Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Das Desinformationszeitalter?  (Gelesen 4352 mal)

Eisbär

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Das Desinformationszeitalter?
« am: 19 Juni 2021, 15:42:44 »

Moin zusammen,

Anlass ist die Propaganda der INMS: https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/initiative-neue-soziale-marktwirtschaft-propaganda-fuer-die-welt-von-vorgestern-a-904a71b4-e5f0-4ed5-83d6-e2ee19424142

wir alle kennen die riesigen Vorteile des Internets: fast alle Informationen sind jederzeit überall für jedermann verfügbar. Außerdem kann jeder neue Informationen online stellen. Aber immer mehr und immer öfter werden diese Möglichkeiten genutzt, um Falschinformationen zu verbreiten.
Falschinformationen, auch vorsätzliche, gab es natürlich schon immer, aber noch nie fanden diese in derartigem Umfang Zugang in die Öffentlichkeit - und ich rede dabei nicht mal von den zahlreichen Satiren, die noch hinzukommen, wenn sie missinterpretiert werden.
Das ist bestenfalls lästig, wie z. B. der Mythos der vorgetäuschten Mondlandung oder die flache Erde, schlimmstenfalls gefährdet es den Fortbestand der Menschheit, wie z. B. die Leugnung des anthropogenen Klimawandels oder die Behauptung, der Markt würde alles regeln.

Wirklich problematisch ist es, wenn diese Falschinformationen von kapitalstarken Organisationen verwendet wird, um politischen Einfluss auszuüben, Parteien zu (unter)stützen, die anfällig(er) für korrupten Lobbyismus (Union, FDP) oder sogar demokratiefeindlich (AfD, NPD) sind; das ist der Terrorismus der Mächtigen.
Wenn man dann noch bedenkt, dass sich Studien zu Folge Falschinformationen deutlich schneller und weiter verbreiten als die Richtigstellungen, ist das umso problematischer.

Die Frage ist, wie man diesem Problem begegnet, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken, die ein absolut hohes Gut (und das zu Recht) ist? Wie zieht man die Ersteller und wie die Verbreiter von Falschinformationen für diese und ihre Folgen zur Rechenschaft? Wie schafft man sie wieder aus der Welt und wie sorgt man dafür, dass die Richtigstellungen mindestens die erreichen, die auch von den Falschinformationen erreicht wurden. Wie verhindert man am besten gleich, dass Falschinformationen erstellt werden?
Welche neutrale Stelle entscheidet bei ernsthaft umstrittenen Themen, was wahr und was gelogen ist? Es ist ja nicht alles so eindeutig wie die eingangs genannten Beispiele. Wobei man zumindest bei umstrittenen Themen als seriöser Journalist sagen könnte, dass es umstritten ist.

Welche Lösungsvorschläge habt Ihr für das wachsende Problem?



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2024- No F*cking Bands Festival XIII

Donnerstag, 15. bis Sonntag 18. August 2024

Infos: www.nofuba.de

BaerndME

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #1 am: 19 Juni 2021, 18:09:05 »

Gutes Thema.
Schwere Fragen.
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RaoulDuke

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #2 am: 21 Juni 2021, 11:48:38 »

Welche Lösungsvorschläge habt Ihr für das wachsende Problem?

Um Falschinformationen verhindern, verbieten oder bestrafen zu können, muss man für Informationen zweifelsfrei bestimmen können, welche falsch und welche richtig sind. Das ist nur bei einer Teilmenge von Informationen überhaupt möglich, und selbst von dieser Teilmenge nur zu einem Teil praktikabel.

Ein Beispiel wäre hier die These, dass das Corona-Virus einem Laborunfall entstammen könnte. Zuerst habe ich darüber bei einem Finanzblog gelesen, das anschließend als rechtsradikal bezeichnet wurde (bei Wikipedia wird es immer noch so geführt, beschäftigt sich aber im Wesentlichen mit Börsenentwicklungen), die Verbreitung der Informationen bzw. des Links über Facebook wurde eingeschränkt. Auf Facebook war es nur noch erlaubt, den offiziellen Standpunkt der WHO zu verbreiten, nach der ein Laborunfall auszuschließen sei. Zudem hatte Trump diese These angeführt, woraufhin er von der Presse als ein Lügner und Propagandist dargestellt wurde.

