Schwarzes Hamburg
Schwarzes Hamburg => Archiv => Politik & Gesellschaft -Archiv- => Thema gestartet von: toxic_garden am 29 Mai 2005, 22:23:00
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Laut einer Meldung (http://referendum-constitution-europeenne.france2.fr/11015754-fr.php) des Senders France2 wurde die EU-Verfassung in Frankreich durch die Volksabstimmung vorerst verhindert. Für die, die es nicht wissen: damit gilt die EU-Verfassung auch in allen anderen Mitgliedsstaaten vorläufig als gescheitert. :mrgreen:
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Ja, manchmal schafft's die Demokratie ja doch noch, einem ein Lächeln zu entlocken :D
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Merci France :D
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Die inhaltliche Ausgestaltung der geplanten EU-Verfassung mal außen vor gelassen: Was ist positiv daran, dass die Nationalstaaten weiterhin mit nationalen Gesetzgebungen vor sich hinwurschtlen, während die Wirtschaft auf die EU-Binnengrenzen scheissen kann?
Meiner Ansicht nach ist damit eine Chance zur demokratischen Mitgestaltung des Systems vertan worden. Eine gemeinsame Verfassung wäre der erste Schritt dazu gewesen. Indem man eine einheitliche EU-Gesetzgebung torpediert, vergibt man sich die Chance zur Wiedererlanung größerer Kontrollmechanismen über die Heuschrecken, die die einzelnen Staaten gegeneinander ausspielen, um eine möglichst fette Rendite abzugreifen.
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Ich glaube nicht an demokratische Mitgestaltung. Und nein, ich wandere nicht aus.
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Solange die Politiker nicht in der Lage sind den Bürgern klar und deutlich zu vermitteln, was für Vorteile und Chancen sie von einer allgemein gültigen europäischen Verfassung haben, wird es immer wieder Schlappen, wie die jüngste in Frankreich geben.
Ich finde den Gedanken an ein demokratisch, wirtschaftlich, außen- und innenpolitisch und gesetzestechnisch geeintes Europa faszinierend. Eben, wie jeder gute Deutsche...
Jetzt mal im Ernst, ich weiß auch nicht, was ihr so toll daran findet, dass Frankreichs Bevölkerung JA zum Nationalstaat sagt (also jetzt erst mal nur was die Legislative betrifft). Das ist ein weiterer Stein im Rad des Getriebes, der den positiven Prozess der europäischen Einigung behindert.
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mist!
das schwächt die eu. das stärkt nationalisten. und die usa. mist!!
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im Grunde ist das ganz einfach: nahezu jeder Gesetzesentwurf, der in den vergangenen Monaten und Jahren von der EU auf den Weg gebracht wurde (ok, sagen wir die Gesetze, von denen man über die Medien erfahrern hat), zeugte von einer noch stärkeren Lobby-Gefolgsamkeit als es ohnehin in den einzelnen Staaten schon üblich ist. Diese Hörigkeit hat uns z.B. schon die vieldiskutierte neue Patentregelung eingebracht. (na? wer erinnert sich?)
Die Vorstellung, das dieses Verhalten durch eine gemeinsame Verfassung auch noch gestärkt und gefördert wird lässt mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. :evil:
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Das kann ich nachvollziehen, irgendwo muss aber mal angesetzt werden und wenn es denn wirklich ein demokratisches Europa ist, wird man gegen Filz, exzessiven Opportunismus und andere unfairen Gebahren früher oder später vorgehen (ich weiß, das klingt naiv und blauäugig, aber wo liegen die Vorzüge eines Europas wie vor der EU?). Meiner Meinung nach leben wir aber mittlerweile in einer Welt, die zum sprichwörtlichen Dorf geworden ist. Und wie Dorfgemeinschaften nun mal so sind, wird jeder Eigenbrödler und abgeschottete Eremit mit Misstrauen beäugt und geschmäht (nicht zu vergessen, dass hinter seinem Rücken über ihn getuschelt wird und keiner mit ihm Geschäfte machen will).
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die EU-Verfassung auch in allen anderen Mitgliedsstaaten vorläufig als gescheitert. :mrgreen:
Das ist ja noch gar nicht sicher ;-)
Die anderen Staaten machen erst mal weiter mit dem Ratifizierungsverfahren, und hoechstwahrscheinlich wird Frankreich einfach naechstes Jahr noch mal abstimmen. Bis dahin hat man dann vielleicht ueberzeugender rueberbringen koennen, warum Europa eine gemeinsame Verfassung braucht.
