Schwarzes Hamburg

Schwarzes Hamburg => Archiv => Politik & Gesellschaft -Archiv- => Thema gestartet von: SuperTorus am 31 Juli 2004, 13:38:04

Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: SuperTorus am 31 Juli 2004, 13:38:04
Sagt mal...

Ihr kennt ja alle zumindest teilweise diese ganze Himmel/Hölle, Gott & Teufel Geschichte. Ist ja Teil des Christlichen Glaubens. So'n bischen kommt man ja schon damit in Kontakt.


Da gibt es den Teufel, Erzengel, gute und böse Engel.. all diesen ganzen Kram. Ich muss zugeben, das ich die dicke Schwarte (== Bibel) nie so richtig gelesen habe, nur auszugsweise mal, wenn ich mich amüsieren wollte. Ich hab aber mal Miltons Paradise Lost gelesen (in der Original-Fassung, war mal auf dem altenglisch-trip). Von Dantes Inferno hab ich auch 'n relativ guten Überblick.

Ja.. Da stellt sich mir folgende Frage:

Sowohl Dante als auch Milton sind Roman-Autoren bzw. Dichter ihrer Zeit gewesen. Die haben sich das alles ausgedacht.

Ich kann mich nicht erinnern irgendwelche Teufel-Geschichten in der Bibel gefunden zu haben. Daran hätt ich mich doch erinnert? So eine feiste Verbannung aus dem Himmel mit Zoff zwischen Göttern und Engeln vergisst man nicht. Klar - mit dem Teufel und der Hölle wird ab und an mal gedroht, aber eine wirkliche Beschreibung dazu gibt es nicht. Da sind immer nur ganz diffuse "dann kommst Du in die Hölle"-Aussagen.


Kann es sein, das die ganze Geschichte von Luzifer, der als gefallener Engel in die Hölle verbannt wurde eigentlich garnichts mit dem Christentum zu tun hat? Wenn dem nicht so ist, dann müsste ja was in der dicken Schwarte stehen.

Oder ist die ganze Geschichte nicht viel mehr Volksaberglauben? Wenn das so ist, dann währ der ganze Satanismus Kram (zumindest der nicht Lavey'sche) ja im höchsten Maße lächerlich.

Weis da jemand mehr?

Gruß,
  SuperTorus
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: KainsRache am 31 Juli 2004, 13:53:41
Ich werde mich da noch mal informieren, aber soweit ich das mitbekommen habe, stammen viele dieser Geschichten eher aus den Apokryphen und sind nie in die Bibel aufgenommen worden.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Speed Queen am 31 Juli 2004, 13:54:22
Hm, interessante Frage! Leider hab ich gerade keine dicke Schwarte zur Hand, um da mal drin rumzublättern. Hätte ich die beim Umzug bloß mitgenommen...

Aber ich werde da mal drüber nachdenken und bin gespannt, ob da jemand anderes was genaues zu weiß!
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: KainsRache am 31 Juli 2004, 14:06:40
Und schon gefunden was ich suchte: Lies mal hier (http://www.sta-leistadt.de/prophecy/02/02s01.htm) nach, ich hoffe das beantwortet die wichtigsten Fragen :)
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: colourize am 31 Juli 2004, 14:14:20
Die heutigen Vorstellungen vom Bösen gehen wohl weniger auf die Bibel zurück, als auf die paranoide Angst der Institution Kirche vor Innovationen jeglicher Art zur Zeit des ausgehenden Mittelalters. "Satan" war im alten Testament bloß die Bezeichnung für den Widersacher Gottes, die Bezeichnung war aber nicht total, sondern situativ: Man konnte jemanden als Satan bezeichnen und diese Zuweisung hatte später keine Bedeutung mehr, etwa wie wir heute sagen würden "Du bist ein Idiot.", was ja auch eine Zuschreibung ist, die nur in der Situation gilt. - Und nicht für alle Ewigkeit Bestand behält.

Satan ist also im Alten Testament erstmal kein "gefallener Engel", mal abgesehen davon dass der ganze Engelskram eh eine neutestamentarische Kiste ist.

Trotzdem: In der Bibel (Neues Testament) gibt es einige Hinweise auf Luzifer als gefallenen Engel, so etwa in dem Zweiten Brief des Paulus an die Korinther (Kap. 11,12-14): "Was ich aber tue, das will ich auch weiterhin tun und denen den Anlaß nehmen, die einen Anlaß suchen, sich zu rühmen, sie seien wie wir. Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter und verstellen sich als Apostel Christi. Und das ist auch kein Wunder; denn er selbst, der Satan, verstellt sich als Engel des Lichts."

