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Abschiebezentrum Hamburg
Jinx:
@Kenaz, Nachtmensch:
Moment mal die Damen, hier bringt Ihr m.E. etwas durcheinander, nämlich Asylrecht und Einwanderung.
Einwanderer sind im Idealfall Leute, die das Einwanderungsland sich aussucht. Das wird auch in Ländern so gehandhabt, die klassische Einwanderungsländer sind, also Australien, USA, Kanada. Ihnen ist gemein, dass sie vom Selbstverständnis her Einwanderungsländer sind und - gemessen an beispielsweise Deutschland - unendliche Weiten an Land zur Verfügung haben. Was sie nicht haben, sind unendliche Massen an Geld und Arbeitsplätzen. Daher gibt es Quoten für Einwanderer sowie Aufnahmebedingungen. Die können verhältnismäßig liberal sein (USA) oder sehr streng (Australien). Alle Einwanderungsländer haben jedoch etwas gemeinsam: sie suchen sich ihre Einwanderer aus.
Deutschland ist mittlerweile auch ein Einwanderungsland, und es wäre viel einfacher, wenn es das Gesetz, das jetzt mühsam vorbereitet wird, schon länger gäbe.
Das hat jedoch nichts mit dem Asylrecht zu tun. Dies ist für verfolgte Menschen gedacht, unabhängig von ihrem Bildungsstand, ihrem Beruf oder ihrer finanziellen Lage/ihrem Vermögen (Kriterien, die bei einer Einwanderung eine mehr oder weniger große Rolle spielen). Aslyanten bleiben nicht lebenslang, erwerben nicht die Staatsbürgerschaft des Gastlandes und kehren zurück, sobald sich die Situation in ihrem Heimatland geändert hat. So ist es jedenfalls gedacht (sollte sich die Situation in ihrem Heimatland nicht ändern, Beispiel Iran, passiert die Integration der Aslyanten ins Gastland, so geschehen mit vielen der Kindersoldaten im Iran, die von ihren Eltern auf die Reise gen Westen geschickt wurden, weil das mit dem Paradies und den Jungfrauen so erstrebenswert für die eigenen Kinder doch nicht ist - und vor allem nicht so dringend. Die sind heute integriert, sprechen die Sprache (dafür ihre eigene oft nicht mehr so richtig) und sind teilweise schon deutsche Staatsbürger, da eine Rückkehr auch heute noch nicht möglich ist.
Dass es hier ein Chaos gibt mit Einwanderern, Gastarbeitern und Asylanten, ist der typisch deutschen Eigenschaft zuzurechnen, für alles riesige Ausschüsse zu bilden und jahrelang zu diskutieren. Und natürlich der Aversion, endlich mal zuzugeben, dass wir schon lange ein Einwanderungsland sind. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Einwanderer und Asylanten streng genommen nur eins gemeinsam haben: dass sie aus dem Ausland kommen.
colourize:
Joh, aber Asylanten und Einwanderer haben auch Gemeinsamkeiten, z.B. laufen beide Gruppen gleichermaßen in Gefahr, von Faschos eins auf die Glocke zu kriegen, zumindest so man sie aufgrund ethnischer Merkmale als Nicht-Arier identifizieren kann.
Die grundlegende Problematik ist, dass wir es uns anmaßen, Menschen in "Legale" und "Illegale" zu unterscheiden - und die sogenannten "Illegalen" abzuschieben. Diese ethisch sehr bedenkliche Strategie wenden wir an, um unseren Wohlstand zu sichern. Wir haben nämlich Angst, dass ganz viele böse schwarze Männer in unser kleines Industrieland kommen, um uns die Butter vom Brot zu nehmen und unsere blonden arischen Frauen zu ficken.
All die Unterschiede von "Einwanderen", "Asylanten" und "Illegalen" sind nur von akademischem Interesse. Was es in Wirklichkeit zu überdenken gilt, ist unser rassistisches Menschenbild, das sich hinter unseren Verfahrensweisen mit Nicht-Germanen verbirgt.
messie:
Nun, neben dem gerngesehenen Thema "Abschiebung", das für Politiker schön als Wahlkampfthema instrumentalisiert wird, gibt es aber auch noch einen -wie ich finde unterschätzten- Aspekt: Den der Kosten.
Eine Abschiebung straffällig gewordener Ausländer hat nämlich einen ganz entscheidenden Vorteil: Er spart Geld.
Man mag über die hohe Summe dieser Abschiebung hier erschrecken. Aber angenommen, diese Anzahl an Abgeschobenen käme hier für mehre Jahre in den Knast - das kostet! Eine Abschiebung straffällig gewordener Ausländer -egal welcher Nationalität- ist aus diesem Grund schlicht eine Sache der Geldersparnis. Dazu kommt natürlich auch der Nebeneffekt, dass man ein wenig weniger Ärger mit den Personen hat.
