Schwarzes Hamburg > Gedankenaustausch
Haben wir eine Seele?
Graf Edward Zahl:
--- Zitat von: RaoulDuke am 26 November 2012, 10:47:32 ---Hm, einfach mal laut gedacht: Ich habe vor kurzem über ein Buch mit dem Titel "The Singularity Is Near" von Ray Kurzweil gelesen, der die interessante These "we can live long enough to live forever" aufgestellt hat - dass wir nämlich, wenn wir lang genug leben, praktisch ein Backup unseres Gehirninhalts in einen Computer durchführen können und damit ewiges Leben erreichen könnten, also zumindest so lange der entsprechende Computer funktioniert.
Das menschliche Wesen als einen downloadbaren Datensatz zu begreifen, impliziert jedoch, daß es eben nichts mehr gibt als Software in einer Art biologischem Computer, und dass das alles ist, was uns ausmacht. Klingt ja alles irgendwie verlockend, aber so richtig überzeugt bin ich noch nicht. Wenn das alles einfach ein Software-Thema ist, wieso haben wir dann bisher offensichtlich nur sehr geringen Einblick in die Funktionsweise bekommen? Warum konnten wir bisher nur mit Riesenaufwand Programme entwickeln, die beim Turing Test auch nur ansatzweise gut abschneiden?
So unwahrscheinlich, wie die ganze Welt und alles auf ihr erscheint (ich muss da wohl kaum ins Detail gehen, nüchtern betrachtet ist die Existenz des Universums so wie es ist unbestreitbar ein Sachverhalt zum die Augenbraue hochziehen), erscheint es mir nicht als abwegig, anzunehmen, die menschliche Natur sei nicht simulierbar, weil es Komponenten gibt, die sich mit schlichter Software nicht abbilden lassen: So gibt es nicht den geringsten Hinweis, daß Software entwickelbar ist, die ein eigenes Bewußtsein entwickeln kann (piece of cake für Skynet, das geistige Zuhause des Terminators, aber so im wirklichen Leben?)...
Zudem gibt es so viele konkurrierende Erklärungsmodelle, die auch einiges Beharrungsvermögen an den Tag gelegt haben, beispielsweise zahllose theistische Ansätze oder Ansätze, die hinterfragen, ob die wahrgenommene Realität auch die tatsächliche Realität ist und daher ggf. aus diesem Grund bereits nicht erklärbar oder erklärungswürdig. Einen der interessantesten Ansätze habe ich zu meinen eigenen Erstaunen hier im Forum gelesen, von einem gewissen Herrn Kenaz, der die folgende abgefahrene These aufwarf: "Wir spielen alle genau das Spiel, das wir verdienen, denn wir haben es uns ausgesucht. Jeder einzelne von uns. Und zwar schon immer, zu jeder Zeit der Geschichte und auf jedem geographisch möglichen Punkt." Hier wird gewissermaßen Ursache und Wirkung vertauscht, so daß wir der Welt nicht nur begegnen, sondern sie letztlich sogar erschaffen haben. Weiter weg von Software geht nicht - so richtig plausibel kam es mir jedoch nicht vor (mich würden übrigens immer noch weitere Ausführungen interessieren! :-] )...
Ich gebe es zu: Ich bin, was die Thematik angeht, einigermaßen verwirrt - aber die Frage, ob wir denn nun eine Seele haben, das heisst etwas besitzen oder gar sind, das sich nicht in Materie (oder elektrischen Ladungszuständen) widerspiegelt, hochinteressant. Hätte ja auch ganz klare Folgen:
a) Das Wesen ist Software: Ab morgen nur noch Trennkost und Vitamindiät. Hoffentlich lebt man dann lang genug bis zum Download-Szenario.
b) Wir haben eine Seele: Dreh' den Gashahn auf und genieß das Leben! Ist alles schon richtig so, und wenn man bald ins Gras beißt, ist's ja nur der Körper. :)
(am Montag morgen eine Stunde Leerlauf auf Arbeit scheint mich auf merkwürdige Gedanken zu bringen *g*)
--- Ende Zitat ---
(Grundansatz: Backup des Gehirninhalts)
Ich denke der Grundansatz ist zum Teil falsch. Es ist eine naive Annahme, dass Erinnerungen zentral im menschlichen Körper abgespeichert sind. Selbst, wenn wir davon ausgehen, dass Erinnerungen im Gehirn abgespeicher sind, ist man derzeit nicht in der Lage zu sagen wo. Es ist ein bisschen wie die Heisenbergsche Unschärferelation... aber irgendwie nur ein bisschen.
Das nächste Problem ist einen Datensatz als Datensatz im Gehirn zu erkennen. Derzeit ist man, meiner Meinung nach, nur in der Lage das Vorhandensein eines Gedankens zu erkennen.
Aber ein Gedanke ist keine Erinnerung. Verglichen mit einem PC ist es so, das man nur weiß, dass er was "rechnet", nicht aber was er "rechnet".
Nehmen wir nun einfach mal an, dass die oben genannten Probleme gelöst sind, dann muss man nur noch schaffen - Informationen ins Gehirn einzuspielen. Ich glaube persönlich, dass dies ohne Austausch des Gehirns nicht möglich ist, ausserdem führen gleiche Erinnerungen in unterschiedlichen Gehirnen zu unterschiedlichen Gedanken - rein aufgrund der Unperfektheit der Natur...
