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Autor Thema: Schwierigkeiten im Studium ?  (Gelesen 37358 mal)

Kallisti

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Schwierigkeiten im Studium ?
« am: 18 April 2012, 13:30:49 »

Ja, also da ich heute eine Sendung im Radio gehört habe (leider nur einen Teil und nicht "in Ruhe" ;) ), in der es darum ging, wie man Kindern aus "Nichtakademikerfamilien" und "bildungsfernen Schichten" die Entscheidung zum Studium und das Gelingen desselben erleichtern, ermöglichen kann (weil reguläre Studienberatungen da offensichtlich Defizite aufweisen!), erinnerte ich mich an meinen eigenen Weg "an die Uni" und an meine eigenen Schwierigkeiten während des Studiums, das ich ja auch leider nicht abgeschlossen habe und nun nicht mehr abschließen kann/darf.

Sendung:

http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/tandem/-/id=8986864/nid=8986864/did=9418796/1gmile5/index.html


Das brachte mich zu der Frage, wie es anderen eigentlich in ihrem Studium so ergangen ist - gab es da "Schwierigkeiten" oder lief das alles total problemlos, diszipliniert, rund?

Wenn Schwierigkeiten - welche waren das? Bspw. was Organisation angeht oder Durchhaltevermögen oder auch inhaltliches Verständnis oder Zeitprobleme und Geldsorgen (nebenbei Jobben etc.) oder familiäre/private Probleme, die sich doch auf das Studium auswirkten (negativ)?

Oder auch Probleme "mit sich selbst" - mit dem eigenen Selbstvertrauen ... ?


Ja, bei mir gab es im Grunde alles das ...  8)  :D

Und ich hätte mir sowas

http://www.arbeiterkind.de/

"zu meiner Zeit" wirklich gewünscht bzw. brauchen können!

Denn auch ich fand die "normale Studienberatung" nicht wirklich hilfreich. Und auch ich war konfrontiert mit all den Vorurteilen: kostet ja nur Geld, ungewiss, ob das "zu was führt" (weil: geisteswissenschaftliches Studium), woher das Geld nehmen?!? (für Studium und Leben ...!) bzw.: Geld reicht(e) eigentlich immer nicht ... - aber auch schon: wie an die Uni kommen (wenn ohne Abi) - also das musste ich mir mühsam selbst zusammensuchen, organisieren, in Erfahrung bringen ...

und dann vor allem: fehlender Rückhalt/Unterstützung. Eben auch, dass man auf "Ausbildung machen" getrimmt wurde (nicht auf Studieren an Uni).

Gab es das bei euch auch? Wie seid ihr damit umgegangen, wie kamt ihr damit zurecht?

Bei mir war es dann auch so, dass ich mir da einiges gar nicht zutraute, dass man also vlt. auch zu hohe Ansprüche an sich selbst stellte, dass es an Ermutigung/Bestätigung, also: Rückhalt fehlte - dass und warum man das schaffen kann/wird ...
 - dass man daher daran erheblich zweifelte.

Dass man sich auch mit anderen verglich, aber da eben nicht "alles" sah, sondern nur "Ausschnitte", die nur einen Teil des Bildes zeigten und man einen falschen Eindruck bekommen konnte ... und noch mehr an sich selbst zweifelte ...


Nun ja. Ich hatte das alles eigentlich schon irgendwie vergessen - ist ja schon eine Weile her. Aber da mir der Abschluss ja doch fehlt (aus Gründen ...) und ich damit sehr hadere (dass ich keine Chance bekomme, ihn doch noch machen zu können, zu dürfen), hat mich diese Radiosendung damit nun wieder "in Tuchfühlung" gebracht - und ins Nachdenken ...


Wie war es also bei euch? Habt ihr es mit Abi an die Uni geschafft? Kommt ihr aus "Akademiker-Familie"/Elternhaus oder nicht?
Hattet ihr familiären Rückhalt, Unterstützung: emotional und/oder auch finanziell?

