Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: DM - die neue  (Gelesen 1389 mal)

Rumburak

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DM - die neue
« am: 16 Oktober 2005, 02:35:30 »

Das meint die Süddeutsche Zeitung dazu:

Zitat
"Depeche Mode", neues Album

Das Knirschen der Content-Provider

Die Postermoderne hat sie wieder: Es geht um Engel und Zehntonner, die sich um leitplanken wickeln, oder so. Und um einen ordentlichen Griff in das Zitatenschätzlein mit Hervorkramungen eigener Größe. Na, so in etwa halt.
Von OLIVER FUCHS

Wenn eine Band von dieser Preisklasse ein neues Album herausbringt, herrscht stets ein ziemlicher Lärm.

Wichtiger Entwicklungsschritt! Neue Dimension! Beste Platte bisher!

So ähnlich war es im Sommer bei Coldplay und Oasis. So ist es auch jetzt wieder bei Depeche Mode. Zusätzlich wird noch eine technologische Sensation vermeldet: Es gebe da jetzt einen so genannten "Receiver" zum Downloaden, eine Art Nachrichtenempfänger, mit dem man jederzeit auf dem neuesten Stand ist, was Depeche Mode angeht.

Ein "Desktoptool", das sich selbst füttert - mit Content oder so ähnlich.

Seltsam. Man hätte gar nicht gedacht, dass sich die Nachrichtenlage bei Depeche Mode jeweils so schnell ändert.

Im Sommer zum Beispiel ist man nach Düsseldorf gereist in Erwartung von News. Da gaben sie eine Pressekonferenz, nicht irgendwo im Hotel, nein, wie es sich für eine Stadion-Band gehört, in der LTU-Arena.

Dort saßen, in einem Block zusammengepfercht, Journalisten aus ganz Europa und Fans, die bei einem Preisausschreiben gewonnen hatten. Die Stimmung war schon anfangs am Überkochen, und als man sie unten auf dem Rasen einlaufen sah wie Gladiatoren, gab es spitze Schreie.

Sänger Dave Gahan sah blendend aus - er nimmt jetzt keine Drogen mehr. Ein bisschen wie der nächste James-Bond-Darsteller. Songwriter Martin Gore dagegen wirkte eher so wie Gert "Goldfinger" Fröbe in jung. Weil die beiden sich in jüngster Zeit auch ungefähr so gut verstanden haben wie Bond und sein Gegenspieler, war lange nicht klar, ob es überhaupt ein neues Album geben würde.

Beide hatten Soloalben veröffentlicht, und Gahan soll gesagt haben, er wisse nicht, ob er sich nach dieser Erfahrung wieder Gore unterordnen könne. Von Streit war aber keine Rede.

Im Wesentlichen wurden dann die Termine der kommenden Tour bekannt gegeben. Die Journalisten aus Holland, Estland und so weiter waren etwas ratlos. Hatte man sie bloß dazu herbestellt?

Aus lauter Verlegenheit stellte dann ein wahrscheinlich baskischer Radiosender die Frage, ob es denn schon eine Lied-Abfolge gäbe für die Tour, worauf zu erfahren war, dass die Platte ja noch gar nicht fertig sei und man vor allem mit der Namenssuche beschäftigt sei.

Jetzt ist die Platte fertig. Sie heißt "Playing The Angel", erscheint am Freitag, und wieder ist man etwas ratlos.

Am Anfang schreckt man kurz hoch. Es beginnt mit einer Fanfare und einem lauten Knirsch-Schleif-Geräusch, ungefähr so, wie wenn ein Zehntonner sich um eine Leitplanke wickelt. Aber das ist der einzige Überraschungsmoment. Was dann folgt, ist eine Art Depeche-Mode-Medley, eine Band zitiert sich selbst in allen Schaffensperioden, den unbeschwerten Synthie-Pop der frühen Tage, den wagnerianischen Schmerzens-Industrial aus der darauffolgenden Phase, die Hinwendung zu Blues, Rock und Gospel, und das alles purzelt, unverbunden durch jedwede Idee, wild durcheinander.


Manches ist überproduziert, wie die Soundwälle aufschichtende, in alle Himmelsrichtungen und dutzende Stil-Richtungen zerfasernde Trip-Hop-Ballade "The sinner in me", anderes ist eher uninspiriert wie der von Dave Gahan geschriebene Ambient-Schleicher "I want it all", der so vor sich hin pluckert, wie auch die anderen beiden Gahan-Lieder - es wäre übertrieben zu behaupten, dass da ein Songwriter seine Bestimmung gefunden hat. Eher gilt hier das Motto aus der Milchwerbung: Auch mal probieren.

