Schwarzes Hamburg

Schwarzes Hamburg => Archiv => Politik & Gesellschaft -Archiv- => Thema gestartet von: CubistVowel am 10 August 2010, 13:09:11

Titel: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 10 August 2010, 13:09:11
Die Zukunft unserer Nahrung

Chemiekonzerne lassen seit einiger Zeit auch konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere patentieren.

Vor Kurzem machte eine Klage gegen die englische Firma Plant Biosience Schlagzeilen: Die Firma hatte ein Patent auf einen Brokkoli angemeldet, dem (konventionell) ein paar angeblich krebshemmende Inhaltsstoffe angezüchtet wurden. Zwei andere Unternehmen hatten vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts geklagt.

(aus taz.de: Das Broccoli-Patent:) (http://www.taz.de/1/zukunft/schwerpunkt-schoene-neue-welt/artikel/1/das-broccoli-patent/)
"Darum gehts: um unsere Ernährung. Denn mit Patenten auf konventionelle Pflanzen könnten Konzerne wie Monsanto, Bayer oder Syngenta ihren ohnehin hohen Anteil am Saatgutmarkt weiter ausbauen. So würden sie noch stärker bestimmen, was die Bauern produzieren - und wir essen."

"Die Juristen vor allem großer Agrochemiekonzerne wie Monsanto, BASF und Syngenta lassen neuerdings nicht nur gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere patentieren, sondern auch konventionell gezüchtete. Die Patente sichern den Unternehmen ein Monopol: Nur sie dürfen dann entscheiden, wer das Lebewesen weiter züchten und verkaufen darf. Kritiker warnen, dass die Konzerne so noch mehr Macht über unsere Ernährung erlangen. Die Patente könnten sie nutzen, um die Produktion von Lebensmitteln zu verteuern und den Markt auf noch weniger Tier- und Pflanzensorten zu beschränken als bisher."

Für mich klingt das wie die Schlimmste aller Zukunftsvorstellungen. Nur, dass es bereits heute zu großen Teilen Wirklichkeit ist. Leider ist dieses Thema eine sehr komplexe Kombination aus Juristerei, Biologie, Chemie und Technik und beinhaltet sogar religiöse Aspekte. Somit ist es für die meisten Menschen dermaßen sperrig, dass das Thema leider auch in den Medien oft untergeht. Dabei geht es hier um nichts Geringeres als um die Zukunft unserer Nahrung.

(aus spiegel.de: Die Brokkoli-Revolte:) (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,707385,00.html)
"Wenige Konzerne könnten sich künftig die Rechte an den wichtigsten Lebensmitteln sichern und damit die ganze Nahrungsmittelproduktion kontrollieren, fürchtet [Greenpeace-Patentexperte Christoph Then]. "Nicht nur Verbraucher werden zu Sklaven der Großkonzerne, sondern auch Landwirte, weil sie auf das Saatgut einiger weniger angewiesen sind.""

Die Patentrechte gelten/gälten nicht nur für das Saatgut und den Samen, sondern auch für sämtliche Nachkommen und die daraus hergestellten Produkte (aus Getreide, Soja, Fleisch, Gemüse, Obst, Milch, Eiern...). Das Ausweichen auf kleine Saatgutfirmen wird durch massive Aufkäufe durch die großen globalen Konzerne zunehmend erschwert. Laut Greenpeace "beherrschen inzwischen nur noch etwa ein Dutzend Firmen zwei Drittel des globalen Saatgutmarktes."

"So gibt es inzwischen Dutzende Patente, die dem des Brokkoli ähneln - von der Sonnenblume über Schweine bis zu Milchkühen. Aufsehen erregte in der Vergangenheit ein Patentantrag von Monsanto für Schweine, die mit dessen Gensoja gefüttert wurden. Die Verwertungsrechte daran sollten sich letztlich bis zum Schnitzel erstrecken. Das heißt: Die Konzerne würden mehrfach abkassieren - von der Landwirtschaft bis zum Verbraucher. Und solche Fälle dürften zunehmen. Laut Greenpeace ist die Zahl der Patentanträge dieser Art in den vergangenen Jahren auf gut 1000 stark gestiegen."

Das bedeutete also schlimmstenfalls,
1. dass durch weitere Aufkäufe kleinerer Biotechfirmen etc. wenige Großkonzerne die weltweite Nahrungsmittelproduktion völlig beherrschen würden
2. dass die Artenvielfalt sämtlicher als Nahrungsmittel genutzter Lebewesen bis auf wenige patentierte Arten schrumpfen würde, teilweise bis auf nur eine mögliche Art/Sorte
3. dass sich durch die Monopolstellung der Konzerne die Nahrung verteuern und künstlich verknappen ließe - weltweit.

Darf es wirklich sein, dass sich Agrar- und Chemiekonzerne die Rechte an Tieren und Pflanzen (und somit an unserer Lebensgrundlage) patentieren lassen - auch wenn diese Lebewesen nur durch konventionelle Zucht und nicht mal durch Gentechnik verändert wurden? Sollte es einen Unterschied geben zwischen gentechnisch veränderten und konventionell gezüchteten Lebewesen?

Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: colourize am 10 August 2010, 14:10:02
Patente sind ganz generell Mist. Ganz gleich ob auf lebende oder tote Dinge.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Nies am 10 August 2010, 14:14:20
Die Welt ist krank.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Lucas de Vil am 10 August 2010, 16:44:09
Patente sind ganz generell Mist.
Das sehe ich nicht so.
Generell kann man nix generalisieren. :P

Das Thema 'Patente' ist leider wirklich kein Leichtes.
Die Quellen sind auch sehr augenwischend. Nirgends steht der Text für die Patentanmeldung.
Weiterhin ist es nur eine Patentanmeldung. Viele Unternehmen richten ihre Juristen darauf ab, schon mal mit dieser Anmeldung hausieren zu gehen. Dabei besagt die noch gar nix.

Patentieren lassen sich auch keine Gegenstände oder Ideen. Eine Idee muss neben einem gewissen 'höheren Wert' auch ein 'spezielles Verfahren' beinhalten, um zum Patent werden zu können. "Ich gieß meinen Brokkoli mit Weißenkleie, damit er keinen Schnupfen bekommt." könnte als patentwürdige Idee gelten, den 'höheren Wert' zweifle ich hingegen an.
Insofern gibt es an der Patentidee "Gieß' den Brokkoli mit Gezeugs X, damit die Pflanzenkrebssorten A,B,C und F keine Chance haben und somit die Ertragsrate der Ernte um 60% erhöht werden kann" gar nichts auszusetzen.