Also ich kann selbst überhaupt nicht beurteilen, woher das Corona-Virus kommt. Dass es in der Stadt ausgebrochen ist, in der sich ein Labor mit der Analyse und Gain-of-Function-Experimenten zur erhöhten Übertragbarkeit von Coronaviren beschäftigt, die von Fledermäusen und anderen Tieren stammen, kann ein totaler Zufall sein. Kommt mir zwar nicht so vor, aber ich weiss es eben nicht. Wenn jemand sagt, die Wahrscheinlichkeit sei 0% und dieser jemand ist die WHO, dann richte ich mich danach.

Jetzt allerdings kommt President Biden um die Ecke und bittet die Geheimdienste, dieser Fährte nachzugehen. Man konnte lesen, ein Laborunfall gelte nicht mehr als ausgeschlossen, nicht einmal mehr als sehr unwahrscheinlich, da Mitarbeiter des Labors im Herbst 2019 dokumentiert an grippeähnlichen Symptomen erkrankten und es zuvor bereits Unfälle in dem Labor gegeben habe.

Mein Problem ist nun: Was ist die Falschinformation? Dass das Virus aus einem Labor kommt? Dass es nicht aus einem Labor kommt?

Und was wäre, wenn man aufgrund dieser Informationen dem vermeintlich rechtsradikalen Finanzblogs (das im übrigens ein steter Quell interessantester Informationen ist, die man dort erstaunlich oft zuerst las) den Server abgeklemmt hätte? Was wäre, wenn alle Untersuchungen eines möglichen Unfalls verboten worden wären oder unter Strafe gestellt? Oder vielleicht ist das ja jetzt Fake News, und die Unfallhypothese könnte wirklich widerlegt werden?

Ich fühle mich manchmal hilflos beim Lesen der Nachrichten, weil ich den Eindruck gewinne, dass sowieso mindestens 50% gelogen oder verbogen sind, nur weiss ich nicht, welche... Und vielleicht nicht einmal die Redakteure.

Wen könnte man denn anrufen, wenn man belegen möchte, dass eine These falsch ist? Das geht wie gesagt nur für ganz kleine Mengen von Problemen, und selbst das wird nicht überall akzeptiert. Auf Twitter wurde ernsthaft argumentiert, 2+2 könne doch auch 5 sein...
« Letzte Änderung: 21 Juni 2021, 11:54:22 von RaoulDuke »
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Alte Pizza

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #3 am: 21 Juni 2021, 12:44:27 »

Ich vermisse mein Aufnahmegerät. Habe über 10 Jahre redaktionell und journalistisch bei einem freien Radio Sender gearbeitet.

Ein Regisseur meinte mal zu mir, ich würde Fragen stellen, die er noch nie vorher gehört hat.

Seit über 10 Jahren recherchiere und agiere ich zum Thema "Emotionale Gewalt im Elternhaus und durch Menschen, die in helfenden Berufen arbeiten". Was da an falsche Informationen verbreitet wird, ist unglaublich.
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RaoulDuke

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #4 am: 21 Juni 2021, 13:06:43 »

Wow, das ist interessant. Ich habe eigentlich nur sehr selten Leute mit einem journalistischen Hintergrund in der realen Welt kennenlernen dürfen - und wenn, war höchste Vorsicht angesagt.

Ich finde es immer wieder erschreckend, was ich alles Falsches in den Medien finde zu Themen, mit denen ich mich wirklich auskenne. Ich meine dabei gar nichts Berufliches (obwohl das auch dort der Fall ist), sondern beispielsweise über Hobbies, Lebensweisen oder Kultur. Wenn der Wahrheitsgehalt bei den Artikeln über Themen, mit denen ich mich nicht auskenne, genau so hoch ist wie bei Themen, mit denen ich mich auskenne, dann sieht es echt ziemlich übel aus für die Presse.
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BaerndME

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #5 am: 21 Juni 2021, 14:46:31 »

Mein Problem ist nun: Was ist die Falschinformation? Dass das Virus aus einem Labor kommt? Dass es nicht aus einem Labor kommt?

Verschwörungstheorie (und nicht unbedingt unberechtigte Frage): "Kommt das Virus womöglich aus einem Labor?"
Falschinformation: "Das Virus kommt aus einem Labor!".

Ich sehe hier vor allem das Problem, dass aus 1 schnell 2 wird. 1 muss ausgeschlossen werden, das geht nur mit Hilfe der chinesischen Regierung / Behörden. Wenn es ausgeschlossen wurde und immer noch als Verschwörungs-dings im Raum steht, ist es keine Verschwörungstheorie mehr, sondern ein Verschwörungsmythos, und somit eine Falschinformation.

"Im Zweifel für den Angeklagten" verliert in unserer Gesellschaft für meinen Geschmack viel zu viel an Bedeutung. Das muss leider auch für so Dinge wie "Putin und der Giftanschlag auf Nawalny" gelten.

("Theorie" hier: Umgangssprachlicher Gebrauch für "These", nicht zwangsläufig wissenschaftlich)
« Letzte Änderung: 21 Juni 2021, 14:48:37 von BaerndME »
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Jack_N

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #6 am: 22 Juni 2021, 08:57:16 »

Marilyn Manson hat ja viel Mist gebaut, aber seine Ausführungen zur Kontrolle durch Angst in Bowling for Columbine stimmen irgendwie noch heute.
Nicht nur die Werbung, allgemein alle Medien bombardieren uns mit negativen Schlagzeilen aller Art, und schüren so Angst vor möglichen Konsequenzen. Weil es aber immer mal wieder Zeiten gibt, in denen nichts großartig negatives im direkten Umfeld passiert (und seien es nur wenige Tage), werden also Schlagzeilen von ganz weit weg sehr nah rangeholt, und gleich gefragt: Was hat das für Auswirkungen für uns? Für unser Leben?

Wie in der Werbung ( Kauf dies, sonst bist Du schlechter dran als Dein Nachbar, nimm das Deo sonst will Dich niemand umarmen etc...) wird einem suggeriert, dass gewisse Dinge ursächlich verantwortlich sind für eine gefühlte private Misere.
Nun sind gewisse Leute empfänglicher für solche Botschaften, und die Presse springt in die Bresche, um an ihnen zu verdienen. Frei nach dem Motto: Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten.

Und dort wo die Presse dann noch durch einen Ethikrat oder eigene Zurückhaltung ausgebremst wird, finden sich im heutigen Zeitalter genug Bauernfänger auf YT, Facebook und co, die alles noch eine Stufe weiter aufdrehen, um so von den leicht beeinflussbaren Menschen zu profitieren. Es ist schon eine Tragik, dass es ausgerechnet diejenigen, die dagegen wettern dass sie und ihre Vorfahren immer ausgenutzt wurden, auf solche Scharlatane reinfallen.

Genau hier müssten ein Mechanismus ansetzen der - wie Bærnd es so schön formuliert hat - beim Unterschied zwischen 1 und 2 ansetzt und Klarstellungen und deutliche Aussagen verlangt.
Das kann in der offiziellen Presse funktionieren, würde aber vermutlich dazu führen, dass diese von den "freidenkenden" Beeinflussern noch stärker als jetzt schon als staatlich gesteuert denunziert wird.
Wir haben uns also mit der freien Verfügbarkeit der Medien unser eigenes Grab geschaufelt, denn im Endeffekt ist es sogar leichter, Desinformationen und schlichtweg Lügen zu verbreiten, als redaktionell bearbeitete und geprüfte Beiträge.
In einer Welt, in der nur noch Schnelligkeit zählt, nimmt letzteres dementsprechend ab.
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nightnurse

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #7 am: 25 Juni 2021, 12:18:18 »

Gutes Thema.
Schwere Fragen.

Und jeder hat Antworten \o/

Meine Mutmaßung wäre, daß es hilfreich wäre, schon früh irgendwas zur Medienkompetenz in den Lehrplan einzubauen (und über dessen Inhalte habe ich seit über 30 Jahren keine Informationen). Zu meiner Zeit™ haben wir in Deutsch und Geschichte Grundlagen der Quellenevaluation gelernt. Und Formen von Fehlschlüssen und Pseudoargumenten zu erkennen.
Nicht, daß ich das noch alles wüsste, aber ich bilde mir ein, es wäre was kleben geblieben. Hilft allerdings nicht allen, ich kenn da ehemalige Mitschüler :-X ::).
Und es gab TV-Sendungen wie "Nepper, Schlepper, Bauernfänger", sehr lehrreich (und das meine ich nur halb ironisch, denn viel von dem, was da draußen so vorgeht, ist genau das).
Heutzutage müsste Mensch zusätzlich wissen, wie man eine Suchmaschine sinnvoll bedient, wie man dem Ursprung von Nachrichten und Bildern auf den Grund gehen kann, was ungefähr "Wissenschaft" eigentlich ist und wie sie geht...ich glaube nicht, daß Bildung ein Allheilmittel ist, aber ich denke, sie könnte vielen helfen, wenn man sie richtig vermittelt.

Weitergehende staatliche Medienkontrolle, als es sie schon gibt, halte ich für ne schlechte Idee.