Wie habt ihr euer Studium finanziert? Habt ihr es innerhalb der Regelstudienzeit abgeschlossen? Gab es "Pausen" (Urlaubssemester) - warum/wofür? Oder auch Studienfachwechsel oder (mehrere) Ortswechsel? Wie habt ihr das geschafft?

Gab es "Durchhänger" und wie habt ihr sie bewältigt - oder auch nicht ;) ?

Was hat euch motiviert oder Kraft, Zuversicht gegeben (wenn)? Was waren Hindernisse/Hürden, die ihr nehmen musstet, die ihr euch anders gewünscht hättet?


... ?
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Multivac

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #1 am: 18 April 2012, 21:58:24 »

hürden - egal welcher natur - bewältigt man vor allem durch einen starken willen.
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SchwarzMetallerHH

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #2 am: 18 April 2012, 22:08:04 »

Eine gewisse Fachliche Kompetenz hilf auch ungemein.
Daher kann ich auf einen (finde ich) ansehnlichen CV zurückblicken.

Wirkliche Probleme hatte ich nicht oder musste sie eben einfach irgendwie bewältigen.
Daher kann ich zum eigentlichen Thema gar nicht wirklich was sagen.
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Multivac

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #3 am: 18 April 2012, 22:46:07 »

nun, die fachliche kompetenz kommt aber auch nicht von allein.

die einen lernen gern, die anderen zwingen sich dazu und nutzen dazu den von mir angesprochenen starken willen,
und die dritten lernen nicht, erwerben die fachliche kompetenz nicht und jammern hinterher, welchen hürden sie doch
gegenüberstanden, anstatt sich mal zusammenzureißen  >:(
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messie

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #4 am: 18 April 2012, 23:26:25 »

Ich kann drei Sorten von Schwierigkeiten bezüglich eines Studiums nennen:

1) Eignung,
2) Wille,
3) Organisatorisches seitens der Uni.

Die Reihenfolge ist nicht zufällig gewählt. :)

Zuerst einmal: Nicht jeder ist zum Studierenden geeignet.
Ich meine damit nicht primär die Intelligenz, sondern eher die Fähigkeit sich zu organisieren, eigenverantwortlich Ziele zu setzen und diese dann auch gegenüber dem Lehrpersonal vor Ort selbstbewusst zu vertreten. Denn wenn die Profs merken wo man hin will, dann bauen sich in der Regel viele Hürden von selbst ab, weil man dann keine Gegner, sondern Mentoren innerhalb der Uni an seiner Seite hat. ;)

Zum Zweiten der Wille: Jener abzuschließen (alleine daran scheitern viele, die Angst vorm Versagen am Schluss und so), der Wille sich durchzusetzen gegenüber anderen Studierenden (wenn der Professor nur zwei Leute pro Semester für seine Diplomarbeit annimmt, dann gilt es halt einer dieser beiden zu sein!), der Wille sich auch zu quälen in der Schlussphase (jeder den ich kenne und der seine Abschlussarbeit schrieb, nahm in jener Zeit bemerkenswert viel ab ;) ) und z.T. auch vorher.

Und erst zum Dritten gibt es die so vielbeschrienen organisatorischen Hürden.
Da geht mal ein Professor in Rente und der nächste erkennt die Scheine die man beim anderen gemacht hat nicht an, da braucht man einen letzten Schein um zugelassen zu werden zu den Prüfungen, der wird aber leider ein Jahr lang nicht angeboten, da werden Prüfungstermine so gelegt dass man nur eine von zweien schreiben kann weil sie parallel stattfinden, da gibt's die Professoren denen Order von oben gegeben wird dass sie 90% Durchfallquote brauchen, also korrigieren sie dermaßen pingelig dass sie ihre Quote auch erfüllen, da kann man seine letzten Scheine nicht machen weil die Kurse voll sind, weil andere Langzeitsemester halt trotzdem vorgehen, da kann man über ein Jahr auf eine Korrektur seiner Abschlussarbeit warten weil dem Prof. Urlaub und Forschung wichtiger sind ...
... und, und, und.