Es bedeutet ja schließlich nicht, dass niemand mehr Brokkoli züchten darf ohne Gezeugs X drauf zu schütten. Wenn er weiterhin Gezeugs X draufschütten will, muss er zahlen. Es zwingt ihn jedoch niemand.

Die 'Verwertungsrechte', die da angeschnitten werden, sind ein ganz anderes Problem und wirklich ausschließlich Geldeintreiberei. Zumindest in meinen Augen.

Man sollte trotz Allem den Wert eines Patentes nicht aus den Augen verlieren: der Entwickler hat eine Art Hoheitsrecht an dem dahinterstehenden 'höheren Wert'. Seine Forschungsarbeit zahlt sich dann für ihn aus. Ohne Patente hätte er 10 Jahre lang intensivst geforscht und irgend ein Herr aus der Nachbarschaft klaut sich dann sein Gezeugs X, lässt es chemisch analysieren und reproduzieren und fährt ohne nennenswerte Kosten (Forschung und Entwicklung sind immense Kosten, Analyse und Reproduktion hingegen sind zu vernachlässigen) hohe Gewinne ein.
Etwas Derartiges ist einfach nicht fair.

Der wirkliche Schwachpunkt an Patenten ist, dass sie so schwammig reguliert sind. Bei den Softwarepatenten wurde ja endlich mal eingegriffen, aber bei solchen Patenten nicht.
Insofern wundert es mich nicht, dass die EU fieberhaft an Bio-, Chemie- und sonstigen Patentregelungen bastelt und herumformuliert.
Der Missbrauch ist momentan einfach noch zu einfach.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: messie am 10 August 2010, 16:46:19
Zitat
Ohne Patente hätte er 10 Jahre lang intensivst geforscht und irgend ein Herr aus der Nachbarschaft klaut sich dann sein Gezeugs X, lässt es chemisch analysieren und reproduzieren und fährt ohne nennenswerte Kosten (Forschung und Entwicklung sind immense Kosten, Analyse und Reproduktion hingegen sind zu vernachlässigen) hohe Gewinne ein.

Du meinst, wie es die Chinesen schon seit Jahrzehnten machen?
+scnr+  8)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Lucas de Vil am 10 August 2010, 17:33:48
Jep, genau. Zum Glück nehmen die das mit der Analyse nicht so genau, so dass die Reproduktionen im Allgemeinen für die Tonne sind.
(Aber immerhin günstig...)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 11 August 2010, 13:14:03
Das Thema 'Patente' ist leider wirklich kein Leichtes.

Allerdings! es ist geradezu furchtbar, und ich freu mich, dass trotzdem ein paar auf meinen kleinen Aufsatz geantwortet haben. :)

Leider kann man dazu nicht einfach bei Google ein Stichwort eingeben und ist zumindest halbwegs informiert - und schon gar nicht so speziell Patente auf Lebewesen und Nahrung. Trotzdem ist es mMn ein überaus wichtiges Thema, und man sollte die Entwicklung unbedingt im Auge behalten. Ich würde nicht soweit gehen, dass es eine Art Verschwörung gäbe, aber wer die Nahrung der Menschen kontrolliert, hat die Welt in der Hand...

In technischen oder chemischen Zusammenhängen halte ich Patente schon für angebracht. Aber schon im Bereich Medizin geht es teilweise weit über die Grenzen des ethisch gerade noch Vertretbaren hinaus! Und auch finanziell wird mit dem Umweg über die Krankenkassen die Gemeinschaft unglaublich abgezockt.

Das Perfide ist, dass die Konzerne zuallererst Fakten schaffen, Patente anmelden, sie bekommen und sich dann in langjährigen Prozessen mit den Behörden der entsprechenden Länder auf eine oft nur teilweise Rücknahme bzw. Aberkennung einigen oder dazu verurteilt werden. So geschehen z. B. beim Basmati-Reis. S. a. http://de.wikipedia.org/wiki/Biopiraterie (http://de.wikipedia.org/wiki/Biopiraterie)

Weitere Beispiele gibt's leider unendlich viele; Rooibos-Raub: Nestlé betreibt Biopiraterie mit südafrikanischen Pflanzen: (http://www.evb.ch/p25017514.html) Die Firma Nestlé erforschte gegen die südafrikanischen Gesetze ohne Genehmigung die Gene der Rooibos-Pflanze und meldete vor Kurzem mehrere Patente auf die Anwendung der seit jeher bekannten Wirkstoffe gegen Hautkrankheiten und Entzündungen an. Das hieße, im Moment müsste eigentlich jeder Buschmann, der sich einen Rooibos-Aufguss zur Wundbehandlung macht, theoretisch Lizenzgebühren an Nestlé zahlen.

Hoffentlich wird all dem bald ein Riegel vorgeschoben - aber wahrscheinlich wird das neue Patentrecht doch wieder extrem industriefreundlich, schließlich drängen sich in Brüssel ungleich mehr Lobbyisten als Abgeordnete.



Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 11 August 2010, 13:20:04
Es bedeutet ja schließlich nicht, dass niemand mehr Brokkoli züchten darf ohne Gezeugs X drauf zu schütten. Wenn er weiterhin Gezeugs X draufschütten will, muss er zahlen. Es zwingt ihn jedoch niemand.

Nein, kein Bauer ist gezwungen, den angeblich krebshemmenden Brokkoli X anzubauen. Bisher hat z. B. Bauer Plietsch auch Brokkoli A angebaut. Nun gibt es aber von Firma X die tolle Brokkoli-X-Komplettlösung, all-inclusive mitsamt Superherbizid-Insektizid-X-Dünger, der extra für Brokkoli X erfunden wurde - und das zum 3 Jahre garantierten unschlagbaren Sonderpreis. Und Krebs will ja keiner kriegen, also wird Brokkoli X sich bestimmt ganz toll verkaufen, denkt sich Bauer Plietsch und bestellt.

Blöd nur, dass Bauer Plietsch jedes Jahr Saatgut nachkaufen muss, denn vermehren darf er selbst nicht. Außerdem produziert Brokkoli X womöglich sowieso keinen fruchtbaren Samen, aber das weiß Plietsch nicht, denn das Saatgut ist ja billig. Blöd ist auch, dass Mutter Plietsch ihren selbstgemachten Brokkoliauflauf nicht mehr auf dem Markt verkaufen darf, aber sie wird ja eh bald zu alt.

