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Folterandrohung legitim?
schwarze Katze:
Einigen von euch wird die Geschichte des kleinen Jungen Jakob von Metzler noch im Gedächtnis sein. Ein tragischer Mord an einem Kind, der zwar an sich leider nicht ungewöhnlich war, durch das Verhalten der Polizei jedoch in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist.
Was meint ihr, war es gerechtfertigt den Entführer(und auch Mörder) des Jungen einer Folterandrohung auszusetzen, um das Leben des Jungen möglicherweise retten zu können, oder nicht?
Jinx:
Moin,
ich finde es menschlich verständlich, aber legitim ist es nicht. Es hätte unabsehbare Folgen, so etwas zuzulassen, da die Grenzen immer schwierig zu ziehen sind.
Siehe Todesstrafe USA: ursprünglich wurde die mal wieder eingeführt für Härtefälle...
schwarze Katze:
Yinx:
--- Zitat ---Es hätte unabsehbare Folgen, so etwas zuzulassen, da die Grenzen immer schwierig zu ziehen sind.
--- Ende Zitat ---
das ist auch das Grund für meine Zweifel
Aber andersseits wollten die Polizisten das Leben des Kindes retten und bei einer Entführung spielt Zeit eine enorm wichtige Rolle. Und obwohl die Ermittler jetzt von Gericht stehen, haben sie für meinen Empfinden nicht schlimmes getan.
colourize:
--- Zitat von: "Black Russian" ---
Was meint ihr, war es gerechtfertigt den Entführer(und auch Mörder) des Jungen einer Folterandrohung auszusetzen, um das Leben des Jungen möglicherweise retten zu können, oder nicht?
--- Ende Zitat ---
Ich denke, die Frage kann man nicht pauschal beantworten, sondern nur unter Berücksichtigung der beteiligten Personen bzw. Institutionen.
Ganz einfach ausgedrückt:
Generell würde ich sagen, dass das Leben eines Menschen einen höheren Wert hat, als das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ich finde es also unter Privatpersonen legitim, in so einem Fall Gewalt anzudrohen.
Für Institutionen der staatlichen Gewalt gilt das meines Erachtens aber nicht. Der Staat darf nicht mit Folter drohen, da er als Institution gleichzeitig für die Einhaltung seiner eigenen Prinzipien verantwortlich ist. Wenn der Staat also Folter androht, mag das im Einzelfall zielführend sein, ist aber hochgefährlich, weil damit das gesellschaftliche Prinzip der körperlichen Unversehrtheit in Frage gestellt und tendenziell entwertet wird. (Ob es tatsächlich zur Folter kommt, ist dabei vollkommen unwichtig.) Für staatliche Institutionen gelten also meiner Meinung nach andere Spielregeln als für Privatpersonen.
Folglich würde ich für den konkreten Fall (Jakob von Metzler) sagen: Der Staat hat hier eindeutig seine Kompetenzen überschritten. Wenn dieses Vorgehen ohne Konsequenzen bleibt, so fällt damit wieder einmal ein bedeutender Teil unserer freiheitlich-demokratischen Wertordnung.
Anonymous:
--- Zitat von: "colourize" ---Ganz einfach ausgedrückt:
Generell würde ich sagen, dass das Leben eines Menschen einen höheren Wert hat, als das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Ich finde es also unter Privatpersonen legitim, in so einem Fall Gewalt anzudrohen.
--- Ende Zitat ---
Das sehe ich ein weniglich anders.
Ich stimme dir zu, dass das Recht auf Leben höher angesiedelt ist als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Aber es sollten in einem Staat mit existentem Rechtssystem doch bitte derartige Fälle über dieses staatliche Rechtssystem geregelt werden. Ich anstelle der Eltern des Jungen hätte dem Herrn Entführer erst einmal pauschal die Kniegelenke und das Becken zertümmert bevor ich Folter oder Ähnliches angedroht hätte. Allein den seelischen Schmerzen wegen, die er mir mit der Entführung angetan hätte. Doch Selbstjustiz ist in keinster Weise als Lösung anzusehen.
Der Staat und auch die angeklagten Ermittler haben sich an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu halten.
Privatbürger nicht.
Schieße ich als Privatperson mit einer mir legitim gehörenden Waffe einem unbewaffneten Einbrecher in's Knie war's Notwehr und gut ist.
Passiert mir das als {Landes|Bundes}Polizist droht ein nicht unerhebliches Disziplinarverfahren wegen Mißachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Ich hätte, um ihn aufzuhalten, mich auch einfach auf ihn werfen können ...
Sicherlich ist es nicht die feine englische Art, Folter anzudrohen. Allem voran nicht wenn man bedenkt, dass Androhungen nur geäußert werden dürfen so man bereit ist, diese tatsächlich wahr zu machen.
Andererseits würde ich es im Nachhinein als legitim ansehen, hätten sie ihn in diesem besonderen Fall einfach mal ein bisschen gequält. Frei nach dem Motto: wer gegen das Grundgesetz verstößt braucht sich im Nachhinein nicht hinter ihm zu verstecken.
Dass das ganze nicht einfach zu händeln ist, sowie die bestehenden Gefahren sind mir schon klar. Schließlich ist es nicht erst einmal passiert, dass eindeutige Beweise dafür sorgten, dass der Falsche im Knast landete ...
Schwierige Sache, dass.
Der Ermittler war sich von Vorn herein darüber im Klaren was passieren wird. Dennoch war ihm die Hoffnung, den Jungen lebend zu finden Anlass genug dafür, seine Karriere auf's Spiel zu setzen.
In seiner Haut will ich nicht stecken.
Ist es nun legitim?
Rechtlich gesehen in keinster Weise.
Menschlich gesehen auf jeden Fall.
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