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ACTA, Urheberschutzrechte im Internet

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messie:
Och, selbst nur beim Überfliegen des Dokuments fallen so einige Klopse auf ;)

Auf Seite 15 geht's um die Festsetzung der Höhe des Schadensersatzes bei Urheberrechtsverstößen:


--- Zitat von: ACTA, Artikel 9, Absatz 3b und Zusatz (Auszug) ---Vermutungen 1 als Grundlage für die Festlegung der Höhe des Schadensersatzes als angemessenen Ausgleich für den dem Rechteinhaber durch die Verletzung entstandenen
Schaden (...)
1 Zu den in Absatz 3 Buchstabe b genannten Vermutungen kann eine Vermutung gehören, dass
sich die Höhe des Schadensersatzes bestimmt: i) als Menge der Waren, die das fragliche
Recht des geistigen Eigentums des Rechteinhabers verletzen und tatsächlich an Dritte
übergegangen sind, multipliziert mit dem Betrag des Gewinns je Einheit der Waren, die vom
Rechteinhaber verkauft worden wären, wenn keine Verletzungshandlung stattgefunden hätte, (...)
--- Ende Zitat ---

Auf Deutsch: Beispielsweise ein Label kann willkürlich festlegen, wie viele Tonträger stattdessen verkauft worden wären, wenn ein Tonträger nicht kopiert werden würde. Es legt nicht etwa ein Gericht fest, sondern der Geschädigte selbst, wie viel ihm der Urheberrechtsverstoß "wert" ist! Was das zu bedeuten hat kann man sich denken.

Das ist in etwa so, dass mir jemand auf den Fuß tritt und ich selbst bestimmen kann, völlig willkürlich, wie lange ich mit dem Fuß jetzt nicht mehr laufen kann. Na, dann sag' ich halt 10 Jahre, kriegt dann ja besonders viel Geld und so.  8)

Weiter, Artikel 10:


--- Zitat von: ACTA, Artikel 10, Absatz 1 ---(1) Zumindest im Hinblick auf unerlaubt hergestellte urheberrechtlich geschützte Waren und
nachgeahmte Markenwaren sorgt jede Vertragspartei dafür, dass ihre Gerichte in zivilrechtlichen
Verfahren auf Antrag des Rechteinhabers anordnen dürfen, dass die betreffenden
rechtsverletzenden Waren ohne jedwede Entschädigung vernichtet werden, es sei denn, es liegen
außergewöhnliche Umstände vor.
--- Ende Zitat ---

Was diese außergewöhnlichen Umstände sind, wird nicht genannt. Juristisch geht das ja schon mal gar nicht.

Artikel 14 bezieht sich auf Untersuchungen an der Grenze:


--- Zitat von: ACTA, Artikel 14, Abschnitt 2 ---(2) Eine Vertragspartei kann kleine Mengen von Waren ohne gewerblichen Charakter, die sich im persönlichen Gepäck von Reisenden befinden, von der Anwendung dieses Abschnitts ausnehmen.
--- Ende Zitat ---

Hier ist die Formulierung interessant: Kann, nicht muss. Erst einmal darf alles durchsucht werden, private Waren aber kann man mal nicht untersuchen.
Durch dieses "kann" ist der Abschnitt 2 hier völlig unsinnig. Wenn schon eh das Gepäck untersucht wird, dann sollen die Zöllner sagen "ups, das sieht privat aus, das untersuchen wir jetzt nicht?" Aaaaaha, lange nicht so gelacht. ;)

So, damit habe ich jetzt grade mal die Hälfte überflogen. Die zweite Hälfte ist zwar spannender, jetzt hab ich aber doch noch was anderes hier zu tun. ;)


Ich glaube im Übrigen, dass die Initiatoren der Proteste eher besser über das Dokument bescheid wissen als zahlreiche Politiker, die es unterschrieben haben. Meldungen darüber, dass sich Politiker vor Unterzeichnung eines Gesetzes üblicherweise nur eine Zusammenfassung des Gesetzes und das Gesetz selbst sich nicht ansehen -wenn es hochkommt- gibt es schließlich nicht erst seit gestern.

Eisbär:
messie: und wo sind die Unterschiede zu heute?