Im Jahre 4 nach X reibt sich Plietsch die Augen über die Verdreifachung der Preise. Im nächsten Jahr will er lieber wieder bei Firma A kaufen, aber die existiert nicht mehr - Fa. X hat sie aufgekauft oder vom Markt gedrängt, ebenso wie die Firmen B, C, D,...also wird wieder X angebaut. Andere Pflanzen können auf dem mit Super-X-Dünger behandelten Boden sowieso nicht mehr wachsen, aber das hat Plietsch auch noch nicht bemerkt.

Bauer Hein, sein Nachbar, aber schon, denn auf seinen angrenzenden Feldern wächst nichts mehr so richtig. Außer so einer Art Brokkoli X, aber den wollte er eigentlich gar nicht anbauen. Trotzdem hat er gerade eine Lizenzklage der Fa. X am Hals, denn diese behauptet, er hätte unrechtmäßig Saatgut X verwendet, obwohl die Durchseuchung mit Saatgut X nicht seine Schuld ist. Fa. X gewinnt diese Klage, weil sie viel mehr und viel bessere Anwälte als Hein hat. ...

Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: voll pöse am 12 August 2010, 09:46:19
Es bedeutet ja schließlich nicht, dass niemand mehr Brokkoli züchten darf ohne Gezeugs X drauf zu schütten. Wenn er weiterhin Gezeugs X draufschütten will, muss er zahlen. Es zwingt ihn jedoch niemand.

Nein, kein Bauer ist gezwungen, den angeblich krebshemmenden Brokkoli X anzubauen. Bisher hat z. B. Bauer Plietsch auch Brokkoli A angebaut. Nun gibt es aber von Firma X die tolle Brokkoli-X-Komplettlösung, all-inclusive mitsamt Superherbizid-Insektizid-X-Dünger, der extra für Brokkoli X erfunden wurde - und das zum 3 Jahre garantierten unschlagbaren Sonderpreis. Und Krebs will ja keiner kriegen, also wird Brokkoli X sich bestimmt ganz toll verkaufen, denkt sich Bauer Plietsch und bestellt.

Blöd nur, dass Bauer Plietsch jedes Jahr Saatgut nachkaufen muss, denn vermehren darf er selbst nicht. Außerdem produziert Brokkoli X womöglich sowieso keinen fruchtbaren Samen, aber das weiß Plietsch nicht, denn das Saatgut ist ja billig. Blöd ist auch, dass Mutter Plietsch ihren selbstgemachten Brokkoliauflauf nicht mehr auf dem Markt verkaufen darf, aber sie wird ja eh bald zu alt.

Im Jahre 4 nach X reibt sich Plietsch die Augen über die Verdreifachung der Preise. Im nächsten Jahr will er lieber wieder bei Firma A kaufen, aber die existiert nicht mehr - Fa. X hat sie aufgekauft oder vom Markt gedrängt, ebenso wie die Firmen B, C, D,...also wird wieder X angebaut. Andere Pflanzen können auf dem mit Super-X-Dünger behandelten Boden sowieso nicht mehr wachsen, aber das hat Plietsch auch noch nicht bemerkt.

Bauer Hein, sein Nachbar, aber schon, denn auf seinen angrenzenden Feldern wächst nichts mehr so richtig. Außer so einer Art Brokkoli X, aber den wollte er eigentlich gar nicht anbauen. Trotzdem hat er gerade eine Lizenzklage der Fa. X am Hals, denn diese behauptet, er hätte unrechtmäßig Saatgut X verwendet, obwohl die Durchseuchung mit Saatgut X nicht seine Schuld ist. Fa. X gewinnt diese Klage, weil sie viel mehr und viel bessere Anwälte als Hein hat. ...



Schön zusammengefasst :) *Daumen hoch*
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 12 August 2010, 14:39:33
Danke! :)

Wen das Thema interessiert, kann hier weiterschauen: http://www.keinpatent.de/index.php?id=15 (http://www.keinpatent.de/index.php?id=15)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Inverted am 12 August 2010, 19:18:40
Patente sind ganz generell Mist. Ganz gleich ob auf lebende oder tote Dinge.
Genauso ist es.

Patente blockieren Innovation und Fortschritt und begünstigen die Entstehung schmarotzender Monopole und Bürokratien.

Gilt übrigens auch für das Urheberrecht, das Autoren eher schadet als nützt. (http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,709761,00.html)

Es gab vor Jahren mal einen ausführlichen, hochinteressanten Artikel in der c't zu Patenten, der deren repressiven und freiheitsfeindlichen Charakter und ihre Überflüssigkeit eindrucksvoll und überzeugend illustrierte. Falls jemand einen Link haben sollte, wäre es cool, wenn er den hier posten könnte.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: messie am 12 August 2010, 21:29:25
Das Urheberrecht schadet Autoren eher, als es nützt? LOL
Der Vergleich mit der Kolonialzeit hinkt doch hinten und vorne. Der Hauptgrund, weswegen Deutschand damals weiterkam als England, wird ja klar benannt: Man kam auf die glorreiche Idee des Taschenbuchs, und das war die zündende Idee. Soviel dazu ...

Ich stelle mir das mal ohne Urheberrecht heute vor:
Ich mache ein Foto, ein Schnappschuss von einem Prominenten. Madonna in einer ganz besonderen Pose oder irgend sowas.
Eine Agentur kauft mir das Foto für 10€ ab und veröffentlicht es unter dem Namen eines ihrer Fotografen, nennen wir ihn mal A.
Das Foto wird Foto des Jahres. A wird auf zahlreichen Preisverleihungen für dieses grandiose Foto geehrt.
Ihn drauf verklagen, dass es ja mein Foto gewesen wäre und es gar nicht er war, der das Foto geschossen hat? Geht nicht! Denn das Urheberrecht ist ja abgeschafft worden ...  ::)

Das Patentrecht hat sicher inzwischen Stilblüten getrieben, denen definitiv einen Riegel vorgeschoben werden muss. Patente auf genetisch veränderte Lebensmittel, die sich aber dennoch auf natürlichem Wege fortpflanzen, ist absolut widersinnig. Generell finde ich genetischen Code nicht patentierbar, da nie zweifelsfrei bewiesen werden kann, ob bestimmte genetische Zusammenstellungen nicht doch mal durch Mutation anderswo zufällig entstehen könnten.
Das Verfahren, das dazu führt, damit der genetische Code genau so und nicht anders entsteht, zum Patent anzumelden und durchzulassen ist in meinen Augen sinnvoll. Dann wird eben jeder, der dasselbe Verfahren anwendet, Gebühren bei dem Erfinder des Verfahrens zahlen müssen, damit er es selbst nutzen kann. Logisch, er hat's ja schließlich nicht selbst erfunden, sondern musste sich die Information, wie's geht, beim Erfinder selbst besorgen.
Wenn jemand dasselbe Ergebnis mit einem anderen Verfahren erzielt, ist derjenige dann wiederum aus dem Schneider.
Dann aber hat er ja auch eigene Zeit und Energie hineingesteckt, die dann auch gerne honoriert werden kann und sollte.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Philomel am 13 August 2010, 15:36:49
Es bedeutet ja schließlich nicht, dass niemand mehr Brokkoli züchten darf ohne Gezeugs X drauf zu schütten. Wenn er weiterhin Gezeugs X draufschütten will, muss er zahlen. Es zwingt ihn jedoch niemand.

