Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Nieder mit den Gewerkschaften?!  (Gelesen 10425 mal)

Black Ronin

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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #15 am: 13 November 2014, 11:57:42 »

Ohne Zuschläge? 8-9€ bei 40-45h. Mit Zuschlägen so 10-11. Im Vertrag stehen übrigens nur 39 Stunden, das passiert aber nie.
Lohnsteuerklasse 6 ohne Zuschläge?

Meines Wissens verdienen Lokführer um die 3000,- € brutto plus mehrere Hundert Euro Zulagen (teilweise bzw. größtenteils steierfrei?).

Dazu kommt, dass der Beruf keine allzu hohen Einstiegsvoraussetzungen hat und die Tätigkeit eigentlich ziemlich chillig ist. Insbesondere im Vergleich mit dem klar stressigeren und schlechter bezahlten Job als S-/U-Bahnführer. Und eine noch härtere Tätigkeit haben die Busfahrer, dren Lohn noch weiter unten auf der Skala liegt.

Steuerklasse 1.


Bitte auseinanderhalten: S-Bahn = Eisenbahn gemäß EBO -> Lokführer, U-Bahn = Straßenbahn auf getrennter Trasse gemäß BOStrab -> Fachkraft im Fahrbetrieb. Ich fahre übrigens bei der S-Bahn Hamburg.
U-Bahn- und Busfahrer werden schlechter bezahlt, das ist richtig. "Beschwer dich nicht, anderen geht es noch schlechter" ist aber kein Argument. Die sollen sich ruhig auch mal zu einer vernünftigen Gewerkschaft zusammentun.
Weisst du C.C. Es ist ja allzuoft das selbe: Keine Ahnung aber viel Meinung!
Was weiss ( auch) ich über die Arbeitsbedingungen eines Lokführers?
Deshalb habe ich mich bisher auch zurückgehalten, was das Bewerten dieser ganzen Geschichte angeht.

Aber ich fahre ja auch nicht Bahn
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #16 am: 13 November 2014, 18:06:35 »

Wenn das Streikrecht so bleibt

Ich gehe mal davon aus, dass das Streikrecht nicht verändert wird. Jedenfalls in meinem Verständnis unseres Grundgesetzes kann doch nicht jedesmal ein Grundrecht eingeschränkt oder womöglich noch ganz abgeschafft werden, weil irgendein Großkonzern sich daran stört, dass Leute dieses Grundrecht auch tatsächlich nutzen. (Dann hätten wir nämlich bald keine mehr. Also Grundrechte, nicht Konzerne. ;))

Andererseits hat die Blockpartei (und ihre "embedded" Medien) vielleicht eine andere Auffassung des GG: Benutzung der Grundrechte nur, wenn es keinen trifft, und schon gar nicht die Wirtschaft...^^

Die MS-Medien gaben bisher ja ziemlich einseitig der GDL die Schuld. Schließlich hätte die ja unverschämterweise die "Angebote" der DB abgelehnt. Dazu muss man sagen, dass es in den bisherigen Verhandlungen noch gar nicht wirklich zur Sache ging (also Löhne), sondern nur darüber verhandelt wurde, ob die GDL sämtliche GDL-Mitglieder oder nur die Lokführer vertreten darf. Das "Angebot" der DB beinhaltete, dass die in der GDL organisierten Nicht-Lokführer, z. B. Zugbegleiter, nicht von der GDL, sondern wie gehabt von der EVG vertreten werden sollen. Da haben sich die entsprechenden Zugbegleiter sicher tierisch drüber gefreut...^^

Wiki: "Hintergrund ist der seit 2010 bestehende Grundsatz der Tarifpluralität, den das Bundesarbeitsgericht unter Berufung auf das Grundgesetz festgestellt hat.[48] Dieser besagt, dass in einem Betrieb verschiedene Gewerkschaften für die Mitarbeiter zuständig sein können, die bei diesen jeweils organisiert sind. Somit können innerhalb desselben Betriebs mehrere Tarifverträge gelten.[48] Die GDL argumentiert, dass sie nicht nur für die Lokführer, sondern auch für das übrige Zugpersonal zuständig sei, zumal sie eine Mehrheit des Zugpersonals insgesamt vertrete.[49] Das wird von der Deutschen Bahn AG bestritten. Sie lehnt konkurrierende Verhandlungen mit beiden Gewerkschaften[49] ab, bisher wurde nur mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) als Tarifpartner für das Zugpersonal (mit Ausnahme der Lokführer) verhandelt.[50] Diese Zuständigkeit war auch in dem im Jahr 2007 von der GDL unterzeichneten Grundlagentarifvertrag festgeschrieben; dieser lief jedoch im Juni 2014 aus.[51] Über die konkrete Verteilung dieses Personals auf EVG und GDL bestehen unterschiedliche Ansichten zwischen den beiden Parteien.[52] Die GDL sieht ihre Forderung, die Geltung der Tarifverträge auf das gesamte Zugpersonal auszudehnen, vom Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit gedeckt."