In den Texten geben sich Engel und Teufel die Klinke in die Hand: "Angels with silver wings shouldn't know suffering", "Devils feed on the seeds of the soul" . . . Außerdem kommen vor ein "flüsternder Kosmos" sowie "gefrorene Herzen". Die Bilder scheinen einem dieser Posterkataloge entnommen zu sein, für die damals in den Achtzigern immer die Bestelllisten im Klassenzimmer herumgingen, wo sich dann jeder je nach Neigung ein Motiv heraussuchen konnte: Harlekin mit Träne, Palme vor lila-rot-gelbem Sonnenuntergang oder "was Phantastisches" (gerne: ein Drache).

"We're disturbed souls", heißt es in dem Lied "Damaged people". Irgendwie merkwürdig, dass sich Geschäftsleute mit Mitte 40 immer noch als Outsider und jugendlich verirrte Seelen verstehen. So wie gleichzeitig die Fans weiter so tun, als seien sie eine fest verschworene Gemeinde wider den Mainstream, eine Art Sekte. Dabei sind Depeche Mode, nach 50 Millionen umgesetzten Tonträgern und ausverkauften Stadien von Oslo bis L. A. doch eher so was wie ein multinational operierender Konzern.

"I'm not sure what I'm looking for anymore": Schmerz und Schwermut waren immer die treibende Kraft im Werk von Depeche Mode, und in ihren besten Momenten haben sie beides in erhabene Musik verwandelt, die dann etwas merkwürdig Euphorisierendes an sich hatte. Klarheit und Einfachheit. Bestes Beispiel dafür ist vielleicht der Song "I feel you" von der 93er-Platte "Songs Of Faith And Devotion", als Sänger Gahans Drogenprobleme einem Höhepunkt zustrebten und Depeche Mode kurz vor der Auflösung standen. Vielleicht gilt auch hier die alte Weisheit: Ohne Leidensdruck entsteht keine große Kunst.

Gelegentlich lässt sich diese Kraft auch auf "Playing The Angel" noch erahnen, etwa in dem tiefschwarzen Techno-Gospel "John the revelator" oder in der suggestiven Mini-Oper "Macro". Aber insgesamt hat das Schmerzensschwelgen nun etwas eigenartig Lustloses und Saturiert-Selbstgefälliges: Weltüberdruss als Phantomschmerz des Besserverdienenden. War da nicht mal was, über das ich früher immer so traurig war?

Nach einer höhepunktarmen ersten Hälfte versuppt der Sound in der zweiten Hälfte zunehmend. Es werden nur noch Special-Effects zelebriert. Die Beats klingen wie das Klacken eines Geldautomaten. Und so hinterlässt das Album eine ähnliche Leere wie schon die letzten Platten von R.E.M. und U2, zwei anderen Bands aus der Millionärsliga. Man hört nur Geld rascheln. Und das Rattern der Wertschöpfungskette. Das Ganze ist, wie soll man sagen, ein wenig contentlos. So ein Desktoptool ist sicher eine hübsche Anschaffung. Das Dumme ist bloß: Depeche Mode haben im Moment wenig mitzuteilen.


SZ vom 12.10.2005

Wenn das kein Verriss erster Güte ist, dann weiß ich auch nicht =)
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olli

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DM - die neue
« Antwort #1 am: 16 Oktober 2005, 21:41:40 »

ein verriss, in dem in erster linie über geldmacherei, in zweiter linie über texte, in dritter linie über sounds, in vierter linie über andere bands und dann in fünfter linie über musik geschwafelt wird. sehr substanzlos verfasst.
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DAS.ADI

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Re: DM - die neue
« Antwort #2 am: 22 Oktober 2005, 20:04:59 »

Zitat von: "Rumburak"

Wenn das kein Verriss erster Güte ist, dann weiß ich auch nicht =)


GENAU!!!

Ich finde das ist ein sehr gelungenes Album. Es läuft bei mir jeden Tag! Da haben unsere Jungs endlich mal wieder etwas geniales auf die Beine gestellt!!! Hut ab und danke an Dave - NOTHING'S IMPOSSIBLE - mein Favourit!!!  :D  :D  :D
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ibt's das auch in schwarz...???

luziefloh

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DM - die neue
« Antwort #3 am: 22 Oktober 2005, 20:56:19 »

ja, ich finde das album auch spitze. hätte nicht erwartet, das es so gut wird und freu mich jetzt schon auf die konzerte!!! 8)
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