Was übrigens auch unglaublich hilfreich sein könnte, wäre, wenn nicht alle unbedingt zu restlos jedem Thema eine dezidierte Meinung haben zu müssen glauben würden*, sowas geht heutzutage nicht mehr, weil man nicht über restlos alles ausreichend Bescheid wissen kann. Und dann müsste man damit leben können, auf Experten vertrauen zu müssen, was wiederum das Problem birgt, wie man per Daumenpeilung Experten von "Experten" unterscheidet bzw man müsste aushalten, einfach mal "ich weiss das nicht" zu sagen o.o Was auch toll wäre, wäre: Mehr Geduld und mal abwarten, was am Ende rausgefunden wird (denn am Ende finden SIE alles raus), statt unablässig wild quiekend durchs Dorf schwärmenden Ferkeln hinterherzurennen.
Pardon, ich dachte, ich schreib mal nen Wunschzettel, ist bald Weihnachten >:(




*da fehlen bestimmt noch ein paar Hilfsverben, aber ich hab keine mehr.
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BaerndME

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #8 am: 25 Juni 2021, 14:43:10 »

Gutes Thema.
Schwere Fragen.

Und jeder hat Antworten \o/

Bedingt.
Ich bin von meiner politischen Einstellung her ja "eher links". Merkt man, ne? Also eher links als liberal. Das bedeutet, dass ich auch denke, dass Legislative, Executive und Judikative an entscheidenden Stellen eingreifen sollten, wenn es darum geht, zutiefst menschliche, aber leider zerstörerische, weil z.b. egoistische, Verhaltensweisen und Neigungen bei Menschen einzudämmen. Das geht banal los, dass jemand in den Knast kommt, wenn er einen anderen umbringt, geht aber auch so weit, dass ich denke, dass Superreiche um so viel mehr besteuert werden sollten, dass man es auch vor dem kleinen Mann noch vertreten kann.

Und an der Stelle hier bin ich ratlos.

Dein Vorschlag: Ja gerne, besser als Jahrelang Gedichte von Goethe zu analysieren, aber ich frage mich, wie groß der Tropfen oder Schluck auf den heißen Stein wirklich wäre.
Analogie: Ich habe  in 7 Jahren Gymnasium 4 gefühlt komplette Schuljahre im Geschichtsunterricht erzählt bekommen, wie schlimm das 3. Reich und der Holocaust waren. Und schau dir an, wie viele Nazis da draußen rumlaufen...
Schulunterricht ist ganz sicher nicht die Lösung.
Und ich? Ich hab echt keine. :(
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Jack_N

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #9 am: 25 Juni 2021, 16:30:28 »

Das Problem ist, dass Unterricht eben nicht gleich Unterricht ist.
Du hast das so erzählt bekommen, auch bei mir wurde das relativ gebetsmühlenartig wiederholt.
Dann gabs an der Schule aber eine Religionslehrerin in der Orientierungsstufe, die ihre kompletten Klassen immer am 20. April zu Kaffee und Kuchen eingeladen hat um den Geburtstag "eines alten, guten Freundes" zu feiern.
Einen anderen Lehrer, dessen Geschichtsunterricht an der Grenze zur Oberstufe schonmal darin bestand, dass man sämtliche Panzertypen Deutschlands durchging, und der in der Kriegsschuldfrage für Deutschland bezüglich erstem Weltkrieg "einen eindeutigen Freispruch" und was den zweiten Weltkrieg anging "nur eine Teilschuld" sah.
Auch das genaue Gegenteil, wir hatten auch einen anderen Geschichtslehrer, der komplett umgekehrte Ansichten hatte.

Von einem neuen Schüler, der zur 10. Klasse aus Mecklenburg-Vorpommern zu uns stieß hörten wir, dass weder die DDR noch die Nazizeit Teil des Unterrichts bei ihm waren - da hörte Geschichte kurz vorm ersten Weltkrieg einfach auf.
Wohingegen wir sogar damals schon Dinge wie Kriege aufgrund von Ressourcen in Kombination mit dem Erdkundeunterricht (und den tollen Karten im Diercke-Weltatlas bezüglich Ressourcenverteilung) anschaulich behandelten. Aktuellere Konflikte eingeschlossen.

