Schwarzes Hamburg

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Autor Thema: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit  (Gelesen 89581 mal)

l3xi

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #60 am: 08 September 2010, 13:19:40 »

Hm... dann könnten die ALG II Empfänger ja stattdessen sich auch einfach freiwillig beim Bund verpflichten ::)
Der Versuch wird doch schon unternommen. Die BW ist - soweit ich das mitbekommen habe - immo fleißig dabei, mehr Werbung für sich z.B. an Schulen zu machen.

Auf der Gamescom in Köln hatten sie auch nen Stand und das ist "nur" ne Spielemesse.

Ist doch für Kinder aus H4-Familien "DIE" Chance - Studium/Ausbildung, Kanonenfutter, Meatshild für die Panzer...Das Beste daran ist doch, dass es alles dann Kinder von Familien sind, die in diesem Land eh nix zu melden haben. Amerikanische Verhältnisse also. Was will armes Kind denn mehr? Kopf hinhalten für ein Land bzw. eine Wirtschaftsideologie, welche/s die eigene arme Familie wie Dreck behandelt.
« Letzte Änderung: 08 September 2010, 15:51:22 von l3xi »
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l3xi

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #61 am: 08 September 2010, 13:24:12 »

edit: -.-"
« Letzte Änderung: 08 September 2010, 15:51:09 von l3xi »
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Eisbär

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #62 am: 08 September 2010, 14:39:13 »

Generell würde ich eine Karriere beim Bund, z.B. als Zeitsoldat nie mit einer bei den amerikanischen Streitkräften vergleichen. Da sind doch gewaltige Unterschiede in den Karrierewegen, den Möglichkeiten der Arbeit nach dem Militär, den Chancen auf Auslandseinsätze zu müssen, aber auch gerade in der Verantwortung des einzelnen Soldaten, selbst zu denken.

 
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Spambot

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #63 am: 08 September 2010, 15:45:14 »

Bei der Bundeswehr gibt es genauso Auswahlverfahren (Assessment Center) für Zeit- und Berufssoldaten, wie bei der Personalrekrutierung vieler großer Unternehmen. Wer also H4 wegen fehlender Schulbildung bezieht, wird auch keinen dauerhaften Platz in einer technich entwickelten Armee finden. Hinzu kommen noch ein Maximalalter für Bewerber (ich glaub 25 Jahre) und sportliche/gesundheitliche Anforderungen.
Soweit ich weiss besucht die Bundeswehr nur Schulen, wenn dies von den Schülern und den Lehrern gewünscht ist.




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l3xi

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #64 am: 08 September 2010, 15:58:27 »

Generell würde ich eine Karriere beim Bund, z.B. als Zeitsoldat nie mit einer bei den amerikanischen Streitkräften vergleichen. Da sind doch gewaltige Unterschiede in den Karrierewegen, den Möglichkeiten der Arbeit nach dem Militär, den Chancen auf Auslandseinsätze zu müssen, aber auch gerade in der Verantwortung des einzelnen Soldaten, selbst zu denken.
Also wenn man sich so anschaut, wer bei den amerikanischen Streitkräften so alles im Ausland - Irak/Afghanistan - rumrennt, dann sind da in der Masse eher weniger Söhne und Töchter aus wohlhabenderen Familien oder Familien, wo Papa im Repräsentantenhaus sitzt. Michael Moor hat das mit einem seiner Filme auch deutlich gemacht.

Btw. der Grenni, der sich schützend vor/hinter seinen Schützenpanzer stellt, wird sicher nicht vorher n paar Jahre studieren geschickt. ;)
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messie

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #65 am: 08 September 2010, 16:52:55 »

Hm... dann könnten die ALG II Empfänger ja stattdessen sich auch einfach freiwillig beim Bund verpflichten ::)

Öh - nein. Wie lange muss man heute mindestens sich verpflichten? 4 Jahre? Das ist n büsschen mehr als das Jährchen, das bei der Wehrpflicht abgeleistet wird und als "vorübergehender Beruf, bis ich was Besseres gefunden habe" nicht wirklich zielführend. ;)
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Eisbär

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #66 am: 08 September 2010, 16:58:20 »

Btw. der Grenni, der sich schützend vor/hinter seinen Schützenpanzer stellt, wird sicher nicht vorher n paar Jahre studieren geschickt. ;)
Natürlich nicht. Allerdings dürfte das eh eine aussterbende Spezies in einer modernen Armee sein.

Hm... dann könnten die ALG II Empfänger ja stattdessen sich auch einfach freiwillig beim Bund verpflichten ::)
Öh - nein. Wie lange muss man heute mindestens sich verpflichten? 4 Jahre? Das ist n büsschen mehr als das Jährchen, das bei der Wehrpflicht abgeleistet wird und als "vorübergehender Beruf, bis ich was Besseres gefunden habe" nicht wirklich zielführend. ;)
Erstens war das ein ironischer Vorschlag, ja fast schon ein Godwin... zweitens soll ja angeblich mit der Aussetzung der Wehrpflicht auch so eine Art Probezeit oder ein kurzer freiwilliger Dienst (in Wehrpflichtlänge) möglich werden.
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l3xi

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #67 am: 08 September 2010, 17:38:20 »

Es wird mit Umstellung auf Berufsarmee dennoch darauf hinauslaufen, dass die Soldaten prozentual gesehen eher wenn nicht gar größtenteils aus den Schichten Mitte bis ganz Unten in eben dieser landen werden.

In den USA wollte kein Abgeordneter freiwillig sein Kind/seine Kinder nach Afghanistan bzw. in den Irak schicken. Das wird hierzulande nicht anders laufen. Nur ist es dann vllt. irgendwo in Afrika - Kongo oder Somalia vllt. Ist doch auch total bequem und viel einfacher, wenn man die Söhne und Töchter anderer Eltern in Kriegs/Krisengebiete schickt, wo Verlusten gerechnet werden kann/muss, als die eigenen.
Wenn deren Eltern dann obendrein nur Hartzer sind, dann hat man mit der Entsendung sogar noch nen Dienst am Volk geleistet, weil man die Nachkommen der Schmarotzer in den Staub geschickt hat. (Achtung: Äußerung kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten)

Bei der Bundeswehr gibt es genauso Auswahlverfahren (Assessment Center) für Zeit- und Berufssoldaten, wie bei der Personalrekrutierung vieler großer Unternehmen. Wer also H4 wegen fehlender Schulbildung bezieht, wird auch keinen dauerhaften Platz in einer technich entwickelten Armee finden. Hinzu kommen noch ein Maximalalter für Bewerber (ich glaub 25 Jahre) und sportliche/gesundheitliche Anforderungen.
Nur weil das Kind aus ärmlicheren Verhältnissen kommt, ist es nicht zwangsläufig dümmer als andere. Die Voraussetzungen, den gleichen Bildungsgrad zu erreichen sind schlechter, aber unmöglich ist es nicht. Von daher H4 mit fehlender Schulbildung gleichzusetzen ist in dem Zusammenhang eindeutig viel zu pauschal ausgedrückt. Das betrifft im Übrigen auch die sportliche Leistungsfähigkeit.

Ich wollte damit auch nur sagen, dass die Berufsarmee für die unteren Bevölkerungsschichten mehr und mehr als Möglichkeit des sozialen Aufstiegs wahrgenommen werden wird. Wahrscheinlich sogar noch stärker als es heute schon der Fall ist. Fehlt nur noch eine etwas stärkere Priese Patriotismus. Aber da sind sie aktuell ja schon fleißig bei. :/

Edit:
Soweit ich weiss besucht die Bundeswehr nur Schulen, wenn dies von den Schülern und den Lehrern gewünscht ist.
Aus gegebenem Anlass hier ein Link zu einer veröffentlichten Rede von Herrn Stephan Lippels (Lehrer):
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=15609
Zitat von: nrhz
Der Redaktion der NRhZ war eine Rede aufgefallen, die zum Antikriegstag im DGB-Haus in München von Stephan Lippels gehalten wurde. Wir möchten sie unseren LeserInnen nicht vorenthalten. Er sagt in bemerkenswerter Kürze, dass es in Deutschland inzwischen ums Ganze geht. „Es geht wegen des Kriegskurses um unser Leben!“, sagt Lipptels. Aber merkt das wieder niemand? Lippels ist Lehrer der AG Friedliche Schule in München. Die Redaktion.
Im Zusammenhang mit dem zitierten Satz von Spambot ist mir folgender Absatz in der Rede aufgefallen:
Zitat
Also greift man nach der Jugend

Direkt: Man drückt in die Schulen mit Jugendoffizieren, welche zumindest die nächste Generation von der herrschenden Politik überzeugen sollen. Und man versucht die Schulen durch Kooperationsverträge zwischen Ministerium und Bundeswehr zu zwingen, diesen Einsätzen zuzustimmen. Solch ein Abkommen ist erst kürzlich auch für Bayern unterschrieben worden. Indirekt: Man greift nach der Lehrerausbildung, auf das die kommenden Lehrer wenn gleich äußerlich zivil mit der Kriegrethorik im Kopf die deutsche Kriegspolitik den Kindern nahe bringen. Auch dies ist im Kooperationsabkommen festgelegt.

Die Mittel und Methoden der Beeinflussung sind didaktisch und methodisch auf dem neuesten Stand und die finanziellen Mittel aus unseren Steuergeldern stehen zur Verfügung. Dazu gehört u.a. das Planspiel POL&IS, bei welchem man Weltpolitiker spielen darf und von dem ein Jugendoffizier begeistert erzählt, wie er Lichterkettenträumer dazu bringt, Kriege zu führen.
Ich weiß, es hat weniger mit Arbeitslosen Mitbürgern zu tun, aber es betrifft die Nebendiskussion BW und wen das Thema interessiert, kann sich ja die ganze Rede durchlesen. :)
« Letzte Änderung: 09 September 2010, 11:04:19 von l3xi »
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CubistVowel

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #68 am: 29 September 2010, 10:27:36 »

So viel Gegacker das ganze Jahr, und dann dieses 5-Euro-Kuckucksei... :(

Ich kann im Moment rein fachlich/sachlich gar nichts dazu schreiben...nur ganz persönlich. Ehrlich gesagt, ich war in den letzten 3 Tagen so dermaßen wütend und niedergeschlagen, dass ich sämtliche Medien möglichst gemieden habe. Ich hatte nämlich - irgendwie - doch auf eine relevante Erhöhung gehofft, und jetzt bleibt alles wie gehabt.

Ob die Neuberechnung durch Trickserei so kassen- und massenkompatibel ausgefallen ist, ist meines Erachtens eher eine grundsätzliche Frage; Politik ohne gibt's nicht. Ich selbst komme mir einfach nur noch verhöhnt vor. Kein Alkohol und Tabak mehr? Ich selbst habe von dem Geld nie Alkohol oder Zigaretten gekauft, sondern Medikamente oder (nicht vorgesehenes) Katzenfutter. 2,72 Euro für einen Monat Internet? OK, den Anbieter nehme ich sofort. Nicht mal die Ausgaben für die Krankenkassengebühr sind ausreichend.