Das alles aber, dieser ganze Ärger, auch mit Prüfungsämtern ("wie, Sie wussten nicht dass sich was geändert hat und Sie noch diesen Schein brauchen? Ja, steht auch noch nirgends in den Informationsbroschüren, aber das weiß man doch!"), etcetera, pp., täuscht nicht drüber hinweg, dass man auch diesen wuppen kann, wenn, ja: Wenn man bei Punkt 1 und Punkt 2 gut aufgestellt ist.

Ich habe jetzt die Bachelor-Studiengänge mal außen vor gelassen, denn diese haben noch einen anderen Pferdefuß: Dass da Leute in 3 Jahren etwas gelernt haben sollen, was zuvor in 5 Jahren Pflicht war. Wie die drei Viertel die kein Bafög kriegen das hinkriegen sollen, ist mir ein echtes Rätsel. 20 Stunden nebenher arbeiten (fürs Lohn und Brot) zu dem Stress, den jene haben? Kann ich mir nicht vorstellen.
Aber wer weiß, vielleicht ist hier Punkt 2 dann ja besonders gut ausgeprägt, sorgt dann für Eignung (Punkt 1) und gut ist. :)
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Kallisti

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #5 am: 18 April 2012, 23:45:40 »

hürden - egal welcher natur - bewältigt man vor allem durch einen starken willen.

 :D Das Märchen von der Willensstärke.


guckst du

Zitat
Die meisten Leute glauben das. Sodass sie, wenn sie – wieder mal – versagt haben, das Problem nur im Reich des Willens lokalisieren können. Der faule Mensch schämt sich seiner Unfähigkeit im Zweifelsfall nachhaltiger als derjenige, der zu Jähzorn oder Seitensprüngen neigt: alles Defizite, die wir routinemäßig im Bereich Kindheit/Gene/durcheinandergeratene Gehirnchemie verorten würden. Wohingegen unser Wille allein uns selbst gehört – wem sonst?

und

Zitat
Peter Gollwitzer, Professor für Sozial- und Motivationspsychologie in Konstanz und an der New York University, fasste in einer Metastudie 94 Untersuchungen zusammen, aus denen er die Bestandteile des Gelingens (oder Scheiterns) von Plänen destillierte. Er fand viele Faktoren, die wichtig sind: die Stärke der Motivation; der Glaube an die eigenen Fähigkeiten; zu wissen, welche Handlungen überhaupt zum Ziel führen; die Situationen zu erkennen, in denen eine Verhaltensänderung angesagt ist, und das erwünschte Verhalten vor gegenläufigen Impulsen oder Gewohnheiten zu schützen; sich nicht zu erschöpfen (viele Leute nehmen sich zu viel gleichzeitig vor).

und

Zitat
Damit es möglich sei, einen Pfad von der Intention zur Verhaltenssteuerung zu bahnen, brauche es, sagt Julius Kuhl, einen positiven Affekt. Selbstvorwürfe helfen so gut wie nie. Wer ängstlich oder traurig ist, dessen Wunsch findet schlechter den Weg vom Denken zum Fühlen und zum Handeln, weshalb zur Verhaltenskontrolle nicht der Wille entscheidend ist, sondern die Fähigkeit, seine Gefühle zu regulieren – eine Handlung gegen die eigenen Gefühle, sagt Kuhl, gebe es nicht.


http://www.zeit.de/2008/27/Selbstdisziplin-27


Was also wirklich von Bedeutung und zielführend ist, sind:

starke Motivation (etwas Bestimmtes zu tun ... ... ...)

stabiles bzw. starkes Selbstvertrauen (Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, in das Vorhandensein und Ausreichen derselben: für das gesetzte Ziel/Vorhaben ...)

Information/Wissen/Kenntnis

Gefühlsregulation - hängt wiederum auch mit dem Selbstvertrauen zusammen

und: Schutz vor Überforderung.






