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Autor Thema: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart  (Gelesen 20219 mal)

Kallisti

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Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« am: 19 März 2012, 11:04:44 »

Ja, das hab ich ganz absichtlich so provokativ formuliert.  ;)

Erst wollte ich sogar "Nützlichkeit" (statt Notwendigkeit) schreiben, aber das ging mir dann doch zu weit bzw. an der Sache vorbei.  :D

Wir haben ja schon einen uralten thread "Wozu Geisteswissenschaften?", aber da es in letzter Zeit immer wieder mal (mit vor allem Eisbär) zur Frage kam, was heutige Philosophie überhaupt "leistet", ob sie "gebraucht" wird und wofür ..., habe ich mich vernlasst gefühlt, diesen thread zu starten, vor allem aber inspiriert  ;) durch eine aktuelle TV-Sendung (wie so oft, ja ...):

http://www.tvprogramm.sf.tv/details/7c531ed2-54b9-40f9-9b53-3a0b3ff5ab86


Dort wurde gesagt, die Ökonomie sollte eigentlich im Dienst der Philosophie stehen - von einem Ökonomen (Tomas Sedlacek).


Bei geringstem Interesse - bitte unbedingt Sendung ansehen. Da ging es um weit mehr als "nur" ökonomische Themen ... sehr interessanter Ansatz (der von Tomas Sedlacek)! ... :)


Und einmal mehr zeigt sich, dass und warum gerade die (philosophische) Ethik heute/gegenwärtig und aktuell unverzichtbar ist - sogar in der Ökonomie - gerade dort, aber nicht nur dort! (Dies besonders @Eisbär.)


Überhaupt (fast) immer auch eine sehr sehenswerte Reihe: Sternstunde Philosophie in 3sat (sonntags morgens und später zum Nachsehen/-hören im Internet).
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Eisbär

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #1 am: 19 März 2012, 12:42:11 »

Ich guck mir das jetzt mal an...

wäre wirklich interessant zu erfahren, warum man in ethischen Fragen einen Philosophen fragen muß.
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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #2 am: 19 März 2012, 13:53:58 »

Ich guck mir das jetzt mal an...

wäre wirklich interessant zu erfahren, warum man in ethischen Fragen einen Philosophen fragen muß.

Ich halte Philosophie für geradezu entscheidend für die Gegenwart.

Warum?

Nun, man könnte jetzt seitenlange Ausführungen dazu schreiben, was die Philosophie eigentlich ausmacht. Für die Argumentation der Notwendigkeit in der heutigen Zeit, verstanden als Nützlichkeit, ist es m.E. jedoch ausreichend, zu sagen, dass die Philosphie die Fragen sucht zu beantworten, die die einzelnen Wissenschaften nicht bearbeiten und nicht bearbeiten können. Und die heutige Welt ist geprägt davon, dass es Wissenschaften für und gegen alles gibt, die sich vielen Fragestellungen widmen, mit einem ins gigantische gewachsenen Arsenal an Methoden und Verfahren.

Je mehr man jedoch weiß, was man alles weiß, desto klarer lässt sich auch abgrenzen, was man alles nicht weiß und auch durch die Wissenschaften, wie sie bisher existieren, nicht wissen kann:

- Ist die Anwendung der Ergebnisse dieser oder jener Wissenschaft ethisch korrekt? Ist das überhaupt relevant, warum dürfen wir nicht alles tun, was wir tun können? Wozu überhaupt Ethik?

- Mal schön anwendungsbezogen: Woher bekomme ich das Werkzeug, mit dem die anderen Wissenschaften arbeiten? Wie funktioniert Erkenntnisgewinn? Was ist überhaupt Erkenntnis?

- Ein paar Klassiker: Was ist gut, was ist böse? Warum sind wir hier? Was ist der Sinn des Lebens? Brauchen wir einen Sinn des Lebens? usw. usw. usw. (die Fragen gab es schon immer, aber heute gibt es sie immer noch genauso)

Etwas abstrakter:

- Die Erforschung und ggf. Konstruktion gedanklicher Strukturen, die entweder ein Grundverständnis der Welt analysieren oder definieren: Welche Axiome sind sinnvollerweise in den anderen Wissenschaften zur Anwendung zu bringen? Braucht man die Biester überhaupt oder ist Erkenntnis vielleicht auch a priori möglich? Wenn nein, beeinflusse ich die Menge überhaupt möglicher Erkenntisse durch die bloße Existenz von Axiomen und Annahmen oder im wesentlichen durch ihre Ausprägung? Oder wie ich immer wieder spannend finde: Hängt die Menge der Erkenntnisse von ihnen überhaupt ab, oder gibt es ohne Axiome keine Erkenntnisse und um so mehr Erkenntisse, je mehr Axiome und Annahmen wir haben?

