Schwarzes Hamburg > Politik & Gesellschaft -Archiv-
RaoulDuke:
--- Zitat von: colourize am 09 Juli 2012, 18:29:28 ---Hm, ich glaube gerade die Politiker von morgen werden in der Pflicht sein, zu dem zu stehen was sie so machen bzw. früher gemacht haben. Andersrum gefragt: Was ist so schlimm daran, wenn ein Politiker in seiner Freizeit auf Gothic-Festivals unterwegs ist, SM-Partys besucht oder auf Fb ein Musikvideo von Prodigy liked?
--- Ende Zitat ---
Ich glaube, die Gesellschaft wird sich dann mit ändern müssen.
Es war schon ein Riiieeeeeeesenschritt, dass Politiker heute offen zu ihrer Homosexualität stehen können. Aber öffentlich zu allem stehen können, was man so tut, dafür ist die Gesellschaft meiner Meinung nach noch nicht bereit.
Ich könnte nun sagen, daß ich zum Glück kein Politiker bin, aber die sind so ein schönes Beispiel für das, was ich verdeutlichen möchte: Im Kleinen blüht es uns allen. Bald wissen Kollegen, Arbeitgeber, Kunden und Freunde dann eben sehr viel von einem, Post Privacy vielleicht alles. Kann das Miteinander trotzdem funktionieren, oder gibt es dann nicht Clash der Lebens-Sphären?
Vielleicht sucht man sich dann seinen Friseur auch nach dessen politischer Einstellung aus, die Autowerkstatt nach dem Musikgeschmack des Inhabers und die Lebensversicherung ist dann für Leute, die Prodigy liken, halt teurer? (könnten ja welche sein, die nicht nur risikominimierend vor dem Fernseher verrotten...)
Ich für mich kann es klar sagen: Ich möchte, dass die Lehrer, die meinen Sohn in der Grundschule unterrichten werden, ein anderes Bild von mir haben als die Leute, mit denen ich vielleicht auf einem Festival unterwegs bin...
Bin ich jetzt einfach nur verklemmt oder so? Sind noch mehr meiner Meinung?
nightnurse:
*Finger heb* wie ich grade schon, wenn auch längst nicht so elaboriert, zu sagen versucht hatte, teile ich diese Meinung.
messie:
colourize, grade mal ein bisschen als advocatus diaboli unterwegs? ;)
Ich halte den Schutz der Privatsphäre für ein sehr hohes Gut. Das auch eines bleibt wenn eine Person eine "Person des öffentlichen Lebens" wird: Niemand braucht und sollte ein gläserner Mensch werden, auch Politiker nicht.
Im Gegenteil, man sollte dem Privatleben von Politikern lediglich dann Bedeutung beimessen, wenn dieses in ganz klarem Widerspruch zu dem steht, was sie politisch vertreten.
Ein Politiker beispielsweise der sich dafür einsetzt dass reiche Mitbürger ihre Steuern in Deutschland bezahlen sollten weil sie so ihren Beitrag zum Land leisten, seinen Erstwohnsitz aus steuerlichen Gründen aber prompt nach Monaco verlegt hat, macht sich unglaubwürdig, da ist diese, ja eigentlich private, Information durchaus relevant.
Ein Politiker, der Straftaten begeht, gehört genauso dafür in die Öffentlichkeit gezerrt wie einer, der öffentlich gegen Fastfood-Ketten wettert und dann beim Verzehr eines BigMac "erwischt" wird.
Doppelmoral ist für mich das Argument, weswegen dann Privates nicht mehr privat ist, sondern Zweifel hegt, ob derjenige seinem Beruf noch angemessen nachkommen kann, wenn offensichtlich Gewissenskonflikte zwischen dem, was er zu beschließen hat, und dem was er Gegenteiliges tut, bestehen.
Ansonsten aber sollte privat dann auch gerne privat bleiben und auch sein dürfen: Wenn ein Politiker SM betreibt, schwul ist oder drei Schachteln Kippen am Tag wegquarzt hat schließlich rein gar nichts mit seiner Arbeit zu tun! Rein um diese sollte es schließlich gehen.
Genauso gilt es für alle anderen Personen: Jeder hat ein Recht darauf, Privates vor öffentlichen Augen zu verbergen! Der Satz "ich habe nichts zu verbergen" ist schon im Ansatz gelogen, weil ja sonst jeder jedem alles erzählen würde, bis hin zu intimen Details einer Beziehung, Sexfantasien und was es sonst noch so alles gibt worüber man sich normalerweise nur mit den besten Freunden und dem eigenen Partner unterhält.
Eine Privatsphäre zu haben ist ein Stück Lebensqualität.
Man sollte sich diese nicht nehmen lassen, nur weil man angeblich "nichts zu verbergen" hätte.
Wie sehr diese leidet wenn man weiß dass alles der Staat, der Arbeitgeber, sonstwer von den privatesten Dingen weiß, nun, da braucht man nur mal bei Bürgern der ehemaligen DDR etwas nachzubohren, wie viele dieses Wissen belastete und ihnen just jene Lebensqualität nahm.
Ookami:
--- Zitat von: RaoulDuke am 09 Juli 2012, 18:45:32 ---Im Kleinen blüht es uns allen. Bald wissen Kollegen, Arbeitgeber, Kunden und Freunde dann eben sehr viel von einem, Post Privacy vielleicht alles. Kann das Miteinander trotzdem funktionieren, oder gibt es dann nicht Clash der Lebens-Sphären?
