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Peak Oil und die Folgen
colourize:
Wie allgemein bekannt sein dürfte, basiert unsere Zivilisation, unser Wirtschaftswachstum und damit auch der Fortbestand unserer Gesellschaft maßgeblich auf dem Verbrauch fossiler Energieträger, allen voran Erdöl. Wir verheizen das nicht nur in unseren Verbrennungsmotoren, Erdöl ist auch unerlässlicher Ausgangsstoff für nahezu alle Produkte, die wir nutzen - von banalen Alltagsprodukten wie der Zahnpasta über sämtliche Kunststoffverpackungen bis hin zu den Maschinen, mit denen wir alles mögliche andere Zeug herstellen. Da dies eine Binsenweisheit ist, lohnt es sich kaum hier detailliert drauf einzugehen: Ohne Erdöl wäre diese Welt eine maßgeblich andere. Vor allem aber ist der globale Güteraustausch von Bedeutung, der sich immer weiter ausweitet und nach fossilen Flüssigtreibstoffen (angefangen vom Kerosin für Flugzeuge bis hin zum Schweröl für die Containerschiffe) verlangt.
Ebenso bekannt sein dürfte, dass die Menge des auf der Erde verfügbaren Erdöls endlich ist. Der Punkt, an dem die Hälfte des globalen Vorkommens verbraucht ist, wird gemeinhin als "Peak Oil" bezeichnet: Ab diesem Zeitpunkt wird es deutlich aufwändiger, die weiteren Lagerstätten zu erschließen. Die Menge des auf den Markt kommenden Öls wird kontinuierlich kleiner (bei steigender Nachfrage, vgl. nachholende Industrialisierung von bevölkerungsreichen Schwellenländern wie z.B. China) und damit wird fossile Energie immer teurer. Die Preisspirale sehen wir natürlich am eindrucksvollsten an der Tankstelle, allerdings verläuft der Preisanstieg für fossile Energie ja bislang noch einigermaßen moderat. Verschiedene Experten geben unterschiedliche Zeitpunkte für "Peak Oil" an, die seriösen Prognosen taxieren diesen Punkt auf den Zeitraum zwischen 2008 (Simmons) und 2015 (World Energy Council), Fakt ist aber, dass wir derzeit etwa auf dem Höhepunkt der Ausbeutung dieses Energieträgers sind und Öl (sowie Erdgas) in den kommenden Jahren *deutlich* teurer werden.
Die Folgen dieser Entwicklung werden - so nicht rechtzeitig andere Alternativen gesucht und erschlossen wurden (was ja wie wir wissen nicht der Fall ist) - eine unvermeintliche globale und mehrere Jahrzehnte andauernde Wirtschaftskrise sein, von der wir meinem Eindruck nach gerade die Anfangsphase erleben. In diesem Zusammenhang sei auf den von der US-Regierung in Auftrag gegebenen Hirsch-Report verwiesen, der die Folgen dieser Entwicklung (den Auftraggebern sei's gedankt) eher noch moderat darstellt. In Griechenland sehen wir gerade, wie die Frühphase eines solchen Niedergangs aussehen kann, wenngleich die Hilfe der europäischen Nachbarn hier das schlimmste bislang noch verhindern konnte. Dies wird aber zukünftig schwerer werden, wenn sich ALLE europäischen Staaten in einer dauerhaften Rezension befinden.
Und bevor ich nun in den kommenden Tagen lustig auf einem Endzeit-Con das Ende der Welt als Freizeitspaß inszeniere, habe ich gerade eine kleine Grübelphase am Start, in der ich darüber nachdenke was zu tun ist wenn man auch in 15-20 Jahren noch überleben will... - hat wer nen Tipp für mich?