Der als "Engel des Lichts" verstellte Satan, ist Luzifer - "Luzifer" bedeutet soviel wie "Träger des Lichts".

Was die Hölle betrifft, so ist der Untergang der vom wahren Glauben abgefallenen galiläischen Städte zu erwähnen, dokumentiert im Evangelium des Lukas (Kap. 10, 13-20): "Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Denn wären solche Taten in Tyrus und Sidon geschehen, wie sie bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche gesessen und Buße getan. Doch es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen im Gericht als euch. Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis in die Hölle hinuntergestoßen werden. Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat.
Die Zweiundsiebzig aber kamen zurück voll Freude und sprachen: Herr, auch die bösen Geister sind uns untertan in deinem Namen. Er sprach aber zu ihnen: Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz. Seht, ich habe euch Macht gegeben, zu treten auf Schlangen und Skorpione, und Macht über alle Gewalt des Feindes; und nichts wird euch schaden. Doch darüber freut euch nicht, daß euch die Geister untertan sind. Freut euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind."


Am meisten Hinweise auf gefallene Engel, die Hölle und den Kampf "Gut gegen Böse" gibt jedoch der Apostel Johannes, dessen "Offenbarung" (wohl ein Spätwerk, das er im Angesicht des Todes oder unter Drogeneinfluss geschrieben haben muss) ein absolutes Highlight der Bibel ist. Fast komplett lesenswert, hier geht es richtig zur Sache. Kleine Kostprobe aus der Offenbarung des Johannes, Kapitel 12, 7-12: "Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel, und sie siegten nicht, und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel. Und es wurde hinausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt: Teufel und Satan, der die ganze Welt verführt, und er wurde auf die Erde geworfen, und seine Engel wurden mit ihm dahin geworfen. Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus; denn der Verkläger unserer Brüder ist verworfen, der sie verklagte Tag und Nacht vor unserm Gott. Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt, bis hin zum Tod. Darum freut euch, ihr Himmel und die darin wohnen! Weh aber der Erde und dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, daß er wenig Zeit hat."

Großes Kino. Gut gegen Böse. Wie im wahren Leben. :D
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: SuperTorus am 31 Juli 2004, 14:41:21
Colourize,

  Ja, die Johannes-Offenbarung kenn ich natürlich. In der Tat, dort geht's zur Sache. Ich persönlich mag die Stelle, wo die Engel der Reihe nach in die "Posaune" blasen. Sehr feist, das alles.

  Ich muss mir mal wieder eine Schwarte besorgen, Ich glaub das währ ganz nett das mal wieder nachzulesen. Insbesondere interessiert mich wie definitiv die Geschichte beschrieben ist.  Der Link von KainsRache zeigt ja mal wieder deutlich wie viel "Handlung" und "Fakt" aus einer Hand voll diffuser Zitate gezogen wird. Ich muss mir wirklich die Original-Quellen reinziehen.



KainsRache,

  Danke für den Tip mit den Apokryphen. Die gibts ja im Internet netterweise auch in Deutscher Übersetung zu finden. Highlight scheint nach kurzem Einlesen das Thomas Evangelium zu sein. Damit werd ich heute sicher noch viel Spaß haben...  Dort steht zwar nichts zum Thema, aber gebt euch mal diese Zitate von Jesus:  


Wer den Vater und die Mutter kennt, wird Sohn einer Hure genannt werden. [/b]
Ne, ist schon klar, Junge..


... Denn jede Frau, die sich männlich macht, wird in das Himmelreich gelangen.
Wie jetzt? Und wo gelangen Kerle hin, die sich weiblich machen? Nein, ich will es garnicht wissen.


Wenn ihr aus zwei eins macht und wenn ihr das Innere wie das äußere macht und das äußere wie das Innere und das Obere wie das Untere und wenn ihr aus dem Männlichen und dem Weiblichen eine Sache macht, sodass das Männliche nicht männlich und das Weibliche nicht weiblich ist und wenn ihr Augen macht statt eines Auges und eine Hand statt einer Hand und einen Fuß statt eines Fußes, ein Bild statt eines Bildes, dann werdet ihr in das [Königreich] eingehen.[/b]

Ja, Jesus! Hast mal wieder recht... und reich mal die Myrrhe-Tüte weiter. Alleine kiffen macht dumm.



