Schwarzes Hamburg > Politik & Gesellschaft -Archiv-
Demokratie...
Drachenkind:
Der letzten Idee mit dem Wal-o-Mat kann ich zumindest etwas abgewinnen.
Wenn dann 1. Stimme auf Personen bleibt und 2. Stimme nach Übereinstimmung.
Geht ja auch das man seine 2. Stimme prozentual nach Fragen gewichtet.
Damit nicht die Stimme durch dusselige Auswahl oder Gewichtung vergeben wird.
So in Etwas,
Wie stehen sie zu Bundeswehreinsätzen ohne UNO Mandat?
A, B, C, D
Geben sie an wieviel Prozent ihrer Zweitstimme sie auf diese Frage verwenden möchten.
Bin ja auch ein Freund davon den Wähler mehr zu fordern.
Dann könnte man auch 3. und 4. Stimmen... einbauen. Eine Stimme für Außenpolitik, eine für Wirtschaft...
Und ich bau darauf das eine Volk das Handys mit hunderten von Funktionen begreift und Videorecorder programmieren kann auch damit zurecht kommt.
phaylon:
--- Zitat ---Und ich bau darauf das eine Volk das Handys mit hunderten von Funktionen
begreift und Videorecorder programmieren kann auch damit zurecht kommt.
--- Ende Zitat ---
Dazu sag ich nur: <blink>00:00</blink>
Edit: Ich habs' nochmal zusammengefasst.
p
Lilyanar:
@dalai_wese:
--- Zitat ---Dann schau mal in Art. 50 der Hamburgischen Verfassung! Es ist ja ein weitverbreiteter Irrglaube, dass das Volk keine Gesetze erlassen kann.
--- Ende Zitat ---
hm dann hat mir meine gmk-lehrkraft falsche informationen weitergegeben(?)..!hmm.. :shock: [/color]
Kenaz:
@ drachenkind
(Vorbemerkung: Konkret bezieht sich das auf Deinen, direkt an mein letztes Posting anschließenden Beitrag; wollte das schon gestern abend loswerden, aber da machten mir die Serverquerelen einen Strich durch die Rechnung. Nach allem aber, was ich bis hierher - mehr oder weniger konzentriert - durchgelesen habe, hat es seine Aktualität noch nicht eingebüßt. In diesem Sinne: Wohl bekomm's ... :wink: )
Mein liebes Drachenkind,
ich möchte Deinen flammenden Enthusiamus für die Demokratie und Deinen gnadenlosen Optimismus hinsichtlich des geistigen Zustandes der "Allgemeinheit" ja ungern dämpfen, aber insbesondere in folgendem Punkt irrst Du gehörig:
--- Zitat ---Und eine politische Entscheidung muss gar nicht gut, richtig und gerecht sein im moralischen Sinne. Wäre dies so, würde das wohl den Bundestag und manche Gesetze ad absurdum führen. Eine Entscheidung muss einzig von einer legitimierten Insitution kommen und darf nicht in Konflikt mit bestehenden Gesetzen stehen.
--- Ende Zitat ---
- Gesetze - und damit auch die von Dir beschworenen "legitimierten Institutionen" - gründen immer auf moralischen Standards. Die Würde des Menschen oder die Vorstellung der prinzipiellen Gleichheit aller Menschen bspw. ist (wie uns ein Blick in die Welt immer wieder auf's deutlichste beweist) keineswegs ein empirisches Faktum, sondern eine normative Setzung. Die Idee der Demokratie, die in der heute bestehenden Form untrennbar mit den Grundgedanken der Aufklärung - insbesondere in der von Kant formulierten Form - verknüpft ist, baut maßgeblich auf diesen Prinzipien auf: Dem allgemeinen Wahlrecht liegt die Vorstellung zugrunde, daß jeder Mensch das Recht auf eine freie Meinung hat, daß er diese frei äußern darf und auf diesem Wege Einfluß auf die politischen Prozesse nehmen kann. Insofern ist ebendiese Annahme eines solchen Rechtes auf individuelle Meinungsfreiheit Basis demokratischer Strukturen; die Annahme selbst ist aber nicht mehr und nicht weniger als ein normatives Gebot, d. h. eine moralische Setzung, da sie nicht formuliert was ist, sondern was sein soll.
Ergo: Das Fundament, auf dem die Demokratie ruht, ist ein genuin ethisches. Ergo ruhen auch die Gesetze, die die Prozesse innerhalb eines demokratisch strukturierten Gemeinwesens steuern, auf einer ethischen Basis. Der im Grundgesetz formulierte Gleichheitsgrundsatz z. B. ist nicht vom Himmel gefallen, sondern stellt die Konsequenz ethischer Setzungen und moralischer Übereinkünfte dar.
Ach ja:
--- Zitat ---Das Volk ist nunmal die zentrale Legitimation.
