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Studieren ohne Abitur

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Alte Pizza:
Danke erstmal für den Link.

Habe Kontakt zu Arbeiterkind gehabt. https://www.arbeiterkind.de/ Bin zwar kein Arbeiterkind, sondern ein Professorenkind. Meine Ansprechperson in Hannover meinte es ist möglich ohne Abitur zu studieren, wenn man 2 oder 3 Jahre in seinen Ausbildungsberuf gearbeitet hat. Bei mir trifft es nicht ganz zu. Habe zwar zwei Ausbildungen, habe aber nicht direkt in den Berufen garbeitet.

Aufgrund von Corona und meinen Einschränkungen, sind Veranstaltungen in geschlossenen Räumen schwierig für mich. Habe gerade die Uni in Hannover angeschrieben. Danke für den Input.

Was noch eine Rolle spielt, ist studieren mit Behinderung.

Jack_N, ich verstehe nicht genau, was Du mit Rechtsgrundlagen erneuern meinst.




Jack_N:
Ich meine damit, dass es ja zu vielen sehr spezifischen Fällen noch gar keine passenden Gesetze gibt - sei es nun das Strafmaß für bestimmte Vergehen, oder sogar die Tatbestände ansich. Und viele Gerichte, besonders auf niedrigeren Stufen (Landgericht usw...) tun sich da schwer, hier ein Urteil zu sprechen, was als normgebend angesehen werden könnte. Da wird dann oft an höhere Instanzen verwiesen, und der Klageweg ist steinig, teuer (Rechtsschutz greift dann oft nicht), und langwierig - mit weiterhin ungewissem Ausgang.
Wenn es einen Tatbestand gibt, der in geltendes Recht gegossen werden soll, und der eine ausreichende Anzahl an Personen betrifft, dann ist es in vielerlei Hinsicht nicht verkehrt, einen zweiflankigen Angriff zu führen, z.B. parallel dazu mit entsprechenden Regierungsvertretern auf diversen Ebenen eine Diskussion über die Notwendigkeit dieser Maßnahmen anzustacheln. Wenn dann parallel dazu ein Prozess geführt wird, dann kann auch ein verlorener Prozess - mit geschickter Aktivierung und Steuerung der Medien - genug Aufmerksamkeit erzeugen, dass ein Gesetzesvorstoß nicht komplett im Sande verläuft, sondern tatsächlich seinen Weg bis in die entscheidenden Regierungskreise findet.
Das ist aber eine langwierige und komplizierte Sache auf mehreren Ebenen, und nichts für schwache Nerven da auch u.U. eben "Bauernopfer" ( = verlorene Prozesse, unentschädigte Opfer) gebracht werden müssen um langfristig für die Masse ans Ziel zu kommen.
Das Ganze ist oft mehrfach schwieriger (in D) wenn kein materiell messbarer Schaden vorliegt. Steuerhinterziehung wird hier immernoch schwerer bestraft als die meisten Körperverletzungsdelikte.

Was ich insgesamt sagen will: Ich halte es für nobel und ehrbar wenn man Jura mit dem Ziel studieren will anderen Menschen zu helfen. In der Praxis kenne ich etliche fertige Jurastudenten, die teils 3-4 Jahre lang unbezahlte Praktika in Kanzleien durchgeführt haben um überhaupt eine Chance zu bekommen, jemals selbst als Anwalt zu praktizieren. Einige wenige haben es dann zusammen mit anderen und hohen Ersparnissen selbst geschafft eine Kanzlei zu eröffnen, teils nur um von ihren vorherigen Chefs wegen potentieller Abwerbung von Kunden verklagt zu werden. Andere sind zur Staatsanwaltschaft gegangen - wer wirklich Geld verdienen wollte, der wurde Firmen-Fachanwalt, z.B. für Markenrecht.

