Schwarzes Hamburg

  • 23 Dezember 2024, 00:39:10
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Autor Thema: Demokratischer Sozialismus vs. Anarchokapitalismus vs. Jetzt  (Gelesen 1586 mal)

BaerndME

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Ich eröffne das Thema, weil wir abschwiffen. Es sollte im anderen Thread eigentlich darum gehen, wie euer / unser Verhalten so ist beim Thema "Spenden und geben", ob eher Tierheime was bekommen oder Menschen in Schlafsäcken auf der Reeperbahn - oder auch gar nichts, aus welchem Grund auch immer (was auch interessant wäre).

Hier an dieser Stelle möchte ich die interessante Diskussion rund um das Thema
- wie sollten soziale Funktionen wie Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung aufgehangen sein?
- was sollte der Staat alles für uns machen?
- wie bekämpft man Armut und Arbeitslosigkeit am besten ohne HartzIV bzw. was sollte idealer Weise auf HartzIV folgen, sollte es endlich abgeschafft werden?

Ich lege mal los mit den Zitaten:


Eine Absicherung im Falle von Arbeitslosigkeit, Privatinsolvenz oder anderen potentiellen Auslösern von Not sollte privatwirtschaftlich organisiert sein.
Wie gut eine private Sozialversicherung funktioniert, sieht man ja am amerikanischen Krankenversicherungssystem.

Ja, das funktioniert nicht gut. Wie gut dagegen die staatliche Organisation funktioniert, sieht man hingegen am katastrophalen deutschen Rentensystem, der unkontrolliert ausaufernden Staatsverschuldung und nicht zuletzt dem Impfdesaster.


Zitat
Gegen solche Strukturen, wie sie das Hartz IV-System schafft, sollte man sich wehren. Da könnte es doch eigentlich mal eine Allianz zwischen finsteren Kapitalisten und ununterbrochen die Internationale-singenden Superlinken geben, auch wenn der Börsengang der Sozialamts-Würstchen dann leider ausfällt.
Das System wurde von Kapitalisten entworfen (Peter Hartz) und wird von Kapitalisten bis aufs Blut verteidigt, garantiert es doch einen gigantischen Niedriglohnsektor.

Es ist immer so eine Krux mit Begrifflichkeiten und der Frage, wen und was sie meinen.

Leute wie Herr Hartz, dem wir die diese unseligen Reformen verdanken, haben mit ihrem Handeln aus meiner Sicht mit freier Marktwirtschaft wenig zu tun. Wenn das so wäre, würde alles in Vertragsbeziehungen zwischen gleichberechtigten Personen (natürliche oder juristische) organisiert, ohne Zwang. Das war hier aber meines Erachtens gar nicht das Ziel: Es ging vielmehr um etwas, was ich "Staatskapitalismus" nennen würde. Hier haben der Staat und mächtige Interessenvertreter so etwas wie ein Kartell gebildet, zum Nachteil derjenigen, die nicht im Kartell sind. Große Arbeitgeber haben natürlich ein Interesse, Druck ausüben zu lassen auf die Gegenseite bei der Verhandlung über einen wesentlichen Kostenfaktor, die Lohnkosten. Mit Freiwilligkeit oder Gerechtigkeit hat das alles gar nichts zu tun und das war nach meiner Hypothese auch nie der Plan.

Ich würde ja beispielsweise niemals einen Vertrag mit einer Versicherung abschließen, die mich so behandeln darf wie der Staat Hartz IV-Bezieher. Das würde ich nur tun, wenn mich eine übermächtige Institution dazu zwingt, beispielsweise durch die Möglichkeit zur Entziehung meiner Lebensgrundlagen. Der Staat darf ja, und das darf man aus meiner Sicht niemals vergessen, wenn man Dinge in die Hände eines angeblich "liebevollen" Vaters Staat legen will, viel mehr als wir. Er darf Eigentum wegnehmen, er darf einseitig mit uns Verträge schließen, ohne dass wir einwilligen müssen, er darf uns einsperren und letztlich, wenn wir nicht den Gesetzen gehorchen, auf uns schießen und uns töten. Zugegeben, eine extreme und (zu) vereinfachte Darstellungweise, aber der Merksatz gilt: Wenn wir uns verhalten würden wie der Staat, würden wir verhaftet werden. Wer will denn mit so einer Institution zu tun haben, wenn er nicht unbedingt muss?

Das ist auch nicht der Kapitalismus, den ich meine. Ich bin eher in Richtung (wenn auch nicht zu absolut 100%) in Richtung Anarcho-Kapitalismus unterwegs. Ich mag keine Institutionen, die zwingen, die unterdrücken und Gewalt ausüben dürfen. Für mich ist der Staat in der Idealvorstellung so etwas wie der Hausmeister: Aufgaben, die zusammen besser gehen als alleine, oder fachlicher gesprochen die Bereitstellung öffentlicher Güter wie Strassenbeleuchtung, die kann man über darüber "poolen", sonst bleibt nicht viel. Über Polizei und Militär kann man noch diskutieren (pure Anarcho-Kapitalisten lehnen selbst das ab, finde ich aber unpraktikabel). Ein eheamliger Großkonzern-Manager, der für die Regierung Gesetze verfasst, die dann anschließend aufs Rücksichtsloseste den Schwächsten aufgezwungen werden, hat in meiner Welt aber keinen Platz (nein, das ist nicht ad hominem - seine Handlungsweise und Rolle meine ich).

Mit der Frage, welche Rolle man dem Staat zubilligt, ist es allerdings sowas wie eine Glaubensfrage, mit deren Diskussion ich an anderer Stelle so haarsträubend schlechte Erfahrungen gesammelt habe, dass ich das nur irgendwann mal beim Kaltgetränk weiterdebattieren würde.

Da kommst Du dann aber auf das andere Problem zurück, nämlich dass Du als Politiker in diesem (und den meisten anderen nicht-diktatorisch regierten Ländern) nur an die Spitze kommst, wenn Du die Interessen von mächtigen Wirtschaftsverbänden vertrittst.
Ohne diesen Rückhalt schaffst Du es ggf. noch bis in ein Länderparlament (hat ein Freund von mir bewiesen), aber spätestens dort wirst Du dann zermürbt. Denn das, was von Dir dort arbeitstechnisch gefordert wird, passt zu der Zeit, die Du dafür investieren musst, und dem Gehalt absolut nicht.
Wie gehen dann "Spitzenpolitiker" damit um?
Indem sie es sich z.B. einfach machen, und bei den meisten Abstimmungen, die in einem Monat anstehen, eine "Fraktionsstimme" bilden, und dieser Meinung folgen. Reicht ja, wenn bei 30 Themen in einem Monat (tatsächlich sinds eher dreistellige Zahlen), und 15 Kollegen in der Fraktion jeder 2 Themen ausarbeitet, und der Rest dann entsprechend abstimmt wie diese es vorschlagen.
So hat jeder genug Freizeit für Lobbyarbeit und co.
Viele haben die Inhalte der Abstimmungen dabei gar nicht ins Detail verstanden. Viele haben diese sogar nie komplett gelesen (zu der Zeit, von der ich spreche, war das gefühlt ein Telefonbuch einer 100.000-Einwohner-Stadt pro Monat von der Dicke her. Womöglich aber mit nicht so dünnem Papier.).
Da wundert es dann einen nicht mehr, dass viele Parlamentarier schlichtweg nicht wissen, worüber sie abstimmen, bzw. was ihre Stimmen für Konsequenzen haben.

Eine freie, der eigenen Moral folgende Abstimmung bedarf halt auch, dass man sich mit Inhalten befasst um dann bewusst seine Stimme zu erheben. Das ist aber nicht gewünscht, wenn eine (kleine) Fraktion so arbeitet werden ihre Mitglieder von Altparteien als wankelmütige Abweichler denunziert und von der Wirtschaft belächelt, die ihnen genau Pöstchen anbietet, wenn sie sich eben nicht mehr so genau um Inhalte kümmern - Inhalte, die aber eigentlich ihr verdammter JOB sein sollten.

Fun Fact: Die Büroräume der FDP-Fraktion im saarländischen Landtag wurden eine zeitlang dominiert von einem großen, teuren Weinkühlschrank...

Anarcho-Kapitalismus
Also einfach mal das Recht des Stärkeren ohne Schutz der Schwachen durch den Staat.
Das Ende sämtlicher Maßnahmen zur Chancengleichheit und in wenigen Jahrzehnten haben wir nur noch ein paar Monopol unternehmen. Das Ergebnis sieht man sehr schön in den alten Robocop-Filmen dargestellt.

...und einer Frage direkt an unseren Raoul: Was bringt dich zu der Annahme, dass der Anarcho-Kapitalismus nicht innerhalb kürzester Zeit fehl schlägt, weil einige wenige, die am Anfang leistungsfähiger sind, bessere Riecher oder mehr Glück haben als andere mehr verdienen, in Folge dessen Kapital bei sich anhäufen und alle anderen mittel- oder langfristig ausbluten lassen, so dass es eine großflächige Verarmung gibt? Ich bin mir nämlich sicher, dass genau das passieren würde. Wie jetzt auch, nur noch schlimmer. "Der Teufel scheißt immer auf den großen Haufen", und das ist ökonomisch gesehen meiner Ansicht nach total logisch.
« Letzte Änderung: 19 Mai 2021, 21:00:04 von BaerndME »
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RaoulDuke

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Antw:Demokratischer Sozialismus vs. Anarchokapitalismus vs. Jetzt
« Antwort #1 am: 20 Mai 2021, 10:42:46 »

Ich würde das in der Tat gerne diskutieren, aber ... [edit: gelöscht].

Ich hatte hier einen Beitrag zu meiner Motivation stehen, das nicht mehr zu diskutieren. Das hat unter anderem mit einem kleinen Hacking-Zwischenfall und einem "Online-Krieg" zu tun, den ich aus meinem Facebook-Meltdown in das wirkliche Leben übernahm und der dort mit unvermittelter Härte seit 8 Monaten geführt wird. Ich möchte daher weltanschauliche Dinge, Berufliches oder Themen aus meinem Privatleben nicht mehr in social media oder Foren diskutieren, bis die entsprechende Schlacht geschlagen ist. Vielleicht ist das nie der Fall, und das Anraten meines Anwalts war sogar, das SHH nicht mehr zu administrieren und alle Beiträge zu löschen, aber das ging mir zu weit. Dann hätten die "Hacker" oder vielmehr Online-Vandalen, ja gewonnen.

Also: Beim Kaltgetränk gern, ich wäre sogar in Bezug auf Heissgetränke flexibel. Aber in öffentlichen Foren kann ich Weltanschauliches leider derzeit nicht gut diskutieren.
« Letzte Änderung: 20 Mai 2021, 11:40:22 von RaoulDuke »
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