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Kallisti

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #6 am: 18 April 2012, 23:49:48 »

Zitat
sondern Mentoren innerhalb der Uni an seiner Seite hat.
messie


Genau, um die geht es mir im Besonderen. ;)

(Bloß müssen die nicht unbedingt oder nur innerhalb der Uni vorhanden sein. ;) )
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schwarze Katze

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #7 am: 19 April 2012, 08:54:51 »

Ich habe jetzt die Bachelor-Studiengänge mal außen vor gelassen, denn diese haben noch einen anderen Pferdefuß: Dass da Leute in 3 Jahren etwas gelernt haben sollen, was zuvor in 5 Jahren Pflicht war. Wie die drei Viertel die kein Bafög kriegen das hinkriegen sollen, ist mir ein echtes Rätsel. 20 Stunden nebenher arbeiten (fürs Lohn und Brot) zu dem Stress, den jene haben? Kann ich mir nicht vorstellen.
Aber wer weiß, vielleicht ist hier Punkt 2 dann ja besonders gut ausgeprägt, sorgt dann für Eignung (Punkt 1) und gut ist. :)

Ich werde eh jemanden, der nicht gerade eine ABI-Note von 1,2 oder 1,5  hat und nicht mit dem goldener Löffel im Mund geboren ist, dazu raten doch lieber eine solide kaufmännische Lehre in einem soliden Unternehmen zu machen.
Mit richtigen Weiterbildung wird man später eigentlich nicht weniger verdienen als ein Akademiker, bei einigen Berufen wie Bilanzbuchhalter sogar mehr
« Letzte Änderung: 19 April 2012, 08:59:12 von Black Russian »
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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #8 am: 19 April 2012, 10:04:12 »

Ich werde eh jemanden, der nicht gerade eine ABI-Note von 1,2 oder 1,5  hat und nicht mit dem goldener Löffel im Mund geboren ist, dazu raten doch lieber eine solide kaufmännische Lehre in einem soliden Unternehmen zu machen.
Mit richtigen Weiterbildung wird man später eigentlich nicht weniger verdienen als ein Akademiker, bei einigen Berufen wie Bilanzbuchhalter sogar mehr
Mag ja sein, aber nicht jeder hat Bock, ein Großteil seines Lebens als Finanzbuchhalter zu verbringen.

Zu mir: kein Abi mit Einskommairgendwas, kein goldener Löffel. Allerdings hatte ich eine Halbwaisenrente in Höhe von ca. 300 Euro pro Monat bis zu Vollendung einer Ausbildung (max. bis Vollendung des 27. Lebensjahres). Das war schon mal für die Grundfinanzierung ein gutes Polster. Ich habe dann angefangen zu studieren, weil ich keine Lust hatte jeden Tag zur Arbeit zu gehen, dafür kaum Geld zu bekommen und der letzte Arsch zu sein der sich von aufgeblasenen Wichtigtuern was sagen lassen muss (so wie ich das während meines Zivildienstes und zwei Nebenjobs kennengelernt hatte).

Studieren war dann super, ich habe zweieinhalb Tage studiert und zweieinhalb Tage für mein Auskommen gearbeitet, da ich von 300 Euro Halbwaisenrente alleine nicht leben konnte. An den zweieinhalb Tagen Arbeit war ich also wieder der Arsch vom Dienst. Das machte mir aber nichts aus, weil es nur zweieinhalb Tage in der Woche und darüber hinaus Mittel zum Zweck war. Die Erwerbsarbeit habe ich als gute Abwechslung - ja fast als "Ausgleich" - vom verkopften Studium wahrgenommen. Sprich, wenn mich etwas in der Uni stresste, konnte ich mir selbst sagen "das ist nicht das wahre Leben hier in diesem Elfenbeinturm, sondern nur eine spleenige Theorienummer. Das wahre Leben findet außerhalb der Hörsäle statt - und das Geld, das du in dieser 'richtigen Welt' zum Überleben brauchst, kannst du selbst verdienen. Wenn dir die Gelassenheit verloren geht, dieses Universitäts-Theater mit dem nötigen Humor zu nehmen, schmeißt du die Brocken halt hin. Von einem Studium hängt nicht das eigene Glück ab."