Nein, kein Bauer ist gezwungen, den angeblich krebshemmenden Brokkoli X anzubauen. Bisher hat z. B. Bauer Plietsch auch Brokkoli A angebaut. Nun gibt es aber von Firma X die tolle Brokkoli-X-Komplettlösung, all-inclusive mitsamt Superherbizid-Insektizid-X-Dünger, der extra für Brokkoli X erfunden wurde - und das zum 3 Jahre garantierten unschlagbaren Sonderpreis. Und Krebs will ja keiner kriegen, also wird Brokkoli X sich bestimmt ganz toll verkaufen, denkt sich Bauer Plietsch und bestellt.

Blöd nur, dass Bauer Plietsch jedes Jahr Saatgut nachkaufen muss, denn vermehren darf er selbst nicht. Außerdem produziert Brokkoli X womöglich sowieso keinen fruchtbaren Samen, aber das weiß Plietsch nicht, denn das Saatgut ist ja billig. Blöd ist auch, dass Mutter Plietsch ihren selbstgemachten Brokkoliauflauf nicht mehr auf dem Markt verkaufen darf, aber sie wird ja eh bald zu alt.

Im Jahre 4 nach X reibt sich Plietsch die Augen über die Verdreifachung der Preise. Im nächsten Jahr will er lieber wieder bei Firma A kaufen, aber die existiert nicht mehr - Fa. X hat sie aufgekauft oder vom Markt gedrängt, ebenso wie die Firmen B, C, D,...also wird wieder X angebaut. Andere Pflanzen können auf dem mit Super-X-Dünger behandelten Boden sowieso nicht mehr wachsen, aber das hat Plietsch auch noch nicht bemerkt.

Bauer Hein, sein Nachbar, aber schon, denn auf seinen angrenzenden Feldern wächst nichts mehr so richtig. Außer so einer Art Brokkoli X, aber den wollte er eigentlich gar nicht anbauen. Trotzdem hat er gerade eine Lizenzklage der Fa. X am Hals, denn diese behauptet, er hätte unrechtmäßig Saatgut X verwendet, obwohl die Durchseuchung mit Saatgut X nicht seine Schuld ist. Fa. X gewinnt diese Klage, weil sie viel mehr und viel bessere Anwälte als Hein hat. ...



Schön zusammengefasst :) *Daumen hoch*

Find ich auch! :)

Vor ein paar Jahren gab es einen kleinen Skandal in Indien, wo die Bauern mehrerer Dörfer aus Not Selbstmord begingen. Soweit ich mich richtig erinnere, mussten sie nämlich plötzlich Geld an Monsanto zahlen, weil der Reis, der dort seit Generationen angebaut wird, plötzlich von der Firma als Patent angemeldet war. Und das Saatgut musste dann auch von Monsanto gekauft und nicht, wie üblich, aus der Ernte gewonnen werden.

Dazu kommen dann obskure Klagen gegen Bauern wegen unerlaubter Verwendung der patentierten Pflanzenformen, auch wenn diese sich unaufhaltsam über mehrere Felder verteilen und interessante Kreuzungen durch Bestäubung produzieren, ohne dass der betroffene Bauer sich dagegen wehren kann. Ich könnte kotzen.
Wenn man dann noch bedenkt, dass es kaum Langzeitstudien über die Auswirkungen von Genmanipulation bei Lebensmitteln auf die Konsumentengibt, wünsche ich mir, ich könnte mir eine Vollversorgung mit dem guten Bioessen leisten. Das ist inzwischen natürlich auch nicht mehr ganz "sauber", aber immerhin sind die Kontrollen dort deutlich schärfer.

Zum Thema Patente allgemein: einiges an Patenten kann ich gut verstehen, für neue Maschinen und Prozesse usw., in die jahrelange Forschung geflossen ist. Irgendwie muss sich ein Erfinder ja gegen den Diebstahl der Ideen wehren können. Aber existierende Pflanzen? Und seien es auch nur einzelne Bestandteile oder Wirkstoffe? Das ist krank.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: K-Ninchen am 13 August 2010, 17:03:07
Ja Monstanto ist einer der bösartigsten Konzerne, die man sich überhaupt vorstellen kann.
Passt gut zu Blackwater, Halliburton & Co.

Ein bekannter Psychologe hatte mal attestiert, wenn Konzerne Personen wären, würde man sie als Psychopathen diagnostizieren, denn genau so verhalten sie sich.
Für oben genannte Firmen wäre "Psychopath" noch totale Schmeichelei. Auch mit "Krank, Irre, Pervers und Durchgeknallt" würde man die Perversen sehr beleidigen.

Doof nur, dass gerade in Amerika, Konzerne in vielen Belangen rechtlich eben wie Personen behandelt werden.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 13 August 2010, 19:19:16
Ein bekannter Psychologe hatte mal attestiert, wenn Konzerne Personen wären, würde man sie als Psychopathen diagnostizieren, denn genau so verhalten sie sich.
und sie würden eine gute Vorlage für den nach Weltherrschaft strebenden Bösewicht im nächsten James-Bond-Film abgeben... ;)

Ich dachte immer, Patente im Bereich Technik wären wichtig als Anreiz für Forschung und "Fortschritt", aber mir kommen so langsam Zweifel, weil ich überall immer wieder lese, dass sie gerade den Fortschritt behindern. Aber was sollte Firmen dazu bringen, Unmengen Geld in Forschung zu stecken, wenn nicht die Gewissheit, die nächsten 20 Jahre damit Geld verdienen zu können?