(sorry für's lästern, aber das konnte ich mir nicht verkneifen).



Gruß,
  Nils
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Speed Queen am 31 Juli 2004, 14:46:13
Hehe, herrliche Zitate!  :mrgreen:

*sichmalmännlichmachengeht*
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: KainsRache am 31 Juli 2004, 14:47:02
Ja, die Apokryphen sind doch immer wieder ein Quell der Heiterkeit :D Bei manchen sieht man wirklich auf den ersten Blick, warum sie nicht in die Bibel aufgenommen wurden...
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: SuperTorus am 31 Juli 2004, 14:48:39
ein wahrer fundus für signaturen...
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: SuperTorus am 31 Juli 2004, 15:34:44
hehe.. Den hier sollten gerade einige Gruftis uns mal zu Herzen nehmen:

36) Jesus sprach: Sorgt euch nicht vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen, mit was ihr euch bekleiden werdet.[/b]
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: colourize am 31 Juli 2004, 16:55:19
Shit, und ich zerbreche mir seit dem Aufstehen den Kopf darüber, was ich heute Abend zur Return anziehe... ich sollte mich wohl mal mehr an Jesus halten.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: sepp am 01 August 2004, 05:56:32
lucie kommt gleich hinter jesus,obwohl er schon im a.t. ne rolle hatte???thypisch christentum,für jedes etwas einen psalm.
gut,daß ich aus diesem verein ausgetreten bin.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: AnnHoly am 01 August 2004, 17:40:48
Also meiner - sicher sehr streitbaren - Ansicht nach ist die Bibel eine Best-Off-Compilation anderer Religionen. Die christliche Religion ist im Vergleich ja relativ jung. Und wenn man sich dann einmal die älteren anschaut, wirkt die christliche Religion wie ein einziges großes Puzzle. Die in der Bibel enthaltenen Erzählungen könnten genauso gut von einem Dichter/Schriftsteller damaliger Zeit stammen und wurden vermutlich einfach irgendwann als Tatsache hingestellt.

Ich meine, in etwa 2000 Jahren (so Erde und Menschen noch existieren) wird es unsere Schriften und Sprachen nicht mehr geben, sondern für die dann lebenden Menschen ebensolche Hyroglyphen sein, wie für uns die sumerische Schrift (o.ä.). Was mag dann mit Büchern wie "Der Herr der Ringe" geschehen? Wer weiß? ;-)
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: KainsRache am 01 August 2004, 22:44:16
Das ist sicher richtig, wenn man von der christlichen Religion al "Compilation" spricht. Wenn man alleine schaut, wie viele Zeichen der damaligen Religionen einfach übernommen wurden: Nimm alleine de Heiligenschein - eigentlich die Sonnenscheibe der damaligen Naturkulte. Der "Heilige Gral" - ein Kelch. Der Kelch wird als "V" dargestellt, das in den Naturkulten als Symbol für das Allerheiligste, die Frau (bzw. das V als Zeichen ihres Schoßes), stand, etc. Es finden sich so viele einfach übernommene Symbole und Bräuche wieder, siehe auch Ostern, und so weiter.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: AnnHoly am 02 August 2004, 00:50:33
Du sagst es! Ebenso wie das ach so heilige Kreuz eigentlich ein altes Sonnensymbol und auch das Weihnachtsfest heidnischen Ursprungs ist. Vieles wurde aus dem Heidentum und der germanischen Mythologie, aber auch aus Mythen des Römischen Reichs (wie die Geburt Jesu) etc. übernommen.

Hinzu kommt noch, dass die damals angefertigten "Übersetzungen" sehr stark vom Denken der Übersetzer geprägt sein dürften und diese auch mehrfach umgeschrieben wurden, um die zeitlichen und logischen Abläufe "stimmiger" zu machen. Schließlich sollte die Bibel glaubwürdig sein und für ihre Macher (bzw. diejenigen, welche die alten Geschichten für sich nutzen wollten) einen bestimmten Zweck erfüllen. Ebenso verhält es sich wohl auch mit Luzifer, der Hölle (aus der germanischen Mythologie und nicht unbedingt nur ein "böser" Ort) oder dem Drachen aus der Offenbarung des Apostel Johannes (ebenfalls dem Heidentum "entliehen") etc.: Geklaut und für die eigenen Zwecke mit eingebunden ...
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: KainsRache am 02 August 2004, 00:52:53
Es ist eben einfacher, Menschen an einen neuen Glauben zu gewöhnen, wenn dieser dem alten von Symbolen und Bräuchen her ähnelt. Das haben die frühe Christen sehr gut erkannt.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Darkchris am 02 August 2004, 01:45:48
Zitat aus dem Buch "Teufel - Entstehung, Mythos und Wirken des personifizietem Bösen" von Claire Singer, tosa verlag, Wien, ISBN: 3-85492-364-3

