Schwarzes Hamburg > Gedankenaustausch
Die Auswirkungen der NSA-Vollüberwachung auf euer Leben
nightnurse:
Ich gestatte mir, die paar Gelegenheiten, wo ich es noch in der Hand habe, auszunutzen zu versuchen.
Was die nette Fotografin angeht...erstens, ich hatte grade was gefunden, meine Faulheit zu vertuschen :P ::) ;D, aber zweitens, was heisst "hält mich davon ab, mich zu zeigen" - das lass ich für die freie Landschaft gelten, ich bleib ja nicht zu Hause, weil draußen überall Kameras sind !!!!11!elf, aber wenn jemand für seine Discoveranstaltung eine Partyfotografin engagiert, dann frage ich mich aus mehr als einem Grund, ob das die richtige Party für mich ist.
colourize:
Unsere 1984-Totalüberwachung bewirkt bei mir derzeit vor allem Resignation anstelle von Aktion, wenn man mal von der ein oder anderen Demo-Teilnahme absieht. Eine zeitlang war ich mal bei den Piraten aktiv, aber offenkundig haben die Kernthemen Überwachungsstaat, Vorratsdatenspeicherung und Versicherheitlichung der Gesellschaft den meisten anderen Menschen nie ausgereicht um mal woanders ihr Kreuzchen zu machen als bei den Pro-Überwachungsparteien. Stattdessen wurde von allen Seiten beklagt, dass die Piraten ja so "unwählbar" seien, weil sie nicht zu allen Themen eine Meinung hätten ("Einthemenpartei"). Inzwischen haben die Piraten ihr Programm extrem erweitert, nur leider ist dies dabei so diffus geworden, dass es nun auch niemandem mehr Recht sein kann - was man Keinem übel nehmen kann, auch wenn ich aus bloßer Verzweifelung die Piraten vermutlich noch so lange wählen werde, wie es sie gibt. Mit anderen Worten: Der parlamentarische Weg für eine Veränderung ist m.E. verspielt, die Achselzuckmentalität gegenüber der Entwicklung ist allgegenwärtig, die Überwachungsstaatsparteien (d.h. insb. CDU und SPD) und mit ihnen die Schlapphüte der Geheimdienste haben gewonnen. Leider frustriert mich diese Entwicklung zutiefst, sodass ich selbst wohl auch zukünftig keine Lust mehr habe, aktiv für das Recht auf digitale Selbstbestimmung Parteipolitik zu betreiben.
Individuelle Strategien (Beispiele von Nightnurse u. PTA ) ändern IMHO leider an dem Grundproblem garnichts, außer dass man sich selbst von einigen Optionen der sozialen Interaktion ausschließt. Die Datenlage bei NSA & Co wird dadurch nicht messbar schlechter, aber man selbst ist bei vielen Dingen halt außen vor. Und Mailverschlüsselung ist ja schön und gut, da aber ohnehin nur ein winziger Bruchteil meiner Kommunikation über e-Mail läuft, wäre das nur eine Art Beruhigungspille. Das Thema Totalüberwachung ist ein gesamtgesellschaftliches und kann m.E. auch nur gesellschaftlich erkämpft werden, nicht aber individuell.
Meiner Meinung nach ist das Spiel verloren, also können wir auch lustig weiter twittern und facebooken. So lange wir noch über ein wenig Selbstbestimmung verfügen, sollten wir diese genießen. Denn, let's face it: Da Einkaufen mit Bargeld vermutlich in einigen Jahren kaum noch vorkommen wird, wird jede unserer Einkäufe per Vorratsdatenspeicherung aufgezeichnet werden. Die klassische Bahnfahrkarte wird durch elektronische (Überwachungs-)Tickets abgelöst werden. In wenigen Jahren werden wir in intervernetzen selbstfahrenden Autos voll supersicher durch die Gegend kutschiert werden - und parallel dazu unseren Aufenthaltsort in Echtzeit an die Sicherheitsdienste weiterleiten. Durchgesetzt wird das auch über den Segen der Versicherheitlichung ("Waaas?! Du fährst noch selbst? Das ist doch doch viel zu riskant dabei einen Unfall zu bauen!"), genau wie der Ausbau des Überwachungsstaats derzeit mit Verweis auf den "Internationalen Terrorismus" durchgesetzt wird. Und Verkehrstote gibt es in nennenswerter Anzahl, im Gegensatz zu Terroropfern, diese Raumüberwachung durchzusetzen sollte also vergleichsweise ein leichtes sein.
Wir werden nie mehr eine solche Freiheit und ein derart niedriges Maß an Überwachung haben wie heute. Wir sollten diese Zeit genießen.
nightnurse:
Ja.
Der letzte Absatz beantwortet auch die etwas vorher gestellte Frage, ob wir meinen, daß das so bleibt.