Kallisti:
Mir ist da spontan das in den Sinn gekommen ;)
http://videos.arte.tv/de/videos/endstation_fortschritt_-6703188.html
danny:
ein sehr interessantes thema und auch eine frage, die ich mir seit langem stelle.
nicht nur in bezug auf den verbrauch von erdöl. sondern auch auf den müll, den wir produzieren (plastik, elektroschrott, atommüll). das vernichten, ausbeuten und verschmutzen von naturressourcen (wälder, meere). ich frage mich häufig, wie wir wohl in 10 oder 20 jahren auf diesem planeten leben und wie ich mit meinem verhalten irgendwie dazu beitragen kann, dass dieser planet lebenswert bleibt.
emotional betrachtet kann ich sagen, dass ich sehr besorgt in diese zukunft blicke:
schon jetzt werden kriege um sauberes wasser geführt.
unser wohlstandsmüll verseucht und verschmutzt komplette afrikanische städte z.b. accra in ghana.
vielen wenigen menschen kann es nur deswegen gut gehen, weil es anderen schlecht geht.
wir leben in einer welt, in der dinge und kapital mehr relevanz zu haben scheinen als lebewesen udn menschenwürde.
eine schachtel zigaretten kostet mehr als ein halbes hähnchen;
eine bankenrettung erscheint (obwohl ungleich teurer) wichtiger, als eine auffanglösung für 11.000 arbeitslose schleckerfrauen (die sich über ihre "anschlussverwendung" nun selber den kopf zerbrechen dürfen, nachdem das management die karre in den dreck gefahren hat);
der verkauf von waffen und u-booten an länder in konfliktgebieten erscheint legitim, solange die kasse stimmt und ordentlich klingelt;
demonstrationen in innenstadtgebieten werden nicht genehmigt, weil soviel realität und freie meinungsäußerung die kauflust der shopping-victims gefährden könnte.
das ist die hässliche fratze des kapitalismus, die dafür sorgt, dass das volk (von dem ja bekanntlich alle macht ausgehen sollte) nur noch auf seine funktion als "verbraucher" reduziert wird. und der gesellschaftliche wert eines jeden einzelnen wird über seine kaufkraft und seine marktrelevanz ermittelt.
wirklich schlimm finde ich jedoch die tatsache, dass das alles viele menschen nicht interessiert, solange der fernseher noch läuft, das auto vollgetankt ist und die salamitiefkühlpizza bei penny unter 2,50 euro kostet.
colourize:
Dass unser momentaner Wohlstand auf Kosten anderer Menschen basiert, die in mehr oder weniger weit entfernten Teilen der Erde leben, sowie auf zukünftigen Generationen die noch geboren werden, ist sicher ein großer Missstand. Wir kollektivieren die Folgekosten und verbessern so unser Dasein. Das ist sicher eine große Ungerechtigkeit. Dennoch ging es mir mit meinem Ausgangsposting weniger um das Leid der Anderen, sondern - man mag mir das nachsehen oder auch nicht - um meine eigene Zukunftsangst.
Um es deutlich zu sagen: ich halte es durchaus nicht für unwahrscheinlich, dass uns hier in Mitteleuropa schon bald eine Zukunft ins Haus steht, in der Panzer durch die Straßen rollen um Tankstellen zu bewachen. Ich glaube, dass wir schneller als uns lieb ist eine Situation haben, in der ein Liter Sprit 15 Euro kostet und wir die Hälfte unseres Einkommens für Energiekosten berappen müssen. Und wer nun meint, dass ihn dies nichts angehe weil man vielleicht selbst kein Auto hat, dem sei vor Augen geführt welche Folgen solche Energiepreise für die Produktion und vor allem den Transport *sämtlicher* Güter haben wird.
Wie sieht wohl eine Gesellschaft aus, die mit derart radikalen Veränderungen konfrontiert sein wird? Welche Folgen hat der zu erwartende Zusammenbruch des Systems für uns? Wie sieht wohl der Alltag in einer Welt aus, in der wenig bis nichts mehr von dem funktionieren wird, wie wir es momentan gewohnt sind?
Eisbär:
Schauen wir doch erstmal, wie schnell die viel zitierte Energiewende kommt. Vielleicht ist Öl in 30 Jahren ja gar nicht mehr so wichtig...
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