GENOCIDE ORGAN: " : In - Konflikt : " (Tesco)
Lang drauf gewartet, nun liegt sie vor: Die neue CD/LP der legendären Mannheimer Noisekamarilla aus dem Tesco-Umfeld ist am Start. - Und sie weiß zu überzeugen. Erst mal optisch: Edler schwarzer Digipack mit Prägedruck, angenehm spartanisch und streng in der Gesamtgestaltung. Dies harmoniert aufs bestrickendste mit der dargebotenen "Musik", denn die ist fürwahr hart und finster. Wer GO schon ein bißchen länger kennt, wird sich an so maches Stück aus den verschiedenen Phasen der 15-jährigen Bandgeschichte erinnert fühlen; womit nicht gesagt sein soll, daß man sich hier selbst kopiert - nein, es muß wohl eher von einem Reife- und Veredelungsprozeß gesprochen werden, jedenfalls ist das aktuelle Album in jedem Sinne des Wortes eine runde Sache: die Reise geht von Dark/Death Industrial über Harsh Noise bis Power Electronics, und das in einem rundum stimmigen Gesamtverhältnis.
Was die "Hits" betrifft: Track 2, "Disobey Ends": Treibend-montones, von einem coolen, rappeligen, leicht arhythmisch versetzten Öltonnenbeat vorangetriebenes Stück mit wohldosierten Sprachsamples und den klassisch schnarrigen Kasernenhof-Vocals; Track 4: "We Care For You": Ebenfalls rhythmisches Stück, der grundlegende Sound changiert irgendwo zwischen Autowerkstatt, Baustelle und Schlachtfeld, MG-Trommelfeuer meets VW-Käfer; zwischendrin immer wieder aberwitziges Gebrülle - hört sich ein bißchen nach Wurzelbehandlung auf LSD und ohne Betäubung an :mrgreen: ; Track 11: "Conditio Humana": Vergleichsweise ruhig, für die Verhältnisse des vorliegenden Tonträgers geradezu entspannt, dennoch auf eine angenehm unterkühlte Art treibend, es schält sich sogar so was ähnliches wie 'ne Melodie raus; eindeutig der Popsong der Scheibe, überdies mit einem hübschen Refrain: "I don't want to be your neighbour, I don't want to be your friend - I'm just your executioner ..."
Insgesamt finden sich immer wieder erstaunliche Bezüge zum Old-School-Industrial à la SPK oder TG, spannend eingesetzt und verwurstet, einige nahezu ambientartige Noisestücke, gutes Mischungsverhältnis von Sound und Vocals bzw. Samples, und vor allem: Man enthält sich blöder Klischees in jeder Hinsicht. - In diesem Sinne: Empfehlung!
IRIKARAH: "Good Morning America" (Membrum Debile)
So, und die schieb' ich gleich hintendran, weil ich sie vom Tonträger-Höker meines Vertrauens im selben Paket geschickt bekommen hab' und sie vom Style her dazupaßt wie nix Gutes. Ist zwar nicht mehr ganz aktuell, aber trotzdem wert, noch mal explizit zur Kenntnis genommen zu werden.
Das thematische Programm dürfte mit dem Titel schon hinreichend klar umrissen sein - um keine Zweifel aufkommen zu lassen, prangt hintendrauf noch mal George-Dabbeljus verkniffenes Konterfei. Auch hier wechseln sich eher ruhige Wall-Of-Noise-Passagen mit treibend-aggressiven Brechern ab, auch hier macht die durchwegs runde Mischung das Ganze zu einem wahren Ohrenschmankerl.
Als Höhepunkte sind nach meinem Dafürhalten die folgenden zu erwähnen: Track 3, "The Fog Of War", könnte man als so was wie Harsh-Noise-Hardcorepunk bezeichnen - Crass meets Ministry meets TG meets Grey Wolves, irgendwo zwischendrin; der Grundbeat erinnert ganz stark an den eines klassischen TG-Stücks, leider ist mir entfallen, welches das noch mal war (man wird ja nicht jünger und das Gedächtnis läßt nach ... :mrgreen: ); Track 5, "Against Moscow", ist ein klarer Tanzflächenburner (naja, auf jeden Fall "Stahlklang"-kompatibel) mit starken Old-School-Reminiszenzen: man fühlt sich vom Sound her aufs massivste an SPK in ihrer "Auto-Da-Fé"-Phase erinnert - Leute, die das nicht mehr so mitbekommen haben, werden wohl am ehesten Ähnlichkeiten mit Haus Arafna wittern; der Reißer ist aber eindeutig Track 6, "Wahltag": extrem hypnotisches Gestampfe in zwingend-treibender, apokalyptisch-martialischer Schlachtfeld-Manier, genial ergänzt durch völlig zerschredderte und durch den Reißwolf gejagte Aggro-Vocals, ebenfalls irgendwie Old-School, aber einfach herzerfrischend und überaus belebend. - Da bleibt kein Auge trocken! :biglaugh: