Multivac
nun ja - wie es weiter vorne schon gesagt wurde, scheint für viele Versagen etwas mit den jeweils eigenen, individuellen Einstellungen, Erwartungen und "Ansprüchen" an sich selbst zu tun zu haben bzw. daran gemessen zu werden bzw. werden die eigenen Ansprüche, Erwartungen - aber auch wohl doch die der Gesellschaft oder zumindest des näheren/eigenen Umfeldes als Maßstab (an das eigene Leben oder Verhalten, die eigenen Umstände ...) angelegt.
Das war eben auch eingangs meine Frage - wer was aus welchen Gründen als "versagen" bezeichnet oder empfindet - worauf diese Einschätzung basiert ...
Für mich wäre da eben interessant, wieviel wirklich "nur" die eigenen Erwartungen an sich selbst eine Rolle spielen und/oder wieviel doch auch von den Erwartungshaltungen "der" Gesellschaft oder auch der Familie etc. an Gewicht in die Waagschale fällt; wieviel auch wirklich eigene Erwartungen sind und wieviele oder welche ggf. doch nur anerzogene, übernommene, aufgedrückte ...
Einerseits eben, was das eigene Leben betrifft, aber auch, was das (eventuelle oder vermeintliche) "Versagen" bzw. Versagthaben anderer Menschen betrifft.
Klar - man muss nicht unbedingt auf der ganzen Linie versagt haben, sondern vlt. "nur" in einzelnen "Teilbereichen" des Lebens.
Die Frage bleibt aber, wann man diese oder jene Situation, Umstände oder "Ergebnisse", Gegebenheiten als "versagen"/versagt haben bezeichnet (und warum so).
Gibt es da allgemeine Kriterien, die an ein Menschenleben angelegt werden (können) - oder ist der eigene Maßstab doch und wirklich (?) "nur" die eigene Zufriedenheit, das eigene Mit-sich-im-Reinen-Sein?
Und wenn man nicht "mit sich im Reinen ist" - wann bezeichnet man das dann nicht nur als vorübergehendes/augenblickliches "Tief" und wann als "Versagen" (so rundumschlagsmäßig
)?
Oder kann man das letztlich doch nur auf dem Sterbebett so entscheiden, bewerten (für sein eigenes Leben meine ich jetzt, klar)?
Noch ein paar Worte zu deinem Beispiel mit Obdachlosen.
Naja ... das ist so eine Sache. Viele wollen auch nicht "zurück in die Gesellschaft", in ein "bürgerliches" Leben, weil sie es nicht schaffen oder weil sie meinen, es nicht (dauerhaft!!) schaffen zu können.
Und da spielen auch die Ursachen für Obdachlosigkeit eine Rolle - warum die Leute in diese Situation gekommen sind.
Allgemeinhin wird da von äußeren Einflüssen gesprochen - von Schulden oder Problemen (in Familie ...) oder von Krankheiten oder Schicksalsschlägen ...
Aber ich denke, es ist bei gar nicht wenigen Obdachlosen auch noch eine andere Ursache: Es gibt Menschen, die sind schon als Kinder alkoholgeschädigt - so schon zur Welt gekommen. Nicht immer ist das rückführbar auf "Sucht" der Mutter und oft sind diese Menschen auch nicht sichtbar oder gleich erkennbar "behindert" - man sieht und merkt es ihnen nicht gleich an.
Diese so geschädigten Menschen "haben" FAS/FAE - siehe hier
http://www.fasworld.de/html/fas___uber_18.htmlhttp://de.wikipedia.org/wiki/Fetales_AlkoholsyndromViele werden also jahre- und jahrzehntelang durch ihre Familie oder auch Partnerschaft, durch äußere (stabilisierende, hilfreiche) Faktoren, Situationen durch das Leben "begleitet" und "funktionieren" unter diesen Umständen auch mehr oder weniger so, wie es die Gesellschaft erwartet ...
Aber es kann dann Veränderungen geben - durch äußere Umstände, die sich verändern (Jobverlust, Partnerverlust, Krankheit ...) und die diese Menschen in ungleich größere Schwierigkeiten stürzen als "nicht geschädigte" Menschen (die mit solchen Situationen ja oft auch erst mal zurande kommen müssen).
Wenn da dann kein auffangendes "Netz" oder Hilfen rechtzeitig vorhanden sind, eingreifen, dann geht das mit dem "Abstieg" mitunter sehr schnell.
Und sehr viele (ich würde sogar sagen: die meisten!) Menschen, die FAS/FAE haben, wissen das von sich selbst gar nicht. Es kann auch sogar sein, dass selbst deren Familien (Eltern) es nicht wissen/wussten. Es wird dann den Kindern bpsw. Hyperaktivität oder AD(H)S diagnostiziert oder auch Anderes - aber eigentlich sind das nur "die Symptome" bzw. Manifestationen (von FAS/FAE) - die Ursache ist eben FAS/FAE.
Bei Ärzten ist das eine sehr unbeliebte Diagnose, da FAS (ich schreib jetzt mal nur FAS) sich ja nicht heilen lässt und auch nur bedingt medizinisch behandeln (je nach dem, welche Schädigungen der Mensch hat - ob es eher körperliche oder eher geistige/soziale sind).
Das Gehirn (und je nach Schädigung auch der Körper) ist dauerhaft und unwiderruflich - also: lebenslang - geschädigt (durch Alkohol, den der Embryo oder Fetus "abbekam" ...).
Es sind dafür auch oft schon geringe Mengen Alkohol (zur "falschen" Entwicklungszeit des Embryos oder Fetus oder auch kleinere Mengen, dafür aber kontinuierlich/regelmäßig ...) ausreichend.
Daher wird Schwangeren heute auch von jeglichem Alkohol - von seriösen Ärzten - abgeraten, wo man früher noch sagte, ein Gläschen ("Sekt für den Kreislauf" z.B.) ab und an schade nicht. Das sieht man heute anders.
Jedenfalls wollte ich nur sagen, dass ich denke, dass sehr viele von diesen Obdachlosen FAS/FAE haben (ohne es zu wissen). Und auch der Alkoholkonsum kam bei so manchen nicht erst durch die oder nach der Obdachlosigkeit, sondern war schon vorher da - nicht immer ist für Alkoholkrankheit FAS/FAE die Ursache, aber gerade FAS kann durchaus auch eine Ursache für Alkoholsucht sein!