt, die Verantwortung zu übernehmen.


Äh, ja,und ? Die meisten Mitglieder der PDS bleiben in dem Verein ohne Verantwortung zu übernehmen.


Zitat
Zitat:
Wäre jeder Einwohner der BRD automatisch Mitglied in einer NSDAP-Nachfolgepartei, würde der Vergleich stimmen.


Wäre jeder Weltbürger automatisch Staatsbürger des 3. Reich Nachfolgestaats, würde der Vergleich stimmen.

Bist du schon wieder in dem "schreiben um des schreibens Willen"-Status angekommen oder was soll uns dieser Stuss sagen ?
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 17 Juni 2005, 15:00:42
Irgendwie muss ich hier Thomas zustimmen... also dem, dessen Nick so lautet. Für mich ist der Unterschied zwischen kollektiver Schuld durch Geburt und freiwilliger Eintritt in eine Partei schon ein erheblicher Unterschied.

N.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 17 Juni 2005, 15:42:35
Zitat von: "Thomas"
Zitat
Wieso OT?

Weil es eigentlich um den Song von Heppner /van Dyk ging.


Das hat für mich einen direkten Bezug zum Thema 'Verantwortung/Nicht-Verantwortung für Vergangenes übernehmen'.

Zitat
Zitat
Also die BRD ist ja bekannter Weise der Rechtsnachfolger des 3. Reichs, daher ist das Schuldverhältniss BRD->3. Reich genau so greifbar wie das von PDS zu SED.

Nein, ist es nicht.Weil das deutsche Volk im 3.Reich genauso wenig die kollektivschuld hatte, wie sie jetzt das Bundesdeutsche Volk hat.Das Bundesdeutsche Volk ist nicht die Nachfolgeorganisation der NSDAP.Die PDS ist aber wohl die Nachfolgeorganisation der SED.


Doch, ist es wohl. Weil das deutsche Staatsgebilde im 3.Reich genau die Kollektivschuld hatte, für die der bundesdeutsche Staatsapparat heute die Verantwortung übernehmen muss. Das ostdeutsche Volk ist nicht die Nachfolgeorganisation der SED. Die BRD ist aber wohl die Nachfolgeorganisation des 3. Reichs.

Zitat
Äh, ja,und ? Die meisten Mitglieder der PDS bleiben in dem Verein ohne Verantwortung zu übernehmen.


Äh, ja, und? Die meisten Staatsbürger der BRD bleiben in dem Verein ohne Verantwortung zu übernehmen, während sich die 5% in der PDS verbliebner SED-Mitglieder sehr wohl der Verantwortung stellen.

Zitat
Bist du schon wieder in dem "schreiben um des schreibens Willen"-Status angekommen oder was soll uns dieser Stuss sagen ?


Ich habe die Diskussion schon einmal geführt, und versuche nun auf andere Weise, allein mithilfe von Analogien zu argumentieren. Mehr nicht.

Zitat von: "Nachtmensch"
Irgendwie muss ich hier Thomas zustimmen... also dem, dessen Nick so lautet. Für mich ist der Unterschied zwischen kollektiver Schuld durch Geburt und freiwilliger Eintritt in eine Partei schon ein erheblicher Unterschied.


Analogien haben so ihre Grenzen... Du bist in dem Maße Schuld, wie Du die historische Identität 'Deutsch' annimmst, was für das Individuum zugegeben manchmal willkürlich, widersinnig und ungerecht erscheint. Es ist Teil von Dir, dafür kannst Du nichts. Es ist keine individuelle Schuld, aber viele missverstehen es als solche. Das Individuum kann lediglich Verantwortung übernehmen, sich dem zum Teil bewusst werden, aus welchem Sumpf es entstieg und sich ändern, dann dies in politische Kollektiv-Aktion umsetzen und das Ganze ändern. Das hat bisher einigermaßen funktioniert, da gab es einen breiten Konsens, aber in dem Maße, wie die Geschichte als Unterhaltungsprogramm verstanden wird, und nicht als ein Teil von einem selbst, ist dies nicht mehr möglich.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 17 Juni 2005, 15:54:28
Zitat von: "DarkAmbient"