Die GDL-Zugbegleiter sind schließlich nicht zu dieser Gewerkschaft gewechselt, um sich dann doch von einer der DB genehmen Gewerkschaft vertreten lassen zu müssen. Kennt man diesen Hintergrund (und die Journaille sollte das wohl), finde ich den Vorwurf, der Herr Weselsky sei machtgierig, einfach nur unsachlich und tendenziös.

Und nochmal zum Mitmeißeln: Ein Streik muss wehtun. Er muss dem Konzern einen wirtschaftlichen Nachteil bringen. (Und ja, dazu gehört auch und gerade der Ärger der Kunden und Auftraggeber!)
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #17 am: 13 November 2014, 18:35:40 »

Es kommt der Tag an dem entweder das System beseitigt wird, oder unsere Rechte ... das System ist erstaunlich stabil.
Ich begreife beim besten Willen nicht,
wie sich Lohnabhängige gegen irgendeinen Streik aussprechen können ...
Das ist einfach unfassbar geisteskrank
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #18 am: 13 November 2014, 20:41:26 »

Ich begreife beim besten Willen nicht,
wie sich Lohnabhängige gegen irgendeinen Streik aussprechen können ...
Das ist einfach unfassbar geisteskrank

Auch wenn ich das eigentlich so unterschreiben kann, "begreife" (oder so ähnlich) ich warum sich Lohnabhängige dagegen aussprechen können.

Ich kenne selbst solche Leute. Diese sind einfach nicht auf dem heutigen Jobmarkt angekommen und denken da recht veraltet. Habe mir selbst anhören müssen, dass es überhaupt keinen Grund für einen Streik gibt, da man sich seinen Job ja schliesslich selbst aussucht. Gefallen einem die Arbeitsbedingungen ist alles gut, wenn nicht, dann wechselt man halt einfach in einen Job/eine Firma mit Arbeitsbedingungen die einem mehr zusagen. Also alles ganz einfach und kein Grund irgendwie zu streiken.....

Ich war da irgendwie viel zu baff um drauf zu reagieren. Wie realitätsfremd kann man eigentlich sein?
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #19 am: 13 November 2014, 22:03:28 »

Habe mir selbst anhören müssen, dass es überhaupt keinen Grund für einen Streik gibt, da man sich seinen Job ja schliesslich selbst aussucht. Gefallen einem die Arbeitsbedingungen ist alles gut, wenn nicht, dann wechselt man halt einfach in einen Job/eine Firma mit Arbeitsbedingungen die einem mehr zusagen. Also alles ganz einfach und kein Grund irgendwie zu streiken.....

Ich war da irgendwie viel zu baff um drauf zu reagieren. Wie realitätsfremd kann man eigentlich sein?
Leider laufen davon ein paar mehr Menschen durch die Strassen...

Ich hätte genau diesen Satz von mir geben können... Hab ich irgendwas übersehen?

Die Arbeitgeber wollen ja die Arbeitsleistung kaufen. Wenn sie schlechte Bedingungen oder einen schlechten Preis bieten, geht man eben woanders hin, so die für mich völlig einleuchtende Logik. Wenn ich ein ... na sagen wir mal Fahrrad zu verkaufen habe und jemand bietet mir zu wenig Geld dafür, kommt das Geschäft ja auch nicht zustande.