Im ersten Fall kann der Rechteinhaber auf einen Schadensersatz klagen und darf die Höhe der Klage festlegen. Darf er heute auch. Ob das Gericht dem folgt und die Schadenshöhe anerkennt, ist weiterhin dem Gericht überlassen. Wie heute auch.

Und auch heute darf der Zoll das Gepäck von Reisenden durchsuchen und wenn er da 2 türkische Varianten einer Markenjeans findet, kann er das dem Reisenden durchgehen lassen, wenn der aber im Gepäck 20 davon dabei hätte, würde man einen gewerbsmäßigen Import vermuten und die Kopien würden vernichtet werden.

Das mit den Ausnahmen geb ich Dir aber recht, ist schwammig formuliert. Betrifft uns Verbraucher aber gar nicht, sondern nur die Rechteinhaber.

Black Ronin:
Da haben wir ´s schon wieder. Informationen ohne Ende, wenn man will, die einen behaubten das, die anderen jenes.
Gegner legen bestimmte Formulierungen so aus, Befürworter wieder anders.
Die einen malen den Teufel an die Wand, die anderen ( und das sind die,denen man eh nicht glauben mag) sagen: " alles bleibt wie es ist, kleiner uninformierter Bürger. Alles gut und jetz guck die Sportschau ! "
Es ist unheimlich Zeitaufwendig sich  eine Meinung zu bilden. Wie gesagt, man kann es so oder so sehen.
Also ist es viel einfacher sich sagen zu lassen:" ACTA ist schlecht für dich und uns alle !"
Gut, dann kauf ich mir so eine neckische Maske und gehe demonstrieren!
Also ich weiss nicht mehr so genau, ob ich gegen Acta sein soll!
Bleibe aber sehr Misstrauisch.

Eisbär:
Oh, es gibt, wenn man den Vertrag liest, genügend Gründe, gegen ACTA zu sein, nicht zuletzt die Art und Weise, wie ACTA zu stande kam.

messie:

--- Zitat von: Black Ronin am 14 Februar 2012, 10:24:55 ---Da haben wir ´s schon wieder. Informationen ohne Ende, wenn man will, die einen behaubten das, die anderen jenes.
Gegner legen bestimmte Formulierungen so aus, Befürworter wieder anders.
Die einen malen den Teufel an die Wand, die anderen ( und das sind die,denen man eh nicht glauben mag) sagen: " alles bleibt wie es ist, kleiner uninformierter Bürger. Alles gut und jetz guck die Sportschau ! "
Es ist unheimlich Zeitaufwendig sich  eine Meinung zu bilden. Wie gesagt, man kann es so oder so sehen.
Also ist es viel einfacher sich sagen zu lassen:" ACTA ist schlecht für dich und uns alle !"
Gut, dann kauf ich mir so eine neckische Maske und gehe demonstrieren!
Also ich weiss nicht mehr so genau, ob ich gegen Acta sein soll!
Bleibe aber sehr Misstrauisch.

--- Ende Zitat ---

Das Problem des Abkommens ist gerade seine Unkonkretheit. Für einen juristischen Text halten sich die Vereinbarungen erstaunlich wage.

Es gibt viele Gesetze, die so und so ausgelegt werden können, das ist nicht das Problem. Normalerweise werden einem Gesetz aber erläuternde Texte mit hinzugenommen, die eindeutig festschreiben, wie dieser und jener Absatz gemeint ist.
Genau dies ist hier aber nicht der Fall: Die Erläuterungen, die klären wie dieses Gesetz angewendet werden soll, sollen nämlich erst nach Vertragsunterzeichnung veröffentlicht werden.

Auf Deutsch gesagt: Man kauft, bzw. unterzeichnet, hier die Katze im Sack.

Es ist nicht einfach, sich hier eine Meinung zu bilden, da gebe ich dir recht.
Sehr geholfen hat mir eine Art youtube-Blog einer Rechtskanzlei, die hier genannten Kritikpunkte halte ich für sehr stichhaltig und logisch.

Der Film ist knapp 9 Minuten lang, aber es lohnt sich! :)
Also, einfach mal angucken:

Was ACTA wirklich bedeutet -- droht jetzt die Netzzensur? Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE

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