Statt dessen wird auf die "Statistik" verwiesen. Wäre sicherlich mal interessant zu erfahren, wie die Befragten zusammengesetzt sind, um auf einen statistischen Wert von z. B. 2,72 Euro/Monat fürs Internet zu kommen, aber dazu bin ich im Moment einfach zu mutlos. Und zum Satz "Eigentlich müssten die Kinderregelsätze gesenkt werden" fällt mir auch nichts mehr ein... :-\

Angeblich ist Hartz4 deswegen so niedrig, weil es "ja nicht auf Dauer angelegt" ist und "Anreize zur Arbeitsaufnahme schaffen soll". Mir verschafft dieses Gelaber gerade nur Brechreiz. Es gibt unter den Hartzern so viele, die keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt haben. Auch lässt man gerne diejenigen unter den Tisch fallen, die - wie ich - krankheitsbedingt (oder aus was weiß ich für Gründen) für den Rest ihres Lebens vom Sozialgeld leben müssen: derselbe Betrag, für uns aber auf Dauer.

Ich hatte schon auf Seite 1 oder 2 dieses Threads geschrieben, dass ich durchaus finde, dass man vom H4-Satz für einige Zeit leben kann, wenn auch mit vielen Einschränkungen. Aber eben nicht auf Dauer, weil so vieles kaputt geht, was man nie wieder ersetzen kann, soziale Kontakte fallen weg etc. Die ständige Sorge ums Geld zermürbt einen und beherrscht das ganze Leben. Da wird beispielsweise selbst die grüne Tube Elmex zum Luxusgut, obwohl es die einzige Zahnpsta ist, auf die ich nicht allergisch reagiere.

Was ich auch sehr bedenklich finde: Jetzt soll/kann den Kommunen die Entscheidung überlassen werden, wieviel Warmmiete sie den Leistungsempfängern bezahlen wollen. Da sind Kürzungen und noch zunehmende Gettoisierung vorprogrammiert. Und über die geplante gesetzliche Pflicht für ALG-II-Empfänger, "Rücklagen für unregelmäßige Bedarfe zu bilden", kann ich gerade nur noch den Kopf schütteln. Dazu fällt mir nun echt nichts mehr ein. (naja, eigentlich doch, aber hier lesen auch ein paar Minderjährige mit...)

Sorry fürs Mimimi, aber im Moment bin ich einfach nur ziemlich down.
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messie

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #69 am: 29 September 2010, 12:34:05 »

Soweit ich das verstanden habe, hat sich die Statistik nicht an einem Bedarf orientiert, sondern daran, was Leute, die Niedrigsteinkommen knapp über HartzIV-Niveau beziehen, tatsächlich ausgeben.

Genau da liegt dann aber auch schon der Fehler, das dann "Bedarf" zu nennen ist alleine schon das perfekte Wort für 'ne Mogelpackung.
Es wird hier ja nicht der Bedarf gemessen, sondern das, was die Leute erzwungenermaßen ausgeben, weil sie sich das, was sie eigentlich bräuchten, eh nicht leisten können.

Kleines Beispiel: Ich fragte mich, wie diese kuriose Summe für die Praxisgebühr pro Monat herauskommt (2 Euro irgendwas monatlich), bis mir gestern wer sagte "na, ist doch ganz einfach: Die Statistik sagt, dass die Leute nur an 3 von 4 Quartalen zum Arzt gehen, also werden auch nur 3 bezahlt."
Das bedeutet im Klartext: ALGII-Empfänger dürfen nur an 9 von 12 Monaten mal krank werden (also 3x im Jahr, wenn's ungünstig verteilt ist). Ein viertes Mal krank werden dürfen sie nicht, weil können sie sich dann ja eh nicht leisten. ;)

Das zweite Beispiel Internet: Sicher gibt es n Haufen Geringverdiener, die kein Internet beziehen. Dass der Durchschnitts"bedarf" dadurch sinkt, ist dann ja logisch.
Aber haben sie kein Internet weil sie keins brauchen oder haben sie keins, weil sie es nicht bezahlen können, aber es eigentlich dringend bräuchten? Tja, das ist die Frage. ;)
Ach ja, der spezielle Bedarf von ALGII-Empfänger wurde genau hier übersehen: Wer sich bewirbt, ist auf das Internet dringender angewiesen als jemand, der einen Job hat und sich nicht bewerben muss. Eigentlich logisch, schließlich laufen über 90% aller Bewerbungen mittlerweile übers Internet.
Ein Arbeitsloser, der erst bis Montag warten muss, um dann bei einer ARGE morgens anzustehen, einen der wenigen Internetarbeitsplätze ergattert, dort dann noch einmal von Hand seine Bewerbungen losschicken muss (selbstverständlich ohne Anhänge, weil Stick mit vorbereiteten PDFs reinstecken 'is nich'), hat im Vergleich zu einem Menschen mit Internet einen klaren Wettbewerbsnachteil.