Aber womöglich ist diese Meinung etwas überholt, denn viele Konzerne deklarieren ja betrügerisch ihre biologischen als technische Verfahren und haben dann das Ergebnis gleich mit patentiert!



Dazu kommen dann obskure Klagen gegen Bauern wegen unerlaubter Verwendung der patentierten Pflanzenformen, auch wenn diese sich unaufhaltsam über mehrere Felder verteilen und interessante Kreuzungen durch Bestäubung produzieren, ohne dass der betroffene Bauer sich dagegen wehren kann. Ich könnte kotzen.

Krass - sind die durch die Felder gelatscht und haben Proben von fremden Äckern gezogen? Das hört sich für mich richtig abgebrüht an...

Ich frage mich nämlich dabei auch, wie genau die Konzerne die Verwendung ihrer patentierten Lebewesen eigentlich kontrollieren bzw. kontrollieren wollen? In Deutschland wäre es allerdings einfach, wir haben ja demnächst lauter arbeitslose GEZ-Schnüffler, die man dafür rekrutieren könnte... ;)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: messie am 13 August 2010, 19:27:57
Zitat
Krass - sind die durch die Felder gelatscht und haben Proben von fremden Äckern gezogen? Das hört sich für mich richtig abgebrüht an...

Ich hatte vorhin mal auf "Monsanto" die Suchmaschine angesetzt und mir dann die Ergebnisse durchgelesen.
Es scheint wirklicih so zu sein, dass sie extra Scouts haben ausschwärmen lassen, um Bauern zu "erwischen", auf dessen Feldern "ihr" Genprodukt gelandet ist.
Was darüber zu lesen ist, lässt einen wirklich die Haare zu Berge stehen ... und zeigt, dass dein Szenario keine Fiktion, sondern leider bereits nackte Realität ist:

Die schlechte Nachricht: Percy Schmeiser verliert gegen Monsanto (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/17/17492/1.html)
Die gute: Deutschland demütigt den Agro-Giganten (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,618985,00.html)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: K-Ninchen am 13 August 2010, 19:45:21
Ich hatte vorhin mal auf "Monsanto" die Suchmaschine angesetzt und mir dann die Ergebnisse durchgelesen.
Es scheint wirklicih so zu sein, dass sie extra Scouts haben ausschwärmen lassen, um Bauern zu "erwischen", auf dessen Feldern "ihr" Genprodukt gelandet ist.
Was darüber zu lesen ist, lässt einen wirklich die Haare zu Berge stehen ... und zeigt, dass dein Szenario keine Fiktion, sondern leider bereits nackte Realität ist:

Monsanto stellt sich gerne so nach außen dar, als ob sie etwas gegen den "Welthunger" machen wollen oder Gentechnik im Sinne der Landwirtschaft betreiben.

Das ist alles lächerlich und vorgeschoben, denn - laut einem ehemaligen Mitarbeiter - geht es darum "Die Nahrungskette unter ihre Kontrolle zu bekommen" und somit für sich eine Gelddruckmaschine aufstellen, die einen unglaublich hohen Preis, sogar Menschenleben (Selbstmorde in Indien u.a.) kostet, aber dem Konzern ungeahnte Umsätze beschert.
Die Idee einer "Cash Cow", die irgendwann mit minimalsten Aufwand extrem hohe Geldsummen produziert.
Um nichts anderes geht es da.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 15 August 2010, 09:31:55
aus Messies Link (heise.de):
"Das ist eine schlechte Nachricht für die Landwirte weltweit. Monsantos Gen-Raps verseucht seit Jahren die Felder im westlichen Kanada, weil es unmöglich ist, den Gen-Pollen aufzuhalten. Monsanto hat eine unkontrollierbare Pflanze eingeführt, ohne gegenüber den Landwirten oder der Öffentlichkeit dafür verantwortlich zu sein. Mit dem Urteil werden Bauern Monsanto ausgeliefert: Ohne die Kontamination verhindern zu können, sollen Bauern plötzlich Gebühren für Gen-Pflanzen bezahlen, die sie nie auf ihren Äckern haben wollten."

Horror...

Dann war die Verseuchung des konventionellen Maissaatguts mit nicht genehmigtem Genmais, die kürzlich in halb Deutschland stattfand, wohl auch nicht ganz so zufällig, wie behauptet wurde.

Wie immer werden die Konzerne auch hier zuerst Fakten schaffen, und sich danach die entsprechende Rechtsprechung erkaufen.

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Weltweit sind übrigens auch schon ein großer Teil der menschlichen Gene patentiert.
aus genopoly.lu: (http://genopoly.lu/download/medizin-ethik.pdf)
"Nach der EU-Patent-Richtlinie 98/44/EC ist alles am Menschen patentierbar, von seinen Genen über die Zellen bis zu ganzen Organteilen, sobald ein irgendwie gearteter technischer Schritt involviert ist."

Die Patentierung bestimmter menschlicher Gene (z. B. des Brustkrebs-Gens oder des AIDS-Rezeptors in der Zellwand) hat bereits in erheblichem Maße zur Blockierung von Forschung beigetragen. Derartige Patente umfassen die "Gensequenz [...] in allen Variationen und Mutationen, die daraus codierten Proteine, die Verwendung der Gensequenz für Diagnose, Therapie und zum Testen neuer Arzneimittel, alle Zellen und alle Tiere, in die das Gen übertragen werden kann."

Im europäischen Patentamt liegen laut scinexx.de (http://www.scinexx.de/dossier-detail-74-4.html) bereits über 2000 Patentanmeldungen auf menschliche Gensequenzen zur Bearbeitung vor. Ist ein Gen erst mal patentiert, hat der Konzern die Kontrolle über sämtliche (auch zukünftig) denkbaren Anwendungen dieses Gens. Das wären z. B. alle Proteine, die mit Hilfe dieses Gens herstellbar sind, und somit auch deren weitere Verwertung - in Forschung, im medizinisch-pharmazeutischen Bereich etc. Auch die ärztliche Diagnose von genetisch bedingten Krankheiten könnte bald erschwert werden.

Es liegen auch schon Patente auf unterschiedlichste Krankheitserreger vor. Allein diese Vorstellung verursacht mir Alpträume.