Nun geht aber der Ansatz ja noch weiter, dass man das menschliche, individuelle Wesen runterlädt als Datensatz.
Wenn man eine gewisse Anzahl komplett auf atomarer und biologischer Ebene identische Gehirne hätten, dann wäre es eventuell möglich diesen Informationen einzuspielen, die immer auf die gleiche Art interpretiert werden. Nun müssten diese identischen Gehirn identisch zu dem ehemaligen Träger der Erinnerungen sein - wahrscheinlich sogar identisch zu dem Zeitpunkt des Trägers der Informationen als er diese Erfahrungen gemacht hat. Denn nur dann kann man davon ausgehen, dass die eingelesenen Daten richtig interpretiert werden. Zudem müsste der Mensch der beschrieben wird, in einem Zustand des Dämmerschlafes befinden... Dass seinem Gehirn die Möglichkeit gegeben ist die eingespielten Informationen zu interpretieren.
Zusammengefasst: Eine Menge an Dukes Klonen, eine entsprechen fortschrittliche Neurotechnologie - und es wäre möglich, vorausgesetzt es existiert keine Seele. ^^
Existiert eine Seele, dann hat man nur Drohnen, die über das Leben des Dukes erzählen können.
Übriegens ist es unwahrscheinlich, dass eine derart kostspielige Technologie für das Klonen eines einfachen Dukes verwendet werden. Die Reichen und Schönen und Mächtigen und vielleicht auch ein paar reiche Intelligente oder reiche Mächtige werden sich dieses Privileg zu sichern. Also streich mal die Trennkostdiät und werd Reich und Mächtig.
Nachtrag: Es wäre durchaus möglich, dass eine derartige Technologie zum Ende der Geschichte führt. Denn dann ist es auch möglich sich devote Arbeiter zu schaffen, die niemals den Gedanken haben aufzumucken. Man bräuchte auch keine Bildung und kein Lernen, weil man ja ebenso wie die Erinnerungen, alles Wissen in den menschlichen Kopf speichern kann - und reicht der Platz nicht aus, dann nimmt man vielleicht einen größeren Kopf. ^^
Es würde auch das Ende der biologischen Geschichte des Planeten sein, denn der Mensch wird dadurch keine Evolution haben im eigentlichen Sinne. Es wird nur noch gewollte Entwicklungen geben. Davon mal abgesehen, Sex wäre dann auch vollkommen irrelevant und wozu der Lustgewinn? Wenn man ewig lebt, brauch ein Herrscher nicht an Nachfolger denken und jeder nicht identische, also nicht Klon - ist wahrscheinlich dann eher als Konkurent anzusehen.
Multivac:
.
Kenaz:
--- Zitat von: Multivac am 03 Dezember 2012, 21:24:01 ---es gibt für unser ich keine andere grundlage als unseren körper.
--- Ende Zitat ---
- Das ist ein simples Postulat. Man kann mit exakt derselben Berechtigung das Gegenteil behaupten: Es gibt für unseren Körper - in dem Sinne, dass wir von einer bewussten Wahrnehmung dieses Körpers sprechen -, keine andere Grundlage als das Ich, respektive den Geist. Und für keins von beiden Postulaten gibt es einen Beweis. Das sieht man eigentlich ziemlich schnell ein, wenn man mal ein bisschen über seinen materialistisch-naturwissenschaftlich konditionierten Tellerrand hinausblickt.
nightnurse:
--- Zitat von: Kenaz am 03 Dezember 2012, 21:32:34 ---
--- Zitat von: Multivac am 03 Dezember 2012, 21:24:01 ---es gibt für unser ich keine andere grundlage als unseren körper.
--- Ende Zitat ---
Man kann mit exakt derselben Berechtigung das Gegenteil behaupten: Es gibt für unseren Körper - in dem Sinne, dass wir von einer bewussten Wahrnehmung dieses Körpers sprechen -, keine andere Grundlage als das Ich, respektive den Geist.
--- Ende Zitat ---
Ist das, so ausgedrückt, wirklich ein Gegenteil?
Natürlich muss unser Körper und mit ihm unser Gehirn (und damit das, was der Materialist so unter "Ich" versteht) auch funktionieren, damit er sich selbst wahrnimmt.
Ich stimme zwar zu, daß sich da nichts beweisen lässt. Ich sehe aber bislang auch keinen Grund zu der Annahme, daß es anders ist als von Multivac oben ausgeführt (der Post spricht mir insgesamt sehr aus der, äh, Seele).
Graf Edward Zahl:
Letztendlich, solange man die Existenz einer Seele nicht nachgewiesen hat oder ihre Nicht - Existenz bewiesen hat, bleibt es jedem selbst überlassen, was man glaubt.
--- Zitat von: Multivac am 03 Dezember 2012, 21:24:01 ---der wunsch nach einer unsterblichen seele ist der wunsch nach einer bedeutung der eigenen person, die es scheinbar so im aktuellen leben nicht gibt.
--- Ende Zitat ---
Das ist der einzige Satz, der mich ein bisschen in deiner Ausführung stört. Denn es ist nur eine Annahme, dass es ein Wunsch nach Bedeutung ist. Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen den Wunsch nach einer unsterblichen Seele und der Bedeutung der eigenen Person. Wäre gut, wenn du das mal näher erklären könntest.
Eine weitere Sache ist die häufige Verwendung von rhetorischen Fragen... Aber das tut nicht so zur Sache...
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln