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Kunst

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BellaMorte:
Zum Thema Revolution und "durch Kunst die Öffentlichkeit aufrütteln": Etwas Revolutionäres zu tun, ist heute wirklich schwer, weil etwas Revolutionäres bisher meistens etwas, was vor der "Revolution" verboten, unanständig, nicht denkbar war. Und heute gibt es eben nur noch sehr wenige dieser "Nischen". Um zu schocken bzw. die Öffentlichkeit aufzurütteln, müsste man schon sehr krasse Sachen machen, behaupte ich jetzt mal so ;-)
Ich weiß den Namen des "Künstlers" nicht mehr, er war jedenfalls aus Südamerika und hat dort in einer Galerie einen halbverhungerten Straßenhund angebunden, Futter in der Nähe, aber außer Reichweite. Der Hund ist in der Galerie gestorben und die Besucher konnten sozusagen dabei zugucken. Das ist für mich definitiv zu krass!
Oder Santiago Sierra - politische Kunst - hat Autoabgase in eine Synagoge geleitet und die Besucher durften nur mit Gasmaske rein...oder hat Heroinsüchtigen Geld für den nächsten Schuss geboten. Dafür mussten sie sich einen Strich quer über den Rücken tätowieren lassen.
Naja...solche Kunst rüttelt natürlich auf. Ist nur die Frage, ob man so weit gehen möchte, um heute noch revolutionär zu sein.

Die ganz breite Masse, vor allem die, die keinen Bezug zu Kunst haben, wird man wohl nie erreichen, da sie Kunst, egal ob in Galerien, Museen oder der Öffentlichkeit, oft nicht wirklich wahrnehmen. Wahrnehmung ist selektiv und beschränkt sich meist auf das, was man wahrnehmen muss oder was einen eh schon interessiert.   

Simia:
Zumal dann auch schnell der Verdacht hochkommt, dass man es a) unterstützt, was man da zur Schau stellt, nur weil der ausdrückliche moralische Zeigefinger fehlt, oder b), dass man sich der Lust am Provozieren hingibt und aus dem Blick verliert, dass es "um etwas geht".

In diesem "Sektor" (aufrüttelnd, revolutionär) mag ich Kunst, die die ganze Persönlichkeit fordert, die einem auch die eigene Faszination für Negatives vor Augen führt, von der sich keiner freimachen kann. Aber selbst diese Nischen werden irgendwo "eingeordnet". Allein dass ich von "Sektor" spreche, zeigt, dass es einen Platz hat, einen Namen, der dem Anliegen unter Umständen schon wieder ein Stück Schärfe oder Dringlichkeit raubt. Oder dass der Hund in einer Galerie verhungert ist, das mag man als unterschwellige Kritik am Kunstbetrieb (auch schon ziemlich ausgelutscht) sehen, oder aber als Beispiel dafür, dass es eben seinen Rahmen hatte, etwas irgendwie Berechenbares (und natürlich auch einen gewissen Schutz für den "Künstler", nicht zu vergessen, der in einem anderen Setting vielleicht - zu Recht - einen wegen Tierquälerei reinbekommen hätte).

Ein schönes Beispiel für einen solchen Sektor ist die Industrial-Kultur (also ich mein jetzt diese Subkultur, die sich auf die Fahne schreibt/schrieb, Extreme auszuloten und nicht bösen Techno, zu dem man böse abhotten kann): Hier gab es wohl einige der spektakulärsten, aufwühlendsten und auf unangenehme Weise kreativsten Ideen (ein äußerst interessanter Artikel BTW: http://www.birgitrichard.de/texte/indust.htm). Irgendwann weiß die Gesellschaft aber, was sie davon zu halten hat ("So sind se eben, diese Industrial-Avantgardisten: verwesende Landser, Bilder von Schlachthäusern wechseln sich mit solchen von Konzentrationslagern ab, dann geht's um die obligatorischen Massenmörder und Geisteskrankheiten sowie Konsum- und Fortschrittskritik und SciFi-Dystopie in allen Variationen").

Es gerät außerdem schnell in Gefahr, sich im Kreis zu drehen, da sich im Zweifelsfall niemand außerhalb dafür interessiert (BellaMorte sagt es schon so ähnlich) und diejenigen, die damit mehr anfangen können (die "Fans"), ja gar nicht mehr aufgerüttelt werden müssen und sich da eine Art Gewohnheit, Trägheit oder gar Erwartungshaltung einstellt, die dann oft tatsächlich kaum noch von einem Aufgeilen unterschieden werden kann. Und das beliebte Schlagwort "Avantgarde" ist  auch oft fehl am Platze, da dieses Wort impliziert, dass da etwas hinterherkommt. Im Gegenteil aber schmort das alles eben im eigenen Saft.

Bringt man's den Menschen dagegen vor die Haustür, hat man unter Umständen richtig Ärger am Hals (wobei mir die Idee des "Spooking" hier ziemlich gefällt).

Vielleicht ist das Etikett "Kunst" an sich auch das Problem, Nische hin oder her. Die Kunst(-"kenner")-Szene ist ja gewissermaßen äußerst gnadenlos (konturlos? charakterlos?). Eigentlich wird doch fast alles mit offenen Armen aufgenommen, das irgendwie nach "Kunst" riecht. Manch ein Dadaist z.B. würde sich im Grabe umdrehen, könnte er sehen, wie sein (Anti-)Werk in Kunstkatalogen, Ausstellungen, auf Auktionen etc. eigentlich genauso behandelt wird wie das der großen Meister und Klassiker, gegen deren Rezeption er einst angetreten war.

Designer:
Ich weiß, die Frage was Kunst ist, wurde schon tausend Mal gestellt und beantwortet. Trotzdem beschäftigt mich diese Frage im Moment sehr, da ich im Moment mit Dingen spiele wie eine selbsterfundene Schriftart, Gedichte mit totalitär anmutenden Suggestionen und der geplanten Gründung einer eigenen Partei. Bei all dem hagelt es Kritik und die immer wiederkehrende Unterstellung von Geisteskrankheit, wobei ich alles mit dem Stempel der "Kunst" versehe und mit der Kunstfreiheit rechtfertige. Da stellt sich doch erneut die Frage, was Kunst ist. Kann alles Kunst sein?

Simia:
Ist es denn für Deine Pläne wichtig, ob das nun Kunst ist oder nicht? Und ist die Rechtfertigung mit Kunstfreiheit nicht sogar "Feigheit vor dem Feind" und andererseits eine Beschneidung Deiner Pläne durch einen Begriff?

Edit: Davon ab, kennst Du Laibach, besonders ihr frühes Werk?

Designer:
Ich kenne Laibach, aber bin mir nicht sicher, was ihr frühes Werk ist.
Sagen wir, ich kenne ein paar ältere Stücke und Videos.

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