Tatsächlich habe ich das Studium nicht hingeschmissen, da es mir umgekehrt auf der Arbeit ja ganz ähnlich ging. Da dachte ich mir während meines Jobs oft so was wie "ihr blasierten Deppen, die ihr nun einen auf Chefs macht und meint, mir etwas sagen zu können. Ihr habt keine Ahnung von den großen Zusammenhängen dieser Welt! Soll ich Eure Kritik an mir wirklich ernst nehmen? Morgen bin ich wieder in der Uni und beschäftige mich mit Dingen, die weitaus relevanter für diese Welt sind als der ideale Ort zum zwischenzeitlichen Abstellen dieser Arzneimittel-Lieferung(*)".

Im Grunde kam ich mit der Balance zwischen 2,5 Tagen Hochschule, 2,5 Tagen Job und 2 Tagen Wochenende sehr gut klar. Mir ging es gut in dieser Zeit - so gut, dass ich eigentlich überhaupt keine Lust hatte an der Situation was zu ändern. Ich habe mich ziemlich quer durch die Uni studiert und in über zehn verschiedenen Studienfächern Kurse besucht. Als die Altersgrenze aber erreicht war fiel dann die Halbwaisenrente weg, was bedeutet hätte dass ich mehr als zweieinhalb Tage in der Woche hätte arbeiten müssen um mir mein Leben zu finanzieren (kleine Wohnung, kleines altes Auto, Mensaessen, am Wochenende abends Party machen). Mit einem Studium ist das schwer zu vereinbaren, also habe ich dann die Kurve gekriegt und nach 15 Semestern einen Studienabschluss gemacht.

Wenn ich heute das Gejammere über das harte Leben als Student vernehme, frage ich mich oft ob hier nicht gerade so ein kollektives "das Studentenleben ist so hart"-Ding den Diskurs bestimmt und den Blick darauf verstellt, wie man als betroffener Studi die Dinge denn alternativ auch sehen könnte. Ich denke, dass es viel mit der eigenen Einstellung zum eigenen Leben zu tun hat. Man sollte sich meiner Meinung nach selbst nicht so schrecklich wichtig, und das Leben (insbesondere die Hochschulen!) nicht so furchtbar ernst nehmen. Was mir auffällt ist, dass die Studis früher augenscheinlich gelassener waren. Heute geht es vielfach nur noch um Fristen, Regelstudienzeiten, erreichte Leistungen, Durchschnittsnoten und das Abhaken von Credit Points. Das ist aber nicht der Kern eines Studiums. Leider scheinen das Viele nicht zu begreifen.


_______________________________

(*) Mehrere Jahre habe ich als Auslieferungsfahrer gearbeitet: Blut-, Kot- und Urinproben von Ärzten abholen und ins Labor zur Auswertung fahren (stank im Sommer immer schön in der Karre, auch wenn das Zeug verpackt war), Laborbefunde zu den Ärzten bringen, Brillengläser an Optiker ausliefern und Apotheken mit Arzneimitteln beliefern. Aus dieser Zeit weiß ich auch, dass die Apotheker das Prinzip "nach oben buckeln, nach unten treten" am allerbesten von den genannten Berufsgruppen erlernt haben. Bis heute mag ich Apotheker nicht besonders (Ausnahmen bestätigen die Regel).
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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #9 am: 19 April 2012, 10:14:25 »

Zitat
Was mir auffällt ist, dass die Studis früher augenscheinlich gelassener waren. Heute geht es vielfach nur noch um Fristen, Regelstudienzeiten, erreichte Leistungen, Durchschnittsnoten und das Abhaken von Credit Points. Das ist aber nicht der Kern eines Studiums. Leider scheinen das Viele nicht zu begreifen.

Vorzugsweise das höre ich heute von Studierenden, die auf Bachelor studieren. Es stellt sich mir ein Bild dar, dass die Leute heute kein Studium, sondern eine Schule mit doppelt so viel Stoff besuchen ohne Spielraum, sich zu individualisieren oder gar überhaupt mal ein wenig in die Tiefe gehen zu können - weil zu wenig Zeit dafür ist.