Die heimliche Enteignung unseres Genoms und unserer gesamten Umwelt nimmt allmählich unglaubliche Dimensionen an.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: PlayingTheAngel am 26 September 2010, 15:49:54
Oh, diesen hochinteressanten Thread habe ich jetzt erst gefunden.
Eigentlich unvorstellbar, was sich da vor unseren Augen abspielt. Monsanto ist echt der Inbegriff des Bösen. Dieses Perfide System aus Herbiziden, dazu passenden Gen-Pflanzen, nicht keimfähiges Saatgut und Patenten setzt leider genau an den richtigen "Positionen" an um letztendlich die Landwirtschaften ganzer Länder von sich abhängig zu machen, Bauern in den Ruin zu treiben und die Artenvielfalt massiv einzuschränken. Ein Alptraum. Und das ganz legal und selbstverständlich nur, um den Welthunger zu bekämpfen. Der Film Mit Gift und Genen (http://www.youtube.com/watch?v=gDrvFiRwWP8) ist übrigens sehr empfehlenswert, er erklärt die Zusammenhänge um Monsanto.

In vielen Bereichen ist die Politik längst zum Spielball großer Unternehmen geworden, die mit gezieltem Lobbyismus Entscheidungen ganz klar in eine Richtung lenken. Das Schlimme daran ist, daß die Strategien solcher Unternehmen so komplexe Gebilde sind, dass die Entscheidungsträger (z.B. in der Politik) oft gar nicht absehen können welche Rolle einzelne Entscheidungen haben und wie sie sich tatsächlich auswirken. Mal ganz abgesehen davon, dass der durchschnittliche Spitzenpolitiker sowieso keine Zeit hat sich tiefer gehend mit verklausulierten Gesetzestexten zu beschäftigen. Diese Arbeit erledigen zuverlässig Thinktanks im Hintergrund, und natürlich die entsprechenden Abteilungen der großen Unternehmen, die dann ihre "Korrekturen" im Einspruchsverfahren einbringen. Natürlich nur zum Wohl der Bürger und Konsumenten, und um Arbeitsplätze zu erhalten. Arbeitsplätze sind Alles!

Wenn die deutsche Gesetzgebung seit Jahren schon bei dem Versuch die Arzneimittelkosten zu deckeln versagt und gegen die massive Lobbyarbeit der Pharmakonzerne nicht ankommt, wie sollen dann die Gesetzgeber anderer, instabilerer Länder verhindern daß Monsanto Schritt für Schritt die Gesetze zu seinen Gunsten anpasst.

Patente erfüllen glaube ich schon lange nicht mehr den Zweck, zu dem sie eigentlich gedacht waren, nämlich echte Erfindungen zu schützen. Der Gesetzgeber müsste eigentlich eine ganz klare Linie Ziehen was patentierbar ist und was nicht. Und Gen-Sequenzen gehören meiner Ansicht nach zum Allgemeingut und daher nicht patentierungsfähig. Genau so wenig wie "nicht modifizierte" Pflanzen.

Irgendwann verlangt der Hausarzt dann Lizenzgebühren vom Patienten für die von Pharmariesen X patentierten Grippeviren. "Sie hätten sich ja nicht anstecken müssen"
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Bombe am 26 September 2010, 21:32:57
Patente erfüllen glaube ich schon lange nicht mehr den Zweck, zu dem sie eigentlich gedacht waren, nämlich echte Erfindungen zu schützen.

Patente haben von Anfang an nie den Zweck gehabt, Erfindungen zu schützen. Schon das 913. Patent (James Watts Dampfmaschine) wurde benutzt, um die (bessere) Konkurrenz zu unterdrucken:

Zitat von: http://de.wikipedia.org/wiki/James_Watt#Fortentwicklung_der_Dampfmaschine
Watt und Boulton behinderten während der Zeit, in der die Watt verliehenen Patente Gültigkeit hatten, erfolgreich die Weiterentwicklung der Dampfmaschine durch konkurrierende Ingenieure. So verklagten sie Jonathan Hornblower, dessen Verbunddampfmaschine einen höheren Wirkungsgrad möglich machte, wegen Patentverletzung und konnten so deren Weiterentwicklung stoppen.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 29 September 2010, 11:28:50
Arbeitsplätze sind Alles!
*zustimm* Mit dem Zauberwort "Arbeitsplätze" lässt sich zumindest in Deutschland so ziemlich alles rechtfertigen und durchsetzen... Jeder Blödsinn und jede Ungerechtigkeit. Natürlich sind es alles billige Leiharbeiter, Minilöhner, Befristete; aber danach fragt ja keiner.

Zitat
rgendwann verlangt der Hausarzt dann Lizenzgebühren vom Patienten für die von Pharmariesen X patentierten Grippeviren. "Sie hätten sich ja nicht anstecken müssen"
So abwegig ist das gar nicht, wenn das auch (noch) lustig klingt. Man fragt sich wirklich, was die Biotechfirmen mit den bereits vorhandenen Patenten auf Krankheitserreger anfangen wollen.

Danke für den Filmtipp!


Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 29 September 2010, 11:50:42
Patente erfüllen glaube ich schon lange nicht mehr den Zweck, zu dem sie eigentlich gedacht waren, nämlich echte Erfindungen zu schützen.

Patente haben von Anfang an nie den Zweck gehabt, Erfindungen zu schützen. Schon das 913. Patent (James Watts Dampfmaschine) wurde benutzt, um die (bessere) Konkurrenz zu unterdrucken:

Zitat von: http://de.wikipedia.org/wiki/James_Watt#Fortentwicklung_der_Dampfmaschine
Watt und Boulton behinderten während der Zeit, in der die Watt verliehenen Patente Gültigkeit hatten, erfolgreich die Weiterentwicklung der Dampfmaschine durch konkurrierende Ingenieure. So verklagten sie Jonathan Hornblower, dessen Verbunddampfmaschine einen höheren Wirkungsgrad möglich machte, wegen Patentverletzung und konnten so deren Weiterentwicklung stoppen.

Aber wenn es gar keine Patente gäbe, würde dann überhaupt noch jemand Geld in Forschung stecken? Ich rede natürlich von Technik, nicht von biologischen Verfahren, die einfach als technische deklariert werden. Ich stimme PTA zu, die Grenzen dazwischen müssten genau festgelegt werden - und das ohne die Lobby, aber das ist wohl illusorisch.

[zynisch]Aber vielleicht gewöhnen wir uns ja irgendwann daran, für das Essen und womöglich irgendwann auch fürs Atmen Lizenzgebühren abzuführen. Die Prozedur "Allgemeingut wird zum Besitz Weniger" hat ja zum Beispiel bei der Einteilung der Erde in Grundbesitz prima funktioniert. Das Recht auf Bodenbesitz hinterfragt ja auch kaum noch einer.[/zynisch aus]
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: messie am 29 September 2010, 12:09:52
Ich erinnere mich mal an einen Kinderfilm, der exakt dieses Schreckensszenario zum Thema hatte.