Das einzige, was mir als Gegenargument einfallen würde, ist der Umstand, dass man zum Annehmen bestimmter Arbeiten zu einem bestimmen Lohn vom Staat geradezu gezwungen werden kann. Das halte ich für unrichtig und es verschiebt einseitig die Verhandlungsmacht. Aber sonst? Sollte ich jetzt irgendwie realitätsfremd gucken? ;)
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #20 am: 13 November 2014, 23:20:25 »

Aber sonst? Sollte ich jetzt irgendwie realitätsfremd gucken? ;)

A) Normalerweise sucht man sich seinen Job ja auch halbwegs nach dem aus was einem liegt.
Als Müllmann(Abfaltechniker, oder wie auch immer das inzwischen heisst) würde ich mehr verdienen als jetzt. Ist nur so gar kein Job für mich. Als Pilot verdiene ich mehr, kann früher in Rente und habe mehr Urlaub. Um "mal eben" zu wechseln, fehlt mir aber die Ausbildung. (Und die könnte ich wohl auf. Grund fehlender körperlicher Vorraussetzungen gar nicht machen..)
Und selbst wenn man innerhalb seiner Branche wechseln will, geht das nicht unbedingt mal eben. Bei dir hatte das ja gut geklappt. :)In anderen Branchen jedoch kann das ganz schön schwer sein. Weil sie zu klein sind, oder sich die Jobanforderungen mittlerweile komplett geändert haben usw usw...

B) weisst du ja gar nicht ob sich die Arbeitsbedingungen durch einen Wechsel wirklich verbessern. Ok, wenn man nur auf Dinge wie "mehr Geld", "mehr Urlaub" etc. als gute Arbeitsbedingungen sieht und einem der Rest (ob man dann nur noch rumsitzt und sich langweilt, oder im Dauerstress ist und von seinem Vorgesetzten täglich zusammengeschissen wird etc.) völlig egal ist, lässt sich das im Vorfeld klären. Aber bei manchen gehört mehr zu guten Arbeitsbedingungen als Geld.

C) Das Alter. Ab einem gewissen Alter wird es schwer mal eben in einer anderen Firma eine Anstellung zu bekommen.

D) "soziale Stellung" (Ich weiss grad nicht wie ich das nennen soll): Menschen auf Management/Geschäftsführungsebene, usw. mit hohem Bildungsstand etc. können vieleicht tatsächlich "mal eben" wechseln. Aber was ist mit dem Großteil, dem "Proletariat", dem 08/15 Angestellten?

E) Der Arbeitsmarkt an sich. Wir leben hier nun mal leider nicht in Vollbeschäftigung. Es kann also sehr gut sein dass ich wechseln will, der Arbeitsmarkt aber gar keine entsprechende Stelle anbietet.


(Disclaimer: Ja, ich weiss das es bei Tarifverhandlungen vorwiegend auf Gehalt, Urlaub, Arbeitszeit ankommt. Ich hab die "guten Arbeitsbedingungen" jetzt aber eher allgemein gesehen. Und: Wenn alles perfekt ist, nur das Geld nicht, kämpfe ich lieber für mehr Geld, als den ganzen "perfekten" Rest gegen Unsicherheiten auszutauschen, nur weil es beim neuen Job mehr Geld gibt)
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #21 am: 13 November 2014, 23:24:56 »

Hupps, zu lange formuliert. Kurzform: Was sYntiq sagt ^^

Die Arbeitgeber wollen ja die Arbeitsleistung kaufen. Wenn sie schlechte Bedingungen oder einen schlechten Preis bieten, geht man eben woanders hin, so die für mich völlig einleuchtende Logik.

Sollte ich jetzt irgendwie realitätsfremd gucken? ;)

Ja, ich finde, Du solltest :P
Ist ja ne schöne Theorie, daß man einfach die Stelle wechselt, wenn sie einem zu wenig Geld und/ oder zu fiese Bedingungen bietet. Aber für die allermeisten Menschen ziemlich praxisfern.
So leicht ist es auf dem Arbeitsmarkt einfach nicht, daß man mal flott zu einer besser bezahlten Arbeit mit besseren Bedingungen kommt. Das ist ein multifaktorielles Geschehen (wie alt ist man, wie ist man qualifiziert, wie ist das gefragt bei Arbeitgebern und wie groß ist die Zahl derer, die genau das zu bieten haben und wie verzweifelt sind die...).
Ja, der Arbeitgeber möchte Leistungen einkaufen - aber (natürlich) möglichst billig. Da ist es in den meisten Branchen schwer bis unmöglich, sich als Arbeitnehmer hinzustellen und zu sagen "ich hab dieunddie Gehaltsvorstellung" - vielmehr wird ein Arbeitgeber sagen, wieviel er zahlt und das kannste dann nehmen oder eben nicht, "Vor der Tür stehen genug andere!".
Nebenbei gibt es auch noch sowas wie Tarifverträge. Die ich zu schätzen gelernt habe (längere Ausführung über privatwirtschaftliche Pflegeunternehmen gestrichen), die aber auch Grenzen setzen.

