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Kunst

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Ansichtssache:
Designer, wie viele Künstler wurden zu ihren Lebzeiten...äh, oder sagen wir besser in ihren Anfängen, verkannt...(schwacher Trost wahrscheinlich).

Zu deiner Frage - kann man das pauschal so beantworten? Kommt darauf an, was für Ideen, welche Ideologie hinter der Bewegung stehen soll, wie tiefgreifend sie ist und in welchem Rahmen sie stattfinden soll.

Designer:
Fest steht, die Linke und Rechte sind in ihren historischen Grenzen bzw. in ihren ideologischen Dogmen gefangen. Das gilt auch für die Neue Rechte, die sich zwar neuer Kommunikationsmittel bedient, aber nicht den (bluts-)völkischen Gedanken aufgeben kann. Alle (jetzigen) Radikalen sind nicht in der Lage das totalitäre Konzept zu transzendieren. Vielleicht auch deshalb nicht, weil sie sich selbst gar nicht als totalitär betrachten. Sie waren zu ihrer Zeit erfolgreich, weil sie den Zeitgeist einst verstanden haben. Genau das tun sie heute eben nicht. Sie sind zwar durchaus in der Lage Kompromisse einzugehen, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Von bestimmten Standpunkten können sie nicht abrücken und das behindert sie. Wie gefährlich wäre eine Form des "Faschismus" der sich völlig vom Rassismus befreit hat?! Natürlich müssten dafür neue Grenzen, ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl und ein neues Feindbild geschaffen werden. Nicht dass ihr mich falsch versteht: Ich will nicht mit dem Feuer spielen. Ich spekuliere nur ein bisschen. Alles rein theoretisch.

Simia:
Da ich eben das Fenster mit meinem ausführlichen Senf aus Versehen zugeklickt habe, nochmal die kurze Fassung aus meinem Kurzzeitgedächtnis (das muss nicht negativ sein  ;)) ...

Ich halte es generell für möglich, dass auch in diesen Zeiten noch ein totalitäres System (im engeren Sinne) errichtet werden kann. Genaugenommen gibt es sie ja auch, wenn auch nur als "Insellösungen" und nicht als populistische Massenbewegung. Ein gutes Beispiel für totalitäre Systeme in unseren Zeiten sind Psycho-Kulte wie die Scientology (darf ich das schreiben, oder kriegt sober dann böse Post? ::)). Man nehme eigene Codes, Sprache etc. (bzw. deute sie um!), ein am Besten kosmisches Ziel, stricke daraus einen "Lifestyle" inklusive Feindbild, verleihe alldem einen höchst elitären Nimbus, der einem dabei hilft, die Schäfchen aus ihren bisherigen Lebensverhältnissen herauszulösen und arbeite nach dem Prinzip "Zuckerbrot und Peitsche". Und nicht zu vergessen der obligatorische "Weg" (zu sich selber, seinem "Wahren Wesen" etc. pp.) mit unterschiedlichen Stationen, der die Schäfchen bei der Stange hält und einem selber eine Hierarchie ermöglicht, die Struktur reinbringt und die Sache noch mehr festigt. Derlei Systeme gibt es natürlich noch mehr, aber die Scientology halte ich für beispielhaft. Wobei "Die Welle" zeigt, dass nicht mal unbedingt eine Ideologie nötig ist (in einem großen Ausmaß ist es, denke ich, allerdings nicht möglich, darauf zu verzichten).

Aber es wird kaum über "Inseln" hinausgehen. Der besagte Zeitgeist ist aufgeweicht, sämtliche Werte, Weltanschauungen und Lebensentwürfe schwimmen nebeneinander und es wird immer schwerer, hindurchzunavigieren und einen gemeinsamen Nenner zu finden, auf den sich z.B. ein Möchtegern-Diktator berufen könnte. Ein totalitäres System wird kaum über eine nationale, regionale oder soziale etc. Ebene hinausgehen können. Das schafft eigentlich nur der Islamismus (der bei näherer Betrachtung auch nicht mehr so homogen ist). Ein Niveau wie bei "Die Welle", eigentlich nur eine Schulklasse oder Schule mit Auswirkungen in einer Stadt, ist allemal erreichbar.

Klar war der Zeitgeist "damals" auch nicht schwarz-weiß, aber man kriegt den Eindruck, die Dinge waren noch schärfer gezeichnet und einfacher zu benennen. Und auch Sozialismus und Nationalsozialismus waren gewissermaßen "Inseln", aber größer, einflussreicher für die nachfolgenden Jahrzehnte und zudem "originärer". Das wiederum mag auch auf den Islamismus zutreffen, der ja auf diese eindeutig rechts- oder linksideologischen Elemente verzichtet, aber ähnlich wie der Nationalsozialismus den Spagat zwischen Elitebewusstsein und Massenbewegung hinkriegt.

Hier wäre jetzt ein wunderschöner Punkt, um mit Kapitalismuskritik reinzugrätschen, also Geld als dieser gemeinsame Nenner. Allerdings geht es mir (und Designer vermutlich auch) wie gesagt um totalitäre Systeme im engeren Sinne.

Was bleibt denn auch noch übrig, um das man sein System herumbauen kann? Volk und Rasse hatten wir schon, Klasse auch und jetzt Kultur/Religion und selbst selbst Rothaarige (für Southpark-Fans ...). Viel ist da nicht mehr.

Edit: Hui, das ist ja bald ein Fall für das Politik-Board.

Designer:
Was ich mich grade frage ist, was ist das Geheimnis des Islamismus und lassen sich die dahinterstehenden psychologischen Muster auf ein areligiöses bzw. metareligiöses System übertragen?

public final void:

--- Zitat von: Simia am 05 Juli 2011, 00:50:47 ---und selbst selbst Rothaarige (für Southpark-Fans ...).

--- Ende Zitat ---
"Red Power!" ;D


--- Zitat von: Designer am 05 Juli 2011, 01:04:02 ---und lassen sich die dahinterstehenden psychologischen Muster auf ein areligiöses bzw. metareligiöses System übertragen?

--- Ende Zitat ---
Denke ich nicht, besagtes "dahinter" dürfte von der "Gefolgschaft" automatisch auf eine Art religöse Ebene gehoben werden. Was im engeren Sinne ja auch nicht mehr als "einem Ideal zustreben" bedeutet.

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