Wer gegen die Verfassung wettert, sollte mal bedenken, dass so, wie es jetzt ist, jedes kleine Land - und eben auch die neuen - wichtige Gesetzesvorhaben wegen der bisher noch benoetigten Einstimmigkeit blockieren koennen.
Und das ist auf die Dauer ein unhaltbarer Zustand (wenngleich auch die geplante Verfassung noch einige inhaltliche Maengel aufweist, insbesondere, was den Agrarhaushalt angeht).
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Nennt mich jetzt ungebildet und antiqiuert, aber was hat der Agrarhaushalt überhaupt in einer Verfassung zu suchen?
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im Grunde ist das ganz einfach: nahezu jeder Gesetzesentwurf, der in den vergangenen Monaten und Jahren von der EU auf den Weg gebracht wurde (ok, sagen wir die Gesetze, von denen man über die Medien erfahrern hat), zeugte von einer noch stärkeren Lobby-Gefolgsamkeit als es ohnehin in den einzelnen Staaten schon üblich ist. Diese Hörigkeit hat uns z.B. schon die vieldiskutierte neue Patentregelung eingebracht. (na? wer erinnert sich?)
Deswegen halte ich es ja gerade fuer so wichtig, dass die neue Verfassung in Kraft tritt. Denn dann muss das EU-Parlament ca 80% der Gesetzes-Vorlagen zustimmen, bisher ist es nur die Haelfte.
Soll heissen: Bisher koennen einzelne Organe der EU (Ministerrat) einfach die meisten Vorhaben durchwinken, mit der neuen Verfassung muesste dann aber auch noch das Parlament ueberzeugt werden.
Was mich allerdings an der neuen Verfassung noch stoert, ist, dass das Parlament keine eigenen Gesetzesvorlagen einbringen darf...
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Nennt mich jetzt ungebildet und antiqiuert, aber was hat der Agrarhaushalt überhaupt in einer Verfassung zu suchen?
Es geht nicht um den Agrarhaushalt an sich. Es geht darum, dass das EU-Parlament zwar generell dem Haushalt zustimmen muss (auch in der neuen Verfassung), dass aber der riesige Batzen des (auch Dank Frankreich) ueberblaehten Agrarhaushaltes da herausgenommen wurde.
Darueber hat das Parlament also auch weiterhin nicht zu entscheiden.
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Das vorige Europa hatte soviel Potenzial zum Mist-bauen. Auch wenn's jetzt sehr platt klingt. So seh' ich das inzwischen. Dass es damals bei Softwarepatenten nicht sauber zuging, hat man gemerkt. Die EU-Verfassung soll(te) in 25 Ländern ratifiziert werden. Davon haben nur 10 sich getraut, ihre Bevölkerung zu fragen. Ich glaube Schweden war's die sich nach dem "Nein" zur Währungsunion diesmal entschlossen haben, garnicht erst "unten" nachzufragen. Mittels der EU sollten die Preise sinken. Hat auch nicht funktioniert. Ganz im Gegenteil.
Für mich ist das Projekt bzw. die Idee einfach gescheitert. Die EU will eben nichts Gemeinsames, auch wenn jeder das gern hätte. Ob dies daran liegt, dass sie von Anfang an die Wirtschaft im Buckel hat, kann ich nicht sagen. Ich für meinen Teil halte jedenfalls nichts von dieser "Neodemokratie". Im Zuge der Globalisierung könnten die Länder ihre Behörden, Rathäuser und Parlamente ja sicher auch problemlos ins Ausland verlegen, dann hat man nicht immer die lästigen Demonstranten am Hals :)
Aber naja. Ich bin nur Entwickler. Was hab ich schon mit Politik zu tun. Der "Trend" oder "Hype" EU hat auf mich einfach nicht gewirkt.
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Die anderen Staaten machen erst mal weiter mit dem Ratifizierungsverfahren, und hoechstwahrscheinlich wird Frankreich einfach naechstes Jahr noch mal abstimmen. Bis dahin hat man dann vielleicht ueberzeugender rueberbringen koennen, warum Europa eine gemeinsame Verfassung braucht.
Ja, die EU wird langsam zur GEZ. "Hätten's vielleicht was zum Ratifizieren?"
