Grad mal anhand eines Beitrages über was nachgedacht:
Laut einer Studie machen immer weniger Jugendliche den Führerschein zum 18. Lebensjahr. Waren es früher noch 90% sind wir inzwischen in Ballungsräumen bei 20% angelangt - erst so mit 24 Jahren erhöht sich die Quote langsam auf das frühere Niveau, aber ohne es zu erreichen.
Wenn man dann mal die Begründungen anschaut kann man nur mit dem Kopf schütteln:
http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/auto-verweigerer-keine-lust-auf-fuehrerschein-a-1040493.html (Fotostrecke)
Oder wie ein Bekannter sagte: Ich hoffe die werden von ihren Freunden dann auch maximal bis zur nächsten Haltestelle des öffentlichen Nahverkehrs mitgenommen.
Das ist natürlich etwas krass ausgedrückt, aber ich kann nicht verstehen wie man sich ernsthaft überlegen kann ohne Führerschein klarzukommen. Selbst ein guter Freund der eine Bahncard hyperdupermegagold hat (das ding für 5000€ im Jahr, alles erster Klasse soviel man will) hat einen weil er eben auch mal ab und an in Gegenden fährt wo KEIN ÖPNV existiert.
Und genau das ist es: Meiner Meinung nach denken viele dieser Leute zu selbstzentriert, schauen nicht was sie in einigen Jahren vielleicht mal erwarten könnte. Wie sieht es denn aus wenn sie in 5-10 Jahren mal die Idee haben: Ich möchte mit meiner Familie ins Grüne ziehen, damit die Kinder nicht in der Stadt aufwachsen.
Ja, was dann? Der Bus fährt 2-3x am Tag. Oh. Mist. Dann wird dauernd gefragt wer einen fährt, wenn dann irgendwo mal ein Treffen stattfindet heisst es immer "entweder hier in der Nähe oder ich kann nicht kommen" usw...
Schlimmer wird es dann mit Dingen wie Arztbesuchen. Oder wie sieht es in der Schwangerschaft aus? Wie mit einem Kleinkind, welches dringend irgendwohin muss zur Versorgung wenn am Wochenende die Bahnen nicht fahren?
Ich habe so ein Päärchen im näheren Bekanntenkreis. Nette Leute, aber für jede Kleinigkeit die es zu transportieren gibt müssen sie eine Spedition beauftragen oder Freunde/Verwandte anhauen da sie beide keinen Führerschein haben. Dementsprechend hiess es dann auch als sie weiter rausgezogen sind in Hamburg eher "tschüss" für regelmäßige Spielabende, da bedeutete es dann: Entweder bei uns oder es geht halt nicht. Unter der Hand wurde dann auch schonmal gemault dass die Gäste nicht so viel mitbrachten. Dass einer der Gäste noch von hinter Norderstedt, ein anderer dann eben aus Harburg anfuhr, jeder also über 25km einfache Strecke hatte, war denen gar nicht so bewusst.
Ich sage nicht dass jeder ein Auto besitzen muss. Bei weitem nicht. Es gibt auch genügend Verleihmöglichkeiten für die Zeiten wenn man mal dringend eins benötigt und bei der Parkplatzsituation hier in der Stadt kann ich gut nachvollziehen wenn man sich so einen Klotz nicht ans Bein binden will.
Zumal da ja auch ein ständiger finanzieller Einsatz dazukommt. Grob überschlagen haben wir mal für eine Gebrauchtmöhre die Kosten auf ca. 210€/Monat festgelegt bei 10.000km jährlicher Laufleistung (Sprit, Versicherung, Steuer, Verschleißteile, Wertverlust - natürlich nur wenn man keine Premiumteile nimmt, kein Luxusauto fährt und keine Riesenansprüche an Optik oder sonstwas stellt).
Verständnis hab ich wenn jemand sagt: Ich kann mir sowas hinten und vorne nicht leisten. Geschenkt, gibts auch.
Kein Verständnis hab ich für diejenigen die die Kohle für Führerschein und ggf. KFZ locker übrig hätten aber nicht in Betracht ziehen eine Fahrerlaubnis zu machen UND dann jedesmal erwarten dass jemand anderes sie ohne Gegenleistung fährt. Eine Gegenleistung kann auch in einem "Danke" bestehen, oder einfach mal n Getränk ausgeben beim nächsten Treff oder so.
So, ich richte mich mal darauf ein als Umweltsau, Straßenverstopfer, verblendeter Raser und Ähnliches gebrandmarkt zu werden. Kann ich mit leben - und steige in meinen 19 Jahre alten Kombi der weiterhin fossile Brennstoffe verballert und dabei über sein Leben gesehen trotzdem eine bessere Umweltbilanz aufweist als viele der kostspielig hergestellten elektrifizierten Neuwagen.
Und nehme weiterhin Leute mit die freundlich fragen und sich höflich bedanken - und freue mich aber auch wenn diese Leute irgendwann mal selber fahren und ich mich mal zurücklehnen kann
(zum Hintergrund meiner Gedanken: Ich bin in einer Stadt mit 80.000 einwohnern aufgewachsen, dennoch waren es 12-15km zur nächsten brauchbaren Disco, meistens eher 30-40. Öffis fuhren nach 20 Uhr gar nicht mehr, nur noch Sammeltaxen. Wenn man also irgendwo "raus" wollte war das ohne Fahrgemeinschaft quasi nicht zu erledigen, und da war dann einfach jeder reihum mal dran mit Fahren. Das war irgendwie normal und natürlich.)