Analogien haben so ihre Grenzen... Du bist in dem Maße Schuld, wie Du die historische Identität 'Deutsch' annimmst, was für das Individuum zugegeben manchmal willkürlich, widersinnig und ungerecht erscheint. Es ist Teil von Dir, dafür kannst Du nichts. Es ist keine individuelle Schuld, aber viele missverstehen es als solche. Das Individuum kann lediglich Verantwortung übernehmen, sich dem zum Teil bewusst werden, aus welchem Sumpf es entstieg und sich ändern, dann dies in politische Kollektiv-Aktion umsetzen und das Ganze ändern. Das hat bisher einigermaßen funktioniert, da gab es einen breiten Konsens, aber in dem Maße, wie die Geschichte als Unterhaltungsprogramm verstanden wird, und nicht als ein Teil von einem selbst, ist dies nicht mehr möglich.


Ich nehme keine historische Identität an. Und schon gar nicht die eines Landes. Die einzige Verantwortung, die ich gerne auf mich nehme, ist die, die jeder Deutsche mit besagter Vergangenheit tragen sollte: Nämlich die, über die Vergangenheit informiert worden zu sein und darüber wenigstens nachgedacht zu haben. Eine Grundmotivation mit Schildern durch die Gegend zu laufen oder gar Lichterketten zu bilden, sich Aufkleber an sein Auto zu kleben oder Buttons an Jacken zu heften, kann ich dem irgendwie nicht entnehmen.

N.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Thomas am 17 Juni 2005, 16:41:09
Zitat
Doch, ist es wohl. Weil das deutsche Staatsgebilde im 3.Reich genau die Kollektivschuld hatte, für die der bundesdeutsche Staatsapparat heute die Verantwortung übernehmen muss.

Du mußt schon unterscheiden zwischen "Staatsgebilde" und dem "Volk".Die Bundesrepublik als Staat ist natürlich der Nachfolger des 3.Reiches, aber nicht das deutsche Volk.Hier hast du's richtig gemacht :

Zitat
Das ostdeutsche Volk ist nicht die Nachfolgeorganisation der SED. Die BRD ist aber wohl die Nachfolgeorganisation des 3. Reichs.


Zitat
während sich die 5% in der PDS verbliebner SED-Mitglieder sehr wohl der Verantwortung stellen.

Bitte ? Seit wann das denn ?

Zitat
Ich habe die Diskussion schon einmal geführt, und versuche nun auf andere Weise, allein mithilfe von Analogien zu argumentieren. Mehr nicht.

Tja, deine Fähigkeit zu wirren analogie-Konstrukten durfte ja schon in anderen Treads bewundert werden  :roll:
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 17 Juni 2005, 17:55:46
Zitat von: "Nachtmensch"
Ich nehme keine historische Identität an. Und schon gar nicht die eines Landes.


Ob Du willst, oder nicht. Du bist das Ergebnis. Du bist unwiderruflich infiziert, allein schon durch Sprache. Du hast keine Chance, außer durch eine autonome Individualität. (Ich verweise auf den Freiheit-Thread.) Und die gibt es nicht durch die Verleugnung der Identität, sondern durch die Auseinandersetzung inklusive all dem unsagbaren 'im Dunkeln tappen'.

Zitat
Die einzige Verantwortung, die ich gerne auf mich nehme, ist die, die jeder Deutsche mit besagter Vergangenheit tragen sollte: Nämlich die, über die Vergangenheit informiert worden zu sein und darüber wenigstens nachgedacht zu haben.


Es ist nicht einfach nur ein Informationsverhältnis. Das ist eine Verkennung.