Es wäre schon viel geholfen, würde Telefon/Internet vom Bedarf her zusammengelegt und der jeweils günstigste Anbieter zum Zeitpunkt der Bewilligung als Berechnungsgrundlage zugrundegelegt, änderbar alle 6 Monate. Das wäre dann auch der tatsächliche Bedarf.

Ich erwarte aber, dass diese Nummer durchgeht. Im Bundesrat wird mit der SPD dann verhandelt dass sie irgendwo anders etwas kriegen, wo die CDU gerade "nö" (teils sicher auch aus parteitaktischen Gründen) sagt, z.B. Bewilligung eines Gesetzes für Mindestlöhne, und schon sind alle Politiker glücklich.
Die Politiker, versteht sich. Nicht die Menschen an der Armutsgrenze. Die dürfen sich nur entscheiden, wen sie dann später (hoffentlich nicht) wählen werden: Jene, die HartzIV eingeführt haben, oder jene, die das Konzept ebenso dufte finden.

Dann gibt's ja noch die (gute) Frage, wieso sich die Leute eigentlich trotzdem so viel leisten können ... nun, ganz einfach: Soweit ich das überfolgen habe, ist der Bedarf für Lebensmittel tatsächlich realistisch geraten. Dumm nur, wenn die meisten anderen Posten es aber nicht sind, denn dann wird eben exakt dort gespart. Dann wird halt auf's Frühstück verzichtet, schließlich muss das Geld für Windeln ja irgendwo herkommen, und bevor der Strom abgestellt wird, verzichtet man auf die "Bildungsgelder" von 2 Euro schießmichtot etc.
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Simia

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #70 am: 29 September 2010, 13:05:39 »

Die Sache hakt v.a. an zwei Punkten:

1. "Hartz-IV-Bezieher dürfen nicht mehr Geld erhalten als Berufstätige" -- An sich ja nicht verkehrt, aber Mindestlöhne wenigstens in einigen Bereichen und die Relationen sehen wieder anders aus.

2. Wenig Geld mag hier und da ein Anreiz zu "Veränderungen" sein, aber dann gibt's die vielen, die trotzdem nicht können und diejenigen, die nicht wollen und einfach noch erfinderischer (oder tatsächlich kriminell) werden oder woanders sparen, wie messie sagt.

Ich wiederhole hier wahrscheinlich Aspekte aus dem Thread, aber ich hab nicht die Zeit, den jetzt nochmal durchzulesen.
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messie

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #71 am: 29 September 2010, 13:39:04 »

Zitat
oder woanders sparen, wie messie sagt.

Nicht ganz: Die gibt es natürlich auch, die berühmten Beispiele etwa, die sich lieber ne Playstation besorgen anstatt auch nur irgendwas an Kleidung im Jahr zu leisten etc.
Ich rede aber eher von woanders sparen müssen, weil das Geld trotzdem ausgegeben werden muss. Gesetzt den Fall, man war in den 1. drei Quartalen beim Arzt (Heuschnupfen, Grippe, Hexenschuss) und bekommt im 4. mörderische Zahnschmerzen. Da muss die Person ja woanders sparen, um den Zehner für den Zahnarzt aufbringen zu können.