Wie schlimm es wirklich ist, weiß ich nicht. Da ich jenen die ich kenne aber doch sehr vertraue dass sie nicht auf hohem Niveau jammern, muss da zumindest etwas dran sein. Also daran, dass man das Bachelor-Studium besser nicht mehr "Studium" nennt, weil es de facto viel zu verschult dafür ist.
Ein Studium sollte ja dafür da sein, selbst ein wenig in die Forschung hineinschnuppern zu können und einen auch (früher: primär) auf eine universitäre Laufbahn vorzubereiten. Aber "Lernen, lernen, lernen bis der Credit Point kommt" ist eben ungleich Forschen.
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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #10 am: 19 April 2012, 10:22:20 »

Zitat
Was mir auffällt ist, dass die Studis früher augenscheinlich gelassener waren. Heute geht es vielfach nur noch um Fristen, Regelstudienzeiten, erreichte Leistungen, Durchschnittsnoten und das Abhaken von Credit Points. Das ist aber nicht der Kern eines Studiums. Leider scheinen das Viele nicht zu begreifen.

Vorzugsweise das höre ich heute von Studierenden, die auf Bachelor studieren. Es stellt sich mir ein Bild dar, dass die Leute heute kein Studium, sondern eine Schule mit doppelt so viel Stoff besuchen ohne Spielraum, sich zu individualisieren oder gar überhaupt mal ein wenig in die Tiefe gehen zu können - weil zu wenig Zeit dafür ist.
Schon richtig dass es vor allem die Bacheloretten sind, die klagen. Nur frage ich mich, warum die sich der Systemlogik beugen und nicht die Sache selbst in die Hand nehmen. Zum Beispiel: Wieso studieren die Leute dann nicht einfach länger, wenn "zu wenig Zeit dafür ist in die Tiefe zu gehen"? Entgegen der landläufigen Meinung muss ein Bachelorstudium keineswegs in sechs oder acht Semestern abgeschlossen werden. Wieso nur wollen sich so viele Studis heute akribisch dem vorgeschlagenen Studienplan unterwerfen? Klar, es gibt immer tolle Übersichten wann man welches Modul studieren sollte. Aber es ist doch offensichtlich, dass dieser Plan nur dazu dient zu zeigen, dass es theoretisch möglich ist, das Studium in sechs Semestern zu absolvieren. Wenn man überhaupt nichts anderes mehr tut als zu studieren und genügend Geld hat - dann ist das möglich. Aber wo bitte steht, dass man das in sechs Semestern machen muss?

Ich habe 15 Semester studiert, fast doppelt so lang wie die Regelstudienzeit meines Studiengangs (8 Semester + 1 Prüfungssemester). So what?
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Kallisti

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #11 am: 19 April 2012, 10:53:57 »

Ja ok, aber für den ein oder anderen Studenten isses vlt. doch schwierig, seinen Lebensunterhalt "nebenbei" zu bestreiten und mit Auflagen klarzukommen (sowas wie halt Regelstudienzeit, BAföG, Studiengebühren). Ich meine, die Auflagen wurden im Vergleich zu "früher" halt doch verschärft.

Und dann weht auch, wie ich meine, je nach Studiengang/-fach (Fakultät) auch ein unterschiedlicher Wind/Atmosphäre.

Und dann kommt es auch drauf an, wie man überhaupt also an die Uni kommt, auch, mit welcher Einstellung man da "hinkommt" (ob locker, gelassen, offen, entspannt, neugierig, selbstsicher ... - oder unsicher, ängstlich, eingeschüchtert, zweifelnd - daher sprach ich ja so Sachen an wie emotionale Unterstützung oder auch Mentoren ...). --- Mein ich. ;)

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schwarze Katze

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #12 am: 19 April 2012, 11:00:47 »

Und dann kommt es auch drauf an, wie man überhaupt also an die Uni kommt, auch, mit welcher Einstellung man da "hinkommt" (ob locker, gelassen, offen, entspannt, neugierig, selbstsicher ... - oder unsicher, ängstlich, eingeschüchtert, zweifelnd - daher sprach ich ja so Sachen an wie emotionale Unterstützung oder auch Mentoren ...). --- Mein ich. ;)


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Julya

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #13 am: 19 April 2012, 11:17:44 »

Also, ich fand das Studium von Anfang an echt schwierig und ich denke auch nicht, daß das etwas mit meiner "Einstellung" zu tun hatte.