Und last but not least in Anlehnung an die werblichen Aussagen einer berühmten Einzelhandelskette aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik: Geist ist einfach geil!

("geil" klingt total 80er)
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Eisbär

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #3 am: 19 März 2012, 13:57:35 »

Hm... weder das Video noch die Antwort von Raoul sagt mir jetzt, warum man für die entsprechenden Fragestellungen Philosophen braucht. Üblicherweise geben die ja auch keine Antworten.

Oder wie war das mit dem Sinn des Lebens? ;)
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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #4 am: 19 März 2012, 14:13:51 »

Hm... weder das Video noch die Antwort von Raoul sagt mir jetzt, warum man für die entsprechenden Fragestellungen Philosophen braucht. Üblicherweise geben die ja auch keine Antworten.

Oder wie war das mit dem Sinn des Lebens? ;)

Hmm, mal was gebastelt für Frag-den-Philosophen. Nicht dass ich ein Profi in den Metier wäre, lediglich aus einer benachbarten Wissenschaft.

Nehmen wir mal an, Du langweilst Dich und malst eines Nachmittags auf Deinem Notizblock rum. Dabei machst Du eine Entdeckung, weil Du beispielsweise Ingenieur bist oder ähnlich drauf: Du entdeckst, dass man, wenn man einem von Dir entdeckten Schaltplan (heisst das so?) folgt, aus Bauteilen, die jedermann für 3 Euro im Baumarkt kaufen kann, einen Todesstrahler bauen kann. Geht total einfach, 5 Minuten Arbeit reichen aus, jedes Kind kann das bauen. Man kann das Gerät mit einer Mignon-Zelle betreiben, und wenn man es auf jemanden richtet und den Knopf drückt, fällt der mit Sicherheit tot um. Da hilft keine Deckung und nichts, und eine Batterie reicht für 1000 Leute.

Was tun?

- Fix zusammenlöten und grinsend wild damit durch die Gegend clicken?

- Bauanleitung im Internet hochladen, mit dem Text "Die Welt braucht mal ein bischen Action"?

- Bei einer Waffenfirma klingeln und das Design verkaufen?

- Bei der Polizei melden und sagen, was man erfunden hat?

- Den Zettel mit der Zeichnung anzünden und die Asche vom Balkon pusten?

- ...?

Maximiert man jetzt seinen eigenen Nutzen? Möchte man das Gute für die Menschheit? Hat man Lust, Zerstörung und Untergang zu sähen?

Darf man hier überhaupt nach dem Lustprinzip entscheiden? Wenn nein, warum nicht? Gibt es in Wirklichkeit überhaupt mehr als das Lustprinzip?

Und Philosophie (und auch Religion) haben Anworten auf diese Fragen. Sie müssen nicht zwangsläufig richtig sein, aber wenn ich plötzlich einen Block mit so einem Schaltplan in der Hand hätte, ich wäre sehr froh, ein paar dieser Antworten lesen zu können.
« Letzte Änderung: 19 März 2012, 14:19:11 von RaoulDuke »
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Black Ronin

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #5 am: 19 März 2012, 14:22:10 »

Axiom... Postulat...Theorem... Gewissheit und ontologische Priorität..
Ähhm..
Ronin verkrümelt sich zum Thread " Schall und Rauch "
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The grey rain-curtain of this world rolls back
and all turns to silver glas
and then you see it
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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #6 am: 19 März 2012, 14:28:57 »

Axiom... Postulat...Theorem... Gewissheit und ontologische Priorität..
Ähhm..
Ronin verkrümelt sich zum Thread " Schall und Rauch "

Aber wir haben auch Todesstrahlen!  8)
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Eisbär

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #7 am: 19 März 2012, 16:49:12 »

Wenn ich so ein Ding entwickelt hätte, bräuchte ich keinen Philosophen, um zu wissen, was ich damit tue oder nicht. Als Ingenieur kann ich mir nämlich auch selbst meine eigenen ethischen Gedanken dazu machen.