Da ging es darum, dass zwei Jugendliche (mit 12 ist man ja wohl kaum noch Kind, oder?) in einer Art Parallelwelt landeten: Essen kostete fast nichts, überall konnte man kostenlos sitzen, trinken, etc. pp. - was sie aus ihrer (nahen) Zukunft gar nicht gewohnt sind.
Irgendwann kommt er dann auf die Idee, die Leute mit einer "tollen Geschäftsidee" zu bequatschen. Alles ganz harmlos, wenn die Leute etwas trinken, könne man dafür ja auch 10 Pfennig verlangen, das wäre ja nicht viel, und die Wirte würden dabei kräftig verdienen ...

Man kann sich denken, wo das dann hinführte: Am Schluss der Sendung flüchteten sie förmlich, weil einfach alles Geld kostete. Standen sie auf einem Steg, wurde eine "Stegstehgebühr" fällig und dergleichen. Ganz am Ende verlangte tatsächlich jemand Geld von ihnen, weil sie ja seine Luft geatmet hätten, dank seiner Luftfilterung wäre die Luft, die sie gerade einatmen würden, schließlich besonders gesund.

So überdreht das Ganze auch war, die Grundaussage war mehr als eindeutig: Wo es Menschen gibt die den Profit entdeckt haben, werden sie auch Wege finden, um es zumindest zu versuchen, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Angesichts der Stilblüten die Monsanto veranstaltet und auch noch Recht bekommt (!), halte ich selbst diese Luftnummer nicht mehr für restlos utopisch.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: -Lethos- am 21 Dezember 2010, 19:38:01
Ich kann nicht mal mehr so viel Hass empfinden, wie dieses Unternehmen offenbar verdient hat!
Ich glaube, es gab moralisch noch kein so legitimes Anschlags-Ziel, wie Monsanto (und Konsorten)... und ich hoffe, wir müssen nicht bis zum 11. Septimus 3001* darauf warten!!

Wenn es das pure Böse gibt, dann wissen wir, wo es derzeit seinen Akkumulations-Punkt hat!

Man entschuldige mir meine Bemerkungen. Weiß bei meiner Fassungslosigkeit darüber noch nicht, ob ich es nicht wirklich ernst meinen sollte!


*Das ist ein Anreiz für ne Futurama-Folge
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Inverted am 24 Dezember 2010, 00:24:45
Messi, beim Fernsehen ist es doch demnächst so, selbst wenn man nicht mal selber einen nutzt.

Und das haben hier unzählige User gut geheissen.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: messie am 24 Dezember 2010, 00:31:10
Messi, beim Fernsehen ist es doch demnächst so, selbst wenn man nicht mal selber einen nutzt.

Und das haben hier unzählige User gut geheissen.

Hä?

Die Fernsehnummer war eh schon immer eine staatliche Abgabe, nur merkwürdig vom Staat getarnt ...
Es wurde da nun nicht gutgehießen, dass es diese Abgabe weiterhin gibt (auch nicht von mir), lediglich, dass sie jetzt endlich so ehrlich sind, das auch zuzugeben.
Überhaupt ist die Bundespolitik die ehrlichste Politik seit Jahrzehnten (sämtliche Wahlversprechen werden umgesetzt, teils 1:1!). Wenngleich auch (aus meiner Perspektive) eine der schlechtesten. ;)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Inverted am 24 Dezember 2010, 00:47:09
Messi, beim Fernsehen ist es doch demnächst so, selbst wenn man nicht mal selber einen nutzt.

Und das haben hier unzählige User gut geheissen.

Hä?

Die Fernsehnummer war eh schon immer eine staatliche Abgabe, nur merkwürdig vom Staat getarnt ...
Es wurde da nun nicht gutgehießen, dass es diese Abgabe weiterhin gibt (auch nicht von mir), lediglich, dass sie jetzt endlich so ehrlich sind, das auch zuzugeben.
Überhaupt ist die Bundespolitik die ehrlichste Politik seit Jahrzehnten (sämtliche Wahlversprechen werden umgesetzt, teils 1:1!). Wenngleich auch (aus meiner Perspektive) eine der schlechtesten. ;)
Naja, vorher war die Abgabe darauf beschränkt, ob man einen Fernseher besitzt. Jetzt muss jeder Haushalt die Fernseh- und Rundfunkbürokratie mit Intendanten, die teilweise mehr verdienen als die Bundeskanzlerin, überbezahlten Showstars (wieso muss ich mit meinem hart erarbeiteten Geld für die Millionengagen von Gottschalk, Silbereisen, Christiansen und Co aufkommen?), Euro/EU-Propaganda und Fussballclubs mit einer Zwangssteuer finanzieren. Letztlich entspricht das genau deiner anfangs erwähnten Geschäftsidee.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: messie am 24 Dezember 2010, 01:27:30
Zitat
Naja, vorher war die Abgabe darauf beschränkt, ob man einen Fernseher besitzt

"Beschränkt" ist gut  :D
Zahlen müssen derzeit ja auch (offiziell) jene, deren Fernseher kaputt ist und im Keller steht. "Besitz" wird hier mal so richtig streng ausgelegt ;)
Aber lass uns darüber besser mal in den passenden Themen unterhalten. Warum sich die GEZ 2013 nicht auflösen wird entbehrt auch nicht diverser unfreiwilliger Komik ... ;)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: K-Ninchen am 26 Dezember 2010, 12:21:09
Mal zurück zum Thema:

Ich kann nicht mal mehr so viel Hass empfinden, wie dieses Unternehmen offenbar verdient hat!
Ich glaube, es gab moralisch noch kein so legitimes Anschlags-Ziel, wie Monsanto (und Konsorten)... und ich hoffe, wir müssen nicht bis zum 11. Septimus 3001* darauf warten!!

Wenn es das pure Böse gibt, dann wissen wir, wo es derzeit seinen Akkumulations-Punkt hat!

Man entschuldige mir meine Bemerkungen. Weiß bei meiner Fassungslosigkeit darüber noch nicht, ob ich es nicht wirklich ernst meinen sollte!