Dumm nur, dass die Abschiebepraxis sich nicht eindeutig nur um straffällig Gewordene kümmert. Und die Politik soviel Wirbel drum macht. Und sie dadurch dem rechten Rand unserer Gesellschaft Argumente für ihr verdrehtes Weltbild liefert. So kommen dann halt solche Unworte wie "deutsche Leitkultur" zustande :roll:
Nachtmensch:
vor allem @ Jinx:
Du hast mit Deiner Unterteilung prinzipiell absolut recht, allein die Tatsache, dass die Grenzen zwischen Einwanderern und Asylanten doch recht stark verwischen, scheint ein Problem zu sein. In der Bevölkerung - und augenscheinlich ja auch bei mir - hat sich dieser Einwandererland-Status noch nicht richtig etabliert. Auf der anderen Seite hingegen versuchen viele, nach Deutschland als Asylbewerber "einzuwandern". Somit sehe ich die Bestrebungen, ein sinnvolles Einwanderungsgesetz zu schaffen, als äußerst wichtig an.
@ Colourize:
--- Zitat ---Die grundlegende Problematik ist, dass wir es uns anmaßen, Menschen in "Legale" und "Illegale" zu unterscheiden - und die sogenannten "Illegalen" abzuschieben. Diese ethisch sehr bedenkliche Strategie wenden wir an, um unseren Wohlstand zu sichern.
--- Ende Zitat ---
Was ist daran anmaßend? Asylmissbrauch ist in meinen Augen auf jeden Fall ein Delikt, unter anderem auch deshalb, weil es Schlepperbanden finaziert und die "legalen" Asylbewerber, bzw. die, die tatsächlich in ihrem Land verfolgt werden, immer mit dem Verdacht konfrontiert sind, illegal einwandern zu wollen. Wie bereits erwähnt, ein sinnvolles Einwanderungsgesetz muss her.
Frag doch bei Gelegenheit mal ein paar Farbige, woher sie denn kommen, sicherlich wirst Du etliche Male Sierra Leone hören. Wenn Du nun aber noch nach der Hauptstatt von S.L. fragst, wie viele Einwohner es in etwa hat, wo in Afrika das liegt und woher genau da sie denn kommen... aber vorsichtig... ;) Ich hab das mal im Kir erlebt, wir hatten uns recht nett mit nem Farbigen da (tatsächlich mal im Kir!) unterhalten, sicherlich gut ne Stunde, bis der fast ausgetickt ist, als ein Freund von mir gefragt hat, woher er kommt... Sowas geht doch auch irgendwie nicht.. :-//
ein Nachtmensch.
Kenaz:
Nö, so was geht irgendwie überhaupt nicht. Solche und ähnliche Geschichten wußte ein guter Bekannter von mir, der in einer Betreuungseinrichtung für jugendliche afrikanische Asylbewerber gearbeitet hat, zuhauf zu erzählen. Am bemerkenswertesten fand ich in diesem Kontext übrigens die Auskunft, daß diejenigen - und ich spreche in diesem Fall nur von afrikanischen Asylbewerbern, denn nur im Hinblick auf diese verfüge ich über entsprechende Informationen -, denen es wirklich dreckig geht, sowieso nicht aus ihrem Land 'rauskommen, da ihnen das nötige Kleingeld für die Entlohnung der diversen Zwischenschrittvermittler fehlt: die, die hier landen, kommen in vielen Fällen aus Familien, die in ihrer Gesellschaft über einen verhältnismäßig hohen gesellschaftlichen und sozialen Status verfügen - die wirklich armen Schweine verrecken zuhause.
In diesem Sinne: Ich finde weder die Einteilung in "Legale" und "Illegale" noch die Abschiebung "Illegaler" in irgendeiner Form ethisch bedenklich und ich wüßte schon mal gleich gar nicht, was sie mit einem rassistischen Menschenbild zu tun haben soll, denn hier geht es nicht um eine Selektion nach "rassischen Gesichtspunkten". Wer das Asylrecht mißbraucht, bringt alle anderen Asylbewerber in Mißkredit und hat hier schlicht und einfach nichts zu suchen, denn es gibt genügend andere, denen wirklich der Boden unter ihrem Arsch brennt. Und das Gleiche gilt meiner bescheidenen Meinung nach für den Umgang mit straffällig gewordenen Asylbewerbern: Ich habe persönlich definitiv kein Problem mit der Vorstellung, einen auf frischer Tat ertappten Kokaindealer stante pede in ein Flugzeug zu setzen und in sein Heimatland zurückzufliegen - und es ist mir offen gestanden ziemlich schnuppe, was dort mit ihm passiert, denn der Betreffende wußte zwei Dinge vorher, konnte mithin also im Lichte dieses Wissens seine Handlungsweise abwägen: 1. daß gewisse Dinge - z. B. Dealerei mit harten Drogen - in diesem Lande als eklatanter Spielregelverstoß gewertet werden; 2. daß ihm zuhause eventuell nichts Gutes blüht und es sich für ihn von daher empföhle, die Spielregeln seines Gastgeberlandes zu respektieren. Wenn er sich also für eine Handlungsoption entschieden hat, so nehme ich seine Entscheidung als solche ernst und finde es völlig legitim sowie mit den gängigen ethischen Standards vereinbar, ihn den Konsequenzen seiner Entscheidung - respektive der Abschiebung - zuzuführen.
- Und um dem Einwand gleich vorzubeugen: Nein, ich beziehe mein Bild farbiger Kokaindealer oder - um eine andere, in dieser Hinsicht statistisch auffällig gewordene Ethnie zu bemühen - kurdischer Heroindealer nicht aus der Bildzeitung; ich hatte vor einigen Jahren durchaus das zweifelhafte Vergnügen, mit etlichen Vertretern dieser Klientel persönliche Erfahrungen zu machen.
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