Die sähen übrigens in etwa so aus: das Ding zum Patent anmelden und somit verhindern, daß irgendwer anderes es bauen darf.
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messie

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #8 am: 19 März 2012, 16:58:12 »

Öh, RaoulDuke, dein Beispiel spricht eigentlich eher gegen den Nutzen der Philosophie ... ;)

Demjenigen, der es erfindet, ist es doch in der Regel völlig wurscht, was die Philosophie über beispielsweise das ideale Zusammenleben miteinander sagt. Es geht in der Regel dann ja doch lediglich nur um den Maximalnutzen für sich selbst.
Der wäre in dem Fall recht einfach: Wie kann ich möglichst viel Kohle damit machen ohne zu riskieren, dabei selbst draufzugehen? Denn das würde meinem Leben persönlich 'was bringen. Was da Kant oder sonstwer dazu geschrieben haben, wäre mir jedenfalls völlig schnuppe. ;)

Was für jeden der Maximalnutzen ist, das wird jeder anders sehen, völlig unabhängig von irgendwelchen philosophischen Postulaten.
Etwa, dass jemand die eigene Sicherheit als höchstes Gut einschätzt, sich das Ding also selbst baut, um sich gegen Einbrecher etc. auf alle Zeiten verteidigen zu können.
Oder er bietet den Bauplan für die Waffe an den Meistbietenden, um sich finanziell abzusichern. (Allerdings glaubt so ein kleiner Verschwörungstheoretiker in mir dann eher, dass es keine zwei Tage dauern würde bis ich von irgendwem entführt werden würde um das Ganze kostenlos zu erfoltern - Terroristen, GSG9, FBI, whatever ;) )
Oder er klingelt wirklich bei einer Waffenfirma, lässt den Koffer mit ner Million für sich klarmachen und gut ist (Grund wie eben)
Oder er sieht überhaupt keinen Nutzen in dieser Idee und verwirft sie halt einfach.

Und das sind jetzt alles Handlungsweisen von Menschen, die im Zweifel nicht eine Silbe über Philosophie in ihrem Leben etwas erfahren haben. Sie tun's einfach. Weil's geht.  8)

---

Ich würde den Sinn der Philosophie persönlich jedenfalls eher darin sehen, dass sich jeder mindestens einmal im Leben die Frage stellt, was für einen Sinn dieses Leben überhaupt verdammt nochmal macht (vorzugsweise in persönlichen Krisenzeiten).
Da kann die Philosophie dann schon mal interessante und/oder wertvolle Erkenntnisse bereithalten.
Da ist wiederum aber auch die Religion ein wichtiger Konkurrent, denn sie vermag es, den Lebenssinn darin bestehen zu lassen, auf eine höhere Macht als einen selbst zu vertrauen und sich auf diese zu verlassen.

Spannendes Thema jedenfalls! Auch wenn's eins ist bei dem ich hier gleich wieder aussteigen muss, aus Zeitgründen, hab die nächste Zeit nicht so die Ressourcen, um hier ordentlich mitzumischen. Darum sei dies nur ein kleiner Denkanstoß meinerseits und mehr nicht. :)
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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #9 am: 19 März 2012, 17:20:44 »

ich glaube, hauptsächlich geht es wohl darum, dass es keine einzelne richtige Antwort gibt.

soweit ich weiß, bieten die Universitäten auch alle Ethikkurse für Ingenieure, Juristen und BWLer an, genau aus diesem Grund: damit man da schon mal drüber nachgedacht hat, bevor man in diese Situation kommt.

ich musste übrigens zuerst an "die Physiker" denken. Und an Oppenheimer und Teller, deren Leben durch ihre Forschung vermutlich auch nicht leichter geworden ist.

btw, Eisbär: wenn es dir wirklich darum geht, die Nutzung dieser Technik zu verhindern, dann ist Patent auch nur da wirksam, wo es durchgesetzt werden kann. Wenn also der verrückte Diktator in sonstwo, oder die besorgte Bundesregierung hier den Bedarf für eine solche Maschine sieht, dann hast ihnen damit die Blaupause auf dem silbernen Tablett vorgelegt.
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Kenaz

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #10 am: 19 März 2012, 20:34:23 »

Oh Gott, sagt mal, das Thema hatten wir doch nun wirklich schon hunderttausendmal, und das wollt Ihr jetzt allen Ernstes zum hunderttausendunderstenmal durchnudeln!?? Und wie ich sehe, ist der notorische Eisbär auch schon mit von der Partie? Und zwar mit den hinlänglich bekannten "Argumenten"?!

Na, denn Prost & viel Spaß beim Diskutieren! Ich hol' mir mal Chips & Bier ... ;D
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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #11 am: 19 März 2012, 20:34:59 »

Eisbär, ich glaube "einen Philosophen fragen" wird nicht dazu führen, dass der mit der Hand durch seinen Rauschebart streicht, sich dann umdreht, das "Gesamtwerk des Sokrates in einem Band" aus dem Regal zieht und unter T nachschlägt, um dort etwas sinnvolles zu "Todesstrahlen" zu finden, was er dann rezitieren kann. Hast Du natürlich auch nicht gemeint, aber bei einem Juristen oder Arzt würde zumindest ich jetzt sowas erwarten.