Und wenn Du wirklich dringend was zu beißen brauchst, verkaufst Du Dein Fahrrad auch irgendwann unter der ursprünglichen Preisvorstellung.
(Oder behältst es und gehst zu Tafel, harrharr?)

Jedenfalls ist es für überraschend viele Menschen Realität: Lieber einen Scheißjob zu haben als gar keinen.

(Zufriedene Mitarbeiter sind ja übrigens auch ein Vorteil für ein Unternehmen, nech, aber so weit reicht bei vielen der Blick nicht.)
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #22 am: 13 November 2014, 23:49:33 »

Was Syntiq sagt und was nighty sagt!!!!!!einself!

Wie Du, Raoul, ja live und in Farbe an Deiner Freundin siehst, ist es in einem "normalen" (Handwerks-)Beruf nicht so leicht, seine Arbeitskraft zu einem Preis zu verkaufen, der nicht nur knapp über Hartz4 liegt. Selbst mit gutem Schulabschluss, gutem Berufsabschluss und mehreren Jahren vielseitiger Erfahrung.
Selbst wenn einem kein Amt im Nacken sitzt, wird man irgendwann so verzweifelt sein, dass man sich unter Wert verkauft.

Also, ja, da bist Du realitätsfern.

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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #23 am: 14 November 2014, 05:59:55 »

Das "Problem" ist das es schlicht nicht genug Arbeit gibt.
Auch nicht geben wird oder geben kann.
Auf der anderen Seite ist Arbeit aber ein Menschenrecht. Man kann es natürlich zu einer rein ökolologischen Frage machen ... und die Arbeit zur Ware. Dann ist die Zeit eines Menschen halt eine Ware ... käuflich ... handelbar ... verhandelbar. Und dann stellt sich schlagartig die Frage nach Eugenik und sozialverträglichen Ableben ein ... und man muss anerkennen, das man durch einen winzigen, geradezu umwichtigen, Spin in seiner Weltsicht zu einem Monster mutiert ist ... leider nicht aufgepasst. Und schon rollen wieder Züge, weil der Mensch und sein Wesen Verhandlungssache ist ... und Nietzsche ja doch recht hatte.
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #24 am: 14 November 2014, 07:26:25 »

Das einzige, was mir als Gegenargument einfallen würde, ist der Umstand, dass man zum Annehmen bestimmter Arbeiten zu einem bestimmen Lohn vom Staat geradezu gezwungen werden kann. Das halte ich für unrichtig und es verschiebt einseitig die Verhandlungsmacht. Aber sonst? Sollte ich jetzt irgendwie realitätsfremd gucken? ;)

Mir egal, wie du guckst, es reicht, wie realitätsfremd du schreibst...^^

Für die meisten Leute ist es leider bittere Realität, dass sie "zum Annehmen bestimmter Arbeiten zu einem bestimmen Lohn vom Staat geradezu gezwungen werden" können, ohne dass sie das mit einem lässigen "Aber sonst?" einfach abtun könnten. Die Hartz-Gesetze haben in Deutschland den größten prekären Arbeitsmarkt Europas geschaffen, nach Gas-Gerd Schröders eigenem Bekunden. Wer heute seinen Job wechselt/wechseln muss, hat eine gute Chance, sich noch schlechtere Arbeitsbedingungen einzufangen.

Naja, ansonsten wurde ja alles schon geschrieben.
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #25 am: 14 November 2014, 14:38:36 »

[komplett off topic]

Das "Problem" ist das es schlicht nicht genug Arbeit gibt.
Auch nicht geben wird oder geben kann.