Zitat
Vorwort

Wer ist der Teufel, woher kommt er, warum glauben wir an ihn? Im Gegensatz zum Hexenglauben, der fast überall auf der Welt zu finden ist und dessen Ursprünge in den uralten schamanischen Traditionen der weissen Frauen liegen, ist der Teufel ein Produkt bestimmter Kulturen, ja ganz bestimmter Religionen.

Bis heute haben die wenigen, von der modernen Zivilisation noch weitergehend unberührten Naturvölker, aber auch sämtliche asiatische Religionen den Teufel nicht in ihre kultischen Handlungen und in ihre Mystik integriert. Natürlich beseelen Dämonen und Geister ihre Glaubenswelt, doch niemals in einer solchen Absolutheit wie in der Inkarnation des Bösen - dem Teufel - dem Gegenspieler Gottes. Mit dieser Stellung des Teufels wird rasch deutlich, dass der Teufel den grossen monotheistischen Religionen zuzuordnen ist. Er hat sseinen Ursprung in der alttestamentarischen Historie, wird bildhaft im frühen Judentum und manifestiert sich dort, bis er schliesslich seine mächtige Ausformung im Christentum erhält.
Eine ebenso festen und auch Furcht erregenden Platz hat er in der mohammedanischen Glaubenswelt. Somit hat der Teufelsglaube seine Wurzeln in den drei monotheistischen Weltreligionen: dem Judentum, dem Christentum und dem Islam. [...]


ich hoffe etwas helfen zu können!  :D
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Anonymous am 03 August 2004, 08:12:23
Also kurz bevor ich das Märchenbuch (Bibel) verbrannt habe, habe ich glaube ich etwas über den gefallenen Engel Luzifer,Satan, Beelzebub oder wie er sonst noch heisst, gelesen...naja...ich befasse mich nicht wirklich so damit...aber ich ahbe ein interessantes Buch mit dem Namen "Die Geschichte des Satan" ich werde demnächst zu Hause ein paar Zeilen daraus abtippen, die evtl. weiterhelfen könnten...
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: SuperTorus am 03 August 2004, 19:31:42
Cloud-X,

mach mal bitte..

Wobei ich ja mal sagen muß, das ich solch Büchern (vom Titel schon) nicht über den Weg traue, was die "wissenschaftlichkeit" des Hintergrundes angeht.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Anonymous am 03 August 2004, 20:06:51
also das buch beinhaltet zum teil auch nachweise dafür, dass die alten kriegsführer satan beschworen haben um den krieg zu gewinnen...
also ich denke mal der autor hat beim verfassen des buches genügend recherchiert...
kann allerdings ein bischen dauern...ich setz es dann am besten als neues thema rein, weil dieses dann wohl bald im forumnirvana landet...
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Kenaz am 04 August 2004, 00:13:45
Mahlzeit, Gemeinde!