Vielmehr scheint jeder für sich eine Antwort auf die Frage, was zu tun sei, zu finden und kann diese vor sich und anderen ganz gut begründen. Zunächst ist das erst einmal für sich eine Erkenntnis, über deren Ursache man sich Gedanken machen kann. Vor allem aber bezieht sich jede der vorgeschlagenen Antworten auf eine Frage, die die Philosophie behandelt. Das kann man natürlich getrost ignorieren und sich mit dem Koffer voll Geld in den Flieger setzen, aber vielleicht trifft man auch für sich eine bessere Entscheidung, wenn man mal so überlegt, welche Aspekte die einzelnen Antworten noch so haben.

Ich habe nur die Fragen aufgelistet, leider fehlen mir Zeit (und teilweise auch Kenntnisse), alle aufzulisten, die Antworten auf diese Fragen vorgeschlagen haben. Aber bei besonders kontroversen Fragen kann ich gern mal auf die Suche gehen.

Ich fange mal unten an:

Den Zettel mit der Zeichnung anzünden und die Asche vom Balkon pusten

Alle Vorteile, aber auch alle Nachteile wären dahin. Die Vorteile der Erfindung hätte man ja selbst genießen können (Geld, Macht usw., s.u.), der Nutzen kommt aber der Allgemeinheit zugute (die Waffe kommt nicht in Umlauf). Warum entscheidet man sich ggf. dafür? Vielleicht lehnt man es ab, den eigenen Vorteil auf Kosten anderer zu suchen, weil man fürchtet in die Hölle zu kommen oder in Konflikt mit seinem Gewissen zu kommen. Warum hat man ein Gewissen? Was ist der Lohn altruistischen Verhaltens? Oder man sucht gerade egoistischerweise den eigenen Vorteil, den man dadurch erlangt, zweifelsfrei zu wissen, etwas moralisches getan zu haben und nach diesem Maßstab über den anderen Menschen zu stehen. Gibt es eigentlich wahren Altruismus oder fühlen wir uns nur egoistischerweise toll, weil wir dann Gutmenschen sind und ggf. anderen zeigen können, was wir für gute Menschen sind, was ja auch wiederum für Ansehen sorgt, das wiederum zu Geld, Macht usw. führt?

Bei der Polizei melden und sagen, was man erfunden hat

Vorausgesetzt, alles geht glatt, hat man damit die Erfindung dem Staat überlassen. Was ist der Staat? Nur ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit oder eine Gemeinschaft mit dem Ziel, das Gute zu verwirklichen? (ich glaube das hieß jetzt sophistisches gegen aristotelisches Staatsprinzip) - je nachdem woran man glaubt kann das ja einen unterschiedlichen Ausgang nehmen.

Die Mehrheit entscheidet dann durch ihre Vertreter, wenn das denn klappen sollte. Warum klappt das denn nicht immer? > Prinzipal-Agenten Problem. Entscheidet denn die Mehrheit immer richtig? Hat die Mehrheit das Recht, gegen die Minderheit zu entscheiden, egal in welcher Hinsicht? Vielleicht entscheidet ja eine Mehrheit von 51%, ein paar Millionen von den Dingern zu bauen und erstmal Europa durch Krieg zu erobern, aber mal so richtig.

Kann ich einem Polizisten als Repräsentant des Staates überhaupt glauben? (Er steht vor der gleichen Frage wie ich, sobald er den Zettel hat. Womit wir wieder bei der Frage wären, warum Menschen unterschiedlich entscheiden in dieser Frage)

Bei einer Waffenfirma klingeln und das Design verkaufen

Das gibt eine Menge Geld, aber dafür beissen mit Sicherheit ein paar Leute ins Gras. Irgendwer schrieb was von Nutzenmaximierung. Kommen andere Leute in meiner Nutzenfunktion nicht vor? Wenn nein, sollen sie doch alle abkratzen, aber wenn doch - wieviel muss man mir denn zahlen, damit ich bereit bin, in Kauf zu nehmen, dass Menschen sterben werden, wenn ich das verkaufe? Hängt die Menge an Geld, die ich verlange, davon ab, wieviele Leute sterben werden?