--- Ende Zitat ---
- Das "Volk" kann ja 'ne Menge sein, aber bestimmt keine "Legitimation". - Das Volk vergibt bestenfalls eine Legitimation. - Wie aber ist das möglich? Ebent: Qua der eben bereits zitierten Grundvorstellungen (Freiheit, Gleichheit usw.) - Demokratie ist erst möglich, wenn diese Vorstellungen allgemein anerkannt sind. Sie basieren aber - wie bereits gesagt - auf ethischen Setzungen und stellen keinen empirischen Sachverhalt dar, ganz im Gegenteil: Empirie und Geschichte bezeugen vielmehr das krasse Gegenteil (was wiederum kein Argument dagegen ist - wie manch strammer Kameradendenker in diesem Kontext gerne insinuiert - weil ethische Standards eben ein Sollen und nicht ein Sein formulieren, ihre Geltung mithin von Faktizitäten unberührt bleibt).
Unterm Strich bleibt folgendes festzuhalten:
--- Zitat ---Und eine politische Entscheidung muss gar nicht gut, richtig und gerecht sein im moralischen Sinne.
--- Ende Zitat ---
- Das muß sie sehr wohl sein, weil sie sonst im Widerspruch zu den Grundpfeilern der demokratischen Idee steht.
--- Zitat ---Aber eine ethische Komponente, außer als Leitbild, gibt es nicht in der Politik.
--- Ende Zitat ---
- Wenn mir diese Differenzierung auch nicht so ganz klar werden will, so steht trotzdem fest: Oh doch! Die ethische Komponente muß vielmehr untrennbar mit der Politik verknüpft sein, wenn diese sich im demokratischen Sinne verstehen will - Gründe wie bereits dargelegt.
--- Zitat ---Daher ist Kenaz Moralinflation und die Schwäche der Menschen ja nett für's Wort am Sonntag, aber hat mit Politik nichts zu tun.
--- Ende Zitat ---
- Der Begriff der Moral hat mit dem "Wort zum Sonntag" so ziemlich nichts (denn dort geht es um religiöse, hier aber genuin immer auch um ethische, da das Zusammenleben von Menschen betreffende Fragen), mit dem Wort Politik so ziemlich alles zu tun - zumindestens dann, wenn sie sich demokratischen Prinzipien verpflichtet zu fühlen vorgibt; und von Politik im Sinne eines Hitler, Cäsar oder Dschinghis Khan reden wir hier ja wohl kaum, oder irre ich?
--- Zitat ---Das Volk ist nunmal die zentrale Legitimation.
--- Ende Zitat ---
- Die Idee von der Legitimationsgewalt des Volkes, die Du hier ins Feld führst, als sei sie eine Naturgegebenheit wie ein Pflaumenbaum, geht auf moralphilosophische Überlegungen des 18. Jahrhunderts zurück - sie ist in letzter Konsequenz eine moralische Setzung und nicht ein Tatbestand; m. a. W.: Die Legitimation seiner Legitimationsgewalt bezieht das "Volk" direkt aus dem Brotbeutel der Ethik.
Abschließend darf ich nun noch mal eben kurz an die Grundideen der Aufklärung erinnern und in diesem Sinne Kant zitieren:
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung."
Nun frage ich Dich: Hast Du ernsthaft das Gefühl, daß die Masse der Dich umgebenden Menschen in diesem Sinne mündig ist? - Ich hab' das jedenfalls ganz und gar nicht und ich frage mich ernsthaft, wie blauäugig man durch die Welt marschieren muß, um sich dieses Gefühl zu bewahren. Aber freilich: Hier scheiden sich die Geister - wenn Du ernsthaft so viel Vertrauen in den "Bürgerverstand" hast, gut, dann ist Dein demokratisches Selbstbewußtsein selbstredend vor der weiter oben angesprochenen Tragik gefeit. - Ich für meinen Teil beurteile den allgemeinen Geisteszustand in der Welt im allgemeinen und unserem Lande im besonderen allerdings weit weniger optimistisch und sehe mich insofern in ebendieser Zwickmühle: Ich sehe mich primär aus ethischen Gründen der Demokratie verpflichtet und bin dessen ungeachtet aus den angeführten Gründen der festen Überzeugung, daß sie zum Scheitern verurteilt ist.
Freilich: Wäre erfreulich, wenn Du in diesem Punkt recht behalten würdest ... - allein: ich habe Zweifel ...
phaylon:
--- Zitat ---
(1) Das Volk kann im Rahmen der Zuständigkeit der Bürgerschaft den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Gesetzes oder eine Befassung mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung beantragen.
--- Ende Zitat ---
Sie kann den Erlass /beantragen/. Gesetze erlassen, kann »das Volk« selbst nicht, liegt einfach nicht in seiner direkten Gewalt, was ich (leider) auch als sinnvoll erachte(n muss).
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