--- Ende Zitat ---
Wir leben seit ein paar Jahren schon die 'Post Privacy'-Ära.
Seit es das Internet2.0 (aka SocialNetworks) gibt, schüttet fast jeder seine Daten ins Netz.
Einige sind sich bewusst was sie da tun, die meisten leider nicht.
Es ist immer die Frage, was man die Außenwelt wissen lassen will und was nicht...
--- Zitat von: RaoulDuke am 09 Juli 2012, 18:45:32 ---Vielleicht sucht man sich dann seinen Friseur auch nach dessen politischer Einstellung aus,
--- Ende Zitat ---
Würde ich begrüßen. Ich möchte keinen radikalisierten Rechten mit einer Schere oder einem Rasiermesser in meiner Nähe.
--- Zitat von: RaoulDuke am 09 Juli 2012, 18:45:32 ---die Autowerkstatt nach dem Musikgeschmack des Inhabers
--- Ende Zitat ---
Wenn man sich diese Differenzierung leisten kann, ja.
--- Zitat von: RaoulDuke am 09 Juli 2012, 18:45:32 --- und die Lebensversicherung ist dann für Leute, die Prodigy liken, halt teurer? (könnten ja welche sein, die nicht nur risikominimierend vor dem Fernseher verrotten...)
--- Ende Zitat ---
In den USA Gang und Gebe. Social-Datamining gehört da zur Risikoeinschätzung.
Hier ist der Testballon der SchuFa ziemlich schnell abgeschossen worden, was aber bestimmt nicht verhindert, das in Deutschland irgendwann auch so vorgegangen wird.
--- Zitat von: RaoulDuke am 09 Juli 2012, 18:45:32 ---Ich für mich kann es klar sagen: Ich möchte, dass die Lehrer, die meinen Sohn in der Grundschule unterrichten werden, ein anderes Bild von mir haben als die Leute, mit denen ich vielleicht auf einem Festival unterwegs bin...
--- Ende Zitat ---
Darum nur Daten ins Netz schütten, die Du da auch haben willst.
Wenn Dich jemand fotografiert hat und das ins Netz stellt, bitte ihn es raus zu nehmen. Wenn er es nicht freiwillig tut, die entsprechenden Privacy-Teams reagieren recht schnell und zuverlässig, denn es gibt noch so etwas wie das Recht am eigenen Bild. Und das lässt sich sogar Gerichtlich durchsetzen.
--- Zitat von: RaoulDuke am 09 Juli 2012, 18:45:32 ---Bin ich jetzt einfach nur verklemmt oder so? Sind noch mehr meiner Meinung?
--- Ende Zitat ---
Nicht verklemmt, vielleicht einfach noch nicht im Post Privacy-Zeitalter angekommen.
Aber das ist ja auch noch kein muss.
Wichtig ist ein Auge darauf zu haben, wie Das Netz unsere Gesellschaft verändert und darauf reagieren können.
Und vor allem dem Nachwuchs den Umgang beizubringen.
colourize:
--- Zitat von: RaoulDuke am 09 Juli 2012, 18:45:32 ---
--- Zitat von: colourize am 09 Juli 2012, 18:29:28 ---Hm, ich glaube gerade die Politiker von morgen werden in der Pflicht sein, zu dem zu stehen was sie so machen bzw. früher gemacht haben. Andersrum gefragt: Was ist so schlimm daran, wenn ein Politiker in seiner Freizeit auf Gothic-Festivals unterwegs ist, SM-Partys besucht oder auf Fb ein Musikvideo von Prodigy liked?
--- Ende Zitat ---
Ich glaube, die Gesellschaft wird sich dann mit ändern müssen.
Es war schon ein Riiieeeeeeesenschritt, dass Politiker heute offen zu ihrer Homosexualität stehen können. Aber öffentlich zu allem stehen können, was man so tut, dafür ist die Gesellschaft meiner Meinung nach noch nicht bereit.
Ich könnte nun sagen, daß ich zum Glück kein Politiker bin, aber die sind so ein schönes Beispiel für das, was ich verdeutlichen möchte: Im Kleinen blüht es uns allen. Bald wissen Kollegen, Arbeitgeber, Kunden und Freunde dann eben sehr viel von einem, Post Privacy vielleicht alles. Kann das Miteinander trotzdem funktionieren, oder gibt es dann nicht Clash der Lebens-Sphären?
--- Ende Zitat ---
Diesen Crash wird es geben - die Frage ist nur, wer damit ein Problem haben wird. Ich vermute: Die Spießer, die mit einer "das nicht sein darf das ist auch nicht"-Brille durchs Leben gehen. Das sind diejenigen, die am deutlichsten merken, dass die Realität um sie herum eine andere ist, als die hochanständige Welt in der sie sich selbst zu leben vorgaukeln.
Und gerade das Beispiel der homosexuellen Politiker stimmt mich eigentlich recht zuversichtlich, dass eine Änderung der Normen schneller geht, als Viele glauben. In nicht mal einem Jahrzehnt hat sich die Welt von "der muss zurücktreten weil herausgekommen ist dass er schwul ist" auf "ja, der ist schwul - na und?" verändert. Warum sollte das nicht auch mit allen anderen "Devianzen" so sein?
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