Ach watt. Wir müssen nur die Sache mit dem Reichsarbeitsdienst 1-€-Job konsequenter anpacken. Irgendwas kann ja jeder, und wenn es Tütenfalten ist. Straßengräben kann man wieder von Hand schaufeln und überhaupt werden viel zu viele Maschinen benutzt für unqualifizierte Arbeiten. Bohnermaschinen, ich bitte Euch ::)



Und schon rollen wieder Züge, weil der Mensch und sein Wesen Verhandlungssache ist

Auch da ist die Technik doch schon weiter, da kreuzen wir eine deutsche Science-Fiction-Story, in der die Arbeitslosen "für bessere Zeiten" eingefroren werden, mit dem ZDF-Zweiteiler, in dem die Alten sediert in Zelten in der Wüste am Tropf liegen und schon muss niemand sterben und Vollbeschäftigung und hurra \o/

/Zynismus
[/komplett off topic]
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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #26 am: 15 November 2014, 14:58:50 »

Ohne Zuschläge? 8-9€ bei 40-45h. Mit Zuschlägen so 10-11. Im Vertrag stehen übrigens nur 39 Stunden, das passiert aber nie.
Lohnsteuerklasse 6 ohne Zuschläge?

Meines Wissens verdienen Lokführer um die 3000,- € brutto plus mehrere Hundert Euro Zulagen (teilweise bzw. größtenteils steierfrei?).

Dazu kommt, dass der Beruf keine allzu hohen Einstiegsvoraussetzungen hat und die Tätigkeit eigentlich ziemlich chillig ist. Insbesondere im Vergleich mit dem klar stressigeren und schlechter bezahlten Job als S-/U-Bahnführer. Und eine noch härtere Tätigkeit haben die Busfahrer, dren Lohn noch weiter unten auf der Skala liegt.

Steuerklasse 1.
Das was du sagst, stimmt vielleicht für Beamte. Ich habe in Vollzeit 1800€ Netto bekommen inkl. Zulagen. Durch ständige unausgeglichene Überstunden kommen da dann etwas weniger als 10€/Stunde raus. Inzwischen arbeite ich nur noch 13,5h/Woche und bekomme nun etwa 15€/h, das finde ich fair, aber das geht halt nur mit dem reduzierten Steuersatz dank niedriger Einkünfte.
Mit den Einstiegsvoraussetzungen hast du zwar Recht, die Ausbildung kann man auch mit Hauptschulabschluss anfangen, aber die Ausbildung erfordert, sehr viele Richtlinien auswendig zu lernen und auch im Beruf jederzeit wörtlich zu kennen. Ich hab da so einige Azubis scheitern sehen.

Immer diese Leute, die sagen, Lokführer sei doch total easy.. noch besser ist nur "ihr drückt doch sowieso nur auf Knöpfe". Im Normalfall ist der Job oberflächlich betrachtet chillig, im Störungsfall hat man aber sehr schnell alle Hände voll zu tun. Und chillig heißt nicht unbedingt entspannt: zwar muss man nicht viel denken, aber man ist die ganze Schicht (also durchschnittlich 9, im Extremfall bis zu 13 Stunden) mit Ausnahme der Pause voll konzentriert. Das ist in Kombination mit der relativ monotonen Tätigkeit extrem anstrengend. Es ist eintönig genug, um ständig mit den Gedanken woanders sein zu wollen, aber nur für wenige Sekunden unaufmerksam zu sein kann einem ziemlich den Tag verderben (Haltestelle verpasst, Signal überfahren etc.). Das zusammenzubringen erfordert zumindest für mich relativ viel Kraft und am Ende des Tages gibts eigentlich nur noch Essen und Bett, Freizeit fällt aus (wenn überhaupt mal die Schichten so kurz und so günstig gelegen sind, dass etwas vom Tag übrig bleibt). Dazu noch hohe körperliche Belastung, ob nun im Personenverkehr durch die Sitzhaltung oder im Rangierbetrieb durch körperliche Arbeit - Rückenschäden sind Berufskrankheit, verfrühte Berufsunfähigkeit ist keine Seltenheit. Ich bin auch gerade dabei mir eine Physiotherapie zu organisieren.