Wer gegen die Verfassung wettert, sollte mal bedenken, dass so, wie es jetzt ist, jedes kleine Land - und eben auch die neuen - wichtige Gesetzesvorhaben wegen der bisher noch benoetigten Einstimmigkeit blockieren koennen.
Du meinst wie Softwarepatente? EU-Verfassung? EU-Haftbefehl? Gerne!
Nennt mich jetzt ungebildet und antiqiuert, aber was hat der Agrarhaushalt überhaupt in einer Verfassung zu suchen?
Hat der Agrarausschuß(?) nicht 12x versucht Softwarepatente durchzudrücken?
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Wer gegen die Verfassung wettert, sollte mal bedenken, dass so, wie es jetzt ist, jedes kleine Land - und eben auch die neuen - wichtige Gesetzesvorhaben wegen der bisher noch benoetigten Einstimmigkeit blockieren koennen.
Du meinst wie Softwarepatente? EU-Verfassung? EU-Haftbefehl? Gerne!
Ich bin auch Entwickler, daher kann ich Deine Antipathie gegen Software-Patente nur zu gut nachvollziehen. Und zum EU-Haftbefehl habe ich mich ja schon geaeussert.
Aber gerade deshalb muss die Art der Entscheidungsfindung der EU grundlegend reformiert werden. Und genau das tut die neue Verfassung.
Was waere denn die Alternative? Dass die EU aufgeloest wird daran glaubt hier sicher keiner (und das waere IMHO auch fatal). Wenn das aber so bleibt wie bisher, dann werden Beschluesse wie die zu den Software-Patenten sicher noch zunehmen.
Hat der Agrarausschuß(?) nicht 12x versucht Softwarepatente durchzudrücken?
Hmm, war das nicht der Fischerei-Ausschuss? ;-)
Verrueckt, daran muss einfach was geaendert werden...
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Hat der Agrarausschuß(?) nicht 12x versucht Softwarepatente durchzudrücken?
Hmm, war das nicht der Fischerei-Ausschuss? ;-)
Beide soweit ich weiß, aber anscheinend ja beide nicht inkompetent/ignorant genug :)
Das ist btw auch der einzige Punkt, in dem ich der EU-Verfassung zustimmen würde. Wobei es an sich schon erschreckend ist, dass Prinzipien wie Gewaltenteilung etc. immer und immer mehr in den Hintergrund rücken, nur weil (um mal wieder eins der Lieblingsthemen hier aufzugreifen) sie im kapitalistischen Sinne nicht "effizient" genug sind. Aber was hat Macht über nen paar hundert Millionen Menschen schon mit Verantwortung oder langfristigem Denken zu tun.
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Aber gerade deshalb muss die Art der Entscheidungsfindung der EU grundlegend reformiert werden. Und genau das tut die neue Verfassung.
Mir ist an dieser Verfassung einfach schon zuviel "Hintenrum" passiert, als dass ich dem noch Vertrauen würde. Tut mir leid, das wurde einfach verspielt.
Was waere denn die Alternative? Dass die EU aufgeloest wird daran glaubt hier sicher keiner (und das waere IMHO auch fatal). Wenn das aber so bleibt wie bisher, dann werden Beschluesse wie die zu den Software-Patenten sicher noch zunehmen.
Nein, ich glaube auch nicht, dass die EU aufgelöst wird. Ich wäre froh, aber ich glaube es nicht. Und nach solchen Happenings wie jetzt in Frankreich denke ich auch nicht, dass die EU "volks-lastiger" wird. Ganz im Gegenteil.
Verrueckt, daran muss einfach was geaendert werden...
Ja. Vielleicht sollten wir aber aufhören, Tische an den Rumpf zu nageln um das eindringende Wasser zu stoppen, und stattdessen das sinkende Schiff verlassen.
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Ich habe bei der Umfrage nicht abgestimmt.
Einerseits bin ich froh über das Nein: Diese "Nein zur Verfassung heisst auch nein zu Europa-Stimmung" bisher hat mir einfach nicht gefallen. Da war das französische "non" ein mutiges(?) Zeichen.
Andererseits wäre es sicher wichtig, dass die Gemeinschaft der europäischen Staaten auch eine gemeinsame Grundlage hat, um gemeinsam (Überbenutzung dieses Wortes, ich weiss ;) ) in die Zukunft zu gehen.
S.V. - hin- und hergerissen und sich nicht klar ausdrücken könnend