Du hast halt nicht an jeder Schule denselben Unterricht. Und es ist nie alles schwarz und weiss, selbst mit demselben Lehrplan hast Du unterschiedliche Lehrkräfte, die die Rahmenbedingungen vielleicht umsetzen (teils nicht mal das), aber dann ihr eigenes couleur reinbringen. Das kann durchaus prägen, und wenn Du dann ein und denselben Lehrkörper im z.B. einzigen Gymnasium in zig Kilometer Umkreis hast, der in der Oberstufe ein bestimmtes Fach unterrichtet, dann prägt das mehrere Generationen. Vor allem, wenn dieser auch noch vom Auftreten her eine Respektsperson ist, der man das, was sie sagt, abnimmt. Das man auch mal Aussagen von Lehrern in Zweifel ziehen sollte wird ja selten genug gelehrt an Schulen, macht ja auch nur Arbeit wenn die Schüler ständig fragen.
(einer unser Physiklehrer war da ziemlich cool, er sagte frei heraus, dass viele Dinge für die Schule extrem heruntergedummt werden, damit man es überhaupt in solchen Runden und mit unserem Mathematikverständnis beibringen könne. Für uns reiche es aber Grundlagen über gewisse Dinge zu wissen, so dass wir diese im Alltag anwenden und Situationen einschätzen können, wessen Neugier geweckt würde, der könne immernoch ein Studium beginnen und das Wissen vertiefen. Haut irgendwo ja auch hin. Oder anders ausgedrückt: "Ihr wollt die Entfernung Erde-Mond wirklich mit Ellipsen statt Kreisen berechnen? Also, stimmt zwar, aber: Seid ihr größenwahnsinnig?")

Es gibt ja auch Gedanken, wonach Hausaufgaben Mist sind. Und in vielen Fällen würde ich da zustimmen, besonders so, wie unser Mathelehrer sie gehandhabt hat zu Beginn der Oberstufe (jede Stunde die Aufgaben des letzten Males durchgearbeitet, dabei sich selbst verrechnet, schließlich immer einen 1er-Schüler nach der richtigen Lösung gefragt, und dann die nächsten Sachen aufgegeben). Aber so ab und an hat es nicht geschadet einen größeren Aufsatz zu schreiben, oder ein Referat zu halten und dafür zu recherchieren, und dann auch Fragen zu den eigenen Quellen zu beantworten.
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nightnurse

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« Antwort #10 am: 25 Juni 2021, 18:45:07 »

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Bedingt.

Das war Sarkasmus, ne.


Zitat
Dein Vorschlag: Ja gerne, besser als Jahrelang Gedichte von Goethe zu analysieren, aber ich frage mich, wie groß der Tropfen oder Schluck auf den heißen Stein wirklich wäre.
...
Schulunterricht ist ganz sicher nicht die Lösung.
Und ich? Ich hab echt keine. :(

Ja, is halt schwierig. Ich bin, wie gesagt, auch nicht der Ansicht, daß Schulunterricht DIE Lösung ist. Aber er kann helfen (und er vermindert die Möglichkeit doofer Ausreden :-X). Ich kenne noch 3 Leute aus der Schule (...mich eingeschlossen), bei zweien davon ist von den o.a. Dingen was kleben geblieben, das beim kritischen Denken hilft. Das ist kein so schlechter Schnitt, wenn auch das Sample erbärmlich klein ist. Ich hab ja damals immer gedacht, aufm Gymnasium lernste echt wenig fürs Leben, aber guck.


Was Jack da erzählt, finde ich, ähm, erstaunlich.
Ich bin wirklich auf kein besonders progressives Gymnasium gegangen. Zucht-und-Ordnung-Lehrer hatten wir noch. Unsere Geschichts- und Deutschlehrer haben sich meiner Erinnerung nach aber mit eigenen Meinungen zurückgehalten und wir mussten echt viel selbst erarbeiten (z.B. zum Historikerstreit). Wie gesagt, ich weiss davon nicht mehr viel, aber ich glaube, es hat was gebracht.

Mir geht´s allerdings zunächst mal um Dinge, die ich für grundlegende lebenspraktische Fertigkeiten halte, da zählen die Basics von Medienkompetenz dazu. Vielleicht ist das nur ein Steckenpferd von mir, aber ich hab seit Jahren immer wieder den Eindruck, daß erstaunlich viele Leute da erstaunlich tiefe Defizite haben. Man sollte es zumindest versuchen.
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BaerndME

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Antw:Das Desinformationszeitalter?
« Antwort #11 am: 25 Juni 2021, 23:44:45 »

Und jeder hat Antworten \o/

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Das war Sarkasmus, ne.

Ganz ehrlich, und ohne Sarkasmus: Bei mir bitte immer mit Schild.
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