Bitte auseinanderhalten: S-Bahn = Eisenbahn gemäß EBO -> Lokführer, U-Bahn = Straßenbahn auf getrennter Trasse gemäß BOStrab -> Fachkraft im Fahrbetrieb. Ich fahre übrigens bei der S-Bahn Hamburg.
U-Bahn- und Busfahrer werden schlechter bezahlt, das ist richtig. "Beschwer dich nicht, anderen geht es noch schlechter" ist aber kein Argument. Die sollen sich ruhig auch mal zu einer vernünftigen Gewerkschaft zusammentun.
1800 € netto entspricht ca. 2800 € brutto (keine Kinder, keine Kirchensteuer), bei einem durchschnittlichen Verdienst (2014) von etwa 3000 € verdient man als Lokfürer mittlerweile ca. 18 € pro Stunde. Wenn ich Dich richtig verstehe, würdest Du jedoch eher Gehälter erfahrener MINT-Ingenieure für angemessen halten. Kann ich persönlich so nicht nachvollziehen. Und ganz ehrlich: Ich habe schon etliche, komplett verschiedene Jobs gemacht, eine Konstante gab es jedoch immer: Es fanden sich immer wieder Kollegen, die die ganze Zeit über die vermeintlich unerträgliche Belastung in ihrem Job klagten. Das ist mehr einer Lebenseinstellung denn der Realität geschuldet (ist aber auch eine Unverschämtheit, dass für mehrere 1000 Euro Gehalt eine Gegenleistung erwartet wird, kapitalistisches Schweinesystem aber auch).

Wenn der Job so fürchterlich ist: Warum wechseln dann die Lokführer nicht in Scharen in besser bezahlte Jobs mit besserer Entlohnung? Wer sich unter den ach so hohen Anforderungen des Lokführerdaseins bewährt hat, sollte eigentlich keine Schwierigkeiten haben, anderweitig unterzukommen. Könnte es sein, dass der Job eigentlich doch gar nicht so schlecht und anstrengend ist, wie Du zu suggerieren versuchst?

Zum Netto-Lohn folgende Anmerkung:

Bei einem Gehalt von 3000 € kostet der Arbeitsplatz den Arbeitgeber 3600 € bevor er überhaupt einen Cent verdient hat. Und er hat dabei auch noch keine Rücklagen für Abfindungen und Ausfälle durch krankheitsbedingte Fehlzeiten, Bildungs- oder Sonderurlaub gebildet.

Nach Abzug der Sozialversicherungssteuernabgaben (die letztlich nichts anderes als Umverteilungssteuern sind) in Höhe von 33% bleiben 2400 €. Davon gehen dann noch 500 € Steuern + Solidaritätssteuernzuschlag ab, von den von Dir erwirtschafteten 3600 € bleiben also 1900 €, also gerade mal knapp über die Hälfte als Netto. Noch härter: Von jedem Euro, den der Arbeitgeber auf dem Lohnniveau (3000 €) mehr für Dein Gehalt investiert, erhälst Du nur noch ca. -,39 € netto (und das vor den indirekten Steuern).

Da hört es aber noch lange nicht auf: Mehrwert-, Öko-, Energie-, Mineralöl-, Grund-, Kaffee- und unzählige andere Steuern plus Propagandasteuer"Demokratieabgabe" und kalte Progression senken das reale Netto auf unter 30%. Den Gewerkschaftsfunktionären ist das natürlich relativ egal, schliesslich schöpfen sie feist vom Brutto ab. Und propagieren gesamtgesellschaftlich eine zutiefst industrie- und damit auch arbeitnehmerfeindliche rot-grüne Agenda, die mehr Arbeitsplätze gekostet hat, als jegliche Profitmaximierungsstrategien sämtlicher DAX-Unternehmen.

Wären die Verhältnisse so, wie Du schilderst, würde die GdL, wenn sie denn die Interessen Ihrer Mitglieder glaubwürdig vertreten will, sich erstmal primär der von Dir geschilderten Überstundenproblematik widmen (soviel zum Thema "vernünftige Gewerkschaften", es sei denn, das mit den Überstunden verhält sich nicht so, wie von Dir geschildert). Davon habe ich aber bisher nichts gelesen.

Wie gesagt: 1800 € netto ist meines Ermessens alles andere als ein Hungerlohn. Klingt ein bisschen wie Jammern auf hohem Niveau. Wem das nicht reicht, der kann ein paar Jahre sparen und anschliessend studieren und/oder versuchen, sich selbstständig zu machen.
« Letzte Änderung: 16 November 2014, 08:52:25 von Inverted »
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CommanderChaos

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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #27 am: 16 November 2014, 18:43:26 »

Zitat
...Nettolohn...