Ich habe Landschaftsarchitektur studiert, habe allerdings nach dem Grundstudium abgebrochen, weil sämtliche Umstände einfach nur schlecht waren.

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... schon die Einführungswoche war ne Katastrophe: Niemand schien sich so wirklich dafür verantwortlich zu fühlen, die "Ersties" in den Studiengang einzuführen, wir wussten nichtmal, wie wir uns unsere Pläne zusammenstellen müssen, welche Kurse wichtig sind, was man braucht, was freiwillig ist, usw.
Dann waren die Hörsäle so dermaßen überfüllt, daß man nicht einmal mehr durch die Tür kam, wenn man nicht mindestens eine Stunde vor Beginn der Vorlesung da war.
Eine normale Woche sah dann ungefähr so aus:
Vorlesung ab acht Uhr (mind. drei Mal die Woche ging es so früh los). Zu dieser Zeit hatte ich einen Weg von zwei Stunden von Haustür zur Unitür. Das hieß, spätestens um fünf Uhr war die Nacht vorbei.
Ab mittags/frühen Nachmittag gab es dann die Projektgruppen und ein oder zwei Mal die Woche noch eine Vorlesung um 18 Uhr. Danach kam dann der Heimweg von zwei Stunden.
Dann mussten abends/nachts die Projekte ausgearbeitet und gebastelt werden. (Wir mussten oft solche Miniaturen von Städten, Häusern, Landschaften bauen.)
Da ich kein Bafög bekam (mein Vater verdiente zu viel Geld, gleichzeitig war es trotzdem immer knapp, da das Haus abgezahlt werden musste), musste ich zu dem, was ich von meinen Eltern bekam, noch arbeiten gehen. Das heißt, ich bin am Wochenende noch 15-20 Stunden kellnern gegangen. Und das unter beschissenen Umständen für ganze 5,20€/h. Es war zu der Zeit einfach kein anderer Job zu bekommen. Ganz großartig!
Einen freien Tag hatte ich so gut wie nie. Nach einer Weile in diesem Job bekam ich innerhalb kurzer Zeit drei leichte Hörstürze, noch dazu ging es mir insgesamt nicht besonders gut in dieser Zeit. Und - weil es ja noch nicht reichte - entwickelte ich einen dermaßen heftigen Heuschnupfen, daß ich kaum in der Lage war, die Exkursionen (und das waren doch einige ---> Landschaftsarchitektur ::)) zu überstehen.

Der Stoff war nie das Problem. Ich kam mit meinem Prof gut klar und auch meine Mitstudenten waren nett, dennoch haben mich die Umstände dann dazu gezwungen, das Studium hinzuschmeißen.

Jetzt bin ich im Handwerk gelandet, werde nie sonderlich viel Geld verdienen, aber ich bin trotzdem total zufrieden mit meinem Beruf. :)
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Kallisti

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Re: Schwierigkeiten im Studium ?
« Antwort #14 am: 19 April 2012, 11:18:59 »

Und dann kommt es auch drauf an, wie man überhaupt also an die Uni kommt, auch, mit welcher Einstellung man da "hinkommt" (ob locker, gelassen, offen, entspannt, neugierig, selbstsicher ... - oder unsicher, ängstlich, eingeschüchtert, zweifelnd - daher sprach ich ja so Sachen an wie emotionale Unterstützung oder auch Mentoren ...). --- Mein ich. ;)


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Nein - warum sollte er auch? Erwartest du das?  :D
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