Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: Nur Nixon konnte nach China gehen (altes vulkanisches Sprichwort)  (Gelesen 3627 mal)

Eisbär

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http://de.wikipedia.org/wiki/Only_Nixon_could_go_to_China

Dieses amerikanische Sprichwort beschreibt die Tatsache, dass manchmal politisch Notwendiges nur von Politikern gemacht werden kann, die nach ihrer politischen Ausrichtung eigentlich dagegen sein müßten.

In der jüngeren deutschen Vergangenheit fallen mir dazu der Sozialabbau durch die SPD mit der Agenda 2010 und die Energiewende Richtung erneuerbare Energien durch die CDU ein.
Aktuell gibt es aus der CDU-Fraktion wieder einen Vorstoß, die Rechte von Homosexuellen weiter anzugleichen (Stichwort Ehegattensplitting).


Ist es tatsächlich so, daß umstrittene Neuerungen besser von (vermeintlichen) politischen Gegnern derselben umgesetzt werden können, weil diese es eben nicht aus idealistischen, sondern aus pragmatischen gründen tun (würden), es also wirklich nötig zu sein scheint und gemacht werden muss, obwohl es unbeliebt ist?
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colourize

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Re: Nur Nixon konnte nach China gehen (altes vulkanisches Sprichwort)
« Antwort #1 am: 08 August 2012, 09:50:51 »

Ja, auf jeden Fall ist es so, dass die Parteien die ideologisch für das Gegenteil eintreten, die einzigen sind die Kompromisslösungen durchsetzen können wenn der Handlungsdruck von außen zu groß wird. Weitere Beispiele jenseits der Volksparteien:

Die Sparpolitik und der Sozialabbau in Berlin vor einigen Jahren geht auf die dortige rot-rote Koalition zurück (die Lobby der Reichen setzte sich erfolgreich gegen höhere Steuern zu Wehr). Nur die Grünen werden ein Endlager für Atommüll finden können (ich vermute: Kretschmann wirds machen; die Atomlobby wird sich durchsetzen), und wenn irgendeine Partei eine Verschärfung der Verwertungsrechte (ACTA) bei der Bevölkerung so durchsetzen kann, dass sie auf Akzeptanz stößt, dann werden das die Piraten machen müssen (und letztlich wird die Rechteverwertungsmafia die Piraten brauchen um ihre Interessen durchzusetzen).
Gut... für die FDP finde ich nun kein adäquates Beispiel, die machen im Grunde ja ohnehin immer das, was die Lobbyisten wollen.

Falsch ist allerdings an obigem Eingangsposting, dass es "umstrittene Neuerungen" seien die von den Gegnern durchgesetzt werden. Umstritten ja, Neuerungen nein. Die implizite Forderung "wer nicht arbeitet soll auch nicht essen", derzeit vor allem vertreten durch CDU und FDP, ist so alt wie die Prostitution. Dafür kamen sowohl die Agenda2010, als auch die Sparhaushalte des Landes Berlin (Linke) - politische Entscheidungen, die die Reichen besserstellen und die Armen weiter benachteiligen - reichlich spät.

Mit der Atommüllproblematik schlagen wir uns immerhin seit vielen Jahrzehnten rum, bislang ohne Antwort. Aber ich setze auf die (strahlend) Grünen. 8) Um eine Neuerung bei der Suche nach einem Endlager handelt es sich aber nicht wirklich.

Eine Gleichstellung von Homosexuellen wird ebenso seit vielen Jahrzehnten eingefordert. Dass sich nun selbst die Union in dieser Frage bewegt, bedeutet dass es wirklich nun auch der letzte Hinterwäldler gemerkt haben muss, dass es so nicht weitergeht. Mal davon ab, dass das Bundesverfassungsgericht auch die Ungleichbehandlung als das kritisiert, was sie ist: ideologische Verblendung, die einfach nur grundgesetzwidrig ist.

Eine Verschärfung der Verwertungsrechte für geistiges Eigentum wird schon lange gefordert, ebenso die Sperrung von Internetzugängen für sogenannte "Raub"-Kopierer. Ich wette dass es erst dann dazu kommen wird, wenn die Piraten in Regierungsverantwortung sind.
« Letzte Änderung: 08 August 2012, 09:56:15 von colourize »
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messie

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Re: Nur Nixon konnte nach China gehen (altes vulkanisches Sprichwort)
« Antwort #2 am: 08 August 2012, 17:32:43 »

Oh, den Spruch kannte ich noch nicht und auch nicht die dahinterliegende Idee, sie ist aber mal ein interessanter Denkansatz! :)

Bislang war meine Meinung vorzugsweise jene, dass Parteien dann etwas ihnen Gegenläufiges tun wenn ihnen der Arsch auf Grundeis geht, d.h., wenn sie zuviel Angst davor bekommen, dass die anderen gewählt werden, wenn sie deren Grundidee nicht selbst umsetzen.