Alles in Allem braucht es viel Geduld und viel Durchhaltevermögen um diesen Weg als Idealist erfolgreich bis zu einem Arbeitseinsatz zuende zu gehen. Es ist möglich, keine Frage, aber es wird alles Andere als leicht, und das möchte ich nur als Warnung vorabschicken. Wir haben in vielen Bereichen "zu viele" Juristen, und das sorgt für einen gnadenlosen Verdrängungskampf - und von irgendwas muss man ja auch leben.

RaoulDuke:
Also hm, ich weiss ja nicht.

Das Argument, es gäbe von Leuten, die im Beruf X oder Y arbeiten schon zu viele, habe ich schon so verdächtig oft gehört. Zu viele Juristen, zu viele Kaufleute, zu viele Lehrer, zu viele Geistenswissenschaftler, niemand stellt Philosophen ein, niemand braucht noch einen Arzt, niemand hat auf noch einen Logopäden gewartet, warum Informatik studieren, man wird ja doch nur depressiver und schlecht bezahlter Server-Admin, Mathematiker braucht keiner, zu praxisfern, und wer in drei Teufels Namen studiert eigentlich noch Maschinenbau? Karohemd und Samenstau, braucht keine Sau, wurde mir erzählt. Angeblich ist der wichtigste Schein des Germanistik-Studiums der Taxischein. Habe ich erwähnt, dass wer nichts wird, Betriebswirt wird?

Oh, und dass Ausbildungsberufe eh nichts bringen, dafür sei man mit einem Abi überqualifiziert und würde nur dumm auffallen, aber das wäre eigentlich kein Problem, weil man sowieso nicht eingestellt wird. Gründen ist zu gefährlich und man geht nur Pleite und hat dann für immer verloren. Nur von den sozialen Sicherungssystemen leben ist aber Aso, wer will schon harzen? In Deutschland irgendwas tun bringt aber ja sowieso nichts, es geht hier nur noch bergab. Man kann ja hier gar nichts machen, nicht mal nichts machen.

... ich will Dich wirklich nicht in eine Reihe mit den Leuten stellen, die mir hartnäckig obige Dinge sagten, zu verschiedensten Zeitpunkten. Du machst Dir glaube ich aufrichtig Sorgen, und ich verstehe das. Vor dem Hintergrund der obigen Statements bin ich aber versucht zu sagen, dass es weniger um das was geht als um das wie.

Ich kenne hervorragende Juristen, fähige Kaufleute, engagierte Deutschlehrer, in interessanten Positionen arbeitende Philosophen und  für die Informatiker und Maschinenbauer gehen mir die Adjektive aus. Ich hätte aber sicher welche, und positiv wären sie auch. ;)

Nur von den Leuten, die jedem immer sehr gut sagen konnten, warum all diese Luftschlösser schief gehen würden, hat kaum einer irgendeinen größeren Sprung hingelegt. Die pessimistischte Person, die wirklich für jeden guten Plan ein passendes Gegenargument hatte, arbeitet jetzt beim Arbeitsamt in der Berufsberatung. Hm.......

Jack_N:
Zu dem Punkt mit dem "wie" stimme ich Dir absolut zu.
Zu dem Punkt mit dem Studium habe ich folgendes gefunden:
"Bewerber mit erfolgreich abgeschlossener mindestens zweijähriger Berufsausbildung und anerkanntem Fortbildungsabschluss (z.B. Handwerksmeister, Techniker oder Fachwirte) erhalten die Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung."
D.h. wenn man z.B. ausgebildeter Fachinformatiker ist (egal welche Fachrichtung), dann müsste man eine allgemeine Hochschulreife besitzen und damit mit Abschluß der Ausbildung ein Studium möglich sein.
Wie das aber bei Studienfächern ist, die einen Numerus Clausus haben - da bin ich überfragt (ich hab den anderen Weg gewählt - Studium abgebrochen, Ausbildung gemacht. Anstellung war übrigens kein Problem, Überqualifizierung wurde kein einziges Mal in Erwägung gezogen).