Was ist das bitte für eine Verantwortung: Informiert worden zu sein? Da verschiebst Du die Verantwortung ja gerade. Würde das in Deiner Logik nicht auch bedeuten, zu informieren? Und 'Wenigstens mal nachgedacht zu haben'... darüber. Schön distanzierte Subjekt-Objekt Illusion...

Zitat
Eine Grundmotivation mit Schildern durch die Gegend zu laufen oder gar Lichterketten zu bilden, sich Aufkleber an sein Auto zu kleben oder Buttons an Jacken zu heften, kann ich dem irgendwie nicht entnehmen.


Was Du damit machst, welche Schlüsse Du ziehst und welche Änderungen in Deinem Handeln passieren, nachdem Du Dich tatsächlich mit der Vergangenheit als Produzent Deiner Selbst auseinandergesetzt hast, bleibt allein Dir überlassen. Solche symbolischen Handlungen sind nichts wert, wenn sie nicht dem eigenen Bedürfnis entspringen oder Dir sogar in irgend einer Weise aufgenötigt werden.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: Nachtmensch am 17 Juni 2005, 18:05:47
Zitat von: "DarkAmbient"

Ob Du willst, oder nicht. Du bist das Ergebnis. Du bist unwiderruflich infiziert, allein schon durch Sprache. Du hast keine Chance, außer durch eine autonome Individualität. (Ich verweise auf den Freiheit-Thread.) Und die gibt es nicht durch die Verleugnung der Identität, sondern durch die Auseinandersetzung inklusive all dem unsagbaren 'im Dunkeln tappen'.


Offensichtlich ist die Individualität eine subjektive Sache. Und meine Identität wurde nicht durch das kriminielle Handeln meiner Vorfahren definiert.

Zitat von: "DarkAmbient"

Es ist nicht einfach nur ein Informationsverhältnis. Das ist eine Verkennung.

Was ist das bitte für eine Verantwortung: Informiert worden zu sein? Da verschiebst Du die Verantwortung ja gerade. Würde das in Deiner Logik nicht auch bedeuten, zu informieren? Und 'Wenigstens mal nachgedacht zu haben'... darüber. Schön distanzierte Subjekt-Objekt Illusion...


Das Informationsverhältnis ist sogar ein aktives. Ich habe mich durchaus von mir heraus mit dem Thema beschäftigt. Du verkennst die Lage. Und die Tatsache, aus meinem Wissen / Glauben subjektiv richtige Schlüsse zu ziehen, ist für mich Verantwortung. Ob und in wieweit das Informieren anderer inbegriffen ist, ist imho ebenfalls subjektive Einschätzung. Wer informiert denn bitte wirklich und wen? Tust Du das? Oder unterhältst Du Dich nur mit eh schon gleichgesinnten?

Wieso Subjekt-Objekt _Illusion_? Ich als Subjekt nehme die Vergangenheit doch wahr. Subjekt-Objekt Beziehung - definitiv, aber ohne irgendeine Illusion.

N.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 17 Juni 2005, 18:29:38
Zitat von: "Thomas"
Du mußt schon unterscheiden zwischen "Staatsgebilde" und dem "Volk".Die Bundesrepublik als Staat ist natürlich der Nachfolger des 3.Reiches, aber nicht das deutsche Volk.Hier hast du's richtig gemacht :


Ach Thomas, wer hat bitteschon damit angefangen Begriffe wie Volk und Staat völlig durcheinander zu wuseln? Siehe:

Zitat von: "Thomas"
Das Bundesdeutsche Volk ist nicht die Nachfolgeorganisation der NSDAP.


Natürlich ist sie das nicht. Das Volk ist nicht einmal eine Organisation. Der Staat aber sehr wohl. Das ist keine ehrliche Diskussion, wenn Du ständig versuchst, die Debatte aufs Völkische zu verschieben. Das sind sehr durchsichtige rhetorische Taschenspielertricks.

Zitat
Tja, deine Fähigkeit zu wirren analogie-Konstrukten durfte ja schon in anderen Treads bewundert werden  :roll:


Schade, dass es Dir nicht aufgefallen ist. Ich versuche möglichst analytisch vorzugehen und nur zur Illustration und besserem Verständnis hin und wieder mal analogisch.

