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Abschied vom deutschen Wohlstand?

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BaerndME:

--- Zitat von: EcceRex am 15 Dezember 2022, 08:00:48 ---Wenn ich eine eigene Wohneinheit besitzen darf, wo soll die sein? Sicher da, wo ich arbeite.
Was mache ich, wenn ich meine Arbeitsstelle wechsle und die Wohneinheit aufgrund der Entfernung nicht mehr bewohnen kann?
Muss ich meine bisherige Wohnung dann (erst) veräußern? Aber wer garantiert mir, dass ich am neuen Wohnort eine neue eigene Wohneinheit erhalte, weil ich doch Anspruch darauf habe?
Wenn ich sie nicht veräußere, sondern (übergangsweise) vermieten möchte, dann kann ich das nicht, weil ja nur noch Wohngenossenschaften vermieten sollen.

Wenn Jeder eine Wohneinheit besitzen darf, wohnt dann jeder Mensch nur noch alleine?
Was ist mit Pärchen, (halbe) Familien, WGs,?
Welche Wohnfläche steht dann Jedem Einzelnen zu?

Ab wann soll einem eine eigene Wohneinheit gehören dürfen?
Ein "deutscher" Student, der noch so überhaupt keine Arbeitsleistung erbracht hat (mal Nebenjobs außen vor gelassen), soll schon mit einem Eigenheim belohnt werden? Ein "Einwanderer", der die deutsche Staatsbürgerschaft erst nach X-Jahren bekommt, arbeitet fleißig, darf aber nichts besitzen?

Was genau ist an "Wohnungsgenossenschaften" denn "derzeit die vernünftigste Form von Mieter-/Vermietertum"? Mindestens 2 in diesem Thread sind auch Vermieter und ich denke, bisher haben sich deren Mieter noch nicht beklagt/beklagen können.

AirBnB ist in den meisten Fällen eine günstige Alternative, um auf Urlaubs-/Städte-/oder was auch immer Reisen (z.B. per Fahrrad, Motorrad, zu Fuß, ...) unter zukommen. Wenn da jetzt mal Hotels, Hostels, Pensionen, Ferienwohnungen, etc. ihre Preise runter schrauben würden, wäre AirBnB vllt. nicht mehr ganz so attraktiv/rentabel, ein geringeres Einkommen für Hotels, etc. allerdings wohl auch nicht.

--- Ende Zitat ---
Eigentlich alles so, wie ich es schrieb, dann gibt es da auch keine Probleme.
1. Wenn du temporär woanders wohnst, kannst du mieten.
2. Klar kannst du die eine Wohnung, die du besitzt, vermieten. Hab ich nie anders gemeint. Also kannst du auch den "Temporärtausch" machen.
3. In Schweden ist es Gang und Gäbe, sich Wohneinheiten zu kaufen und zu verkaufen. Studierste in Malmö, kaufste dir da ne Wohnung. Ziehste dann nach Stockholm, verkaufst du die Wohnung in Malmö u.s.w.. Das funktioniert dort!
4. Vermieten im großen Stil ist "Geld durch Geld machen". Das ist Gift für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft. Das kann weg.
5. Es gibt getrennt lebende Ehepaare u.s.w.. Sonderregelungen wären unnötiger Overhead, denn wenn eine Familie 2 oder 3 nicht genutzte Wohneinheiten besitzt, die sie vermietet, dann ist das eine Bagtelle im Gegensatz zum organisierten Missbrauch durch Buden wie Vonovia und Co.
6. Airbnb stiehlt Menschen in urbanen Gebieten Wohnraum, Lebensraum. Das muss weg! Es bedeutet, lebensnotwendige Ressourcen für Luxus zu opfern.
7. "Ab wann" hatte ich bereits geschrieben.
8. Wieso soll Wohnfläche relevant sein? Wenn jemand Bock hat, eine 400 Quadratmeterwohnung zu heizen und sauberzuhalten - viel Spaß!
9. Wer sich dazu entschließt, "Mitglied eines Volkes" zu werden, in dessen kulturellem Raum bzw. Lebensraum zu leben, der darf teilhaben an der beschränktesten Ressource, die damit verbunden ist: Platz. Alle anderen können mieten. Wenn du im Ausland studierst, musst du dafür keinen Wohnung kaufen - dafür gibt es Mietmodelle und das ist auch gut so.

Ich finde Freizügigkeit super, Studenten, Gastarbeiter, Geflüchtete, Urlauber, Backpacker,... her damit! Haut rein, kommt alle nach Deutschland, lasst uns offen sein. Aber wenn man sich dazu entschließt, irgendwo sesshaft zu werden, seinen Lebensmittelpunkt aufzubauen u.s.w., dann gehören für mich ein paar Dinge dazu, und darunter fallen das Lernen der entsprechenden Sprache, die Annahme oder zumindest das vollständige Respektieren der Kultur des Landes, Teil der Gesellschaft werden, Staatsbürgerschaft. Und damit kann man dann auch seinen Teil davon ab haben.

Sprich: Wenn ich Finne werden will, lerne ich finnisch, gewöhne mir ab, auch nüchtern ständig laut zu sein und 'ne große Fresse zu haben und zähle niemanden an, wenn er besoffen ist, lerne Karaoke singen und feiere Pikkujoulu. (Plakativ überspitztes Beispiel) Erst dann kann ich erwarten, dass mir jemand einen finnischen Pass gibt, und vor dem finnischen Pass erwarte ich nicht, dass mir jemand ein Haus auf dem Boden verkauft, der dem finnischen Volk zusteht.

Jack_N:
Hrnz, Schweden ist n etwas schwieriges Beispiel.
Da gibt es für den Erwerb von Wohnraum und die entsprechenden Kredite vom Staat ganz seltsame Konstrukte, was im Endeffekt dazu führt dass viel mehr Leute Wohneigentum haben, aber eben kein richtiges Eigentum, da sie dieses zu Lebzeiten nie abbezahlen, das aber auch keinen stört. Wird hier teilweise dann als Genossenschaftswohnung bezeichnet, ist aber irgendwie doch ne Eigentumswohnung, die man aber nie komplett zu Lebzeiten abbezahlt, und die dann später nach dem Ableben wieder an den Staat bzw. die Genossenschaft zurückfällt. Also muss man keine Angst haben dass man da rausgeklagt wird oder so.
Vieles liegt da wohl auch noch in den Wohnungsmangel-Aufbauprogrammen nach dem zweiten Weltkrieg begründet, die ja auch die Basis für den Boom von Ikea und co bereitlegten. Es wurde überall gebaut, viel, Mehrparteienhäuser mit modernen Errungenschaften wie Toiletten und Bäder in jeder Wohnung (war früher noch nicht in allen Regionen selbstverständlich), Müllschluckschächte auf den Hausfluren in einen zentralen Müllkeller, und häufig zwischen Wohnblocks Extra-Gebäude in denen sich Trockenräume für Wäsche befanden und gemeinsam genutzte Waschmaschinen und Trockner.
Und auf die wurde Acht gegeben, denn das war ja Gemeinschaftseigentum, für alle Bewohner, und keiner wollte das beschädigen, denn dann mussten ja alles zahlen - die Blöße wollte man sich nicht geben.

Hab Verwandte da drüben, und viel dort mitbekommen, vom reichen Leben mit mehreren Eigentumshäusern bis hin zum Wohnen in eben diesen Blocks - wobei auch dort alles Eigentumswohnungen waren, keine angemieteten. Bzw. wenn man es eigentlich korrekt nimmt eben oft jene Genossenschaftswohnungen. Ich erinnere mich noch daran, dass es für die Kinder als sie auszogen teils sogar schwierig war Mietwohnungen zu bekommen, weil eben so viel Wohnraum dort erworben wurde.
Früher hatten viele Schweden auch noch ihre Ferienhütte im Wald für die großen landesweiten Sommerferien (unbeheizt und mit Plumpsklo, aber so als Mini-Sommerdörfer im Grünen echt nett :) ), wie hier halt Schrebergärtensiedlungen.
Die sind inzwischen oftmals dauerhaften Bebauungen gewichen, was früher kleine Hütten im Nichts waren, sind jetzt teilweise Vororte der größeren Städte geworden.

Aktuelle Zahlen zeigen aber, dass in Schweden "richtiges" Eigentum in etwa auf einem Niveau liegt wie in D (bei ca. 40%, Tendenz fallend), aber nur ca. 25% der Leute mieten. Wo wohnt der Rest? Eben in diesen Genossenschaftsähnlichen Konstrukten :)

Der Grund übrigens, warum in Schweden Mietwohnungen knapp sind, ist simpel: Lohnt nicht. Die Mieten verhandelt nicht der Vermieter mit dem Interessenten, sondern die werden für eine Region, Lage, Ausstattung, Schnitt der Wohnung von nationalen Interessenvertretern festgelegt: Da, das ist die Miete die Du nehmen DARFST.


Bei den Genossenschaften in Schweden siehts nebenbei in etwa so aus: So lange Du genügend Anteile besitzt geniesst Du lebenslanges Wohnrecht. Viele erwerben die, kaufen die Wohnung dann aber nicht komplett bzw. zahlen sie eben nicht auf Raten ab, sondern zahlen ab da nur noch die Umlage für den Erhalt. Ein Problem gibts nur, wenn die Finanzierung der Genossenschaft insgesamt ins Wanken gerät (z.B. wenn diese aktienbasiert war und der Markt crasht). Im worst-case sind dann auf einen Schlag alle Mitglieder obdachlos, wenn die Wohnungen zur Deckung der Ansprüche verkauft werden müssen.

Aber ansich kein schlechtes Modell, könnte hier auch Schule machen find ich.

BaerndME:

--- Zitat von: Jack_N am 15 Dezember 2022, 16:50:42 ---Der Grund übrigens, warum in Schweden Mietwohnungen knapp sind, ist simpel: Lohnt nicht. Die Mieten verhandelt nicht der Vermieter mit dem Interessenten, sondern die werden für eine Region, Lage, Ausstattung, Schnitt der Wohnung von nationalen Interessenvertretern festgelegt: Da, das ist die Miete die Du nehmen DARFST.

--- Ende Zitat ---

Es ist eine dünne Linie zwischen "Wir ermöglichen, dass sich Menschen am Wohnungsbau bereichern" und "Wir killen die Anreize für den Wohnungsbau".
Dennoch denke ich, dass eine staatliche Regulierung weniger fürchterliche Folgen hätte als diese Wild-Wucher, den wir hier in Deutschland gerade haben.


--- Zitat von: Jack_N am 15 Dezember 2022, 16:50:42 ---Aber ansich kein schlechtes Modell, könnte hier auch Schule machen find ich.

--- Ende Zitat ---

So, wie du das beschreibst, liest sich das echt super, ja.

Jack_N:
Wobei ich noch kurz einwerfen möchte, dass die Schweden auch mit "einfacheren" Häusern eher keine Probleme haben als wir. In diesen Genossenschafts-Großbauten hab ich nie bis kaum Fliesen in den Bädern gesehen, sondern meist diese wasserfesten Vinyl-Wandbeläge. Stromleitungen sind i.d.R. aufputz verlegt  (wobei aufputz - haha, sind ja oft nur tapezierte Holzwände), die Schalter sind auch eher "robust-funktional". Küchen sind meist etwas moderner, die Küche als Lebensmittelpunkt hat da aber auch eine hohe Bedeutung.
Bautechnisch ist es aber ein weiter Weg vom KFW-Standardhaus in D hin zu dem, was dort z.B. als Reihenhäuser hingetackert wurde und wird. Aber schick und gemütlich sind sie trotzdem :)

BaerndME:
Ich finde, eine Wohnung sollte in erster Linie funktional sein, und da haben uns die Skandinavier in der Regel was voraus. Alles andere lässt sich mit Einrichtung lösen.

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