Beispiel Mindestlohn: Im Grunde genommen bewegte sich die SPD zu diesem Thema doch erst dann, als die Linken auf einmal ordentlich Prozente abgruben. Also mussten sie etwas tun damit ihnen nicht zu viele Wähler weglaufen, haben also eins der Kernthemen der Linken selbst aufgegriffen.
Beispiel Kernenergie: Die CDU benötigte da nicht die Erfahrung aus dem Schwabenland, sie konnte sich auch so denken, dass Fukushima den Grünen einen Boom verschafft, der ihnen gefährlich werden kann. Also gibt's dann halt eine "Energiewende".

Deswegen bin ich im Übrigen auch der Meinung, dass es sich durchaus lohnt eine kleine Partei zu wählen, selbst wenn sie es nicht schafft, an die Regierung zu kommen: Die Nadelstiche werden qua Wahlprogramm gesetzt, und werden dann doch n paar mehr von denen gewählt, zwingt sie die Machthabenden dann auf einmal doch zum Handeln.

Ontopic allerdings kann ich noch nicht so viel dazu sagen außer "klingt interessant, denk' ich mal drüber nach".
Vielleicht grade noch darum ergänzt, dass die Gegenseite bereiter ist zuzuhören wenn gerade der Gegner sich damit beschäftigt, weil es dann überhaupt Redebedarf gibt! Worüber soll denn bitte ein Atomkraftgegner mit den Grünen unterhalten? Er weiß doch eh, dass sie seine Argumente unterstützen. Da ist es dann schon interessanter es mit der CDU zu machen, weil es dann mehr Reibungsfläche gibt.

Das haben wir doch schon in der Physik gelernt: Wo es Reibung gibt, da passiert dann 'was. :)
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Kallisti

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Re: Nur Nixon konnte nach China gehen (altes vulkanisches Sprichwort)
« Antwort #3 am: 10 August 2012, 14:35:51 »

Ja, auf jeden Fall ist es so, dass die Parteien die ideologisch für das Gegenteil eintreten, die einzigen sind die Kompromisslösungen durchsetzen können wenn der Handlungsdruck von außen zu groß wird. Weitere Beispiele jenseits der Volksparteien:

Die Sparpolitik und der Sozialabbau in Berlin vor einigen Jahren geht auf die dortige rot-rote Koalition zurück (die Lobby der Reichen setzte sich erfolgreich gegen höhere Steuern zu Wehr). Nur die Grünen werden ein Endlager für Atommüll finden können (ich vermute: Kretschmann wirds machen; die Atomlobby wird sich durchsetzen), [...]

Mit der Atommüllproblematik schlagen wir uns immerhin seit vielen Jahrzehnten rum, bislang ohne Antwort. Aber ich setze auf die (strahlend) Grünen. 8) Um eine Neuerung bei der Suche nach einem Endlager handelt es sich aber nicht wirklich.

[...]

Eine Verschärfung der Verwertungsrechte für geistiges Eigentum wird schon lange gefordert, ebenso die Sperrung von Internetzugängen für sogenannte "Raub"-Kopierer. Ich wette dass es erst dann dazu kommen wird, wenn die Piraten in Regierungsverantwortung sind.


Versteh ich nicht. Das widerspricht sich doch. Warum sollte sowas grade dann bzw. erst durch regierende Piraten durchgesetzt werden - wenn sie doch angetreten sind, um genau dagegen anzugehn. Da verrät man doch seine eigenen nicht nur Ideale, sondern: Ziele und Grundsätze?! - Dann kann man es aber doch mit der Politik eigentlich auch gleich ganz lassen - wenn man ständig nur faule Kompromisse macht oder machen zu müssen glaubt und sich selbst verrät?!

Auch das mit den Grünen versteh ich nicht - warum finden nur die ein Endlager - bzw. was für ein "Endlager" sollte/könnte das denn dann sein?! (Das besser, geeigneter wäre als die bisherige Katastrophe.)


Wie ich im anderen thread ("Machen wir uns mitschuldig ...") schon schrieb: wozu soll ich mich dann noch "aktiv" politisch engagieren, wenn ich alle meine Werte, Überzeugungen, Ziele, Ideale verraten und verkaufen muss (muss ich?!?!???) - früher oder später?
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