Schwarzes Hamburg > Gedankenaustausch
...des Alters entsprechend...
banquo:
--- Zitat von: RaoulDuke am 30 August 2016, 11:36:24 ---Tja, dem Alter entsprechendes Verhalten. Vor kurzem bin ich wieder einmal damit konfrontiert worden, weil jemand in einem vorwurfsvollen, geradezu erzieherischen Tonfall zu mir sagte: "Hey, Du wirst in wenigen Monaten 40! Soll das das Leben sein, das Du führen willst? Bist Du Dir da sicher? Guck Dich doch mal an!"
--- Ende Zitat ---
da fehlt mir jetzt zwar ein bisschen der Kontext und die Mimik zu, aber insgesamt ist das ja doch eher frech und anmaßend, finde ich.
RaoulDuke:
--- Zitat von: banquo am 30 August 2016, 13:15:54 ---da fehlt mir jetzt zwar ein bisschen der Kontext und die Mimik zu, aber insgesamt ist das ja doch eher frech und anmaßend, finde ich.
--- Ende Zitat ---
Ja, das ist vollkommen verständlich, so eine Aussage ist natürlich nichts, das üblicherweise irgendjemand einfach zu einem sagt. Daher etwas Kontext, damit man die Sache etwas einordnen kann - und das ihr auch etwas den drastischen Charakter nimmt:
Gesagt hat das die Frau eines mit meinen Eltern seit vielen vielen Jahrzehnten befreundeten Paares. Die beiden kennen mich schon von kleinauf, und ich führte mit beiden eine längere Debatte über das Leben im Allgemeinen und wie die Dinge gerade so laufen. Die beiden leb(t)en ein sehr bürgerliches Leben, und beziehen (so wie ich es einschätze zumindest) einen wesentlichen Teil ihres Selbstverständnisses daraus, die wesentlichen Dinge, die man eben im Leben so macht, gut abgehakt zu haben. Kinder großgezogen, Haus gebaut, gute Berufe gelernt, materiellen Wohlstand erwirtschaftet... Was man eben so tut. Wir sehen uns mittlerweile sehr selten, und aus der Position des "Jungen" bin ich für diese beiden irgendwie nicht herausgekommen.
Die Debatte ging hin und her, aber irgendwann, nachdem ich von Motorradtouren schwärmte, von Bands und so einem Camping-"Festival" mit tollen Leuten hatte ich irgendwann den Bogen der Toleranz überspannt (eigentlich mein Fehler, da hätte ich ja mal ein bischen auf die "Zielgruppe" achten können), und dann platzte besagter Dame irgendwann die Hutschnur. Ich glaube, das war eigentlich gar nicht als Affront gedacht, sondern mehr, wie manche Leute ein Kind einbremsen, das gerade allen mit leuchtenden Augen erzählt, dass es auf jeden Fall Astronaut werden will. Oder Rennfahrer. Oder sowas.
Und natürlich, Leuten, die das Leben so mit Bravour absolviert haben, hört man - also höre ich - einfach zu. Die wissen ja irgendwie wohl doch ein kleines bischen, wovon sie reden.
banquo:
das letzte halte ich nun wiederum ein wenig für ein Gerücht. nur weil man selbst unter den Gegebenheiten von vor X Jahren zufällig alles richtig gemacht hat, ist überhaupt noch nicht gesagt, dass diese Erfahrungen für jemand anderen oder unter halt völlig anderen Voraussetzungen relevant wären.
früher konnte man auch noch als Arbeiter ein Haus abbezahlen. wer das heute versucht, kann sich damit super ruinieren. war die Entscheidung damals, in der Fabrik zu arbeiten und die Frau die Kinder aufziehen zu lassen, verkehrt? Nein, die Entscheidung war für die Situation genau richtig. Kann man daraus irgendwie Empfehlungen für heute ableiten? Natürlich nicht, das ist sogar für die, die heute gern so leben würden, meistens ein unerreichbarer Wunschtraum.
BaerndME:
Ich finde die Aussage der Dame völlig unfair. Ich meine, wie du schreibst: Du hast es probiert, und es ging eben nicht. Und nun? Wo soll die Aussage hin führen? Ändern kannst du es ja nicht, dass es nicht funktioniert hat. Dann eben das Leben genießen - mit Anlauf.
...wilde Theorie: Dass es der Neid besagter Dame war, dass du mit knapp 40 noch ein tolles Leben hast.
Ganz ehrlich: Das Leben mit Frau und Kindern im Eigenheim in der Vorstadt hätte ich auch genommen. Sehr gerne sogar. Aber da hätte einiges stimmen müssen. Die richtige Partnerin zum Beispiel. Die gab es eben nicht. Hat eben nicht geklappt. Also scheißdrauf. Dann eben ohne Kinder und Co. Hat auch Vorteile.
Ich sehe immer so viele krachende Ehen oder Langzeitbeziehungen, mit viel Trauer und Schmerz, oder mit einem Leben in der totalen Langeweile - ich bin manchmal ganz froh drüber, dass das alles eben nicht geklappt hat und ich dem entgangen bin.
Mieze:
Darf ich bei diesem Thema mal spontan rein platzen und bemerken, dass eine funktionierende Beziehung mit Kindern und Co. ebenso Kritik am Lebensmodell aushalten muss, wie die Entscheidungen, die ihr hier beschrieben habt.
Ich habe mal eben - mitten im Studium (nach dem Bachelor) - ein Kind bekommen, Mitte 20... viel zu früh für eine Akademikerin (wer an einen Unfall glaubt irrt sich). Dann bin ich auch noch zu Hause geblieben, habe nicht gearbeitet und den Hund haben wir auch nicht abgegeben. Uns ging es auch noch so gut, dass wir Deutschland kurz nach der Geburt verlassen haben - meine Güte war das ein Aufschrei ::) . ... es gibt andauernd solche Punkte, bei denen ich mich Frage aus welchem Grund da jemand meint urteilen zu können. Was sind denn bitte die genauen Erwartungen für einen bestimmten Lebensabschnitt? Ich kann mir irgendwie schlecht vorstellen, dass es Menschen gibt, die einfach irgendjemanden z.B. heiraten nur weil "es Zeit ist". :o
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