Ich denke, es wird nicht nur so bleiben, es wird höchstwahrscheinlich noch schlimmer werden. Da ist ja nicht nur die Nichts-zu-verbergen-Fraktion und das kleine Häufchen von Hauptsache-sicher-vor-Terror-Menschen. Da sind auch die wirklich zahllosen Menschen, die die ganze Überwachung (wissentlich oder nicht) in Kauf nehmen, weil sie "nur ein Abfallprodukt" von waaaaaaaaahnsinnig praktischen Anwendungen ist. Das ist doch vielen ganz offensichtlich völlig schnurzpiepegal. Ja, nee, ist echt nicht cool von Apple/Google/xy, meine Daten für immer zu speichern und an die NSA weiterzugeben, aber guck mal, mein Telefon weiss auf den Meter genau die Koordinaten des Fotos, das ich damit gemacht habe! <3. Und wenn ich es doof finde, daß Google/Apple/xy meinen Freunden verrät, wo mein Telefon grade ist, dann, äh, was mach ich dann, ach ja, dagegen gibt es ne App. ::)
(Ganzganz ehrlich gesagt tue ich das, was ich tue, im Grunde aus ordinärem Widerspruchsgeist, aber seit einigen Jahren kommt Stockwerk um Stockwerk an ideologischem Überbau dazu.)
Also, besuchen Sie Europa, solange es noch steht.
SchwarzMetallerHH:
http://www.youtube.com/watch?v=L7INpLkPonU
Aber im Ernst.
Ich überlege schon eine Weile was und ob ich dazu etwas sage.
Es regt mich wahnsinnig auf was da abgeht. Ich bin so unglaublich sauer. Der Ami an sich war ja schon immer Kacke, aber das ist so unglaublich unerhört, frech und [weitere Steigerungsform hier einsetzen]. Und dann habe ich überlegt, was tue ich.
1. Verschlüsselung.
Erstens ist das aber irgendwie immer etwas fummelig (ja ja ich weiß) aber damit könnte ich ja durchaus leben, wenn nicht diese 2 anderen Dinge noch da wären:
- mir kann keiner mehr eine Verschlüsselung als Unknackbar verkaufen. Und wenn ein geschützer VPN-Tunnel als sicher gilt; bei mir nicht mehr. Nicht 100%ig. Und
- Was Colourize schrub und mich zum Post bewegte: es bekämpft nicht die Ursache. Im besten Falle kostet es die USA 4s mehr meine Mails zu öffnen. Klar ist das ein Erfolg, aber was für einer. Da sitzen eh Rechner dran, die nur Strom brauchen und mehr nicht. Bekämpfe nicht die Symptome sondern suche die Ursache. Und da stehe ich wieder am Anfang: was soll ich tun?
2. Rückzug
Gute Lösung. Hilft ziemlich sicher.
Aber schränkt einen selber, wie schon festgestellt wurde eben auch sehr ein.
Soziale Medien (mal ab von dem hier) nutze ich so gut wie gar nicht. ICQ auch nicht mehr(nicht wegen NSA, ergab sich einfach).
Bei eMail finde ich das schon schwerer. Ich springe auch nicht auf jeden-neuen-Trend-Technikkram-Zug auf, aber eMails finde ich super. Und dafür sind sie auch da.
Meistens steht da nichts wichtiges für den BND (::)) drin, aber fremde sollen die trotzdem nicht lesen. Schon aus Prinzip. Die Alternative oder Lösung fehlt mir da irgendwie noch.
--- Zitat von: PlayingTheAngel am 04 Februar 2014, 15:30:27 ---Ich habe das vor ca. 2 Monaten eingerichtet und sende seitdem bei jeder Mail im Anhang meinen "public Key" mit.
Resultat: Anzahl der Empfangenen, mit diesem Key verschlüsselte Mails seit 2 Monaten: 0
--- Ende Zitat ---
Wenn du es nicht mal schaffst auf eine eMail zu reagieren, egal ob verschlüsselt oder nicht, brauchst du dich darüber auch nicht mehr wundern. ;)
Julya:
Boah, colourize, Dein Beitrag ist so ultratiefrabenschwarz und desillusionierend.... und leider so wahr. :-\
Mich frustriert an der Sache auch am meisten, dass die Leute, die vielleicht nicht direkt etwas an der Überwachung durch die USA ändern, aber zumindest mal ordentlich auf die Kacke hauen könnten, nichts, aber auch GAR NICHTS tun!
Millionenfacher Rechtsbruch durch "Freunde" und Frau Merkel so "*achselzuck*". Sie wurde persönlich abgehört und was sagt sie? "So geht das aber nich. Du, Du, Du!" Und was tut sie? Nix!
Der Exbundeskanzler Herr Schröder: "Näää, dat die sowat machen! Böse, böse!" Und was tut er (,der sicherlich auch noch Strippen ziehen könnte)? NIX!
Wir (das Fußvolk) dachten ja immer, dass "die da oben" zumindest bei solch riesigem Ausmaß an Rechtsbrüchen mal ir-gend-et-was tun würden, aber weil da rein gar nichts passiert und man ja offensichtlich aus eigener Kraft nichts (Effektives) tun kann, resignieren wir.
Ob nun Desinteresse, Unwissen oder Resignation, letztlich hat alles das gleiche Ergebnis - dass die Wut und der Ärger verpufft. >:( :-\
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