Ich darf Euch darüber in Kenntnis setzen, daß der strikte Gut-Böse-Dualismus mitnichten auf dem Mist des Christentums gewachsen ist; in der radikalen Form wie er uns heute geläufig ist, geht er auf den persischen Religionsstifter Zoroaster - auch Zarathustra genannt - zurück, der im siebten Jahrhundert vor Christus wirkte und der Welt den - tä-te-rä-tääää! - Zoroastrismus bescherte. In dessen religiösem Mythos werden zwei gleichermaßen ursprüngliche Prinzipien, nämlich der lichte Gott Ahura-Mazda und sein finsterer Gegenspieler Ahriman, angesetzt, die in ewigem, nicht zu versöhnendem Clinch miteinander liegen. - Was in einem der vorangegangenen Beiträgen ja bereits anklang, ist nämlich durchaus zutreffend: Die meisten poly- oder pantheistischen Religionen kennen keine strikte Differenzierung zwischen dem "guten" und dem "bösen" Prinzip, sondern fassen in der Regel beides als unterschiedliche Aspekte ein- und derselben Gottheit auf. - Herzallerliebst und exemplarisch im Hinduismus zu studieren, dessen Heerscharen von unterschiedlichen Gottheiten sich in allerletzter Konsequenz auf EIN einziges Prinzip zurückführen lassen - und im Hinblick auf den Gut-Böse-Gegensatz kann hier idealerweise die Gattin des Gottes Shiva (seinerseits Teil einer quasi dreieinigen Gottheit bestehend aus Vishnu, Brahma und eben Shiva), Parvati, als Beispiel herangezogen werden, die in ihrem lichten Aspekt - als Durga - Göttin der Erde, des Lebens, der Fruchtbarkeit, in ihrem dunklen Aspekt - als Kali - hingegen das destruktive, allesverschlingende Prinzip einer Vernichtergottheit verkörpert; Leben und Tod werden hier eben sehr sinnig als zwei Seiten ein- und derselben Medaille und unter Ausblendung der nur moralischen Kategorien "gut" und "böse" verstanden. Spuren dieses Denkens lassen sich aber durchaus auch im Alten Testament nachweisen, in dem der olle Jahwe bekanntlich alles andere als einen "lieben" Gott abgibt, sondern sich durch extreme Launenhaftigkeit, einen starken Hang zum unmäßigen Rachedurst sowie zu extremer Eifersucht und ebensolchem Mißtrauen auszeichnet, insofern also alles andere als einen angenehmen Zeitgenossen darstellt. In der von der Kirche autorisierten Bibel findet man so gut wie keine Belegstellen für den Satan, der Begriff seinerseits leitet sich wahrscheinlich vom ägyptischen Gott Seth ab, der in der ägyptischen Mythologie ebenfalls eine eher unrühmliche Rolle bekleidet ... - aber das ist ein anderer Film ... - Im Neuen Testament findet sich bei Lukas 10,18 der berühmte, dort Jesus zugeschriebene Satz: "Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen", desweiteren gibt's dann noch die Geschichte von der Versuchung Jesu anläßlich der 40 Tage in der Wüste - Matthäus 4,1-11, auch irgendwo bei Lukas, das war's dann aber auch. Im Alten Testament fällt seine Rolle ebenfalls sehr mager aus, die Verführung Evas zum Biß in den bösen Apfel z. B. wird ausdrücklich nicht mit dem Satan, sondern nur mit der  S c h l a n g e  in Verbindung gebracht. Langer Rede kurzer Sinn: Die ganze Mythologie um den Engelssturz und alles, was da sonst noch so dranhängt inklusive Beelzebub, Belial, Samael und dem Rest der finsteren Dämonenhorde, desweiteren die - durchaus nicht unspannenden - Geschichten um Adams "andere" Frau, die fiese Lilith, finden sich samt und sonders in den apokryphen Evangelien - allerdings ist man da im Thomas-Evangelium an der völlig falschen Adresse: DAS ist esoterische Mystik reinsten Wassers und hat mit dämonologischem Hokuspokus nicht das allergeringste zu tun.

Die extreme Radikalisierung, die das Teufelsbild im Laufe der Jahrhunderte erfuhr und gerade im Mittelalter dann ungeahnte Blüten trieb - wie bspw. Schätzungen der Mannschaftsstärke der höllischen Belegschaft, die sich im X-Millionen-Bereich bewegten -, geht auf die Kirchenfürsten und den, sich seit dem 6. und 7. Jh. immer rasanter entwickelnden Etablierungs- und Institutionalisierungsprozeß der Kirche zurück, die zu einem Machtfaktor wurde. - Und wie erhält man Macht am besten aufrecht? - Genau: Mit Angst. Und da kam einem ein Satan, der mit Gott so rein gar nichts zu schaffen hat, natürlich sehr gelegen.

Daß die grundsätzliche Dichotomie, die zwischen Gott und Satan heute herrscht, letztlich völlig unplausibel ist, wird ja schon allein daran deutlich, daß Gott nach christlichem Verständnis der Schöpfer des gesamten Kosmos ist; dementsprechend auch des Teufels. Satan KANN gar nicht anders als mit Gottes Billigung handeln - auch das wird an einer der wenigen Stellen mit Satansbezug im AT deutlich, nämlich im Buch Hiob, woselbst der Satan mit ausdrücklicher Billigung des Allmächtigen dem braven Hiob zum Behufe einer gründlichen Loyalitätsprüfung aber mal so RICHTIG auf die Kappe geben darf ...

