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Hitler inflationieren

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Mentallo:
Habe eben eine Videoaufzeichnung von einem Dokufilm mit Christoph Schlingensief gesehen.
Dieser meinte, dass es die "Kultfigur" Hitler immernoch gäbe, da um die Darstellungen seiner Person bzw des gesammten Naziregimes zu viele Verbote kursierten.
Hätte man volle Gestaltungsfreiheit walten lassen, wären Figur und Regime längst ausgetreten worden und bedürften keines erhobenen Zeigefingers mehr.
Mit meinen Worten wiedergegeben.

KainsRache:
Da könnte etwas Wahres dran sein. Verbote verlocken dazu, verstärkt nachzuforschen, auszuprobieren und hinter den Kullissen genau das Verbotete zu tun, eben weil es verboten ist. Man möchte herausfinden, warum es verboten ist, und oftmals ist es auch in fortgeschrittenem Alter kindlicher Trotz: "Die verbieten mir was - nun mach ich's erst recht!"

Der Uhu:
Damit kann ich nicht übereinstimmen. Man sagt zwar, das Dinge Interessanter werden, wenn sie verboten sind, aber es handelt sich hier nicht um Zigaretten oder die Kirschen von Nachbars Baum. Hitler genießt sicher Kultcharakter für seine Anhänger, aber ich denke nicht das dieser dadurch erhöht wird, das seine Schriften und Symbole verboten sind. Es hebt vielleicht den Kultcharakter von "Mein Kampf", weil es schwer zu bekommen ist und somit einen erhöhten Sammlerwert besitzt, aber nicht seiner Person. Er würde so oder so verehrt. Entscheidender ist sicherlich der Tod einer Person, um ihn zur Kultfigur zu machen (Elvis, Che Guevara, Kennedy, Van Gogh). Nach seinem Tod ist der Weg frei zur Romantischen Verklärung. Che zu verehren ist nicht verboten und hat dennoch einen riesigen Verehrerkreis (den dieser Typ meiner Meinung nach nicht verdient) und die Leute werden seiner nicht überdrüssig. Im Ausland wird Hitler auch ganz offen verehrt. Ich denke da nur an die britischen "Adolf Hitler: European Tour 1939-45" T-Shirts mit den Verweis "Britain: Cancelled!" und der Wüstenfuchs sowie die deutschen Jagdflieder wie Galland oder Erich Hartmann sind in der ganzen Welt bekannt. Hier in Deutschland kennt man die meisten kaum. Oder schon mal von den beiden letzteren gehört?
Nein, die Aufhebung der Verbote trägt meiner Meinung nach nicht zur Minderung von Hitlers Status als "Kultfigur" bei.

messie:
Ist aber ein interessanter Ansatz. Zu viele Verbote ziehen ja auch automatisch eines mit sich: Zu viele Gerüchte. Da wird dann gerne mal einiges verklärt.

Ich bin z.B. der Meinung, dass man "Mein Kampf" in der Schule lesen sollte. Denn damit kann man frühzeitig Jugendlichen den Zahn ziehen, dass der Bursche ja garnicht so schlimm gewesen ist.. nein, denn bereits dort hat er detailliert all das niedergeschrieben, was er dann später in die Tat umsetzte. Da kann dann niemand mehr mit irgendwelchen Ausreden kommen, von wegen Auschwitz-Lüge o.ä., und man kann von Lehrerseite aus auch genauer drauf eingehen, was an dieser Denke eigentlich so krank ist. So ist er für die Jugendlichen (habe ich in meiner Schulklasse selbst erlebt) häufig nur ein Staatsmann, der es besser hingekriegt hat als alle anderen, dass wir Deutsche stolz sein dürfen. Ebenso ärgerlich wie schockierend.

Was das Naziregime betrifft, gibt es auf der anderen Seite doch garnicht so viele Verbote! OK, das Hakenkreuz in der Öffentlichkeit zu zeigen ist verboten (zu Recht), aber dennoch weiß jeder wie es aussieht, jeder weiß was die SS und die SA war, wie die Uniformen aussahen, die Anfänge des "Blitzkrieges" werden teils in der Schule auch minutiös aufgearbeitet.. das, was eher fehlt, ist die Aufklärung, wie solch ein Massenphänomen des Mitläufertums überhaupt entstehen konnte. Und dass die Gefahr einer Wiederholung durchaus immer gegeben ist! "Hitlers Helfer" als Schullektüre würde ich daher ebenso begrüssen.

Nicht zuletzt zeigen die Verbote auch die anfängliche Hilflosigkeit nach dem Krieg: Man hatte keine Ahnung, wie man dem Grauen begegnen sollte, also verbot man lieber erstmal ordentlich einiges, um sich damit nicht mehr beschäftigen zu müssen. Weil man sich damit nicht beschäftigen wollte.

olli:
ohne frage macht ein verbot einen zusätzlichen anreiz aus. gott weiß, wieviele fans che hätte, wenn die verehrung seiner person verboten worden wäre *schauder*. ich persönlich fände es aber alles andere als wünschenswert, wenn die verehrung und glorifizierung der ns-zeit erlaubt würde.

"mein kampf" ist übrigens für den schulunterricht freigegeben. effektvoller fände ich es aber, schülern "the great dictator" von und mit chaplin zu zeigen. der film, zusammen mit tiefgründiger analyse der person hitlers, nimmt dem hitler-kult ordentlich den wind aus den segeln.



--- Zitat von: "Der Uhu" ---
Entscheidender ist sicherlich der Tod einer Person, um ihn zur Kultfigur zu machen (Elvis, Che Guevara, Kennedy, Van Gogh).

--- Ende Zitat ---

quatsch mit sosse. der tod ist entscheidend?? kennedy und elvis waren zu lebzeiten schon kultfiguren. che ist eine gehypte modeerscheinung. van gogh konnte gut malen. irgendwann stirbt jeder. *dough*



--- Zitat von: "messie" ---
Nicht zuletzt zeigen die Verbote auch die anfängliche Hilflosigkeit nach dem Krieg: Man hatte keine Ahnung, wie man dem Grauen begegnen sollte, also verbot man lieber erstmal ordentlich einiges, um sich damit nicht mehr beschäftigen zu müssen. Weil man sich damit nicht beschäftigen wollte.
--- Ende Zitat ---

quatsch mit sosse, das haben die siegermächte verboten, so einfach ist das.

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