Wenn ich das oben einmal gemacht hab, zeigt es noch lange nicht, dass ich immer schon so argumentiert habe. Das so zu machen wie oben war keine gute Idee, also ausschließlich analogisch zu argumentieren. Jetzt weiß ich es.

Wenn es Dir ein Bedürfnis ist, ständig noch einmal zu Ausdruck zu bringen, was Du schon immer gewusst hast, bitte schön. Wahrscheinlich hast Du den GgR-Thread im Sinn. Aber vielleicht erinnerst Du Dich, dass ich dort bemerkt habe, dass Unfähigkeit zur Abstraktion offensichtlich mit vermehrter Benutzung von Analogien einhergeht. Sorry, in die Schublade springe ich nicht.
Titel: Heppner/ van Dyk und die deutsche Gesichte...
Beitrag von: DarkAmbient am 17 Juni 2005, 18:59:17
Zitat von: "Nachtmensch"
Offensichtlich ist die Individualität eine subjektive Sache.


Ja, nur ist Subjektivität vor allem eine kollektive Sache.

Zitat
Und meine Identität wurde nicht durch das kriminielle Handeln meiner Vorfahren definiert.


So einfach nicht. Es wird u.a. dadurch definiert, aber genauso mit dem Versuch, dieses Handeln zu verdrängen, zu verarbeiten, wieder gut zu machen aber manchmal auch gegen diese kriminellen Handlungen Widerstand zu leisten oder Opfer dieses kriminellen Handelns zu sein. Das ist ein komplizierter Prozess, deren widersprüchliches Ergebnis auch Du bist. Es ist die Frage des Umganges mit einem Gebilde, das Nachfolger von einem ist, das evtl. die eigenen Großeltern auf dem Gewissen hat, und von dem man trotzdem ein Teil ist.

Zitat
Das Informationsverhältnis ist sogar ein aktives. Ich habe mich durchaus von mir heraus mit dem Thema beschäftigt.


Das ist löblich. Du hattest es anders formuliert.

Zitat
Und die Tatsache, aus meinem Wissen / Glauben subjektiv richtige Schlüsse zu ziehen, ist für mich Verantwortung. Ob und in wieweit das Informieren anderer inbegriffen ist, ist imho ebenfalls subjektive Einschätzung.


Es könnte als Reflektion Deiner Auseinandersetzung aufgefasst werden, inwieweit Du zu dem Schluss kommst, dass um irgendwie vernünftig gestalten zu können, wie wir leben wollen, wir wissen müssen, wie wir gelebt haben.

Zitat
Wer informiert denn bitte wirklich und wen?


Um es genau zu sagen: Den Begriff 'Informieren', den Du ja in die Diskussion geworfen hast, finde ich nicht so glücklich, da er unterstellt, dass alles auf bewusste und gewollte Art transportiert wird. Das meißte passiert nicht bewusst, da ist Subjetivierung oder Sozialisierung vielleicht ein besserer Begriff.

Zitat
Tust Du das? Oder unterhältst Du Dich nur mit eh schon gleichgesinnten?


Ich würde sagen, Thomas ist nicht unbedingt ein Gleichgesinnter, insofern: Ja, ich tu das. Oder sollte das eine rhetorische Frage sein, die auf etwas anderes zielte?

Zitat
Wieso Subjekt-Objekt _Illusion_? Ich als Subjekt nehme die Vergangenheit doch wahr. Subjekt-Objekt Beziehung - definitiv, aber ohne irgendeine Illusion.


Das Fachwort ist Illusio -- eine notwendige, unvermeidliche Illusion. Finde ich treffend, wenn Du der Auffassung bist, dass Du weniger irgendeine Black Box bist, die Geschichte objektiv erfasst, sondern vielmehr selbst Ergebnis und Teil der Geschichte.