So weit so gut, für heute ist's genug getippt - ich wünsche noch einen angenehmen Abend!


Hosiannah!

K.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Apostat am 15 August 2004, 02:00:21
@Kenaz: ich finde deinen Beitrag hervorragend !

Meine Gedanken dazu:
Die Idee eines Dualismus von Gut und Böse ist an sich nichts Verwerfliches, sie entspringt eher der Beobachtung des Menschen.  Je mehr man versucht, den "dunklen" Teil des Menschen auszublenden, desto strengere Sittengesetze muß man aufstellen und desto mehr muß man die dunkle Seite verteufeln, um das Augenmerk auf das Lichte, Gute zu lenken. Heutzutage benutzt man die gleichen Mechanismen häufig in der Politik... eine Diskussion wird dadurch unmöglich, daß man die Argumente der Gegenseite von vornherein als "böse", "abartig" oder "unmoralisch" klassifiziert. Der Vorteil dabei ist oft, daß man sich nicht näher mit den Aussagen des Anderen auseinandersetzen muß - und dabei die Auseinandersetzung mit den Schwachstellen der eigenen Argumentation vermeiden kann.
Das Christentum begründete damit für mich eine Tradition im Abendland, die immer wieder durch freie Geister unterbrochen und gestört wurde, aber bis in die heutige Zeit (besonders in Form von Ideologien) fortgesetzt wurde.

Dualismus in seiner absoluten Form (ein Prophet verkündet, daß er weiß, was "gut" ist), ist meiner Ansicht nach der direkte Vorläufer des Monotheismus: ein Wegbereiter der Intoleranz und Verfolgung Andersdenkender.  Manfred Claussen schreibt in seinem Buch "Mithras - Kult und Mysterien" zur traditionellen griechisch-römischen Gedankenwelt, die ohne diesen strikten Dualismus auskommt,  "Der Mensch war mithin ein sterblicher Gott und Gott ein sterblicher Mensch.  Die Distanz zu Gott blieb nicht unüberbrückbar, und sie konnte von jedem einzelnen überwunden werden.".
Ein "offener" Glaube bietet allen die Möglichkeit, sich ihm auf unterschiedlichen Wegen zu nähern, emotional und intellektuell.  Ein (monotheistischer) Glaube, der die intellektuelle Komponente vermissen lässt, muß den Intellekt durch eine strikte Lehre, die alle Zweifel verdammt, bekämpfen, Diskussionen im Keim ersticken.
Ein Glaube, der nur aus der Anti-These eines Bestehende resultiert (weite Teile des Satanismus), kann nichts Neues, nichts Produktives bringen, sondern reagiert nur auf die Fehler des Vorgängers und bewegt sich im selben Schema.

Aus dieser Sicht kann man die Kirchenväter nur "bewundern", weil sie es geschafft haben, aus einer unbedeutenden Sekte, deren Sichtweisen den Instinkten und an vielen Stellen dem Intellekt des Menschen diametral entgegenstehen, einen nahezu weltumspannenden Glauben zu kreieren.  Dies ist wohl nur zu wenigen Zeitpunkten der Geschichte möglich, die Spätantike war ein solcher.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Kenaz am 15 August 2004, 10:57:43
@ Apostat

Besten Dank für die Blumen, die ich hiermit zurückgebe, denn auch Deine Äußerungen erregen mein Wohlwollen  :wink: !

Zitat
Dualismus in seiner absoluten Form (ein Prophet verkündet, daß er weiß, was "gut" ist), ist meiner Ansicht nach der direkte Vorläufer des Monotheismus: ein Wegbereiter der Intoleranz und Verfolgung Andersdenkender.