Bauanleitung im Internet hochladen, mit dem Text "Die Welt braucht mal ein bischen Action"

Das käme jetzt mal ein bischen soziopathisch rüber. Gibt es irgendeine Rechtfertigung dafür, sowas zu tun? Warum haben überhaupt Leute zu sowas Bock? Wie geht das denn mit einer Nutzenfunktion einher? Was ist mit dem Gewissen? Wieso würden sich einige Menschen mit Inbrunst dafür entscheiden, einige dagegen?

Fix zusammenlöten und grinsend wild damit durch die Gegend clicken

Naja ist eigentlich wie die letzte Frage, nur muss man sich die Arbeit selbst machen. Ist vielleicht eher ein Amoklauf-Thema. Gibt es Situationen, in denen ein Amoklauf zu vertreten wäre? Beispiel von gar nicht so lange her: Hier wurde viel diskutiert, ob überhaupt eine Welt außerhalb der eigenen Wahrnehmung der Welt existiert (hat vielleicht wer gelesen, war irgendwo im Schall und Rauch). Wenn nein, gibt es Euch doch alle gar nicht wirklich und es ist doch gar nicht schlimm, wenn ich wild um mich ballere, oder?

Ich glaube, um nicht das Rad bei jeder Antwort-Möglichkeit komplett neu zu erfinden, könnte man mal ein paar vorgeschlagene Antworten von Philosophen lesen. Zumindest könnte es ein kleines bischen Zeit sparen.

Übrigens, wie ich finde ein 1a moralisches Dilemma. Und gar nicht sooooo weltfremd: Atombomben, Credit Default Swaps, Biowaffen? Kann alles Segen oder Fluch sein, für den Erfinder oder die Menschheit. Die Fragen bleiben. Ich bin froh, dass sich jemand um die Antwort bemüht.
« Letzte Änderung: 19 März 2012, 20:40:07 von RaoulDuke »
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RaoulDuke

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #12 am: 19 März 2012, 20:36:16 »

Ich hol' mir mal Chips & Bier ... ;D

DAS ist wirklich eine gute Idee. Und nichtmal irgendwie philosophisch angreifbar. :)
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Kallisti

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #13 am: 19 März 2012, 20:45:38 »

Kenaz

... ja, wir "Alten" hatten das schon mehrmals, aber so oft nun auch wieder nicht. "Die Neuzugänge" allerdings haben dazu ihre Gedanken ja bisher noch nicht mitgeteilt. Von daher finde ich das durchaus interessant. Auch wenn von Eisbär immer (noch) das ewig Gleiche kommt.

Mich hat wie gesagt vor allem diese wieder mal sehr nette Sendung mit oben genanntem Gast veranlasst, das auch hier nochmal wieder aufzugreifen. Aber selbst "so jemand" vermag Eisbär nicht den Sinn bzw. die Bedeutung, die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Philosophie (heutiger) darzulegen bzw. will er das einfach nicht einsehen ...

Zum Inhalt und den bisherigen Beiträgen vlt. später was (wenn ich irgendwann mal wieder ausgeschlafen/wach bin).
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sYntiq

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Re: Notwendigkeit von Philosophie in der Gegenwart
« Antwort #14 am: 19 März 2012, 21:00:35 »

Raolduke: Evtl. solltest du ein komplett anderes Beispiel nehmen. Irgendwie erschliesst sich mir bei keinem deiner Beispiele wieso ich einen Philosophen, bzw. die Philosophie an sich brauchen sollte. Irgendwie sind das je nach "Handlung" Fragen die nur ich mir selbst beantworten kann, oder die für meine Handlungsentscheidung einfach mal komplett irrelevant sind, bzw. Fragen die eher etwas für Psychologen sind.

Davon ab:

Für die Argumentation der Notwendigkeit in der heutigen Zeit, verstanden als Nützlichkeit, ist es m.E. jedoch ausreichend, zu sagen, dass die Philosphie die Fragen sucht zu beantworten, die die einzelnen Wissenschaften nicht bearbeiten und nicht bearbeiten können.

Mein Philo-Lehrer beim Abi meinte "es geht in der Philosophie nur darum Fragen zu stellen. Die Beantwortung dieser Fragen ist hier völlig irrelevant. Hauptsache es wird gefragt und dann so lange diskutiert bis neue Fragen entstehen." Vor langer Zeit bei einer der vielen Diskussionen um dieses Thema hatte zB. Kallisti sogar bestätigt, dass die Fragen das wichtige wären und nicht die Antworten. Du erzählst jetzt das die Philosophie dazu da ist, Antworten zu finden. 
Ich denke, so lange du/ihr nicht einmal klar sagen könnt was denn nun überhaupt Aufgabe der Philosophie ist, kann auch keiner darüber diskutieren ob man sie überhaupt benötigt.
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