*Das ist ein Anreiz für ne Futurama-Folge

Ja, das hat mich auch schon gewundert, viele indische Bauern haben sich deswegen schon umgebracht, aber anscheinend gab es noch keinen Angriff gegen diese Firma.
Dass die aber so weiter machen, wie bisher, liegt aber auch an teilweise korrupten Regierungsbeamten. Während es in den USA schon normal war, die Felder mit Gen-Mais zu verseuchen, wurde sich in Deutschland noch lange dagegen gewehrt.
Wenn die "richtigen" Leute an den richtigen Positinen in der Politik sitzen, wird es am Ende sogar möglich sein, Atemluft zu lizensieren. Aber dann gäbe es, sofern noch möglich, in den USA einen bewaffneten Aufstand. Davor haben die Regierenden natürlich auch etwas angst...
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Bombe am 03 Januar 2011, 09:46:17
Zahlen müssen derzeit ja auch (offiziell) jene, deren Fernseher kaputt ist und im Keller steht. "Besitz" wird hier mal so richtig streng ausgelegt ;)

Nein, wenn er kaputt ist, ist er nicht empfangsbereit, und es fallen somit keine Gebühren für ihn an. Der Nichtbesitz eines empfangsbereiten Gerätes muss der GEZ natürlich angezeigt werden, sonst passiert da gar nichts.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: Ravenclaw am 16 Januar 2011, 02:25:51
Also wo würden wir den hinkommen wenn man aus Tieren auch noch Patente oder so ein Franchising (http://www.franchise-karriere.de/) oder sonstwas machen würde?
Ich finde unsere Welt ist schon viel zu viel von Konzeren, Abgaben und Gesetzten durchdrungen, da hat sowas gerade noch gefehlt.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 20 Januar 2011, 11:41:34
Also wo würden wir den hinkommen wenn man aus Tieren auch noch Patente oder so ein Franchising (http://www.franchise-karriere.de/) oder sonstwas machen würde?

Da sind wir leider schon längst hingekommen... Leider wieder mal weitestgehend unbemerkt oder unbeachtet von der Öffentlichkeit wurde in München vom EPA ein wichtiges Urteil gefällt - das imo aber nur als ein kleiner Teilerfolg zu verbuchen ist:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,733836,00.html (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,733836,00.html)

Verfahren, die "im Wesentlichen biologisch" sind, sind also nicht patentierbar. Schwammiger geht es wohl kaum. Ich bin schon mal gespannt, wie viele eigentlich biologische Verfahren dann in Zukunft (und nachträglich) plötzlich zu "im Wesentlichen technischen" mutieren...

Viel wichtiger sind allerdings die noch ausstehenden Urteile - ob die Patente auf Saatgut und Pflanzen (und entsprechend auf Tiere) selbst bestehen bleiben. Diese Patente sind für Firmen viel interessanter und wichtiger. Derartige Patentanträge laufen zurzeit zu Tausenden - so schaffen Firmen wie Monsanto erstmal Fakten. Eine genehme Gesetzeslage wird danach durchgedrückt.

Selbst wenn den Lobbyisten das dieses Mal (in der EU zumindest) noch nicht gelingen sollte, muss meines Wissens nach jedes Patent einzeln angefochten werden (?). Die entstehenden andauernden Rechtsstreitigkeiten und Prozesse sind ein Klacks für die gut gerüsteten Rechtsabteilungen der Biokonzerne, für die Umweltschützer jedoch eine undankbare Riesenaufgabe. Zumal sich Letztere oft auch noch gegen Anfeindungen aus der Bevölkerung wehren müssen...

Nicht vergessen sollte man auch die Tatsache, dass selbst bei einem Grundsatzurteil gegen die Patente ein EU-Urteil eben nur europaweit gilt (wenn die Staaten es überhaupt umsetzen) und weltweit schon längst andere Umstände herrschen - wie Ninchen schon schrieb, oft auch dank korrupter Regierungen.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 03 Mai 2011, 19:14:01
So schaffen Monsanto & Co. erst Tatsachen und dann neue "Kunden", unfreiwillige, aber zahlende.

So viel Genmais im Saatgut wie noch nie. (http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/0,1518,760390,00.html)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 02 Mai 2012, 20:54:43
TV-Tipp für heute Abend:

http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/programmkalender/sendung274460.html (http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/programmkalender/sendung274460.html)

Der Film erzählt, wie Gentechnikfirmen wie Monsanto Einfluss auf die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen nehmen und Kritiker zum Schweigen bringen. Natürlich leider wieder zu nachtschlafender Zeit...^^ 23.00 Uhr im BR.
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 12 Juli 2012, 20:15:41
Mal was Positives von der Biotech-Front:

Der Europäische Gerichtshof bestätigte heute das Recht auf Anbau und Vermarktung alter, traditioneller Gemüsesorten durch Klein-, Hobby- und Ökobauern. Geklagt hatte Graines Baumaux, ein industrieller Saatguthersteller, der den Anbau dieser unzertifizierten Sorten (der sogenannten Erhaltungssorten) als "unlauteren Wettbewerb" ansah.

Der Gerichtshof bestärkte damit ein Ausnahmerecht zur Erhaltung der Artenvielfalt. Außerdem könnte so die von den Biokonzernen gewollte Abhängigkeit der Bauern/Hobbygärtener reduziert werden.

(click auf stern.de) (http://www.stern.de/politik/ausland/entscheidung-des-europaeischen-gerichtshofs-bauern-duerfen-auch-mit-alten-saatgutsorten-handeln-1856654.html)
Titel: Re: Patente auf Lebewesen?
Beitrag von: CubistVowel am 18 Februar 2013, 09:48:11
In Australien hat die Firma Myriad kürzlich das Patent für das isolierte sogenannte "Brustkrebsgen" BRCA1 (http://de.wikipedia.org/wiki/BRCA1) erhalten. Auch in den USA liegt das Verfahren laut dem verlinkten Bericht jetzt beim Supreme Court.

landmark-patent-ruling-over-breast-cancer-gene (http://www.smh.com.au/national/health/landmark-patent-ruling-over-breast-cancer-gene-brca1-20130215-2egsq.html)

Lese ich da nicht irgendwo GATTACA...?

Durch die Patentzulassung für menschliche "Brustkrebsgene" an eine Firma/Universität wird dieser ermöglicht, auf alle entsprechenden Brustkrebstests sowie auf Forschung an Brustkrebs (auch in Krebszentren etc.) Lizenzgebühren zu erheben. Was Forschung und Heilung natürlich wesentlich erschwert.

Ich finde es nach wie vor unglaublich, wie man als Mensch (Richter) erlauben kann, dass eine Firma ein Patent auf ein bestimmtes menschliches Gen erhält. Ob mutiert oder isoliert, letztlich ist es eine "Erfindung" der Natur.