- Konsequenterweise hat Nietzsche seiner Verkörperung dessen, der diese Struktur zugunsten des "Jenseits von Gut und Böse" überwindet, ja auch den Namen Zarathustra gegeben:

"Man hat mich nicht gefragt, man hätte mich fragen sollen, was gerade in meinem Munde, im Munde des ersten Immoralisten, der Name Zarathustra bedeutet: denn was die ungeheure Einzigkeit jenes Persers in der Geschichte ausmacht, ist gerade dazu das Gegentheil. Zarathustra hat zuerst im Kampf des Guten und des Bösen das eigentliche Rad im Getriebe der Dinge gesehn, - die Übersetzung der Moral in’s Metaphysische, als Kraft, Ursache, Zweck an sich, ist sein Werk. Aber diese Frage wäre im Grunde bereits die Antwort. Zarathustra schuf diesen verhängnissvollsten Irrthum, die Moral: folglich muss er auch der Erste sein, der ihn erkennt. "

(Friedrich Nietzsche, "Ecce Homo", 'Warum ich ein Schicksal bin', §8 )

Zitat
Ein "offener" Glaube bietet allen die Möglichkeit, sich ihm auf unterschiedlichen Wegen zu nähern, emotional und intellektuell. Ein (monotheistischer) Glaube, der die intellektuelle Komponente vermissen lässt, muß den Intellekt durch eine strikte Lehre, die alle Zweifel verdammt, bekämpfen, Diskussionen im Keim ersticken.

- Ich denke allerdings, daß das - wenn man es mal so nennen will - Herzstück einer Religion immer einen paradoxalen Charakter aufweisen und sich somit dem intellektuellen Zugriff gerade verweigern muß, denn Religion rekurriert auf einen Bereich, aus dem die differenzierende Funktion des Intellektes erst hervorgeht, auf dem sie aufbaut. Eine rein rational-intellektuelle Religion (so man sich so etwas überhaupt vorzustellen vermag) kommt meiner Ansicht nach dem berühmten "hölzernen Eisen" gleich. Das "Göttliche", oder wie immer man dasjenige nennen will, für das jeder "Name" immer nur Maske ist, läßt sich "per definitionem" (hahaha!) begrifflich-intellektuell nicht fassen. Um mit Meister Eckhart mal einen meiner ganz großen Helden innerhalb der mittelalterlichen christlichen Mystik zu Wort kommen zu lassen:

"Alles, was das Erkennen zu begreifen, und alles, was das Begehren zu begehren vermag, das ist nicht Gott. - Wo das Erkennen und das Begehren enden, da ist es finster, da aber  l e u c h t e t  Gott."

(Meister Eckhart, Deutsche Predigten, Pr. 42)

Bezeichnenderweise mußten innerhalb der Kirche gerade jene, die auf eine letztlich gemeinsame Wurzel aller Seinsqualitäten hinwiesen - und damit Gott quasi in einem Bereich "jenseits von Gut und Böse" verortet bzw. in ihm die coincidentia oppositorum verwirklicht sahen (Eckhart differenziert insofern pfiffigerweise "Gott" sorgfältig von einer noch fundamentaleren "Gottheit") - , immer wieder Schwierigkeiten und Repressalien gewärtig sein: auch Eckhart ist der Hl. Inquisition lediglich durch sein natürliches Ableben entgangen. Wie gesagt: Die Kiche ist ein Machtapparat und da gilt jetzt wie ehedem das gute, alte, caesarische "divide et impera": Die Verselbständigung des "bösen" Prinzips in der Gestalt des satanischen Widersachers schafft Angst, Angst wiederum schafft Spaltung zwischen Mensch und Mensch bzw. Mensch und Welt - und dieser Umstand macht den Menschen beherrschbar. Denn nur wer Angst hat, läßt sich beherrschen.

In diesem Sinne: God is a DJ! :wink:


Dir 'nen sonnigen Sonntag!

K.
Titel: Engelchen und Teufelchen
Beitrag von: Apostat am 16 August 2004, 21:34:20
Eine ausschließlich rational-intellektuelle Religion - nennt man das nicht Philosophie ;) - kann es auch in meinen Augen nicht geben.
Der Sinn einer Religion ist - wie das Zitat von Meister Eckhart treffend ausdrückt - das Unerklärliche erträglich zu machen, dem Menschen Hoffnung zu geben.
Wenn eine bestimmte Religion allerdings dazuführt, daß neue Erkenntnisse unterdrückt werden, eine Fortentwicklung unmöglich wird, kann ich diese nur ablehnen, da sie einzig die Emotionen (besonders die Ängste vor dem Unbekannten) anspricht.  Ich denke, daß eine Religion in der Lage sein sollte, Entwicklungen und Entdeckungen zu integrieren.  Es wird sicherlich stets genug Unerklärbares geben (und neu entstehen), dem die Religion einen Sinn verleihen kann.