Es ist eine Sache, es dann nicht ständig zu machen weil man nicht so oft krank wird, aber eine ganz andere, nicht zu oft krank werden zu dürfen, weil das nicht vorgesehen ist. Das widerspricht doch schon ziemlich eindeutig dem derzeitigen Sozialprinzip.

Im Übrigen hat Frau Merkel eben die Vermieter indirekt dazu aufgefordert, dass Modernisierungskosten künftig stärker auf den Mieter umgelegt werden sollen. Die aber sind im Warenkorb erst gar nicht drin. Soviel zum Sozialgedanken der aktuellen Regierung ;)
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weak

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #72 am: 29 September 2010, 16:11:46 »

also monatlich für Telefon/Internet 31,96 Euro find ich machbar.
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wege die ein führen,
entscheidungen die man trifft.
was ist falsch was ist richtig?
zukunftsbestimmend ist es alles,
das falsche und das richtige.
alles hat eine auswirkung auf alles,
auch wenn man es nicht sieht, spürt oder glaubt.
zukunft ergibt sich aus dem was vorher war.
kann man entscheidugen treffen?

welcher ist der richtige weg?

Kaffeebohne

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #73 am: 29 September 2010, 16:42:45 »

Ich finde 10 € im Quartal (!) für evtl. Arztbesuche auch machbar.
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messie

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Re: ALG II: Menschenwürde und Gerechtigkeit
« Antwort #74 am: 29 September 2010, 18:32:15 »

Ich finde 10 € im Quartal (!) für evtl. Arztbesuche auch machbar.
Sind's aber nicht. Es sind 7,92€ im Quartal. Damit lässt sich keine Praxisgebühr finanzieren ;)

Zitat
also monatlich für Telefon/Internet 31,96 Euro find ich machbar.

Hab ich mir nun auch nochmal angesehen: "Nachrichtenübermittlung" heißt das also. Das wiederum ist in Ordnung (und damit mein Internetargument da oben hinfällig).

Dann noch mal weiter aufgedröselt:

22,78€ für Verkehr ... dafür gibt's im Monat nicht mal ne CC-Karte für 1 (!) Zone im Abo (günstigster Tarif). Für Großstädte, insbesondere Hamburg, München oder Frankfurt, ist da der Bedarf definitiv zu niedrig. 40,40€ (CC-Karte im Abo für den Großbereich) wären da realistischer.

Bildung, 1,39€ -  :D - also 1x/Jahr ein Fachbuch kaufen? ;)

Energie- und Wohnungsinstandshaltung ist mit 30,74 recht knapp bemessen: Damit muss schließlich die Stromrechnung bezahlt werden, da bleibt i.d.R. für den Rest nix mehr. Geht mal eine Glühbirne kaputt, wird eine neue Energiesparlampe das Budget bereits übersteigen.

Gesundheitspflege: 15,55 Euro. Hmm, ok, das könnte hinkommen. Auch wenn richtig gut riechen so natürlich nicht klappt, aber übertreiben wir's mal nicht. ;)

Freizeit, Unterhaltung, Kultur: 39,96 Euro. Durchaus realistisch, von einer "sozialen Vereinsamung" kann hier nun nicht geredet werden ... logischerweise auf niedrigem Niveau (Theater etc. sind tabu), aber wer ein hohes einfordert ist da nicht Realist.

Bekleidung und Schuhe: 30,40 Euro - im Second-Hand-Bereich klappt's. Würde man die Sachen neu brauchen, nicht. Bei Kindern allerdings klappt's definitiv nicht, die wachsen bekanntlich in nullkommanix aus ihren Klamotten 'raus. Erwachsene müssen ihre Sachen halt abtragen oder eben schon Getragenes an haben.

Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen: 7,16 Euro - also 1x/Monat inne Kneipe, 2-3 Getränke (2 Cola, 1 Wasser) trinken, das war's. Da dürfte man wohl vom "Freizeit"-Pool 'was rüberschieben müssen ...

Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände: 27,41 Euro - Spannender Posten! Wie oft gehen solche Geräte kaputt? Ich vermute, dass da einiges abgewohnt werden muss, damit dieser Betrag dauerhaft ausreicht. Aber gut, dafür müssen die Leute auch nicht arbeiten, um es sich dann später leisten zu können.

Andere Waren und Dienstleistungen: 26,50 Euro - damit sind vermutlich der Friseur und jene Rücklagen gemeint die man bilden soll, wenn mal was Größeres kaputtgeht. Darüber lässt sich jetzt nun trefflich streiten: 1 PC kostet 300 Euro (niedrig gerechnet), eine Waschmaschine nicht viel weniger. Also soll das Geld gespart werden, um Geräte wuppen zu können, wenn sie kaputt gehen ...? Ich sage es mal so: Gewagte These, dass man damit hinkommt.

Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke: 128,46 Euro - dazu sagte ich weiter oben schon etwas: Es ist gar nicht mal unrealistisch gerechnet, das.  Wirklich gesund kochen lässt sich damit nun nicht über den ganzen Monat (dazu ist Obst+Gemüse einfach verdammt teuer), aber wenn man an Organisationen wie die Hamburger Tafel denkt, könnte das selbst dann hinkommen.
Nur: Ist es wirklich Sinn der Sache, einen Warenkorb auszurechnen, der Leute entweder nicht besonders gesund leben lässt oder auf Almosen angewiesen sein lässt ...? Auch das ist eine offene Frage.

-------------

Nachdem ich mir das jetzt mal genauer angesehen habe, muss ich sagen:
Die Empörung (auch meine eigene) bezüglich Internet lässt sich nicht halten. Mit Telefon zusammengezogen reicht das Geld dafür aus.
Lebensmittel betreffend ist es nicht üppig, aber machbar. Kein Warenkorb, der zum Hungern einlädt.
Viele Posten sind perspektivabhängig, da kann man drüber streiten, muss man aber nicht.

Wo es m.E. definitiv hakt, sind die Posten "Verkehr" und "Bildung". Ersteres betreffend sind Städter eindeutig benachteiligt, Letzteres betreffend hat jemand, der sich weiterbilden möchte oder muss, keine Chance. Nicht alles lässt sich im Internet machen. Selbst, wer nur einen Bibliotheksausweis beantragt um sich Fachbücher ausleihen zu können, zahlt bei der geringen Summe monatlich bereits drauf.
Ebenso halte ich die Wohnungs/Energiekosten sowie vor allem für Hamburg die Verkehrskosten zu niedrig. Mobilität ist wichtig, man denke nur an Vorstellungsgespräche und Bewerbungen, die besser persönlich abgegeben werden wollen, und wenn "Gaststättendienstleistungen" drin sind, muss man zur Gaststätte ja auch erstmal hinkommen ...

Selbst wenn ich kleinkariert rechne, komme ich auf einen Mehrbedarf für Hamburg von mindestens:

17,22€ Verkehr
3,61€ für Bildung (1 Fachbuch a´15 Euro alle 3 Monate)
4,76€ Energie (konservativ geschätzt angesichts dessen, dass jene die viel zuhause sind, auch mehr Strom im Monat verbrauchen)
0,69€ Praxisgebühr,

also 26,28€, abgerundet 26€, bzw. 31€ im Vergleich zu jetzt.

Es versteht sich aber von selbst, dass eine derartige Erhöhung nur in Kombination mit Mindestlöhnen machbar ist. Es sind derzeit viel zu viele Jobs viel zu dicht am ALGII-Niveau dran, als dass sich eine so starke Erhöhung rechtfertigen ließe, da dann tatsächlich so einige Menschen auf einmal Aufstocker wären, weil sie weniger verdienen.

*edit* Quelle vergessen: http://www.ftd.de/politik/deutschland/:wasser-statt-bier-das-ist-drin-im-neuen-hartz-iv-satz/50174893.html





« Letzte Änderung: 29 September 2010, 18:37:24 von messie »
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