Von daher kommt es nicht auf Künstler A oder die historische Epoche B an. Der Punkt ist eher, dass man sich beim "gebildeten Smalltalk" blamiert, wenn man nicht weiß, ob die Französische Revolution vor oder nach dem Dreißigjährigen Krieg war.
"bildungsfern" ist in erster Linie eine Kreation von "Experten" und solchen, die sich dafür halten, welche für sich selbst das Bild aufrecht erhalten wollen, dass sie fast ganz oben sind und da unten noch so ein paar Reste herumdümpeln, die es einfach nicht geschafft haben und auch in den nächsten Generationen nicht schaffen werden. Was auch immmer oben und unten ist.
"Bildungsfern" ist folglich ein Kampfbegriff der Mittelschicht, die für sich den Aufstiegsgedanken nicht aufgeben will, obwohl sie selbst immer mehr erkennt, dass das Gerede von "Jeder kann es hier schaffen, wenn er sich nur richtig anstrengt" zumindest in unserer heutigen spätkapitalistischen Welt ein Märchen ist. Ferner ist es eine rhetorische Figur der Oberschicht, die zwar selbst nicht auf Bildung angewiesen ist (ob deren Kinder nachher gebildet sind ist für das Weiterbestehen der Kapitaldynastie unerheblich), sondern den Wert der "Bildung" nur als zweites Bewertungsraster zur Sortierung ihrer Welt benötigt, damit das im Kapitalismus unangefochten wichtigste Raster, das Verfügen über Geld, nicht ganz so unanständig wirkt.
Andererseits fällt bei Themen, die einen interessieren im "gebildeten Smalltalk" sehr schnell auf, dass die Beteiligten (mich nicht ausgenommen) sich sehr leicht von tatsächlichem Wissen in Halbwahrheiten verrennen. Das ist fast immer so. In allen anderen Fällen wird bestenfalls das Thema gewechselt oder geschwiegen, wohl auch weil sich niemand traut mit seinen eigenen Halbwissen den Gesprächspartner in ein schlechtes Licht zu rücken. Und dann gibt es ja auch noch diejenigen, die tatsächlich gerade ein bisschen mehr in der Materie stecken, glauben der/die Allwissende der Runde zu sein und müssen dies direkt oder auch indirekt propagieren, bis ein Themenexperte einer höheren Evolutionsstufe auftaucht... Lächelnd(Bsp, Fachrichtungen abgeändert: Betont nerdiger, angehender Lehrer prahlt eloquent mit seiner Weisheit in physikalischen Themen, er hat ja gerade eine wichtige Klausur dazu hinter sich gebracht. Als er mitbekommt, dass eine Anwesende Dipl. Physikerin ist, ist er für den Rest des Abends sehr schweigsam.)
(...) so dass Experten einzelner Spezialgebiete, mit gemeinsamen Grundlagenwissen, evtl. nicht einfach die Bildung des Gegenübers ermessen können. Und ja, auch Koryphäen auf ihrem Gebiet müssen nicht unbedingt der Rhetorik so weit mächtig und in Sozialkompetenzen soweit gestärkt sein, dass man lediglich an ihrer Art der Präsentation eines Themas ihre Bildungsnähe erkennt.
Die Verwendung von "bildungsfern" beschreibt daher für mich Familien, die im Augenblick nicht aus eigener Kraft, mit eigenen, selbsterarbeiteten Mitteln und mit den vorherherrschenden häuslichen Umständen ihren Nachkommen eine ausreichende Grundlage für eine gesunde, wohlbehütete frühkindliche Entwicklung, erfolgreiche schulische Laufbahn und berufliche Zukunft bieten können, so dass diese dies ebenfalls ihren Kindern bieten können und alle der Gesellschaft nützlich sind.Somit kann sowohl ein langzeitarbeitsloses, verschuldetes und zerstrittenes Pärchen aus gelerntem Bankkaufmann und Dipl. Pädagogin in der renovierten Eigentumswohnung als bildungsfern, als auch ein schuldenfreies Ehepaar aus Kassiererin und Kraftfahrer in der 60m² Mietwohnung als bildungsnah angesehen werden. Erstere können evtl. ihren Kindern mehr Wissen zu Hause vermitteln, Letztere bieten aber im Augenblick eine insgesamt bessere Grundlage für einen ungetrübten Werdegang des Nachwuchses.
Kallisti:Allgemeinbildung war mal das, was früher auf Schulen und Hochschulen vermittelt wurde, bevor die Bildung immer mehr zu Gunsten der Ausbildung zurückgestellt wurde.
Ich finde, dass es sehr schwer ist, auf die Frage "was muss man wissen um gebildet zu sein?" konkret zu antworten, da selbstverständlich jeder Bildung anders definiert. Ein Kunststudent wird unter Bildung im Zweifelsfall etwas anderes verstehen als jemand, der z.B. eine Ausbildung als Schifffahrtskaufmann gemacht hat, oder Steuerhinterzieher,äh, -Steuerfachangestellter ist, oder Bäcker oder oder.... ( Berufe komplett willkürlich gewählt)
Das ist einfach nur völlig zweckgebunden bzw. also Bildung zum Zweck der Existenzsicherung, des finanziell/wirtschaftlich möglichst "guten Lebens" - das vernachlässigt völlig Bildung als "Selbstzweck"/um der Bildung, des Wissens (von etwas) selbst willen.
ZitatDie Verwendung von "bildungsfern" beschreibt daher für mich Familien, die im Augenblick nicht aus eigener Kraft, mit eigenen, selbsterarbeiteten Mitteln und mit den vorherherrschenden häuslichen Umständen ihren Nachkommen eine ausreichende Grundlage für eine gesunde, wohlbehütete frühkindliche Entwicklung, erfolgreiche schulische Laufbahn und berufliche Zukunft bieten können, so dass diese dies ebenfalls ihren Kindern bieten können und alle der Gesellschaft nützlich sind.Somit kann sowohl ein langzeitarbeitsloses, verschuldetes und zerstrittenes Pärchen aus gelerntem Bankkaufmann und Dipl. Pädagogin in der renovierten Eigentumswohnung als bildungsfern, als auch ein schuldenfreies Ehepaar aus Kassiererin und Kraftfahrer in der 60m² Mietwohnung als bildungsnah angesehen werden. Erstere können evtl. ihren Kindern mehr Wissen zu Hause vermitteln, Letztere bieten aber im Augenblick eine insgesamt bessere Grundlage für einen ungetrübten Werdegang des Nachwuchses.Hier bin ich jedoch ganz anderer Ansicht - denn: Das ist einfach nur völlig zweckgebunden bzw. also Bildung zum Zweck der Existenzsicherung, des finanziell/wirtschaftlich möglichst "guten Lebens" - das vernachlässigt völlig Bildung als "Selbstzweck"/um der Bildung, des Wissens (von etwas) selbst willen.
Also das is auch Blödsinn. Gibt´s das überhaupt: Bildung bzw. Wissen (-Ansammeln) als Selbstzweck? Nee.