Und ja, ich mache mir aufrichtig Sorgen. Es gibt gewisse Studiengänge, die verhältnismäßig oft von Menschen besucht werden, die sich in einem Studium der Fachrichtung Antworten auf ihre Fragen oder die Befähigung zur Bewältigung eigener Probleme versprechen. Das ist aber meiner Erfahrung nach selten bis nie der Fall. Psychologie ist da der Hauptkandidat, weswegen an meiner alten Uni der Professor der Einstiegsvorlesungen auch jedesmal mit der eindringlichen Warnung begonnen hat, dass jeder, der das Fach studieren will um sich selbst oder Freunde/Familie/Bekannte zu therapieren, bitte den Raum jetzt sofort verlassen und direkt professionelle Hilfe suchen sollte, denn allein ein 4-jähriges Studium ersetzt laut ihm keine Praxiserfahrung.
Wie sehr einige Menschen nur angesichts dieser Äußerung ausgerastet sind spricht Bände.

Ja, ich bin selbst in einigen Situationen in die Welt gegangen und hab Dinge gemacht nach dem Motto: "schaun wir mal ob das klappt". Aber stets mit Plan B und doppeltem Boden, ich habe mich mental darauf vorbereitet was passiert, wenn das nicht klappt, und was ich dann tun würde. Das hat mich in eine recht entspannte Position gebracht, und ich vermute, dass das auch bei einigen Wendungen in meinem Leben dann eine entspanntere Gangart meinerseits für das Gelingen mitverantwortlich war.
Klar war nicht immer alles heiter. Aber insgesamt gesehen hab ich viel gelernt, teilweise auch dass ich nicht Arschloch genug bin um wirklich groß Karriere zu machen.

Mag aber auch sein, dass mein Job als zuarbeitender Sicherheitsbeauftragter dafür sorgt, dass ich alles Mögliche erstmal durchdenke und Schwachstellen aufzeige. Das heisst nicht, dass ich einige Sachen nicht trotzdem machen würde - ich finds nur spannend VORHER über die möglichen Gefahren/Probleme etwas zu wissen. Wenn ich dann nämlich etwas TROTZDEM angehe, dann ists etwas, was ich auch wirklich erreichen will.

(und ja, das gibts auch im Kleinen. Aus "wir fixen mal die eine Schraube am Auto" wird bei Abreissen derselben gleich ein "wir bohren 2 Tage lang Teile aus, schneiden neue Gewinde und machen da gleich auch noch ne Rostkonservierung wenn die Teile jetzt eh ab sind". Das ist doof, das sorgt für viele Flüche, das killt alle anderen Vorhaben an nem Wochenende, aber trotzdem fühlt es sich am Ende gut an, etwas selbst geschafft zu haben.

Und darum gehts letztenendes ja: Fühlt es sich am ende gut an, etwas selbst zu tun? Auch wenn ich eine Aufgabe gegen Geld von jemand anderem erledigen lassen könnte (und vielleicht sogar besser), will ich es vielleicht einfach selbst tun, schlichtweg nur weil ich mir sicher bin, dass ich es kann?
Bin ich aufrichtig genug zu mir selbst falls ich scheitere mir dann Hilfe zu suchen und so das Ganze trotzdem zuendezubringen? (und es nicht halbgar liegenzulassen)

Wenn man hier immernoch sagt: Ja, ja verdammt, ich WILL das, ich hab da BOCK drauf! - dann sollte man sowas einfach machen.

Kenne auch Leute gut, die neben nem Fulltimejob mit Fahrtätigkeit abends noch ein komplettes Bachelor-Studium in ihrer Freizeit erfolgreich durchgezogen haben - das muss man auch erstmal bringen :) (könnt ich nicht, aber Respekt für jeden, der das packt!)

Alte Pizza:
Habe noch einen Haufen Informationen per Mail bekommen. Auch im Hinblick auf Studieren mit psychischer Behinderung.

Werde wohl Anfang des Jahres einen Beratungstermin bei der Uni in Hannover bekommen.

Wegen Energiesparmaßnahmen geht es bis zum 10.1.23 nur online und telefonisch.

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