Wenn der Arbeitgeber 3600€ für mich ausgeben muss, damit ich 1800 bekomme, ist das je nach Betrachtungsweise eine ärgerliche Sache (je nachdem wie gut man nun den Sozialstaat findet, worauf ich hier nicht einsteigen will, das ist ein eigenes Thema). Den einfachen Arbeiter kann nur interessieren, was er selbst auf dem Konto hat, und das sind halt nicht 18€, sondern 10.

Zitat
Wären die Verhältnisse so, wie Du schilderst, würde die GdL, wenn sie denn die Interessen Ihrer Mitglieder glaubwürdig vertreten will, sich erstmal primär der von Dir geschilderten Überstundenproblematik widmen (soviel zum Thema "vernünftige Gewerkschaften", es sei denn, das mit den Überstunden verhält sich nicht so, wie von Dir geschildert). Davon habe ich aber bisher nichts gelesen.
Die Überstundenproblematik zu beheben (Begrenzung auf 50 Stunden im Jahr) ist eine der Hauptforderungen der GDL. Medien interessiert halt nur "Machtgehabe", das wie gesagt schlichtes Einfordern von Grundrechten ist.

Zitat
Wie gesagt: 1800 € netto ist meines Ermessens alles andere als ein Hungerlohn.

Find ich auch nicht. Das ist völlig in Ordnung, mir wäre eine Gehaltserhöhung momentan unwichtig. Die hohe Stundenzahl ist es, die den Lohn in Relation zur investierten Lebenszeit zu niedrig macht. Gerade durch die Verbindung sehr langer Schichten mit Wechseldienst, Feiertagsarbeit etc. bleibt quasi null Leben übrig, zumindest kein Sozialleben. Und das macht jeden noch so angenehmen Arbeitsplatz furchtbar - jedenfalls in meinen Augen. Und dann muss der entweder überproportional gut bezahlt werden, oder die Wochenarbeitszeit muss sinken.

Zitat
Warum wechseln dann die Lokführer nicht in Scharen in besser bezahlte Jobs[?]

Nicht jeder hat die nötige Vorbildung, einfach mal was anderes zu machen. Nicht jeder traut sich das, wenn er eine Familie ernähren muss. Und viele Eisenbahner sind es aus Leidenschaft, die wollen nichts anderes machen. Aber es wird schon einen Grund haben, dass es einen chronischen Lokführermangel in Deutschland gibt. Der Arbeitsmarkt gibt nicht genug Personal her - warum bloß?
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Be Strong!
Be Pleasant.
Be Unwavering!
Be Smart.
Be Awesome!
Awareness! It was under ‘E’!
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Mein Senf: http://twitter.com/chaoscommander https://strikeslipvault.org

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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #28 am: 17 November 2014, 10:07:08 »

Ich hab doch gesagt: Keine Ahnung, aber viel Meinung.
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Taéra

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Antw:Nieder mit den Gewerkschaften?!
« Antwort #29 am: 17 November 2014, 17:52:04 »

Wo kämen wir eigtl hin, wenn jeder nur noch in die Berufe gehen würde, die angenehme Bedingungen mit sich bringen...

Also ich ziehe meinen (nicht vorhandenen) Hut vor jedem, der sich trotz schwieriger Umstände für seinen Traumberuf entscheidet.
Und ich fände es sehr traurig, wenn niemand mehr versuchen würde, die Bedingungen in seinem Job verbessern zu wollen. Ganz egal, bei welchem guten Niveau es liegt. Jeder hat das Recht darauf, seine Situation verbessern zu wollen. Und auch obwohl ich von den Streiks betroffen bin, respektiere ich diese. Und ich respektiere auch jeden anderen, der für die Verbesserung seiner Situation kämpft.

Auf meiner Arbeitsstelle wurde auch viiiel geschimpft von den Kollegen, über die Streiks. So sehr, dass ich mich teilweise doch schon fragte, ob denen eigtl bewusst ist, was für ein tolles Recht das ist. Ich werde sie daran erinnern, wenn bei denen wieder Tarifrunden angesagt sind. ;) (Leider ist keine der Damen in einer Gewerkschaft drin und nimmt dieses Recht in Anspruch. Aber jammern über zu schlechte Bezahlung können die auch.^^)
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